Kein Kindergeld für – später rechtskräftig verurteiltes – inhaftiertes und vom Studium beurlaubtes Kind

Aufhebung oder Änderung einer Kindergeldfestsetzung wegen Änderung der Verhältnisse

BFH, Urteil XI R 50/10 vom 23.01.2013

Kein Kindergeld für –später rechtskräftig verurteiltes– inhaftiertes und vom Studium beurlaubtes Kind – Aufhebung oder Änderung einer Kindergeldfestsetzung wegen Änderung der Verhältnisse

Leitsätze

1. Die Durchführung einer Berufsausbildung i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG setzt voraus, dass auf die Ausbildung gerichtete Maßnahmen tatsächlich durchgeführt werden.

 

2. Eine kindergeldschädliche Unterbrechung der Berufsausbildung ist gegeben, wenn ein später rechtskräftig verurteiltes Kind sich in Haft befindet und sich während dieser Zeit von seinem Studium hat beurlauben lassen.

Tatbestand

1
I. Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) einen Anspruch auf Kindergeld für ihren am X.X.1982 geborenen Sohn S hat, der sich von seinem Studium der Rechtswissenschaften vorübergehend hatte beurlauben lassen und sich während dieser Zeit in Untersuchungshaft und anschließend in Haft befand.
2
Der Sohn der Klägerin war seit dem Wintersemester 2002/2003 zum Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Z immatrikuliert. Er war nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) vom Wintersemester 2003/2004 bis einschließlich Sommersemester 2005 beurlaubt. Seit dem Wintersemester 2005/2006 war S nicht mehr beurlaubt und hat sein Studium fortgesetzt.
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Er wurde am 12. August 2004 vom Landgericht (LG) Z wegen unerlaubten Handelns mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Ausweislich der Urteilsgründe war er in den Drogenhandel mit Haschisch eingebunden und hatte am 26. Juni 2003 Haschisch und Ecstasytabletten mit einem Marktwert von 100.000 EUR von A nach Z befördert. Der Sohn der Klägerin war am selben Tag festgenommen worden, befand sich zunächst in Untersuchungshaft und ab dem 26. Januar 2005 in Strafhaft. Ab August 2005 war er im sog. „offenen Vollzug“. Das LG U setzte mit Beschluss vom 17. Januar 2006 den Rest der Strafe vorzeitig zur Bewährung aus. Mit Beschluss vom 5. Februar 2009 wurde die ausgesetzte Reststrafe erlassen.
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Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) hob die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 19. April 2007 für den Zeitraum Juli 2003 bis September 2005 nach § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf und forderte überzahltes Kindergeld in Höhe von … EUR von der Klägerin zurück. Das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren blieb ohne Erfolg.
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Das FG wies die hiergegen erhobene Klage ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 152 veröffentlicht. Das FG führte im Wesentlichen aus, dass für den streitbefangenen Zeitraum eine Unterbrechung der Berufsausbildung vorliege, was zum Wegfall der Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG führe. Denn auf die Ausbildung gerichtete Maßnahmen hätten trotz der Immatrikulation wegen der Beurlaubung während der Haft nicht stattgefunden. Der vorliegende Sachverhalt sei auch nicht mit dem Fall vergleichbar, über den der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 20. Juli 2006 III R 69/04 (BFH/NV 2006, 2067) befunden habe, in dem das in Untersuchungshaft befindliche Kind später von jedem strafrechtlichen Tatvorwurf freigesprochen worden sei. Demgegenüber sei das Kind im Streitfall für die vorsätzliche Begehung einer schwerwiegenden Straftat verurteilt worden; somit sei nicht erst die Anordnung der Untersuchungshaft oder die Vollziehung der Strafhaft ursächlich für die Unterbrechung der Ausbildung gewesen. Die vom FG vertretene Sichtweise werde im Übrigen auch von anderen Finanzgerichten geteilt (FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12. Februar 2008  4 K 435/06, EFG 2008, 1393; FG Nürnberg, Urteil vom 20. Januar 2006 V 114/2005, nicht veröffentlicht –n.v.–, juris).
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Mit der hiergegen eingelegten –vom FG zugelassenen– Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Nach ihrer Auffassung ist der Streitfall entgegen der Ansicht des FG durchaus vergleichbar mit dem Sachverhalt, über den der BFH in seinem Urteil in BFH/NV 2006, 2067 befunden hat. Denn ihr Sohn habe mit der Begehung der Straftat keineswegs willentlich seine Ausbildung unterbrochen. Das FG habe insoweit eine „falsche und ihm nicht zukommende Gesinnungsbewertung“ vorgenommen. Im Übrigen sei ihr Sohn erstmals straffällig geworden und habe sich auch in der Haft weiter fortgebildet. Nicht einmal in einem Strafurteil werde festgestellt, ob der Angeklagte die Tat mit dem Vorsatz begangen hätte, seine Ausbildung zu unterbrechen. Dies dürfe auch niemand schlicht unterstellen. Vielmehr sei der bei der Tatbegehung mehr als „blauäugige“ und „naive“ Sohn der Klägerin als Heranwachsender vom Kopf einer Drogenbande als neuer Kurier rekrutiert und „verheizt“ worden, was den Telefonauswertungen der Akten der Mittäter zu entnehmen sei. Selbst bei einem Jurastudenten im zweiten Semester sei nicht ohne weiteres anzunehmen, die Folgen seiner Tat hätten sich ihm in diesem Ausmaß aufdrängen müssen, zumal es große Unterschiede zwischen strafrechtlichen Betäubungsmittelverfahren und anderen Strafverfahren gebe. Eine moralische Abwägung komme weder der Familienkasse noch dem FG zu, zumal die anwendbaren Rechtsnormen keine subjektiven Elemente aufwiesen.
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Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil sowie den Bescheid über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung vom 19. April 2007 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.
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Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Sie hält die Entscheidung des FG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
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Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin in der Zeit von Juli 2003 bis September 2005 für ihren Sohn S keinen Anspruch auf Kindergeld hat, so dass die Familienkasse berechtigt war, die entsprechende Kindergeldfestsetzung gemäß § 70 Abs. 2 EStG aufzuheben und das insoweit ausgezahlte Kindergeld nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) wieder zurückzufordern.
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1. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen beim Kindergeldberechtigten berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird.
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a) Der Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG („ausgebildet wird“) stellt nach der Rechtsprechung des BFH nicht auf das formale Weiterbestehen eines Ausbildungsverhältnisses ab, sondern darauf, dass auf die Ausbildung gerichtete Maßnahmen tatsächlich durchgeführt werden (vgl. BFH-Urteile vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02, BFHE 203, 106, BStBl II 2003, 848, unter II.1.a; in BFH/NV 2006, 2067, unter II.1.a; vom 24. September 2009 III R 79/06, BFH/NV 2010, 614, unter II.1.a aa). Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob das Ausbildungsverhältnis vorläufig beendet ist oder ob es zwar bestehen bleibt, aber infolge Beurlaubung die Rechte und Pflichten ruhen (BFH-Urteil in BFHE 203, 106, BStBl II 2003, 848, unter II.1.). Denn es tritt grundsätzlich eine Unterbrechung der Ausbildung ein, sobald es an Maßnahmen fehlt, die geeignet sind, dem Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen im Hinblick auf die Ausübung des angestrebten Berufs zu dienen (vgl. BFH-Urteile vom 14. Mai 2002 VIII R 61/01, BFHE 199, 210, BStBl II 2002, 807, unter II.2.a; in BFH/NV 2006, 2067, unter II.1.a, und in BFH/NV 2010, 614, unter II.1.a aa).
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b) Im Streitfall hat das FG zutreffend angenommen, dass die Berufsausbildung des Kindes S durch die Untersuchungshaft mit anschließender Strafhaft für den streitbefangenen Zeitraum unterbrochen war. Denn der Sohn der Klägerin hat während dieser Zeit sein begonnenes Studium der Rechtswissenschaften, von dem er sich hatte beurlauben lassen, nicht fortgesetzt.
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aa) Dem steht nicht entgegen, dass eine Unterbrechung der Ausbildung infolge Erkrankung oder Mutterschaft für den Anspruch auf Kindergeld als unschädlich angesehen wird (vgl. Abschn. 63.3.2.8 Abs. 1 und 3 der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes –DA-FamEStG–; ebenso BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 2067, unter II.1.c; FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil in EFG 2008, 1393; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. März 2011  2 K 5243/09, EFG 2011, 1262; FG Münster, Urteil vom 8. Juni 2011  10 K 3649/09 Kg, EFG 2012, 339). Denn im Streitfall ist keiner dieser Ausnahmefälle gegeben.
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bb) Auch die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung des BFH, wonach ein in Untersuchungshaft genommenes Kind ausnahmsweise weiterhin als in Ausbildung befindlich zu behandeln ist, wenn es die begonnene Ausbildung in der Haft nicht fortsetzt (BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 2067; entgegen Abschn. 63.3.2.7 Abs. 9 DA-FamEStG), ist im Streitfall nicht einschlägig.
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Denn der BFH hatte in seinem in BFH/NV 2006, 2067 zu entscheidenden Fall maßgeblich darauf abgestellt, dass das seinerzeit in Polen inhaftierte Kind die Unterbrechung seiner Ausbildung nicht zu vertreten hatte, weil es letztlich vom Tatvorwurf freigesprochen worden war (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 2067, unter II.1.c).
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Demgegenüber hat das Kind S im Streitfall mit seiner Beteiligung am Drogenhandel eine Straftat begangen, für die es rechtskräftig zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Ein derartiger Sachverhalt ist unabhängig von der subjektiven Sicht des Kindes von vornherein nicht vergleichbar mit dem Fall, über den der BFH in BFH/NV 2006, 2067 befunden hat (im Ergebnis ebenso FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil in EFG 2008, 1393; FG Baden-Württemberg, Urteil in EFG 2011, 1262; FG Münster, Urteil in EFG 2012, 339; Dürr, BFH-PR 2006, 485, 486).
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Diese Wertung steht im Ergebnis im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH, wonach für behinderte Kinder, die sich in Strafhaft befinden, gleichfalls kein Anspruch auf Kindergeld nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG besteht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. Februar 2009 III B 47/08, BFH/NV 2009, 929, und vom 8. November 2012 VI B 86/12, n.v., juris).
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2. Das FG hat auch zutreffend das Vorliegen der Voraussetzungen von § 70 Abs. 2 EStG bejaht.
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Nach dieser Vorschrift ist bei einer Änderung der für den Anspruch auf Kindergeld erheblichen Verhältnisse die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern. Die Familienkasse hat insoweit keinen Ermessensspielraum (vgl. z.B. BFH-Entscheidungen vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231; vom 25. Juli 2001 VI R 18/99, BFHE 196, 260, BStBl II 2002, 81).
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Im Streitfall liegt die Änderung der Verhältnisse in der Unterbrechung der Ausbildung durch die Beurlaubung vom Studium und den Haftantritt des Sohnes der Klägerin.
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3. Das FG hat überdies zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen von § 37 Abs. 2 AO vorliegen. Die Familienkasse war danach berechtigt, das für den streitbefangenen Zeitraum ausbezahlte Kindergeld zurückzufordern.

