Schlagwort-Archive: Zweitausbildung

Kindergeldregelungen zur Zweitausbildung vorteilhaft nutzen

Ab 2012 besteht für Kinder über 18 und bis zu 25 Jahren bei einer beruflichen Erstausbildung unabhängig von deren Einkommen stets ein Anspruch auf Kindergeld.

Als berufliche Erstausbildung gelten alle Ausbildungsmaßnahmen bis hin zum Hochschulstudium, die zur Aufnahme eines Berufes befähigen und mit einer staatlichen oder staatlich anerkannten Prüfung erfolgreich abgeschlossen wurden. Wenn junge Menschen zunächst eine herkömmliche Lehre auf Basis des Berufsausbildungsgesetzes abschließen und anschließend studieren, handelt es sich bei dem Erststudium um eine zweite Berufsausbildung. In diesem Fall führt eine schädliche Erwerbstätigkeit des Kindes zum Wegfall des Kindergeldanspruchs, wobei es nicht auf die Höhe der steuerpflichtigen Einkünfte und steuerfreien Einnahmen ankommt.

Erich Nöll, GF des BDL: „Erwerbstätig ist ein Kind, wenn es einer Beschäftigung nachgeht, die auf die Erzielung von Einkünften gerichtet ist und den Einsatz seiner persönlichen Arbeitskraft erfordert. Dazu gehören neben der nichtselbständigen Arbeit auch land- und forstwirtschaftliche, gewerbliche und selbständige Tätigkeiten, nicht dagegen die Verwaltung des eigenen Vermögens (z.B. bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen).

Unschädlich ist eine solche Erwerbstätigkeit dann, wenn die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit insgesamt nicht mehr als 20 Stunden beträgt, wobei die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit zu Grunde zu legen ist. Wird die Beschäftigung nur vorübergehend (d. h. für höchstens zwei Monate) auf mehr als 20 Stunden, z.B. auf Vollzeiterwerb, ausgeweitet, ist dies unbeachtlich, wenn, berechnet auf den gesamten Berücksichtigungszeitraum im Kalenderjahr, die durchschnittliche Arbeitszeit nicht mehr als 20 Stunden beträgt.“

Achtung: Beträgt bei dieser Berechnung die wöchentliche Arbeitszeit mehr als 20 Stunden, entfällt der Kindergeldanspruch nur für die zwei Monate des Vollzeiterwerbs. Und weil selbst in einem solchen Fall der Kindergeldanspruch für angebrochene Monate weiterbesteht, empfiehlt Nöll den jungen Menschen, den Vollzeiterwerb möglichst nicht am ersten Tag des Monats zu beginnen und nicht am letzten Tag des Monats zu beenden.

Ein Beispiel, bei dem eine unschädliche Ausweitung der Beschäftigung für zwei Monate auf 40 Stunden je Woche vorliegt verdeutlicht die Problematik:

Ein Kind schließt nach dem Abitur eine Berufsausbildung ab und studiert ab Oktober 2012. Gemäß Vertrag ist das Kind ab 1. April 2013 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden als Bürokraft beschäftigt. In den Semesterferien arbeitet das Kind – auf Grund einer zusätzlichen vertraglichen Vereinbarung vom 1. August bis zur Kündigung am 30. September 2013 in Vollzeit mit 40 Stunden wöchentlich. Ab dem 1. November 2013 ist das Kind gemäß vertraglicher Vereinbarung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden als Verkaufshilfe tätig.

Somit ergeben sich folgende Arbeitszeiten pro voller Woche (Tage einer angebrochenen Woche fallen weg):

1. April bis 31. Juli 2013 (17 Wochen, drei Tage): 20 Std je Woche

1. Aug. bis 30. Sept. 2013 (8 Wochen, 5 Tage): 40 Std je Woche

1. Nov. bis 31. Dez, 2013 (8Wochen, 5 Tage): 15 Std je Woche

(17 Wochen x 20 Std) + (8 Wochen X 40 Std) + (8 Wochen x 15 Std) : 52 Wochen = 15 Std durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit.

