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Stewardess als Erstausbildung, Pilotin als Zweitausbildung?

Stewardess als Erstausbildung, Pilotin als Zweitausbildung?

Kernproblem

Das Thema der steuerlichen Berücksichtigung von Erstausbildungskosten oder des Erststudiums hat sich bereits jetzt zur unendlichen Geschichte entwickelt. Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) dem Gesetzgeber einen redaktionellen Fehler attestiert hatte, in dessen Folge der Werbungskostenabzug für Erstausbildungskosten auch ohne Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis möglich schien, sollte durch das, Ende vergangenen Jahres verkündete, Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz auf die Schnelle wieder der alte Rechtsstand herbeigeführt werden. Dass hiergegen bereits jetzt Verfassungsbeschwerden anhängig sind, versteht sich von selbst. Besser geht es den Azubis, denen der Abzug als Werbungskosten offensteht, weil sie sich auf eine zweite Ausbildung berufen können. Ob ein mehrmonatiger Lehrgang bereits eine „Ausbildung“ darstellt, entschied jetzt das Finanzgericht (FG) Köln im Fall einer Stewardess.

Sachverhalt

Eine Flugbegleiterin absolvierte im Anschluss an ihre Tätigkeit eine Pilotenausbildung. Die hierfür entstandenen Kosten von fast 19.000 EUR wollte das Finanzamt lediglich als Sonderausgaben mit 4.000 EUR (ab 2012: 6.000 EUR) anerkennen, anstatt als vorweggenommene Werbungskosten. Nach Auffassung der Verwaltung handele es sich bei der 6-monatigen Ausbildung zur Flugbegleiterin weder um eine Berufsausbildung nach dem Berufsausbildungsgesetz noch um einen ansonsten anerkannten Lehr- oder Anlernberuf, so dass die Pilotenausbildung eine erstmalige Berufsausbildung darstelle. Unbeeindruckt ließ das Finanzamt der Umfang der erlangten Kenntnisse einer Stewardess, wie Sprachunterricht, psychologische Schulung und Sicherheitstraining.

Entscheidung

Das FG Köln gewährte den vollen Werbungskostenabzug und vertrat die Ansicht, dass eine erstmalige Berufsausbildung im Sinne der Vorschrift keine Ausbildung im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgangs erfordere. Vielmehr sei es ausreichend, dass eine Ausbildung berufsbezogen sei und eine Grundvoraussetzung für die geplante Berufsausübung darstelle. Diese Voraussetzungen seien auch bei einer betriebsinternen Schulung zur Flugbegleiterin einer Fluggesellschaft gegeben. Weil es eines staatlich anerkannten Ausbildungsberufs nicht bedürfe, sei die nachfolgende Pilotenausbildung eine zweite Ausbildung ohne Abzugsbeschränkung.

Konsequenz

Das FG Köln hat zwar die Revision zugelassen. Eine andere Entscheidung ist jedoch nicht zu erwarten, denn die Richter des Bundesfinanzhofs (BFH) haben erst kürzlich eine während des Zivildienstes absolvierte Ausbildung zum Rettungssanitäter als ausreichend angesehen. Auch hieran schloss sich eine Pilotenausbildung an.

Aufwendungen für Erststudium und Erstausbildung abziehbar

Aufwendungen für Erststudium und Erstausbildung abziehbar

Kernproblem

Die Behandlung der Kosten der erstmaligen Berufsausbildung und des Erststudiums beschäftigt seit geraumer Zeit die Gerichte. Nach einer Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2002 unterscheidet der Bundesfinanzhof (BFH) nicht mehr zwischen Aus- und Fortbildung, sondern stellt auf den Veranlassungszusammenhang ab. So konnten bis zum Jahr 2003 auch Kosten des Erststudiums als Werbungskosten abzugsfähig sein oder Verluste als Verlustvorträge festgestellt werden. Mit einer Änderung des EStG wollte der Gesetzgeber dann wieder ab 2004 die alte Rechtslage herstellen und ordnete solche Kosten der privaten Lebensführung zu, deren Förderung als Sonderausgaben auf 4.000 EUR eingeschränkt ist (damit auch Wegfall eines Verlustausgleichs für negative „Einkünfte“). Etwas anderes gilt nur für die im Zusammenhang mit einem Ausbildungs-Dienstverhältnis anfallenden Aufwendungen (z. B. Fachhochschulen der Beamten, Referendare), die weiterhin unbeschränkt als Werbungskosten abzugsfähig sind. Dann herrschte erst einmal Ruhe, bis der BFH trotz neuer Gesetzeslage einigen Studenten mit vorher abgeschlossener Berufsausbildung den Werbungskostenabzug gewährte (Buchhändlerin/Lehramt, Hotelfachfrau/Tourismusmanagement, Bürokaufmann/Betriebswirt, Koch/Hotelmanagement). Anschließend wurden auch Fälle beim BFH anhängig, bei denen das Studium oder die Ausbildung unmittelbar nach der Schulausbildung begann.

Entscheidung

Der BFH entschied jetzt im Fall der Ausbildung eines Berufspiloten, dass die entstanden Aufwendungen von ca. 28.000 EUR dem Grunde nach vorweggenommene Werbungskosten für eine künftige nichtselbstständige Tätigkeit als Pilot seien. Einer Medizinstudentin, die unmittelbar nach dem Abitur das Studium aufgenommen hatte, bescheinigte er den Veranlassungszusammenhang zum Beruf, soweit das Studium Berufswissen vermittle und damit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet sei. Für weitere Untersuchungen wurden beide Fälle an die Finanzgerichte zurückverwiesen.

Konsequenz

Dem Gesetzgeber sind bei der einschränkenden Gesetzesänderung handwerkliche Fehler unterlaufen. Auslöser ist die Regelung in der als Trostpflaster gedachten Zuordnung als Sonderausgaben, die begrifflich erst dann zum Zuge kommt, soweit nicht vorrangig ein Abzug als Werbungskosten in Betracht kommt. Die Einschränkung läuft dann bei beruflichem Zusammenhang ins Leere. Anders wäre es gewesen, wenn die Regelung bei den nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben/Werbungskosten angesiedelt gewesen wäre. Wie das Bundesministerium der Finanzen auf seiner Homepage ankündigte, prüft es zurzeit die gesetzgeberischen und verwaltungstechnischen Gestaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Eckpunkte, die der BFH in seinem Urteil vorgegeben hat.

Empfehlung

Unter Beachtung von Verjährungsfristen ist grundsätzlich noch die Beantragung von Verlustfeststellungen ab 2004 möglich, soweit nicht bestandskräftige Bescheide entgegenstehen.