Kein erneuter Verpflegungsmehraufwand bei Unterbrechung der Auswärtstätigkeit von weniger als vier Wochen

Ein selbständiger Unternehmensberater, der über Monate hinweg wöchentlich zwei bis vier Arbeitstage in dem Betrieb eines Kunden auswärts tätig ist, kann Mehraufwendungen für seine Verpflegung nur in den ersten drei Monaten dieser Auswärtstätigkeit geltend machen. Eine Unterbrechung der Tätigkeit, die zum Neubeginn der Dreimonatsfrist führt, liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn sie mindestens vier Wochen dauert. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 28. Februar 2013 III R 94/10 entschieden.

Im Streitjahr 1999 konnten Mehraufwendungen für die Verpflegung gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben auswärtigen Tätigkeitsstätte nur für die ersten drei Monate als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Der Kläger meinte, die Vorschrift sei auf seinen Fall nicht anzuwenden, denn sie setze eine ununterbrochene und fortlaufende Vollzeittätigkeit voraus. Dies sei bei ihm jedoch nicht der Fall gewesen. Vielmehr sei er im Rahmen einzelner aufeinander folgender Aufträge tätig geworden, die zudem jeweils unterbrochen gewesen seien durch Heimarbeitstage und kurzfristige Dienstreisen für andere Kunden.

Dem ist der BFH nicht gefolgt. Eine ununterbrochene Vollzeittätigkeit ist danach nicht Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift. Der Kläger habe vielmehr dem Zweck der Vorschrift entsprechend seine auswärtige Verpflegungssituation derjenigen an seinem Wohnort anpassen können.

Auch eine rechtlich relevante Unterbrechung der Auswärtstätigkeit, die einen neuen Abzugszeitraum eröffnen würde, liegt nicht vor. Weder die kurzfristigen Auswärtstätigkeiten für andere Kunden noch die Arbeit im heimischen Büro sind dafür ausreichend. Eine solche Unterbrechung müsste im Regelfall vielmehr mindestens vier Wochen andauern. Dies entspricht auch der ab dem Jahr 2014 anwendbaren Neufassung des Gesetzes (§ 9 Abs. 4a Satz 7 EStG).

BFH, Pressemitteilung Nr. 28/13 vom 15.05.2013 zum Urteil III R 94/10 vom 28.02.2013

 

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 28.2.2013, III R 94/10

Verpflegungsmehraufwandspauschale für einen Unternehmensberater – Dreimonatsfrist bei einer längerfristigen vorübergehenden Auswärtstätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte ist verfassungsgemäß – Keine teleologische Reduktion von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG – Änderung einer Steuerfestsetzung nach Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 AO

Leitsätze

1. Ein selbständiger Unternehmensberater, der über Monate hinweg wöchentlich zwei bis vier Arbeitstage in dem Betrieb eines Kunden auswärts tätig ist, kann Mehraufwendungen für seine Verpflegung nur in den ersten drei Monaten dieser Auswärtstätigkeit geltend machen. Dies gilt auch dann, wenn die Beratungsaufträge kurzfristig immer wieder aufs Neue erteilt werden.

 

2. Eine Unterbrechung der Tätigkeit, die zum Neubeginn der Dreimonatsfrist führt, liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn sie mindestens vier Wochen andauert.

Tatbestand

1
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte im Streitjahr 1999 als Unternehmensberater Einkünfte aus selbständiger Arbeit.
2
Im Auftrag einer GmbH betreute er die Beratungsprojekte „A.“ und „A. L.“, die die GmbH bei ihrem Auftraggeber, der Firma X GmbH & Co. KG (im Folgenden Fa. X), durchführte. Zu diesem Zweck begab sich der Kläger, von einer zweiwöchigen Unterbrechung abgesehen, jede Woche des Streitjahres zur Fa. X in die Stadt B (im Folgenden B). Dort war er zwischen zwei und vier, zumeist drei Tagen (Dienstag, Mittwoch, Donnerstag) zusammenhängend tätig, übernachtete im Hotel und reiste dann wieder zu seiner Wohnung in O zurück. Insgesamt war der Kläger an 153 Tagen in B bei der Fa. X beschäftigt. An weiteren 27 Tagen befand er sich auf Dienstreisen in anderen Städten, wo er für andere Kunden Beratungsleistungen erbrachte. Die restliche Arbeitszeit verwandte er auf Vor- und Nachbereitungen, Konzeptentwicklungen, Informationsbeschaffung u.ä. Diese Arbeiten verrichtete er in seinem Heimatort O in einem Büro der GmbH. Die Beratungszeiten bei der Fa. X wurden jeweils kurzfristig vereinbart. Der Kläger wurde diesbezüglich immer wieder neu beauftragt.
3
Die Tätigkeit bei der Fa. X hatte der Kläger auch bereits im Vorjahr in den Monaten Oktober bis Dezember ausgeübt. In jeder Woche war er jeweils mehrere Tage –insgesamt 41– in B im Rahmen der genannten Projekte beschäftigt.
4
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) lehnte es ab, dem Kläger für seine Tätigkeit in B Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen zu gewähren. Zur Begründung führte das FA an, dass die Auswärtstätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte in B zu Beginn des Streitjahres bereits länger als drei Monate angedauert habe. Das Einkommensteuergesetz (EStG) sehe eine Berücksichtigung des Verpflegungsmehraufwands über die Dreimonatsgrenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG hinaus nicht vor. Das Finanzgericht (FG) folgte im angegriffenen Urteil dieser Betrachtungsweise im Wesentlichen.
5
Mit seiner Revision rügt der Kläger, dass das FG rechtsfehlerhaft davon ausgegangen sei, dass es sich bei seiner Auswärtstätigkeit in B tatsächlich um die gleichbleibende nämliche Auswärtstätigkeit i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG gehandelt habe. Die dort vorgesehene Dreimonatsfrist sei nur in den Fällen einer tatsächlich ununterbrochenen und fortlaufend durchgeführten Auswärtstätigkeit im Zusammenhang mit einer Vollzeittätigkeit, z.B. im Rahmen einer klassischen Fünf-Tage-Woche, anwendbar. Eine derartige ununterbrochene Auswärtstätigkeit sei eventuell auch dann gegeben, wenn ein Steuerpflichtiger tatsächlich –und im Vorhinein bestimmt– dauerhaft im Rahmen einer klassischen Fünf-Tage-Woche mit jeweiliger Rückkehr zum Familienwohnsitz am Wochenende (sog. Wochenend-Heimfahrer) auswärts tätig sei. Demgegenüber sei in seinem Fall eine vollkommen unregelmäßige Tätigkeitsstruktur mit laufenden Unterbrechungen der Auswärtstätigkeiten in B gegeben gewesen. Eine dauerhafte Tätigkeit sei weder beabsichtigt noch vorhersehbar gewesen. Die Aufeinanderfolge einzelner Aufträge sei kein Kriterium für die Anwendung der Dreimonatsfrist. Die Auswärtstätigkeiten seien vielmehr als einzelne Geschäftsreisen anzusehen. Das FG-Urteil stehe auch mit den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. November 2005 VI R 12/04 (BFHE 212, 64, BStBl II 2006, 267) und vom 19. Dezember 2005 VI R 30/05 (BFHE 212, 218, BStBl II 2006, 378) nicht im Einklang. Dort habe der BFH im Falle eines auswärtig eingesetzten Seemannes klargestellt, dass es sich nur dann um die gleichbleibende nämliche Auswärtstätigkeit handele, wenn und solange diese ununterbrochen fortlaufend ausgeführt werde. Die in den Lohnsteuer-Richtlinien 2008 (LStR 2008) enthaltene Regelung, wonach bei derselben Auswärtstätigkeit eine neue Dreimonatsfrist erst nach einer Unterbrechung von mindestens vier Wochen beginne, finde im Gesetz keine Grundlage. Diese Bewertung treffe auch auf die weitere Regelung zu, wonach dieselbe Auswärtstätigkeit nicht vorliege, wenn die auswärtige Tätigkeitsstätte an nicht mehr als (ein bis) zwei Tagen wöchentlich aufgesucht werde. Würde man diesen Grundsatz für anwendbar halten, so käme es zu eklatanten Ungleichbehandlungen zwischen verschiedenen Gruppen von Steuerpflichtigen. Ohnehin stünden verfassungsrechtliche Vorgaben der gesetzlichen Dreimonatsfrist entgegen. Zu verweisen sei auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur zeitlichen Begrenzung der doppelten Haushaltsführung (Beschluss vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98, BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534). Durch die Anwendung der Dreimonatsfrist werde er im Vergleich zu anderen Gruppen von Steuerpflichtigen benachteiligt. So könnten etwa andere Unternehmensberater bei entsprechender Gestaltung für alle Abwesenheitstage sämtlicher Auswärtstätigkeiten die Pauschbeträge auf Dauer ansetzen.
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Der Kläger beantragt,

1. das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1999 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus selbständiger Tätigkeit wegen zusätzlich abzugsfähiger Betriebsausgaben (Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen) um 4.652 DM reduziert wird;

2. hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und dem BVerfG die Frage vorzulegen, ob § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG, wonach der Abzug pauschaler Verpflegungsmehraufwendungen auf die ersten drei Monate einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt ist, mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist;

3. das FA zu verpflichten, ihm einen angemessenen Schadensersatz für seine eigenen Zeit- und Geldaufwendungen, die für das vorliegende Verfahren über den zumutbaren Aufwand weit hinausgehen, zu leisten;

4. anzuordnen, dass die Fortsetzungsfeststellung für die Jahre 2002 bis 2008 gilt.

