Die Übernahme einer Testamentsvollstreckung durch Steuerberater bietet zahlreiche Vorteile – sowohl für den Nachlass als auch für die Erben und Unternehmerfamilien. Der steuerliche Berater genießt meist ein hohes Vertrauen, kennt die wirtschaftlichen und familiären Hintergründe genau und verfügt über das notwendige Know-how, um komplexe Vermögensstrukturen effizient und rechtssicher abzuwickeln.
Doch trotz aller Vorteile ist die Testamentsvollstreckung rechtlich anspruchsvoll. Sie erfordert fundierte Kenntnisse im Erbrecht, Steuerrecht und Zivilrecht – und ein klares Bewusstsein für mögliche Haftungsrisiken.
1. Rechtliche Zulässigkeit für Steuerberater
Steuerberater dürfen grundsätzlich als Testamentsvollstrecker tätig werden. Die Übernahme dieses Amtes stellt keine unzulässige Rechtsdienstleistung dar, solange die Tätigkeit in engem Zusammenhang mit der beruflichen Qualifikation und Erfahrung des Steuerberaters steht.
Gerade in Familien- oder Unternehmensnachfolgen, bei denen steuerliche und wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund stehen, ist der Steuerberater häufig der geeignete Vertrauenspartner für die Nachlassabwicklung.
2. Die Übernahme der Testamentsvollstreckung in der Praxis
Der Ausgangsfall
Oft wird der Steuerberater bereits im Testament namentlich als Vollstrecker benannt. Mit der Annahme des Amtes übernimmt er die Verantwortung für die Verwaltung, Sicherung und Verteilung des Nachlasses.
Befugnisse und Vergütung
Die Befugnisse des Testamentsvollstreckers ergeben sich aus der Testamentsvollstreckungsanordnung. Sie können von einer bloßen Abwicklungsvollstreckung bis hin zu einer Dauervollstreckung reichen.
Die Vergütung richtet sich grundsätzlich nach der Vereinbarung im Testament oder, falls keine Regelung besteht, nach den neuen Grundsätzen zur Vergütung von Testamentsvollstreckern (ab 2025), die insbesondere bei hohen Vermögenswerten eine angemessene Honorierung sicherstellen sollen.
Erste Schritte nach Amtsübernahme
Nach Annahme des Amtes hat der Testamentsvollstrecker die Pflicht,
- den Nachlass zu sichern,
- sich gegenüber Banken, Handelsregister und Grundbuchamt zu legitimieren und
- eine Nachlassverzeichnis-Erstellung vorzunehmen.
Besonderheiten ergeben sich bei Auslandsvermögen oder wenn der Nachlass eines Vorerben betroffen ist.
3. Testamentsvollstreckung bei Unternehmen und Beteiligungen
Besonders komplex wird die Vollstreckung, wenn betriebliche Vermögenswerte betroffen sind.
Steuerberater bringen hier wertvolle Expertise ein – etwa bei der Fortführung von Unternehmen oder der Bewertung von Beteiligungen.
Wichtige Punkte sind:
- Testamentsvollstreckung über Einzelunternehmen,
- Regelungen zu Personengesellschaften (z. B. GbR, OHG, KG),
- Anordnungen im Zusammenhang mit GmbH-Beteiligungen,
- Umsetzung von Umwandlungsanordnungen oder Einbringungsverpflichtungen.
Hier entscheidet das Zusammenspiel von Erb-, Gesellschafts- und Steuerrecht, ob der Übergang rechtssicher gelingt.
4. Typische Fallen und Fehler
Trotz guter Vorbereitung birgt die Testamentsvollstreckung zahlreiche Fallstricke.
Zu den häufigsten gehören:
- Unklare Testamentsformulierungen,
- Interessenkonflikte bei mehreren Erben,
- Versäumnisse bei der Nachlasssicherung,
- fehlerhafte Auskünfte oder Rechnungslegung,
- und in Extremfällen sogar eine Amtsenthebung nach § 2227 BGB.
Eine sorgfältige Dokumentation und transparente Kommunikation mit den Erben sind daher unerlässlich.
5. Steuerliche Haftungsgefahren
Der Testamentsvollstrecker trägt auch steuerlich eine hohe Verantwortung.
Er kann persönlich haftbar gemacht werden, insbesondere:
- Nach §§ 69 i.V.m. 34 AO: Haftung für Steuerschulden des Nachlasses,
- Nach § 71 AO: Haftung bei Steuerhinterziehung, ggf. mit strafrechtlichen Folgen,
- Nach § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG: Haftung für die Bezahlung der Erbschaftsteuer,
- Nach § 20 Abs. 6 S. 2 ErbStG: Haftung bei unrichtigen oder unvollständigen Angaben.
Ein sorgfältiges steuerliches Risikomanagement ist daher unverzichtbar.
Fazit
Die Testamentsvollstreckung durch Steuerberater ist ein anspruchsvolles, aber äußerst wertvolles Tätigkeitsfeld. Sie verbindet fachliche Kompetenz, Vertrauen und Verantwortung.
Wer die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen kennt, typische Fehler vermeidet und strukturiert vorgeht, kann den Nachlass sicher, effizient und im Sinne des Erblassers abwickeln – und zugleich ein interessantes Beratungsfeld für die Kanzlei erschließen.
Praxistipp:
Steuerberater, die Testamentsvollstreckungen übernehmen möchten, sollten sich mit den neuen Vergütungsgrundsätzen ab 2025 und den aktuellen Haftungsregelungen vertraut machen. Eine enge Zusammenarbeit mit erbrechtlich spezialisierten Kolleg:innen ist empfehlenswert.
