Täuschung bei Bewerbung berechtigt Arbeitgeber nicht immer zur Anfechtung des Arbeitsvertrags

Täuschung bei Bewerbung berechtigt Arbeitgeber nicht immer zur Anfechtung des Arbeitsvertrags

Rechtslage

Die Zulässigkeit der Frage nach einer Schwerbehinderung im Bewerbungsgespräch ist hoch umstritten. Wäre sie generell unzulässig, dürfte der Bewerber sogar die Unwahrheit sagen. Das Bundesarbeitsgericht hat sich dazu bislang nicht geäußert, entschied aber in einer jüngeren Entscheidung allgemein, dass ein Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung berechtigt sein kann, wenn ein Bewerber eine zulässige Frage im Bewerbungsgespräch falsch beantwortet.

Sachverhalt

Die Klägerin war lange vor Beginn ihrer Tätigkeit für den beklagten Arbeitgeber als Schwerbehinderte anerkannt. Erst als der Arbeitgeber ihr nahelegte, gegen Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, informierte die Klägerin ihn über ihre Schwerbehinderung, nachdem sie im Bewerbungsgespräch die Frage nach einer solchen noch verneint hatte. Daraufhin erklärte der Arbeitgeber die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung und hilfsweise die Kündigung des Arbeitsvertrages. Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses und machte eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wegen Diskriminierung geltend.

Entscheidung

Die Klägerin obsiegte mit ihrer Feststellungsklage, unterlag verlor aber mit dem geltend gemachten Entschädigungsanspruch. Zwar könne eine falsche Antwort auf eine zulässigerweise gestellte Frage im Bewerbungsgespräch zur Anfechtung und auch Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen; dies aber nur, wenn sich die Täuschung ursächlich auf den Abschluss des Arbeitsvertrages ausgewirkt habe. Dies war hier unstreitig nicht der Fall, denn der Arbeitgeber hatte zugegeben, die Frage nach der Schwerbehinderung deshalb gestellt zu haben, weil er seine Schwerbehindertenquote habe erhöhen wollen. Damit konnte unterstellt werden, dass die Klägerin auch bei Offenlegung der Schwerbehinderung eingestellt worden wäre. Im Übrigen lägen für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch keine ausreichenden Indizien vor.

Konsequenz

Die Entscheidung ist zutreffend. Insbesondere wenn der Arbeitgeber selber vorträgt, er habe bewusst Schwerbehinderte bevorzugen wollen, kann er keine Anfechtung auf das nachträgliche Offenlegen einer Schwerbehinderung stützen. Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings leider die Entscheidung nicht dazu genutzt, sich zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Frage nach einer Schwerbehinderung im Bewerbungsgespräch zu äußern.