7
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat die Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG rechtsfehlerfrei angewendet.
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1. Die vom Kläger unter I.3. und 4. gestellten Anträge sind unzulässig. Sie überschreiten den Rahmen revisionsrechtlicher Prüfung.
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a) Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 FGO sind Klageänderungen im Revisionsverfahren unzulässig. Eine solche Klageänderung ist gegeben, wenn der erstmals im Revisionsverfahren gestellte Antrag einen anderen Streitgegenstand betrifft als der Klageantrag (BFH-Urteil vom 4. Mai 2006 VI R 17/03, BFHE 213, 383, BStBl II 2006, 830).
11
b) Erstinstanzlich hat der Kläger ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung und des Tatbestands des angegriffenen Urteils ausschließlich einen auf Änderung des Einkommensteuerbescheids 1999 gerichteten Anfechtungsantrag gestellt. Die erstmals im Revisionsverfahren gestellten Anträge unter I.3. und 4. betreffen einen Schadensersatzanspruch und einen sich auf die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2008 beziehenden Feststellungsantrag. Die Streitgegenstände sind damit verschieden.
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2. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Begrenzung des Abzugs von Mehraufwendungen für Verpflegung auf drei Monate bei einer längerfristigen vorübergehenden Auswärtstätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte verfassungswidrig ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen ist auf die Gründe des BFH-Urteils vom 8. Juli 2010 VI R 10/08 (BFHE 230, 352, BStBl II 2011, 32) zu verweisen. Der Senat schließt sich der dort vertretenen Auffassung an. Der BFH hat in dieser Entscheidung die Dreimonatsfrist bei doppelter Haushaltsführung für verfassungsgemäß erachtet.
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Der Senat vermag keine Gesichtspunkte zu erkennen, die eine abweichende verfassungsrechtliche Würdigung bei der vorliegend zur Beurteilung anstehenden Dienstreisetätigkeit des Klägers rechtfertigen würden. Der Hinweis des Klägers auf die bei Dienstreisen typischerweise fehlende Kochgelegenheit ist zwar zutreffend, ändert aber nichts daran, dass der Steuerpflichtige sich auch in solchen Fällen auf die Verpflegungssituation am Beschäftigungsort einstellen, die Höhe der Kosten beeinflussen und damit einen „Mehr“-Aufwand minimieren oder sogar vermeiden kann. So gibt es für das vom Kläger angesprochene Frühstück und das Abendessen im Hotel durchaus preiswertere Alternativen.
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3. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG ist der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen wegen Auswärtstätigkeit auf die ersten drei Monate einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt.
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a) Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor. Die Gesetzesbestimmung ist bereits nach ihrem Wortlaut erfüllt. Denn der Kläger war nach den nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) seit Anfang Oktober 1998 über den Jahreswechsel hinaus noch während des gesamten Streitjahres und damit längerfristig vorübergehend bei der Fa. X und damit in derselben Tätigkeitsstätte als Unternehmensberater beruflich aktiv. Die Dreimonatsfrist war zu Beginn des Streitjahres bereits abgelaufen. Zu rechtlich erheblichen Unterbrechungen der Auswärtstätigkeit, die zu einem Neubeginn der Dreimonatsfrist führen würden, ist es nicht gekommen.
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b) Der Revision ist nicht darin zu folgen, dass die Auswärtstätigkeit gänzlich ununterbrochen beziehungsweise in jeder Woche durchgehend an fünf Arbeitstagen ausgeübt werden müsste, um die streitige gesetzliche Regelung anwenden zu können.
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aa) Eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs der Abzugsbegrenzung kann dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnommen werden. Dort findet sich die Formulierung „ununterbrochen“ nicht. Auch Sinn und Zweck der Regelung gebieten eine teleologische Reduktion nicht. Die Abzugsbegrenzung beruht auf der gesetzgeberischen Überlegung, dass die Steuerpflichtigen nach Ablauf der auf drei Monate typisierten Übergangszeit regelmäßig eine Verpflegungssituation vorfinden, die keine beruflich veranlassten Mehraufwendungen verursacht (BTDrucks 13/901, S. 129). Der Streitfall lässt keine atypischen Besonderheiten erkennen. Ganz im Gegenteil war es dem Kläger durch die über Monate hinweg fast in jeder Arbeitswoche mehrtägig ausgeübte Tätigkeit in B ohne Weiteres möglich, mit der gewonnenen Kenntnis der örtlichen Verhältnisse auf eine Reduzierung seiner Ernährungsausgaben hinzuwirken und seine auswärtige Verpflegungssituation insgesamt der seines Wohnortes anzupassen.
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bb) Dass ihrem Charakter nach vorübergehende Unterbrechungen der Auswärtstätigkeit (Wochenendheimfahrten, einzelne Arbeitstage im heimischen Büro, kurzfristige Auswärtstätigkeiten in anderen Orten, Krankheits- und Urlaubszeiten) unschädlich für den Ablauf der Dreimonatsfrist sind und nicht jeweils zu einem Neubeginn derselben führen, hat der BFH bereits mehrfach entschieden (BFH-Urteile vom 19. Juli 1996 VI R 38/93, BFHE 181, 161, BStBl II 1997, 95; vom 4. Mai 1990 VI R 83/86, BFH/NV 1991, 40; vom 27. Juli 2004 VI R 43/03, BFHE 207, 196, BStBl II 2005, 357). Danach liegt noch dieselbe und nicht bereits eine neue Dienstreise vor, wenn der Steuerpflichtige nach einer Unterbrechung die Auswärtstätigkeit mit gleichem Inhalt, am gleichen Ort und im zeitlichen Zusammenhang mit der bisherigen Tätigkeit ausübt. Hinsichtlich des zeitlichen Zusammenhangs hatte der BFH keine Bedenken, die typisierende Regelung der damals geltenden LStR (vgl. jetzt R 9.6 Abs. 4 Sätze 2 und 4 LStR 2008 bzw. 2011) heranzuziehen, wonach erst bei einer Unterbrechung von mindestens vier Wochen eine neue Dienstreise anfängt und damit die Dreimonatsfrist erneut zu laufen beginnt (BFH-Urteil in BFHE 181, 161, BStBl II 1997, 95; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 207, 196, BStBl II 2005, 357, zu einer über vier Wochen hinausgehenden Unterbrechung durch Einsatz an einer anderen Tätigkeitsstätte). Das BFH-Urteil in BFHE 181, 161, BStBl II 1997, 95 ist zwar zu der früher in Abschn. 25 Abs. 3 LStR 1987 enthaltenen Dreimonatsfrist ergangen. Nach Auffassung des Senats spricht aber nichts dagegen, die Grundsätze dieser Entscheidung für die Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG zu übertragen. Denn mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber des Jahressteuergesetzes vom 11. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) die Dreimonatsfrist speziell für den Ansatz von Verpflegungsmehraufwendungen übernommen. Der Senat folgt damit insbesondere nicht der zum Teil in der Literatur vertretenen Auffassung, wonach schon jedwede Unterbrechung der Auswärtstätigkeit, z.B. durch kurzfristige Rückkehr an den Betriebssitz oder kurzfristige Geschäftsreisen zu anderen Tätigkeitsorten (vgl. Popp, Deutsches Steuerrecht 2006, 2112, m.w.N.), zu einem Neubeginn der Dreimonatsfrist führt. Diese Auffassung findet im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze und würde überdies den praktischen Anwendungsbereich der Norm –auch und vor allem in Anbetracht der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten (hierzu z.B. Popp, Betriebsberater 1997, 1821, 1823)– entgegen dem gesetzlichen Regelungszweck erheblich einschränken.
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cc) Zu einer erheblichen zeitlichen Unterbrechung der Auswärtstätigkeit in B ist es im Streitfall nicht gekommen. Neben den zu Hause verbrachten Wochenenden, den „Heimarbeitstagen“ im Büro und einigen Dienstreisen zu anderen Kunden, die jeweils nur von kurzer Dauer waren, hat das FG lediglich eine einmalige Unterbrechung von zwei Wochen festgestellt. Im Übrigen war der Kläger im Zeitraum von Oktober 1998 bis Dezember 1999 in jeder Woche mehrere Tage in B tätig. Bei wertender Betrachtung sieht der Senat die Arbeiten, die der Kläger bei der Fa. X über Monate hinweg verrichtet hat, auch inhaltlich als gleichartig an. Es ging jeweils um Beratungsleistungen. Auf welchen Teil der Unternehmenstätigkeit (Produktion, Absatz, Logistik, EDV usw.) sich die Beratung genau bezog, ist ebenso irrelevant wie die Tatsache, dass der Kläger immer wieder aufs Neue mit Beratungsleistungen beauftragt wurde. Dies führte deswegen nicht zu einer rechtlich relevanten Zäsur, weil es nach dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes nicht auf die zivilrechtliche Auftragslage oder den konkreten Inhalt der geschuldeten Tätigkeit, sondern maßgeblich auf die Ausübung der Arbeit „an derselben Tätigkeitsstätte“, also auf die Identität des Arbeitsortes ankommt. Nichts anderes ist gemeint, wenn in der Rechtsprechung des BFH dieses Tatbestandsmerkmal gelegentlich mit der Formulierung „gleichbleibende, nämliche Auswärtstätigkeit“ umschrieben wird (z.B. BFH-Urteil in BFHE 212, 64, BStBl II 2006, 267).
20
dd) Die Auswärtstätigkeit muss auch nicht, wie der Kläger meint, an allen fünf regelmäßigen Arbeitstagen einer Woche ausgeübt worden sein. Wortlaut und Zweck des Gesetzes gebieten eine solche Betrachtungsweise nicht. Mit der soeben dargestellten Rechtsprechung zu Unterbrechungen des Dreimonatszeitraums ist sie offenkundig nicht zu vereinbaren. Außerdem hat die Rechtsprechung die Abzugsbegrenzung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG auch bei einem nur an bestimmten Wochentagen erfolgten Besuch einer auswärtigen Fortbildungseinrichtung angewandt (BFH-Urteil vom 10. April 2008 VI R 66/05, BFHE 221, 35, BStBl II 2008, 825).
21
c) Die Berufung des Klägers auf die BFH-Urteile in BFHE 212, 64, BStBl II 2006, 267 und in BFHE 212, 218, BStBl II 2006, 378 vermag den Erfolg der Revision nicht zu begründen. Die beiden Entscheidungen betrafen jeweils die Fahrtätigkeit eines Seemannes. Dass der BFH jede einzelne Seereise des Schiffes von dessen Auslaufen bis zur Rückkehr in den Heimathafen als dieselbe Auswärtstätigkeit, eine „neue“ Reise dementsprechend als eine davon unabhängige zweite Auswärtstätigkeit qualifiziert hatte, besagt für die Lösung des Streitfalles nichts. Der BFH hatte in den genannten Entscheidungen eine konkrete Art von Auswärtstätigkeit rechtlich zu würdigen. Eine andere Form von Auswärtstätigkeit, wie sie vorliegend zur Beurteilung ansteht, muss entsprechend ihrer Eigenart gesondert gewürdigt werden. Der Kläger zieht im Übrigen aus dem Umstand, dass eine Seereise in der Tat ununterbrochen an sieben Tagen jeder Woche bis zur Rückkehr in den Heimathafen andauert, offenbar die unzutreffende rechtliche Schlussfolgerung, dass die Abzugsbegrenzung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG nur bei vergleichbar „unterbrechungslosen“ Auswärtstätigkeiten angewandt werden dürfte. Dies ist aber, wie vorstehend unter II.3.b der Gründe aufgezeigt, nicht zutreffend.
22
d) Nach Auffassung des Senats wird der Kläger durch die soeben dargelegte Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG nicht in seinem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt. Der Kläger verkennt bei seinen verfassungsrechtlichen Betrachtungen, dass den von ihm dargestellten Vergleichsrechnungen andere –hypothetische– Sachverhalte zugrunde liegen als dem Streitfall. Bereits dieser Unterschied im Sachverhalt rechtfertigt eine unterschiedliche steuerrechtliche Beurteilung. Falls die Ausführungen der Revision dahin zu verstehen sein sollten, dass mit den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Unterbrechung einer Auswärtstätigkeit nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen einhergehen, ist darauf hinzuweisen, dass mit jeder typisierenden und vereinfachenden Betrachtungsweise Härten einhergehen, die als solche aber noch nicht zu einem Gleichheitsverstoß führen.
23
e) Ob es sich bei der Auswärtstätigkeit des Klägers um eine Einsatzwechseltätigkeit handelt oder um Dienstreisen, kann dahinstehen. Denn bei beiden Formen der Auswärtstätigkeit gilt die Dreimonatsfrist (BFH-Urteil in BFHE 207, 196, BStBl II 2005, 357).
24
4. a) Ob der Kläger unter Berufung auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 11. April 2005 IV C 5 –S 2353- 77/05 (BStBl I 2005, 673) beanspruchen kann, dass die streitigen Aufwendungen ungeachtet der dargestellten Rechtslage als Betriebsausgaben behandelt werden, kann im vorliegenden Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Denn die in dem BMF-Schreiben aus Vertrauensschutzgründen vorgesehene Übergangsregelung (keine Anwendung der Dreimonatsfrist bei Einsatzwechseltätigkeit) stellt eine Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 der Abgabenordnung (AO) dar, über die in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden ist (vgl. BFH-Urteile vom 30. November 2004 VIII R 76/00, BFH/NV 2005, 856; vom 14. April 2011 IV R 15/09, BFHE 233, 206, BStBl II 2011, 706).
25
b) Eine Aussetzung des Revisionsverfahrens nach § 74 FGO bis zur Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO bzw. § 227 AO ist aus Rechtsgründen nicht geboten und bei Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes auch nicht zweckmäßig. Die Entscheidung über die Aussetzung steht grundsätzlich im Ermessen des Gerichts. Zwar ist es regelmäßig sinnvoll, den Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit eines Folgebescheids auszusetzen, solange noch unklar ist, ob und wie ein angefochtener Grundlagenbescheid geändert wird. Auch der Verwaltungsakt, der eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO zulässt, wird als Grundlagenbescheid angesehen (vgl. BFH-Urteil vom 21. Januar 1992 VIII R 51/88, BFHE 168, 500, BStBl II 1993, 3, m.w.N.). Da indes das FA im Streitfall über eine Billigkeitsmaßnahme noch nicht entschieden hat und die Frage, ob eine Einsatzwechseltätigkeit überhaupt vorliegt, noch gar nicht geklärt wurde, würde sich die Erledigung des anhängigen Revisionsverfahrens bei einer Aussetzung nach § 74 FGO erheblich verzögern. Im Übrigen hält es der Senat für sinnvoll, zunächst die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerfestsetzung festzustellen, ehe über eine Billigkeitsmaßnahme entschieden wird. Nachteile ergeben sich für den Kläger aus dieser Entscheidung nicht, denn die Bestandskraft der Steuerfestsetzung schließt die Entscheidung über einen Billigkeitserlass nach § 163 AO nicht aus. Sollte eine Billigkeitsmaßnahme nach Rechtskraft der Entscheidung des erkennenden Senats gewährt werden, ist der Einkommensteuerbescheid nach § 175 AO zu ändern (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 856).

