Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen: Finanzgericht widerspricht BFH ein weiteres Mal

Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen: Finanzgericht widerspricht BFH ein weiteres Mal

Kernproblem
Im Jahr 2011 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entgegen seiner bis dahin geltenden Rechtsprechung entschieden, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen (agB) zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Finanzverwaltung hat danach eingeräumt, für eine eindeutige, zuverlässige und rechtssichere Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses bzw. der Motive der Verfahrensbeteiligten keine Instrumente zur Verfügung stellen zu können. Folglich hat sie das Urteil des BFH mit einem Nichtanwendungserlass belegt. Von der geänderten Rechtsprechung ist eine erhebliche Anzahl von Fällen betroffen, mit denen sich jetzt zunächst die Finanzgerichte herumschlagen dürfen, bis der BFH seine Ausführungen konkretisiert. Das gilt umso mehr, nachdem die im Jahressteuergesetz 2013 geplante Abzugsbeschränkung vorerst gescheitert ist. Jetzt ist ein weiterer Fall vor dem Finanzgericht (FG) Hamburg anhängig geworden.

Sachverhalt
Der Steuerpflichtige hatte Zivilprozesskosten von ca. 5.000 EUR im Zusammenhang mit einer beim Landgericht erfolglos erhobenen Klage auf Erlösauskehr bzw. Entschädigung aus Gesellschaftsanteilen an einer in der ehemaligen DDR enteigneten Kommanditgesellschaft (KG) aufgewendet. Die Anteile hatte er 1993 erworben; zu diesem Zeitpunkt waren die Vermögensgegenstände der KG jedoch bereits vom damaligen Betreiber veräußert worden. Seine Zivilklage gegen die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben blieb erfolglos. Den vorrangig begehrten Betriebsausgabenabzug verwehrte das Finanzamt, weil eine Rückübertragung des Unternehmens von vornherein ausgeschlossen war. Dem hilfsweise gestellten Antrag auf Abzug als außergewöhnliche Belastungen konnten die Beamten den Nichtanwendungserlass entgegenhalten.

Entscheidung
Das FG Hamburg schloss sich den Argumenten des Finanzamts an und ging damit (wie bereits andere Gerichte) auf Konfrontationskurs zum BFH. Die eine Außergewöhnlichkeit voraussetzende Zwangsläufigkeit der Aufwendungen lag nach Auffassung der Richter nicht vor, denn die geltend gemachten Ansprüche und das Risiko einer Durchsetzung wurden freiwillig erworben. Auch ein Zusammenhang mit dem notwendigen Lebensbedarf des Steuerpflichtigen und seiner Familie war für das FG nicht erkennbar. Im Hinblick auf die Entscheidung des BFH ist das FG der Auffassung, dass bei der Frage nach der Zwangsläufigkeit nicht außer Acht bleiben könne, ob auch das den Prozess auslösende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig gewesen sei. Anderenfalls würden Prozesskosten in höherem Maße berücksichtigt, als andere privat veranlasste Aufwendungen.

Konsequenz
Die Revision beim BFH ist bereits eingelegt worden. Zurzeit kann nur empfohlen werden, jegliche Zivilprozesskosten in der Steuererklärung geltend zu machen und das Verfahren offenzuhalten.