Was muss ein Verein erfüllen, um gemeinnützig zu sein?

Die Gemeinnützigkeit eines Vereins ist ein Status, der erhebliche steuerliche Vorteile mit sich bringt, aber auch mit strengen Auflagen verbunden ist. Wer einen gemeinnützigen Verein gründen oder führen möchte, muss eine Reihe von Aspekten genau berücksichtigen.

Hier sind die wichtigsten Punkte, die zu beachten sind:

1. Satzung und Satzungsmäßigkeit: Das Fundament der Gemeinnützigkeit

Die Satzung ist die „Verfassung“ des Vereins und das zentrale Dokument für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt. Sie muss den strengen Vorgaben der Abgabenordnung (AO), insbesondere §§ 51 ff. AO, genügen:

  • Gemeinnütziger Zweck: Der Zweck des Vereins muss klar benannt und einem der in § 52 AO genannten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke entsprechen (z.B. Förderung des Sports, der Kultur, des Umweltschutzes, der Jugendhilfe). Der Zweck muss die Allgemeinheit fördern und darf nicht nur einem kleinen, exklusiven Personenkreis zugutekommen.
  • Ausschließlichkeit: Der Verein darf ausschließlich die in der Satzung genannten gemeinnützigen Zwecke verfolgen. Nebenzwecke, die nicht gemeinnützig sind, sind unzulässig.
  • Unmittelbarkeit: Der Verein muss seine satzungsgemäßen Zwecke unmittelbar selbst verwirklichen. Das bedeutet, er muss die Leistungen selbst erbringen und darf nicht bloß andere gemeinnützige Institutionen unterstützen (Ausnahme: Fördervereine).
  • Selbstlosigkeit: Der Verein darf keine eigenwirtschaftlichen Zwecke verfolgen. Die Mitglieder erhalten keine Gewinnausschüttungen oder unangemessen hohe Vergütungen aus den Mitteln des Vereins.
  • Mittelverwendung: Es muss in der Satzung klar geregelt sein, dass die Mittel des Vereins ausschließlich für die satzungsgemäßen Zwecke verwendet werden dürfen.
  • Vermögensbindung: Bei Auflösung des Vereins oder Wegfall der steuerbegünstigten Zwecke muss das Vermögen des Vereins an eine andere steuerbegünstigte Körperschaft oder für steuerbegünstigte Zwecke abgeführt werden. Dies ist eine absolute Pflicht.
  • Formale Anforderungen: Die Satzung muss Regelungen zu Vorstand, Mitgliederversammlung, Geschäftsjahr, Auflösung etc. enthalten. Es empfiehlt sich, eine an der Mustersatzung nach § 60 AO orientierte Satzung zu verwenden.

2. Tatsächliche Geschäftsführung: Leben, was man predigt

Es reicht nicht aus, dass die Satzung gemeinnützig ist. Der Verein muss die in der Satzung festgelegten Zwecke auch tatsächlich und nachweislich verfolgen. Das Finanzamt prüft dies regelmäßig.

  • Zeitnahe Mittelverwendung: Grundsätzlich müssen die Einnahmen des Vereins zeitnah für die satzungsgemäßen Zwecke verwendet werden. „Zeitnah“ bedeutet in der Regel, dass die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren eingesetzt werden.
    • Wichtige Ausnahme: Für kleine Vereine mit jährlichen Einnahmen (aus allen Sphären) von nicht mehr als 45.000 Euro wurde die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung durch das Jahressteuergesetz 2020 abgeschafft. Diese Vereine können Mittel länger ansparen.
  • Keine unangemessenen Vergütungen: Zahlungen an Mitglieder, Vorstände oder andere Personen dürfen nicht über das hinausgehen, was für eine entsprechende Leistung üblich ist. Ehrenamtspauschale und Übungsleiterpauschale sind hier wichtige Instrumente, deren Grenzen jedoch genau eingehalten werden müssen.
  • Getrennte Buchführung nach Sphären: Dies ist elementar für die tatsächliche Geschäftsführung und wurde bereits im Kontext des Rechnungswesens ausführlich besprochen:
    • Ideeller Bereich: Vollständig steuerbefreit. (z.B. Mitgliedsbeiträge, Spenden)
    • Zweckbetrieb: Steuerbegünstigt, wenn direkt zur Zweckverwirklichung dienend. (z.B. gemeinnützige Sportveranstaltungen mit Eintritt)
    • Vermögensverwaltung: Ertragsteuerpflichtig, aber oft mit ermäßigtem Steuersatz. (z.B. Zinserträge, Mieteinnahmen aus der Vermietung von Vereinsgebäuden an Dritte)
    • Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb: Voll steuerpflichtig bei Überschreiten einer Freigrenze von 45.000 Euro Umsatz. (z.B. kommerzieller Verkauf von Fanartikeln)