Neuer Personalausweis nun auch für elektronische Steuererklärung

Neuer Personalausweis nun auch für elektronische Steuererklärung nutzbar: Die jährliche Steuererklärung

 

Viele Bürgerinnen und Bürger erledigen mittlerweile die jährliche

Steuererklärung am heimischen PC, beispielsweise mithilfe der Software

ElsterFormular der deutschen Finanzverwaltung. Um diese nutzen zu können,

muss man sich registrieren. Die Registrierung im

ElsterOnline-Portal [https://www.elsteronline.de] ist nun

auch mit dem neuen Personalausweis (nPA) möglich. Dabei wird die

Identität des Anwenders direkt anhand des nPA überprüft, der vorher

übliche Aktivierungsbrief entfällt. Durch das neue Angebot soll das

Verfahren insgesamt erheblich beschleunigt und vereinfacht werden.

 

Information zur Sicherheit der AusweisApp: Neuer Personalausweis

 

Der Bundesrechnungshof hat sich in seinem Bericht zur Haushalts- und

Wirtschaftsführung des Bundes vom 16. April 2013 unter anderem mit der

Software AusweisApp befasst, die zur Nutzung der Online-Ausweisfunktion

des neuen Personalausweises benötigt wird. Verschiedene Medien haben in

diesem Zusammenhang kritisch über die Sicherheit der AusweisApp

berichtet.

Das BSI hat umfangreiche Maßnahmen getroffen, die die Sicherheit der

AusweisApp gewährleisten. Vor der Veröffentlichung neuer Versionen der

AusweisApp werden umfangreiche Tests und Analysen zur Qualitätssicherung

und Sicherheitsbewertung durchgeführt. Dies beinhaltet auch eine

kontinuierliche Bewertung der mit der AusweisApp ausgelieferten

Fremdkomponenten. Durch die fortlaufende Betrachtung und Bewertung der

Software durch das BSI und vom ihm beauftragte Prüfstellen ist

sichergestellt, dass auftretende Schwachstellen frühzeitig erkannt und

zeitnah behoben werden können. Um die Vorteile der Online-Funktionen des

neuen Personalausweises in vollen Umfang nutzen zu können, gibt

BSI für

Bürger [https://www.bsi-fuer-buerger.de/BSIFB/DE/SicherheitImNetz/Personalausweis/Sicherheitstipps/Sicherheitstipps_node.html]

entsprechende Sicherheitstipps.

 

Einkommensteuererklärung 2012: Abgabefrist 31. Mai 2013

Stichtag zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2012 ist Freitag der 31. Mai 2013.

Einkommensteuererklärung 2012 Abgabefrist 31. Mai 2013 – gilt auch für Rentner

Stichtag zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2012 ist für alle, die nach dem Einkommensteuergesetz zur Abgabe verpflichtet sind (so genannte Pflichtveranlagungsfälle),Freitag, 31. Mai 2013.

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer und Pensionäre von dieser Frist nicht betroffen. Sie leisten durch den monatlichen Lohnsteuerabzug quasi Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer (Abzüge für Lohn-, ggf. Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag vom Bruttolohn). Arbeitnehmer sind aber berechtigt, eine Einkommensteuererklärung (so genannte Antragsveranlagung) abzugeben. Mit der Antragsveranlagung für 2012 kann man sich bis zu vier Jahre Zeit lassen, also bis zum 31. Dezember 2016. Da regelmäßig mit einer Erstattung zu rechnen ist, ist dies nicht empfehlenswert.

Bei bestimmten Konstellationen ist eine Steuernachzahlung aber auch bei Arbeitnehmern oder Pensionären nicht auszuschließen. Für sie gilt auch die Abgabefrist 31. Mai 2013.

Zum Beispiel ist dies der Fall, wenn

  • ein Freibetrag z. B. für erhöhte Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen auf der Lohnsteuerkarte eingetragen bzw. als elektronisches Lohnsteuerabzugsmerkmal gespeichert wurde,
  • beide Ehegatten Arbeitslohn bezogen haben und einer nach der Steuerklasse fünf oder sechs besteuert wurde,
  • bei mehreren Arbeitgebern gleichzeitig Arbeitslohn nach Steuerklasse sechs abgerechnet wurde,
  • Arbeitslosen-, Krankengeld oder andere Lohnersatzleistungen von über 410 Euro im Jahr bezogen wurden,
  • Nebeneinkünfte von über 410 Euro im Jahr erzielt wurden, für die keine Lohnsteuer einbehalten wurde, z B. wenn ein Ehegatte Arbeitslohn erzielt und der andere erhält bereits eine Rente.

Auch Rentner, deren Einkünfte mehr als 8.004 Euro (Alleinstehende) bzw.
16.008 Euro (Verheiratete) betragen, sind zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung grundsätzlich verpflichtet. Erich Nöll, Geschäftsführer des BDL: „Wer den Termin nicht einhalten kann, sollte bei seinem Finanzamt formlos einen Fristverlängerungsantrag mit Angabe der wichtigen Gründe stellen, damit kein Verspätungszuschlag festgesetzt wird.“

Fertigt ein Lohnsteuerhilfeverein oder ein Steuerberater die Erklärung, gilt eine automatische Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2013.

(Quelle: BDL Pressemeldung 6/2013)

 

Der Weg zur Arbeit mindert die Steuerlast

Immer mehr Menschen pendeln. Die Gründe dafür sind vielfältig: Häufigere Jobwechsel gehören ebenso dazu wie fehlender bezahlbarer Wohnraum in den Ballungszentren. „Steuerrechtlich gesehen ist jedoch jeder ein Pendler, der zwischen seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte eine Strecke zurücklegen muss“, erläutert Gudrun Steinbach, Vorstand der Lohi (Lohnsteuerhilfe Bayern e. V.), „ganz egal, ob diese Strecke nun fünf oder fünfzig Kilometer beträgt.“ Unerheblich ist dabei zunächst auch, ob der Arbeitnehmer zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem eigenen Auto unterwegs ist oder öffentliche Verkehrsmittel nutzt.

Wer läuft, mit dem eigenen Auto oder einem Geschäftswagen zur Arbeit fährt, kann pro Kilometer Anfahrt 30 Cent als Werbungskosten von der Steuer absetzen. Die Höhe der abziehbaren Werbungskosten lässt sich leicht errechnen: Dabei wird die Zahl der Arbeitstage pro Jahr (bei Vollzeitbeschäftigung sind es in der Regel 220) mit der einfachen Fahrtstrecke in Kilometern und 0,30 Euro Kilometerpauschale multipliziert. Bei einer Strecke von beispielsweise 50 Kilometern kommen so jährlich 3300 Euro Werbungskosten zusammen. Bei einem persönlichen Steuersatz von 30 Prozent ergibt sich darauf eine Steuererstattung von 990 Euro.

„Wird das eigene oder ein zur Nutzung überlassenes Fahrzeug verwendet, sind der Pendlerpauschale nach oben hin keine Grenzen gesetzt“, betont die Steuerexpertin. Anders bei Fahrgemeinschaften. Zwar können hier alle Mitglieder der Fahrgemeinschaft gleichermaßen die Entfernungspauschale geltend machen, es muss jedoch zwischen eigenen Fahrten und Mitfahrten unterschieden werden. Eigene Fahrten sind in der Summe nach oben hin nicht gedeckelt, bei Mitfahrten gilt aber ein Höchstbetrag von 4500 Euro. Der Steuerzahler muss angeben, an wie vielen Tagen er mit dem eigenen Auto gefahren ist und an wie vielen Tagen er Mitfahrer in der Fahrgemeinschaft war. Entsprechendes gilt für Ehepaare, die gemeinsam zur Arbeit fahren.

Wer den Weg zur Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln bestreitet, kann die „Pendlerpauschale“ bis zu einer Höhe von 4500 Euro geltend machen. Er kann aber auch die realen Kosten für Fahrscheine ansetzen, falls diese höher sind. Dies ist häufig dann der Fall, wenn Wohnung und Arbeitsstätte nicht weit voneinander entfernt liegen. Interessant: „Pendler müssen nicht zwingend den kürzesten Weg nehmen“, erklärt Gudrun Steinbach von der Lohi. Kann durch einen vermeintlichen „Umweg“ Fahrzeit eingespart werden (etwa durch die Umfahrung von Verkehrsbrennpunkten oder großen Baustellen oder den Verzicht auf Fährverbindungen), können auch längere Wegstrecken geltend gemacht werden.

Einkommensteuererklärung: Wer online einreicht, kann doppelt gewinnen

Ab 1. März starten die Finanzämter in NRW mit der Veranlagung der Steuerklärungen 2012. Die Finanzverwaltung wirbt dafür, dass Steuerzahlerinnen und Steuerzahler die Vorteile einer elektronischen Abgabe nutzen. Arbeitnehmer können die Formulare aber nach wie vor auch in Papierform ausfüllen und einreichen. Das Bundesfinanzministerium bietet die Formulare auf seiner Internetseite zum Ausdrucken an ( www.bundesfinanzministerium.de ). Nach Wegfall des Vordruckversandes ab 2013 versenden die Finanzämter in begründeten Einzelfällen die Vordrucke auch per Post. Zudem liegen die Vordrucke auch bei Städten und Gemeinden  aus.

