Vorsteuerabzug: Welche Anschrift darf in der Rechnung verwendet werden?

Vorsteuerabzug: Welche Anschrift darf in der Rechnung verwendet werden?

Ist es für den Vorsteuerabzug ausreichend, dass der leistende Unternehmer in der Rechnung eine Anschrift angibt, unter der er postalisch erreichbar ist, oder ist eine Anschrift erforderlich, unter der er seine wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet? Diese Frage legt der Bundesfinanzhof dem Europäischen Gerichtshof vor.

Hintergrund

K betreibt einen Kfz-Handel. In den Jahren 2009 bis 2011 kaufte er Fahrzeuge von Z. Dieser hatte Räumlichkeiten angemietet, in denen er kein Autohaus betrieb, sondern nur ein Büro unterhielt, von dem aus er seine Fahrzeuge im Onlinehandel vertrieb. In dem Büro kam nur die Post an, wurde dort sortiert und bearbeitet. Auch wurden die Akten dort geführt. Am Gebäude befand sich lediglich ein Firmenschild. Die Fahrzeuge übergab Z an K zum Teil an öffentlichen Plätzen.

Das Finanzamt wertete die Geschäftsadresse des Z nur als Briefkastenadresse und damit als Scheinadresse und verweigerte deshalb K den Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen des Z.

Das Finanzgericht gab dagegen der Klage statt. Seiner Auffassung nach erfordert die gesetzliche Regelung nicht, dass an der angegebenen Anschrift geschäftliche Aktivitäten stattfinden. Die anderslautende bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist angesichts der technischen Entwicklung überholt.

Das Finanzamt legte hiergegen Revision ein.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof setzt das Revisionsverfahren aus und legt die Problematik dem Europäischen Gerichtshof vor.

Für den Leistungsempfänger besteht kein Recht auf Vorsteuerabzug, wenn die für den Vorsteuerabzug erforderlichen Rechnungsangaben fehlen oder sie unzutreffend sind. Der Bundesfinanzhof hatte erst im letzten Jahr dazu entschieden, dass das gesetzlich geforderte Merkmal „vollständige Anschrift“ nur dann erfüllt ist, wenn der leistende Unternehmer dort seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet. Unter der von Z angegebenen Adresse fanden jedoch keine ernsthaften wirtschaftlichen Aktivitäten statt, sodass K der Vorsteuerabzug nicht zusteht.

Der Bundesfinanzhof hat jedoch Zweifel daran, ob diese Auslegung des nationalen Rechts mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs übereinstimmt. Denn dieser hatte in einem Fall das Vorliegen der formellen Rechnungsvoraussetzungen bejaht, obwohl an der im Handelsregister und auch in der Rechnung als Gesellschaftssitz bezeichneten Anschrift eine wirtschaftliche Tätigkeit gar nicht möglich war. Nach diesem Urteil könnte man davon ausgehen, dass für den Vorsteuerabzug nicht alle formellen Rechnungsvoraussetzungen vorliegen müssen, jedenfalls keine Anschrift vorausgesetzt wird, unter der wirtschaftliche Tätigkeiten entfaltet werden.