Das Kind ist während des gesamten Kalenderjahres zu berücksichtigen.

Abwandlung:

Würde das Kind auch im November und Dezember 20 Stunden arbeiten und wegen des Vollzeiterwerbs die wöchentliche Arbeitszeit aufs Jahr gerechnet dann mehr als 20 Stunden betragen, entfiele der Kindergeldanspruch nur für die zwei Monate des Vollzeiterwerbs.

In diesem Fall wäre es besser, das Kind würde die Zeit der Vollzeitarbeit beschränken (z.B. vom 3.8. bis 27.9.), weil der Vollzeiterwerb jeweils nicht den ganzen Monat umfasst, entfiele der Anspruch auf Kindergeld somit auch dann nicht.

Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine e.V. (BDL), Pressemitteilung v. 5.3.3013

Stewardess als Erstausbildung, Pilotin als Zweitausbildung?

Stewardess als Erstausbildung, Pilotin als Zweitausbildung?

Kernproblem

Das Thema der steuerlichen Berücksichtigung von Erstausbildungskosten oder des Erststudiums hat sich bereits jetzt zur unendlichen Geschichte entwickelt. Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) dem Gesetzgeber einen redaktionellen Fehler attestiert hatte, in dessen Folge der Werbungskostenabzug für Erstausbildungskosten auch ohne Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis möglich schien, sollte durch das, Ende vergangenen Jahres verkündete, Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz auf die Schnelle wieder der alte Rechtsstand herbeigeführt werden. Dass hiergegen bereits jetzt Verfassungsbeschwerden anhängig sind, versteht sich von selbst. Besser geht es den Azubis, denen der Abzug als Werbungskosten offensteht, weil sie sich auf eine zweite Ausbildung berufen können. Ob ein mehrmonatiger Lehrgang bereits eine „Ausbildung“ darstellt, entschied jetzt das Finanzgericht (FG) Köln im Fall einer Stewardess.

Sachverhalt

Eine Flugbegleiterin absolvierte im Anschluss an ihre Tätigkeit eine Pilotenausbildung. Die hierfür entstandenen Kosten von fast 19.000 EUR wollte das Finanzamt lediglich als Sonderausgaben mit 4.000 EUR (ab 2012: 6.000 EUR) anerkennen, anstatt als vorweggenommene Werbungskosten. Nach Auffassung der Verwaltung handele es sich bei der 6-monatigen Ausbildung zur Flugbegleiterin weder um eine Berufsausbildung nach dem Berufsausbildungsgesetz noch um einen ansonsten anerkannten Lehr- oder Anlernberuf, so dass die Pilotenausbildung eine erstmalige Berufsausbildung darstelle. Unbeeindruckt ließ das Finanzamt der Umfang der erlangten Kenntnisse einer Stewardess, wie Sprachunterricht, psychologische Schulung und Sicherheitstraining.

Entscheidung

Das FG Köln gewährte den vollen Werbungskostenabzug und vertrat die Ansicht, dass eine erstmalige Berufsausbildung im Sinne der Vorschrift keine Ausbildung im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgangs erfordere. Vielmehr sei es ausreichend, dass eine Ausbildung berufsbezogen sei und eine Grundvoraussetzung für die geplante Berufsausübung darstelle. Diese Voraussetzungen seien auch bei einer betriebsinternen Schulung zur Flugbegleiterin einer Fluggesellschaft gegeben. Weil es eines staatlich anerkannten Ausbildungsberufs nicht bedürfe, sei die nachfolgende Pilotenausbildung eine zweite Ausbildung ohne Abzugsbeschränkung.

Konsequenz

Das FG Köln hat zwar die Revision zugelassen. Eine andere Entscheidung ist jedoch nicht zu erwarten, denn die Richter des Bundesfinanzhofs (BFH) haben erst kürzlich eine während des Zivildienstes absolvierte Ausbildung zum Rettungssanitäter als ausreichend angesehen. Auch hieran schloss sich eine Pilotenausbildung an.