Wer sich für die elektronische Lohnsteuererklärung mit der kostenlosen Finanzverwaltungs-Software Elster oder mit anderen Steuerprogrammen entscheidet, kann Zeit und Geld sparen sowie Fehler über eine Plausibilitätsprüfung vermeiden. Ein weiterer Pluspunkt: Das Finanzministerium verlost drei Notebooks und 50 stylische Trinkbecher unter den Einsendern, die ihre Steuererklärung für das Veranlagungsjahr 2012 bis zum 31. Mai 2013 elektronisch einreichen. Nähere Informationen und Teilnahmebedingungen des Gewinnspiels finden Sie in den Anlagen.

Freiberufler oder Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, einem Gewerbebetrieb oder einer anderen selbständigen Arbeit sind verpflichtet, ihre Einkommensteuererklärung für 2012 elektronisch einzureichen. Sie können dazu die kostenlose Software der Finanzverwaltung oder andere zur Verfügung stehende Programme nutzen. Das gilt für Berufstätige wie für Rentnerinnen und Rentner mit zusätzlichen Gewinneinkünften. Ausführliche Informationen, wer die Steuererklärung elektronisch abgeben muss, stehen auf der ersten Seite der Anleitung zur Einkommensteuererklärung 2012.

 

http://www.ofd-rheinland.de/ Düsseldorf, den 01.03.13

Anlage

Zu den Teilnahmebedingungen [PDF]

FG Düsseldorf zur Absetzbarkeit von Kosten eines Prozesses zur Erlangung eines Studienplatzes

Aufwendungen für Kosten aus verwaltungsgerichtlichen Prozessen als außergewöhnliche Belastung.

 Leitsatz

  1. 1.           Auch Aufwendungen für Kosten aus verwaltungsgerichtlichen Prozessen können aufgrund der neuen Rechtsgrundsätze des BFH in seinem Urteil vom 12.05.2011, VI R 42/10, BStBl. II 2011, 1015, eine außergewöhnliche Belastung darstellen.
  2. 2.           Erstreiten Eltern ihrer Tochter im Rechtswege die Zulassung zum Studium, sind die hierfür aufgewendeten Gerichts- und Anwaltskosten als typische Aufwendungen für die Berufsausbildung im Sinne von § 33 EStG zu qualifizieren, so dass nach § 33 a Abs. 4 EStG eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG nicht in Betracht kommt.
  3. 3.           Infolge der typisierenden Pauschalregelung zur Berücksichtigung von Ausbildungskosten gilt die „Sperrwirkung” des § 33 a Abs. 4 EStG unabhängig davon, ob die sonstigen Voraussetzungen des § 33 a Abs. 1 EStG im konkreten Fall vorliegen (vgl. BFH-Rspr.).

 Gesetze

EStG § 33 Abs. 1
EStG § 33 Abs. 2 Satz 1
EStG § 33 a Abs. 1
EStG § 33 a Abs. 4

 Tatbestand

Streitig bei der Einkommensteuerfestsetzung 2010 ist die Höhe der zu berücksichtigenden außergewöhnlichen Belastung.

In ihrer Steuererklärung machten die Kläger unteranderem einen Betrag i.H.v.

6383,00 € als außergewöhnliche Belastung geltend. Bei diesem Betrag handelt es sich laut Vortrag der Kläger um Prozess– und Anwaltskosten, die den Klägern dadurch entstanden sind, dass sie für ihre Tochter „A”, geboren im Juni 1990, einen Studienplatz im Fach Psychologie für das Wintersemester 2010/2011 erkämpfen mussten. Aufgrund der durchgeführten Maßnahmen konnte erreicht werden, dass die Tochter „A” an der Universität „B” einen Studienplatz im Fach Psychologie erhalten hat.

Im Einkommensteuerbescheid 2010 vom 09.11.2011 erkannte das Finanzamt diese Kosten unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH- vom 09.11.1984, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 1985 Seite 135 , nicht als außergewöhnliche Belastung an.

Der rechtzeitig gegen die Steuerfestsetzung eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 04.04.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Zwar habe der Bundesfinanzhof unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung mit Urteil vom 12.05.2011 VI R 42/10 entschieden, dass Kosten eines Zivilprozesses – unabhängig von dessen Gegenstand – bei den außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 Einkommensteuergesetz –EStG- berücksichtigungsfähig sind. Nach dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen – BMF – vom 20.12.2011 IV C 4– S 2284/07/0031:002 sei das Urteil des Bundesfinanzhofs jedoch über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden.

Mit ihrer am 25.04.2012 eingegangenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Das BFH-Urteil aus dem Jahr 1984 sei durch die vielen Gesetzesänderungen in der Zwischenzeit nicht mehr anzuwenden. Die rechtliche Situation habe sich erheblich verändert. Es gebe keinen Ausbildungsfreibetrag mehr. Lediglich dann, wenn die Kinder zur Berufsausbildung auswärtig untergebracht seien, gewähre der Gesetzgeber noch einen geringfügigen steuerlichen Freibetrag von 924,00 €.

Der BFH habe mit seinem Urteil vom 12.05.2011 entschieden, dass Kosten eines Prozesses unabhängig von dessen Gegenstand bei der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können. Er habe ausgeführt, dass außergewöhnliche Belastungen dann vorliegen, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes entstehen. Die Kosten eines Prozesses zur Erlangung eines Studienplatzes entstünden der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen jedoch nicht. Deshalb seien diese Kosten als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass die Kläger zur Erreichung des Studienplatzes gerichtlich vorgehen mussten. Das staatliche Gewaltmonopol lasse keinen anderen Weg zu.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 09.11.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.04.2012 dahingehend abzuändern, dass weitere Aufwendungen i.H.v. 6383,00 € als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Nach langjähriger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (siehe BFH-Urteil vom 09.11.1984, VI R 40/83 , BStBl. II 1985, Seite 135) seien Prozesskosten, die Eltern aufwenden, um für ihre Kinder einen Studienplatz in einem Numerus–Clausus–Fach zu erstreiten, Aufwendungen für die Berufsausbildung und deshalb keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 Einkommensteuergesetz EStG .

Aufwendungen für die Berufsausbildung der Kinder seien grundsätzlich mit dem Freibetrag für den Betreuungs–, Erziehungs– oder Ausbildungsbedarf des Kindes nach § 32 Abs. 6 EStG bzw. mit dem Kindergeld abgegolten. Zur Abdeckung des Sonderbedarfs eines sich in Berufsausbildung befindlichen auswärtig untergebrachten Kindes bestehe zusätzlich ein Anspruch auf den Freibetrag nach § 33 a Abs. 2 EStG .

Aufgrund der in den letzten Jahren vorgenommenen Gesetzesänderungen sei beim Familienleistungsausgleich der „alte” Ausbildungsfreibetrag nach § 33 a Abs. 2 EStG nunmehr im (doppelten) Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG (Freibetrag für das sächliche Existenzminimum und Freibetrag für Betreuungs–, Erziehungs– oder Ausbildungsbedarf) und dem erhöhten Kindergeld berücksichtigt. Insoweit bestünden keine Bedenken, das BFH-Urteil vom 09.11.1984 in seinen Grundsätzen weiterhin anzuwenden, denn der Gesetzgeber gewähre nunmehr in § 32 Abs. 6 EStG einen Freibetrag für Ausbildungsbedarf, welcher den „alten” Ausbildungsfreibetrag nach § 33 a Abs. 2 Nr. 2 S. 1 EStG ersetze.

Eine Berücksichtigung der Prozesskosten zur Erlangung eines Studienplatzes der Tochter als außergewöhnliche Belastung komme somit zum einen nicht in Betracht, weil es sich um Berufsausbildungskosten eines Kindes handele und zum anderen werde von der Finanzverwaltung das BFH-Urteil vom 12.05.2011 zu Prozesskosten nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus angewendet.

In Bezug auf die Angemessenheit der Anwaltsvergütungen ist der Klägervertreter mit Schreiben des Berichterstatters vom 20.12.2012 um Übersendung der zu Grunde liegenden Honorarvereinbarung/Vergütungsvereinbarung und um Mitteilung der Höhe der gesetzlichen Anwaltsgebühren gebeten worden. Auf das Antwortschreiben vom 09.01.2013 und die damit überreichten Unterlagen wird Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2013 Bezug genommen.

 Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO ). Die geltend gemachten Kosten können nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG berücksichtigt werden.

a) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG ). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 S. 1 EStG ).

Zwar steht aufgrund des anwaltlichen Schreibens vom 09.01.2013 zur Überzeugung des Senates fest, dass die geltend gemachten Anwaltskosten nicht unangemessen im Sinne von § 33 Abs. 2 S. 1 EStG sind. Aufgrund der Vielzahl der eingeleiteten verwaltungsgerichtlichen Verfahren und der schlüssig dargelegten Gebühren in Höhe von knapp 490 € pro Eilverfahren geht der Senat davon aus, dass die gesetzlichen Gebühren höher gewesen wären als die Gebühren, die von Seiten des Anwalts kraft Honorarvereinbarung für die Verfahren der Tochter in Rechnung gestellt wurden.

Auch der Umstand, dass die getätigten Aufwendungen Kosten aus Verwaltungsprozessen sind, welche nach der bisherigen Rechtsprechung regelmäßig keine außergewöhnliche Belastung darstellen (vergleiche BFH–Beschluss vom 17.09.1999 III B 38/99 , in Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2000, 315), würde aufgrund der neuen Rechtsgrundsätze des BFH in seinem Urteil vom 12.05.2011, VI R 42/10, BStBl. II 2011, 1015, von der Finanzverwaltung über den entschiedenen Einzelfall hinaus mit einem Nichtanwendungserlass belegt (BMF-Schreiben vom 20.12.2011 , BStBl. I 2011, 1286) einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung grundsätzlich nicht entgegenstehen. Das vom BFH in seiner Entscheidung vom 12.05.2011 betonte staatliche Gewaltmonopol, nach dem strittige Ansprüche nur mit Hilfe der Gerichte durchzusetzen oder abzuwehren sind, gilt auch bei der Durchsetzung von Ansprüchen im öffentlich-rechtlichen Bereich (für eine Gleichbehandlung der Kosten für Zivilprozesse und verwaltungsgerichtliche Prozesse nach der neuen BFH-Rechtsprechung ebenfalls Schmieszek in Bordewin- Brandt, § 33 EStG Rz. 370; vgl. ferner auch Trossen, Anmerkung zum Urteil des FG Hamburg 24.09.2012 – 1 K 195/11 , Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2013, 41 ).

b) Die Anwendung des § 33 EStG ist aber durch § 33 a Abs. 4 EStG ausgeschlossen, weil es sich um Aufwendungen für die Berufsausbildung der Tochter im Sinne des § 33 a Abs. 1 EStG handelt. Nach § 33 a Abs. 4 EStG kann in den Fällen der Absätze 1 und 2 wegen der in diesen Vorschriften bezeichneten Aufwendungen der Steuerpflichtige eine Steuerermäßigung nach § 33 nicht in Anspruch nehmen. Der Begriff der Berufsausbildung i.S. des § 33 a Abs.1 und 2 EStG ist weit, was sich schon daraus ergibt, dass er z.B. die gesamte Schulbildung mit umfasst (Urteil des BFH vom 10. Februar 1961 VI 182/60 U , BStBl III 1961, 160). Berufsausbildung in diesem Sinne liegt auch vor, wenn das Kind des Steuerpflichtigen nach Schulabschluss und der dadurch erlangten Hochschulreife ein Erststudium absolviert. Zu den Aufwendungen für die Berufsausbildung gehören ferner vorab entstandene Aufwendungen, die vom Steuerpflichtigen zu dem Zweck getätigt werden, dem Kind die von ihm gewünschte Art der Berufsausbildung zu ermöglichen. Als Kosten dieser Art sind die hier streitigen Gerichts- und Anwaltskosten zu qualifizieren, weil die Kläger sie aufgewendet haben, um ihrer Tochter im Rechtswege die Zulassung zum Studium zu erstreiten (BFH–Urteil vom 09.11.1984 VI R 40/83 , BStBl. II 1985, 135).