3. Steuervorteile und Pflichten

Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit bringt dem Verein erhebliche Vorteile:

  • Befreiung von der Körperschaft- und Gewerbesteuer: Für Einkünfte aus dem ideellen Bereich, dem Zweckbetrieb und der Vermögensverwaltung.
  • Ermäßigter Umsatzsteuersatz: Für Einnahmen aus Zweckbetrieben (oft 7% statt 19%). Kleinere Umsätze können zudem unter die Kleinunternehmerregelung fallen.
  • Spendenabzugsfähigkeit: Der Verein darf Zuwendungsbestätigungen (Spendenbescheinigungen) ausstellen, die Spendern einen steuerlichen Abzug ermöglichen. Dies ist ein großer Anreiz für Spender.
  • Möglichkeit von Fördermitteln: Viele öffentliche Förderprogramme stehen nur gemeinnützigen Organisationen offen.

Im Gegenzug bestehen folgende Pflichten:

  • Buchführungspflicht: Auch wenn die Einnahmen-Überschuss-Rechnung meist ausreichend ist, müssen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoBD) beachtet werden (Belegpflicht, Nachvollziehbarkeit).
  • Jährliche Steuererklärungen: Unabhängig von der Steuerbefreiung muss der Verein in der Regel eine jährliche Körperschaftsteuererklärung (inkl. Anlage GEM zur Gemeinnützigkeit) und ggf. Umsatzsteuererklärungen einreichen.
  • Mittelverwendungsnachweis: Das Finanzamt muss regelmäßig über die Verwendung der Mittel informiert werden.
  • Aufbewahrungspflichten: Für alle relevanten Unterlagen (Satzung, Beschlüsse, Belege, Buchführungsunterlagen) gelten gesetzliche Aufbewahrungsfristen (6 bis 10 Jahre).

4. Kassenprüfung und Transparenz

  • Eine unabhängige Kassenprüfung durch von der Mitgliederversammlung gewählte Kassenprüfer ist nicht nur eine interne Kontrollinstanz, sondern auch wichtig für die Rechenschaftspflicht des Vorstands.
  • Transparenz gegenüber den Mitgliedern und dem Finanzamt ist unerlässlich. Alle Finanzvorgänge sollten klar nachvollziehbar sein.

Zusammenfassend:

Die Gemeinnützigkeit ist ein Privileg, das dem Verein große Vorteile bietet. Sie erfordert aber auch ein hohes Maß an Sorgfalt und Disziplin in der Verwaltung und Buchführung. Die Einhaltung der Satzung, der tatsächlichen Geschäftsführung und der steuerlichen Vorschriften ist unerlässlich, um den Status nicht zu verlieren.

Der beste Rat: Gerade am Anfang und bei Unsicherheiten ist die Beratung durch einen auf Gemeinnützigkeitsrecht spezialisierten Steuerberater dringend zu empfehlen. Er kann die Satzung prüfen, bei der Einrichtung der Buchhaltung helfen und sicherstellen, dass alle steuerlichen Pflichten erfüllt werden.