In einem praxisrelevanten Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt, dass Tantiemenzahlungen an ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft (AG), das zugleich Minderheitsaktionär ist, grundsätzlich nicht als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu behandeln sind – sofern keine besonderen Missbrauchsmerkmale vorliegen.
Urteil des BFH vom 28.02.2024 – I R 14/21
🧾 Der Streitfall im Überblick
- Der Vorstand einer AG war zugleich Minderheitsaktionär (1/3 der Anteile).
- Der Aufsichtsrat, bestehend aus zwei Mitaktionären und einem unbeteiligten Mitglied, hatte eine umsatz- und gewinnabhängige Tantieme für den Vorstand beschlossen.
- Das Finanzamt sah in den Tantiemen eine vGA – das FG Nürnberg stimmte zu.
- Der BFH jedoch hob das Urteil auf.
⚖ BFH: Maßgeblich ist die Struktur der AG – nicht die der GmbH
Das FG hatte auf die Rechtsprechung zu GmbH-Geschäftsführern Bezug genommen. Doch der BFH stellte klar:
- Für die AG gelten andere Maßstäbe.
- Der Aufsichtsrat ist gesetzlich zur Kontrolle und zur Wahrung der Interessen der AG verpflichtet.
- Ein Vorstandsmitglied, das nicht über die Mehrheit im Aufsichtsrat verfügt, kann seine Vergütung nicht eigenmächtig beeinflussen.
- Nahestehende Personen im Aufsichtsrat lagen ebenfalls nicht vor.
Ergebnis: Die Tantieme war fremdüblich vereinbart. Eine vGA liegt nicht vor.
📌 Wann droht dennoch eine verdeckte Gewinnausschüttung bei der AG?
Laut BFH nur in Ausnahmefällen – wenn der Aufsichtsrat nicht unabhängig agiert, z. B.:
- Der Vorstand kann direkt oder mittelbar über den Aufsichtsrat bestimmen.
- Alle Mitglieder des Aufsichtsrats stehen dem Vorstand persönlich oder wirtschaftlich nah.
- Die Vergütung ist offensichtlich unangemessen und nicht fremdüblich.
💬 Praxis-Tipp: Unterschied zur GmbH beachten!
Bei der GmbH gelten strengere Maßstäbe:
- Eine umsatzabhängige Tantieme wird regelmäßig als vGA gewertet – wegen der Gefahr der Gewinnabsaugung.
- Ausnahme: Sachlicher Grund + Fremdvergleich + Begrenzung (Kappungsgrenze, zeitliche Befristung).
- Bei der AG hingegen kann eine Umsatztantieme – unter Wahrung der Organstruktur – zulässig sein.
🧭 Fazit für die Beratungspraxis
- Das BFH-Urteil schafft mehr Rechtssicherheit für Aktiengesellschaften.
- Eine Tantiemevereinbarung mit dem Vorstand ist steuerlich anerkannt, wenn der Aufsichtsrat unabhängig und gesetzeskonform entscheidet.
- Die Grundsätze zur vGA bei der GmbH sind nicht ohne Weiteres übertragbar.
- Für Mischformen (z. B. kleine AGs mit familiären Strukturen) bleibt eine Einzelfallprüfung unerlässlich.
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Wenn Sie möchten, erstelle ich gern zusätzlich ein Vergleichsschema AG vs. GmbH zur vGA-Problematik bei Tantiemen oder eine Checkliste für prüfungssichere Tantiemevereinbarungen.