Unerheblich ist, ob die sonstigen Voraussetzungen von § 33 a Abs. 1 EStG in Bezug auf den dort für abziehbar erklärten Aufwand für eine etwaige Berufsausbildung vorliegen, was im Streitfall aufgrund der Regelung von § 33 a Absatz 1 S. 4 EStG zu verneinen ist, da die Kläger Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG haben. Infolge der typisierenden Pauschalregelung zur Berücksichtigung von Ausbildungskosten gilt die „Sperrwirkung” des § 33 a Abs. 4 EStG unabhängig davon, ob die sonstigen Voraussetzungen des § 33 a Abs. 1 EStG im konkreten Fall vorliegen (BFH – Beschluss vom 17.04.1997 III B 216/96 , BStBl. II 1997, 752 – damals zu § 33 a Abs. 5 Einkommensteuergesetz ).

c) Die Anwendbarkeit des § 33 EStG neben § 33 a Abs. 1 EStG ist auch nicht mit dem Argument zu bejahen, bei den Prozesskosten handele es sich nicht um typische Kosten der Ausbildung. Zwar hat die Rechtsprechung außergewöhnliche Unterhaltskosten

als außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33 EStG angesehen (BFH–Urteil vom 09.11.1984, BStBl. II 1985, 135 mit weiterem Nachweis; vgl. zur Nichtanwendbarkeit von § 33 EStG auf typische Berufsausbildungskosten als typischer Unterhaltsaufwand BFH-Urteil vom 17.12.2009 VI R 63/08 , BStBl. II 2010, 341 mit weiteren Nachweisen). Der Senat schließt sich jedoch der bisherigen Rechtsprechung an, nach der die hier entstandenen Kosten ihrer Art nach nicht so ungewöhnlich sind, dass sie aus dem Rahmen der durch die Pauschalregelung des § 33 a Abs. 1 EStG abgegoltenen Ausbildungskosten fallen würden (BFH-Urteil vom 09.11.1984, BStBl. II 1985, 135).

d) Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO .

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

Zum einen wird die neue Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum erleichterten Abzug von (Zivil) Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung kritisch gesehen (vergleiche Schmitz–Herscheidt, Neue Wirtschafts-Briefe – NWB – 3/2013, 112; FG Hamburg, Urteil vom 24.09.2012 – 1 K 195/11 , EFG 2013, 41 mit Anmerkung Trossen, Revision eingelegt (Az. des BFH: X R 34/12)].

Zum anderen halten Teile des Schrifttums und der FG–Rechtsprechung entgegen der BFH Entscheidung vom 09.11.1984 verwaltungsgerichtliche Verfahrenskosten wegen Zulassung zum Studium nicht für typische laufende Unterhaltsaufwendungen, die von § 33 a Abs. 1 und 2 EStG erfasst werden; die Kosten lebenswichtiger Prozesse seien unterhaltsrechtlicher Sonderbedarf und einkommenssteuerrechtlich entsprechend ungewöhnliche Aufwendungen, die nicht durch § 33 a Abs. 4 (früher Abs. 5) EStG vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen sind (vergleiche Kanzler in Herrmann Heuer Raupach, EStG Kommentar, Lieferung 173 Juni 1993, § 33 EStG , Rn. 127 mit weiteren Nachweise).

BITKOM lehnt Alleingang der Finanzverwaltung bei der elektronischen Buchführung ab

  • Dringend notwendige Aktualisierung der Buchführungsgrundsätze sollte gemeinsam mit der Wirtschaft erarbeitet werden
  • Unternehmen drohen zusätzliche Kosten und neue Bürokratie
Berlin, 10. Mai 2013 – Der Hightech-Verband BITKOM lehnt die Pläne des Bundesfinanzministeriums zu neuen Anforderungen an die EDV-Buchführung in den Unternehmen entschieden ab. Der vorliegende Entwurf eines Schreibens über „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ stellt die Anforderungen allein aus Sicht der Finanzverwaltung dar und ist nicht praxistauglich. „Zwar müssen die geltenden Grundsätze für die EDV-Buchführung, die GoBS, aktualisiert und an den modernen Stand der Technik angepasst werden. Der hierzu vorgelegte Entwurf der Finanzverwaltung kann aber von uns nicht akzeptiert werden“, sagt BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf. Er ergänzt: „Die Anforderungen müssen die Wertungen des Handelsrechts und die Arbeitsweise moderner Buchführungssysteme berücksichtigen und dürfen nicht durch Verschärfungen der bisherigen Verwaltungspraxis zusätzliche bürokratische Lasten bei den Unternehmen abladen.“

Der BITKOM kritisiert an dem Entwurf der Finanzverwaltung eine teilweise veraltete Sichtweise auf die Arbeitsweise von elektronischen Buchführungssystemen. Aufgrund vieler unklarer, nicht systematisch erläuterter Begriffe und sehr abstrakter und weit gefasster Vorgaben bietet der Entwurf keine Praxissicherheit für die Unternehmen hinsichtlich der Organisation ihrer Buchführung. Somit bleiben die Unternehmen weitgehend im Unklaren darüber, wie sie bei Prüfungen durch die Finanzverwaltung Beanstandungen ihrer Buchführung vermeiden können. Soweit die Anforderungen der Finanzverwaltung dagegen deutlich werden, wird ihre Umsetzung vielfach zusätzliche Kosten bei den Buchführungspflichtigen verursachen. Obwohl das Gesetz davon ausgeht, dass die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung in erster Linie durch das Handelsrecht bestimmt werden, sind die Besonderheiten des Handelsrechts im Entwurf der Finanzverwaltung kaum berücksichtigt.„Wir halten es für besonders bedauerlich, dass die Finanzverwaltung den Entwurf der Wirtschaft zur Überarbeitung der GoBS komplett ignoriert“, sagt Kempf. Die Wirtschaft hatte ihre Vorstellungen zu den Grundätzen ordnungsmäßiger IT-Buchführung im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung (AVW) erarbeitet und in einem Entwurf für „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beim IT-Einsatz“ (GoBIT) zur Diskussion gestellt. Darin werden vor allem die handelsrechtlichen Vorschriften mit Hinblick auf die zeitgemäße Organisation einer EDV-Buchführung interpretiert. Es werden so zum Beispiel die Anforderungen an digitale Belege formuliert oder Erläuterungen zur Verantwortung bei der Auslagerung von IT-Buchführungssystemen gegeben. Das Konzept der von der Wirtschaft entwickelten GoBIT besteht in der behutsamen Fortentwicklung der GoBS und deren Anpassung an die neuen Technologien, so dass keine grundlegende Umstellung der aktuellen Buchführungssysteme erforderlich wird.

Von der Unsicherheit, die der BMF-Entwurf hinterlässt, sind in besonderem Maße auch Unternehmen betroffen, die Dienstleistungen rund um die Buchführung erbringen, etwa Wirtschaftsprüfer oder Anbieter von Software für die Buchführung. Der BITKOM fordert deshalb die Finanzverwaltung auf, die lange Jahre erfolgreiche und konstruktive Zusammenarbeit mit allen Beteiligten fortzusetzen und an dem vorliegenden GoBIT-Entwurf gemeinsam mit der AVW weiterzuarbeiten. Ein Alleingang der Finanzverwaltung ist dazu keine Alternative. „Das wäre eine Abkehr von der bisherigen bewährten Praxis, dass Wirtschaft und Verwaltung solche Grundsätze gemeinsam erarbeiten und dann auch gemeinsam tragen“, so Kempf.

Zum Hintergrund: Unternehmen, die für ihre Buchführung Informationstechnologie (IT) einsetzen, haben bestimmte Standards zu beachten, die derzeit in den „Grundsätzen ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS)“ niedergelegt sind. Die aktuelle Fassung der GoBS stammt aus dem Jahr 1995 und ist dringend aktualisierungsbedürftig, da sie nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entspricht. Vertreter von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden haben daher die GoBS zu „Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung beim IT-Einsatz (GoBIT)“ fortentwickelt. Trotz wiederholter Einladungen haben sich Vertreter der Finanzverwaltung an dieser Aktualisierung leider nicht beteiligt. Dennoch fanden  fachliche Vorbehalte und Änderungswünsche der Finanzverwaltung weitgehend Berücksichtigung in den GoBIT.

Am 9. April 2013 veröffentlichte die Finanzverwaltung einen eigenen Vorschlag zur Überarbeitung der GoBS, die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“. Darin stellt die Finanzverwaltung ihre Anforderungen an die Buchführung zusammen, die aus steuerrechtlicher Sicht erforderlich sein sollen. Die Neuregelung soll bisherige Verlautbarungen der Finanzverwaltung zur Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und zum elektronischen Datenzugriff nach § 127 Abs. 6 AO zusammenfassen und ersetzen.

BITKOM begrüßt Investitionszuschuss Wagniskapital

  • Neues Förderprogramm startet morgen
  • Zuschuss muss steuerfrei sein und Antragstellung darf nicht bürokratisch werden
Berlin, 14. Mai 2013 – Der Hightech-Verband BITKOM begrüßt das neue Förderprogramm „Investitionszuschuss Wagniskapital“, mit dem das Bundeswirtschaftsministerium von morgen (15. Mai) an Investitionen in junge innovative Unternehmen unterstützt. Investoren erhalten für Beteiligungen ab 10.000 Euro auf Antrag 20 Prozent der Investitionssumme zurückerstattet, sofern sie bestimmte Bedingungen erfüllen und die Beteiligung für mindestens drei Jahre gehalten wird. „Alle Zahlen zeigen, dass es in Deutschland an Wagniskapital für Start-ups fehlt. Der Investitionszuschuss kann dazu führen, dass von privaten Investoren mehr Geld für IT- und Internet-Start-ups zur Verfügung gestellt wird“, sagt BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf. Im vergangenen Jahr flossen nur 240,8 Millionen Euro Venture Capital in IT-Gründungen, mehr als die Hälfte davon an Start-ups in Berlin. 2011 waren es noch 255,5 Millionen Euro gewesen.Jeder Investor kann pro Jahr maximal Investitionen in Höhe von 250.000 Euro bezuschussen lassen. Die maximale Investitionssumme, die gefördert wird, beträgt pro Unternehmen 1 Million Euro. Sowohl Investoren als auch das Unternehmen, in das investiert wird, müssen eine Reihe von Kriterien erfüllen. So muss das Start-up unter anderem einer innovativen Branche angehören, unabhängig sein und weniger als 10 Millionen Euro Umsatz pro Jahr generieren. „Entscheidend für den Erfolg des Programms wird sein, dass die Abwicklung nicht zu bürokratisch wird“, so Kempf. „Außerdem muss der gezahlte Zuschuss an die Investoren steuerfrei sein, da sich sonst der Anreiz für Beteiligungen wieder reduziert.“ Die Steuerfreiheit ist bislang noch nicht endgültig geklärt.

Insgesamt stehen für den Zeitraum 2013 bis 2016 für das Förderprogramm 150 Millionen Euro zur Verfügung, pro Jahr entspricht das 37,5 Millionen Euro. „Wird die Fördersumme ausgeschöpft, würden damit Investitionen in Höhe von fast 200 Millionen Euro angeschoben. Damit könnte Deutschland zwar noch lange nicht zu Nationen wie den USA oder Israel aufschließen, die sich beim Wagniskapital in ganz anderen Größenordnungen bewegen, aber es wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, so Kempf.
Anträge für den Investitionszuschuss Wagniskapital können ab 15. Mai online gestellt werden: http://www.bafa.de/bafa/de/

Einkommensteuer – An Arbeitgeber ausbezahle Eingliederungszuschüsse

Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Sozialgesetzbuch, die dem Arbeitgeber gewährt werden, sind nicht nach § 3 Nr. 2 b EStG steuerfrei, sondern als zusätzliche Betriebseinnahmen zu erfassen. Nachträgliche Erkenntnisse im Rahmen einer Betriebsprüfung sind grundsätzlich verwertbar, wenn kein sog. Verwertungsverbot vorliegt. Das hat das Hessische Finanzgericht entschieden (Az.: 4 K 1346/11).

Geklagt hatte ein Bilanzbuchhalter, der ein Buchhaltungsbüro betreibt und daraus Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielte. Bei einer Betriebsprüfung hatte das Finanzamt festgestellt, dass dem Kläger auf einem privaten Konto Eingliederungszuschüsse für zwei Arbeitnehmerinnen gutgeschrieben worden waren, die dieser nicht als Betriebseinnahmen erfasst hatte. Deshalb erhöhte das Finanzamt den Gewinn um die erhaltenen Eingliederungszuschüsse. Außerdem hatte das Finanzamt festgestellt, dass auf Ausgangsrechnungen des Klägers an einen Kunden eine Bankverbindung angegeben war, die nicht in den Unterlagen  des Buchhaltungsbüros erfasst worden war. Zudem waren von einem weiteren Bankkonto hohe Privateinlagen getätigt worden. Dies führte zur Einleitung eines Strafverfahrens und zur Anforderung von Kontoauszügen bei den Kreditinstituten durch die Buß- und Strafsachenstelle des Finanzamtes.

Das Hessische Finanzgericht wies die Klage ab. Bei den Eingliederungszuschüssen handele es sich um Betriebseinnahmen des Arbeitgebers. Die Eingliederungszuschüsse seien auch nicht nach § 3 Nr. 2 b EStG steuerfrei, weil sie dem Kläger als Arbeitgeber gezahlt worden seien. Der Gesetzgeber mache im Gesetzestext durch den Verweis auf die Leistungen nach dem SGB II dagegen deutlich, dass er die Steuerfreistellung nur für Leistungen an Arbeitnehmer vorsehen wolle. Mit § 3 Nr. 2 b EStG solle ausschließlich die mit dem SGB II bezweckte Grundsicherung für Arbeitssuchende steuerlich unterstützt werden.

Selbst wenn man von der Steuerfreiheit der gewährten Eingliederungszuschüsse nach § 3 Nr. 2 b EStG ausgehe, verbleibe es in jedem Falle bei der Erfassung als weitere Betriebseinnahmen. Denn die den beiden Arbeitnehmerinnen gezahlten Löhne, die betragsmäßig höher seien als die Eingliederungszuschüsse und die als solche Betriebsausgaben darstellten, könnten dann in Höhe der entsprechenden Beträge gemäß § 3 c Abs. 1 Satz 1 EStG nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, weil insoweit ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen bestehe. Ferner führe die Anforderung der Kontoauszüge durch die Bußgeld- und Strafsachenstelle nicht zu einem Verwertungsverbot zusätzlicher Betriebseinnahmen im Besteuerungsverfahren. Diese Ermittlungsmaßnahme im strafrechtlichen Verfahren sei weder zeitnah durch die dafür  trafprozessual vorgesehenen Rechtsbehelfe angefochtenen worden noch sei die Rechtswidrigkeit im Laufe des weiteren Verfahrens festgestellt worden. Vielmehr habe Kläger erst nach Auswertung der bereits mehr als 8 Monate zuvor übersandten Kontoauszüge und nach Ergehen der geänderten Einkommensteuerbescheide einen dafür gesetzlich nicht vorgesehenen Einspruch bei der Bußgeldund Strafsachenstelle eingelegt.

Letztlich würde aber auch die strafprozessuale Rechtswidrigkeit der Anforderung der Kontoauszüge nicht zu einem Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren führen, weil nach der Rechtsprechung des BFH allein ein Verstoß gegen strafprozessuale Verfahrensnormen nicht zu einem Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren führten. Schließlich habe die Anforderung der Kontounterlagen bei den Banken, nachdem diese von dem Kläger nicht vorgelegt worden seien, auch nicht zu massiven Grundrechtverletzungen geführt, die ein qualifiziertes Besteuerungsverbot im Besteuerungsverfahren nach sich zögen.

Das Hessische Finanzgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung gegen sein Urteil vom 13.02.2013 die Revision zugelassen. Aktenzeichen des BFH: VIII R 17/13.

 

HESSISCHES FINANZGERICHT
Geschäftsnummer: 34117 Kas s e l
Königs tor 35
4 K 1346/11 34017 Kas s e l
Pos t f a ch 10 17 40
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
1.
-Kläger-
Prozessbev. zu 1. und 2.:
g e g e n
Finanzamt
-Beklagterw
e g e n
Einkommensteuer 2006-2008
hat der 4. Senat des Hessischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 13. Februar 2013
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Hessischen Finanzgericht
des Richters am Hessischen Finanzgericht
des Richters
– 2 –
sowie des
und des
als ehrenamtliche Richter
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob Leistungen zur Eingliederung in Arbeit
nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) auch dann gemäß § 3 Nr. 2b des Einkommensteuergesetzes
in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) steuerfrei
sind, wenn sie Arbeitgebern gewährt werden bzw. ob die von dem Finanzamt
erlangte Kenntnis über solche Leistungen und andere Zahlungen im vorliegenden
Falle einem Verwertungsverbot unterliegen.
Der Kläger ist Bilanzbuchhalter und betreibt ein Buchhaltungsbüro, die daraus
erzielten Einkünfte werden von den Beteiligten als Einkünfte aus selbstständiger
Arbeit behandelt. Er ermittelt seinen Gewinn durch Überschussrechnung
gem. § 4 Abs. 3 EStG. Die Kläger wurden für die Veranlagungszeiträume 2006
bis 2008 zunächst erklärungsgemäß zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 erging unter dem Vorbehalt
der Nachprüfung.
Aufgrund eines Prüfungsvorschlags des Innendienstes des Finanzamts wurde
bei dem Kläger am 10.02.2010 um 8.30 Uhr mit einer die Jahre 2006 bis 2008
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betreffenden Außenprüfung für sein Buchhaltungsbüro begonnen. Mit Prüfungsanfrage
vom selben Tag bat der Prüfer u.a. um die Vorlage der Kontoauszüge
eines Kontos bei der Bank 1 mit der Nummer xx1 für den Zeitraum vom
01.01.2006 bis 31.12.2008. Grund für die Anforderung war, dass diese Bankverbindung
insbesondere auf Ausgangsrechnungen an die Firma A-AG angegeben,
aber nicht in den Unterlagen des Buchhaltungsbüros erfasst war. Anschließend
setzte er die Außenprüfung in der Zeit vom 11.02.2010 bis
15.02.2010 fort. Am 12.02.2010 und 15.02.2010 richtete er weitere, nicht die
im gerichtlichen Verfahren streitigen Prüfungsfeststellungen betreffende,
schriftliche Prüfungsanfragen an den Kläger.
Im Verlauf der weiteren Prüfung stellte der Prüfer dann fest, dass von dem
Konto mit der Nummer xx2 bei der Bank2. im kompletten Prüfungszeitraum,
insbesondere aber in den Jahren 2007 und 2008, hohe Privateinlagen getätigt
worden waren. Daraufhin, und weil ihm die erbetnen Kontoauszüge des Kontos
bei der Bank 1 nicht ausgehändigt worden waren, besprach der Prüfer seine
weitere Vorgehensweise am 17.02.2010 mit dem zuständigen Sachgebietsleiter.
Das Ergebnis der Unterredung sei nach Angabe des Prüfers gewesen, dass im
Hinblick auf die Weigerung der Vorlage der Kontoauszüge und der ungeklärten
Einlagen davon habe ausgegangen werden müssen, dass weitere steuerrelevante
Zahlungsvorgänge vorlägen, die nicht in den Unterlagen des Klägers erfasst
worden seien. Er übersandte am 19.02.2010 einen „Aktenvermerk über den
Verdacht einer Steuerstraftat“ an die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts
Stadt A, in dem die bisher festgestellten Sachverhalte geschildert
worden waren.
Daraufhin leitete die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts Stadt A
mit Schreiben vom 22.02.2010 ein Strafverfahren ein, wogegen der Kläger mit
Schreiben vom 08.03.2010 eine „Gegenvorstellung“ erhob. In dem Schreiben
vom 22.02.2010 forderte die Bußgeld- und Strafsachenstelle den Kläger auf,
die Kontoauszüge für die Jahre 2006 bis 2008 hinsichtlich der bei der Bank2.
und bei der Bank 1 unterhaltenen Konten vorzulegen. Da der Kläger dem nicht
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nachkam, richtete die Bußgeld- und Strafsachenstelle am 12.04.2010 u.a. an
die Bank 1 und an die Bank 2. Auskunftsersuchen gemäß § 161a der Strafprozessordnung
(StPO), in denen sie auch diese Kontoauszüge anforderte. Die ersuchten
Banken legten im April des Jahres 2010 die angeforderten Kontoauszüge
vor. Gegen die Anforderung der Kontoauszüge bei den Kreditinstituten
legte der Kläger bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts Stadt
A mit Schreiben vom 06.12.2010 Einspruch ein.
Zwischenzeitlich war der Prüfer unter Einbeziehung der von den Kreditinstituten
vorgelegten Kontounterlagen zu folgenden nunmehr noch streitigen Prüfungsfeststellungen
gelangt: Es waren in den Jahren 2006 bis 2008 einzelne
Zahlungen auf Ausgangrechnungen an die A-AG nicht im Rahmen der Gewinnermittlung
berücksichtigt worden (2006: 7120,–EUR, 2007: 1472,62 EUR
und 2008: 133,88 EUR; Tz. 12, 22 und 24 des Prüfungsberichts vom
29.09.2010). Diese rechnete er dem Gewinn des Klägers ebenso hinzu, wie einzelne
dem Kläger in den Jahren 2007 und 2008 im Zusammenhang mit seiner
selbstständigen Tätigkeit bezahlte, aber bisher nicht als Betriebeinnahmen berücksichtigte,
Versicherungsprovisionen (2007: 2.3841,48 und 2008:
388,97 EUR; Tz. 22 und 26 des Prüfungsberichts vom 29.09.2010).
Darüber hinaus stellte der Prüfer fest, dass in den Jahren 2007 und 2008 dem
Kläger Eingliederungszuschüsse für zwei Arbeitnehmerinnen gezahlt worden
waren, die nicht als Betriebseinnahmen berücksichtigt bzw. einem privaten
Konto des Klägers gutgeschrieben worden waren. Für die Arbeitnehmerin AN1
betrugen die Eingliederungszuschüsse in 2007: 2.880,00 € und in 2008: 360 €.
Der Kläger seinerseits hatte Frau AN1 Bruttolöhne in Höhe von 6.241,50 Euro
(in 2007) und 6.018,75 Euro (in 2008) gezahlt. Die Eingliederungszuschüsse
für die Arbeitnehmerin AN2 beliefen sich in 2007 auf 9.072 € und in 2008 auf
16.848 €. Frau AN2 waren von dem Kläger Bruttolöhne in Höhe von 11.986,45
Euro (in 2007) und 21.470,55 Euro (in 2008) gezahlt worden. Der Prüfer vertrat
die Ansicht, dass der Gewinn um sämtliche in den Jahren 2007 und 2008
erhaltenen Eingliederungszuschüsse zu erhöhen sei, weil diese Zuschüsse bei
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Gewährung an den Arbeitgeber nicht nach § 3 Nr. 2b EStG steuerfrei seien (Tz.
22 und 23 des Prüfungsberichts vom 29.09.2010). Im Anschluss an die
Schlussbesprechung und den Prüfungsbericht vom 29.09.2010 machte der Kläger
durch Schreiben vom 11.10.2010 diverse Einwendungen gegen die Prüfungsfeststellungen
geltend. Er vertrat insbesondere die Ansicht, der Kläger sei
nicht verpflichtet gewesen Kontenunterlagen aufzubewahren. Auch seien Eingliederungszuschüsse
gemäß § 3 Nr. 2b EStG steuerfrei.
Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und erließ am
26.10.2010 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume
2006 bis 2008, in denen es die Prüfungsfeststellungen berücksichtigte.
Die Änderung der Einkommensteuerbescheide stützte es für die Jahre 2006 und
2007 auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und für das Jahr 2008
auf § 164 Abs. 2 AO. Den dagegen erhobenen Einspruch wies das Finanzamt
durch Einspruchsentscheidung vom 13.05.2011 als unbegründet zurück
(Bl. 7 ff. der Finanzgerichtsakte).
Zur Begründung ihrer Klage bringen die Kläger vor, die Betriebsprüfung habe
ergeben, dass keine weiteren Einnahmen von der Firma A-AG erzielt worden
seien, als die, die zu Beginn der Betriebsprüfung am 10.02.2010 in den vorgelegten
Ausgangsrechnungen an die Firma A-AG ersichtlich gewesen seien.
Drei Rechnungen an diese Firma über insgesamt 6.130 € seien im Jahre 2006
versehentlich nicht gebucht worden, weil wegen Zahlungsschwierigkeiten der
Firma A-AG diese Rechnungen erst weit nach Erteilung der Ausgangsrechnungen
bezahlt worden seien und die angestellte Buchhalterin, Frau AN2, davon
ausgegangen sei, dass sie schon früher gebucht worden waren. Die Rechnung
mit der Nummer 2007/06/05 über netto 1.237,50 € sei in 2007 nicht gebucht
worden, obwohl sie den handschriftlichen Vermerk mit dem „Buchungssatz“
und dem Zusatz „geb“ mit Namenszeichen der Buchhalterin enthalten habe.
Eine Erklärung für diesen Fehler könne selbst die Buchhalterin nicht geben.
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Die auf dem Bankkonto bei der Bank 1 eingegangenen Provisionseinnahmen
seien regelmäßig auf das betriebliche Bankkonto überwiesen und als Betriebseinnahmen
gebucht worden. Dabei seien Beträge von 2.381,47 € in 2007
und von 388,97 € in 2008 übersehen worden. Diese Fehler seien aber ebenso
entschuldbar wie der Fehler des Betriebsprüfers, der in Textziffer 3 seiner Prüfungsfeststellungen
zu Unrecht die Rechnung Nr. 2007/06/04 in Höhe von
737,56 € netto zweimal als Betriebseinnahmen erfasst habe.
Die von dem Prüfer entdeckten Einlagen hätten leicht erklärt werden können,
wenn der Prüfer dem Kläger gegenüber diese überhaupt erwähnt hätte. Denn
diese Einnahmen hätten nur Versicherungsprämien von der Firma B-GmbH, die
auf das betriebliche Bankkonto umgebucht worden seien, betroffen. Eine Bestätigung
über sämtliche Provisionsansprüche im Prüfungszeitraum wäre leicht
und vor allem kostenfrei durch eine Anfrage bei der Firma B-GmbH zu beschaffen
gewesen. Es träfe auch nicht zu, dass der Kläger auf die Aufforderung
zur Vorlage der Bankkontoauszüge hinsichtlich des Kontos bei der
Bank 1 nicht reagiert habe. Der Kläger habe dem Prüfer vielmehr bedeutet,
dass er die Bankkontenauszüge wegen fehlender Aufbewahrungspflicht nicht
mehr vorliegen habe.
Die Eingliederungszuschüsse für die Arbeitnehmerin AN1 seien gebucht und
wegen Steuerfreiheit durch außerbilanzielle Abrechnung erfolgsneutral behandelt
worden. Der Eingliederungszuschuss für die Buchhalterin Frau AN2 sei
gleich privat auf dem Konto Nr. xx2 der Bank 2 vereinnahmt worden, weil die
Buchhalterin nicht die Höhe des Zuschusses im Rahmen der Buchführung habe
erfahren sollen.
Hinsichtlich der Kontoauszüge sei darauf hinzuweisen, dass es bei der Gewinnermittlung
nach § 4 Abs. 3 EStG keine Bestandkonten gäbe. Die Bankbewegungen
müssten nicht verbucht werden. Somit handele es sich um Privatkonten,
für die keine Aufbewahrungspflicht bestehe. Darüber hinaus dürfe eine
Mitwirkung auch nur verlangt werden, wenn sie zur Feststellung des steuer-
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erheblichen Sachverhalts notwendig, verhältnismäßig und zumutbar sei. Das
Finanzamt habe in seiner Ermessensentscheidung den Besonderheiten des vorliegenden
Falles nicht ausreichend Rechnung getragen. So hätten die Ausgangsrechnungen
der Firma A-AG vollständig vorgelegen. Darüber hinaus sollten
andere Personen (z.B. Banken) als die Beteiligten erst dann zur Auskunft
angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten
nicht zum Ziel führe oder keinen Erfolg verspreche (unter Hinweis auf § 93
Abs. 1 Satz 3 AO).
Der Betriebsprüfer habe dem Kläger nicht mitgeteilt, warum er die Kontoauszüge
der Bank 1 hätte vorgelegt haben wollen. Eine in einem solch verdeckten
Verfahren durchgeführte Betriebsprüfung verletzte § 199 Abs. 2 AO. Letztlich
sei auch zu berücksichtigen, dass Auskunftsverlangen im Rahmen von Rasterfahndungen
und ähnlichen Ermittlungen unzulässig seien. Ins Blaue hinein dürfe
die Finanzbehörde Auskunftsverlangen nicht stellen. Die an beide Banken
im April 2010 gerichteten Auskunftsersuchen des Finanzamts Stadt A seien
deshalb nicht zulässig. Deshalb sei auch gegen diese Maßnahme mit Schreiben
vom 06.12.2010 bei dem Finanzamt Stadt A Einspruch eingelegt worden.
Die Kläger sind darüber hinaus der Ansicht, es bestünde ein Verwertungsverbot
wegen einer Prüfung im verdeckten Strafverfahren. Im Streitfall liege ein
schwerwiegender Verstoß gegen grundrechtlich geschützte Rechtspositionen
vor, weil ohne Belehrung über die Mitwirkungspflicht die Mitwirkung der
Steuerpflichtigen trotz des Verdachts des Betriebsprüfers auf Steuerhinterziehung
mehrfach gefordert worden sei und eine Mitwirkung deshalb auch erfolgt
sei. Den Verdacht auf Steuerhinterziehung habe der Betriebsprüfer wohl bereits
am ersten Prüfungstag wegen der nicht vollständigen Verbuchung der Ausgangsrechnungen
an die Firma A-AG und den erheblichen Einlagen von dem
Konto Nr. xx2 bei der Bank 2 gehabt. In der Anforderung der Kontoauszüge
durch die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts Stadt A liege eine
Instrumentalisierung des Steuerpflichtigen. Dies habe ein Verwertungsverbot
zur Folge, weil zuerst der Betriebsprüfer durch gezielte Nichtbenennung des
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Verdachts auf Steuerhinterziehung und daran anschließend auch die Strafsachenstelle
den Grund für das Verlangen auf Vorlage der Bankkontoauszüge
nicht benannt hätten. Der Vorwand der Strafsachenstelle, vom Prüfer hätten
nicht alle Rechnungs- und Erlösbuchungen nachvollzogen werden können, stelle
angesichts des geschilderten Geschehensablaufs bei der Betriebsprüfung eine
untaugliche Schutzbehauptung dar. Schwerwiegende Verstöße wie z.B. grundgesetzwidrige
Aufklärungsmethoden i.S.d. § 199 Abs. 2 AO würden zu einem
endgültigen materiell-rechtlichen Verwertungsverbot hinsichtlich der Ermittlungsergebnisse
führen. Eine geeignete Rechtsgrundlage für ein Verwertungsverbot
stelle auch der § 136a StPO dar. Trotz des seit Prüfungsbeginn bestehenden
Verdachts auf Steuerhinterziehung habe der Prüfer weder die Bankkontoauszüge
betreffend das Konto Nr. xx2 bei der Bank 2 verlangt noch eine Belehrung
nach § 393 Abs. 1 Satz 4 AO im Besteuerungsverfahren ausgesprochen,
obwohl er die Kontoauszüge der Bank 1 wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung
verlangt habe.
§ 10 Abs. 1 der Betriebsprüfungsanordnung (BpO) verpflichte den Prüfer im
Falle tatsächlicher Anhaltspunkt für eine Straftat (sog. strafrechtlicher Anfangsverdacht)
die Prüfung abzubrechen und die zuständige Straf- und Bußgeldstelle
unverzüglich zu unterrichten. Darüber hinaus sei der Steuerpflichtige
gemäß § 10 Abs. 1 Satz 4 BpO über sein Mitwirkungsverweigerungsrecht zu
belehren. Diese Verpflichtung bestehe nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BpO auch dann,
wenn lediglich die Möglichkeit bestehe, dass ein Steuerstrafverfahren durchgeführt
werden müsse. § 10 Abs. 1 Satz 2 BpO gebe damit den Zeitpunkt des Prüfungsabbruchs
auf die vor dem Stadium des strafrechtlichen Anfangsverdachts
im Sinne des § 152 StPO liegende Phase der bloßen Möglichkeit der Durchführung
eines Strafverfahrens an. Somit komme im vorliegenden Falle ein materielles
Verwertungsverbot in Betracht, da der Prüfer bewusst die zum Schutz
des Steuerpflichtigen explizierenden Normen umgangen und quasi „mit geschlossenem
Visier“ agiert habe. Die unter dem Deckmantel des Besteuerungsverfahrens
bei bewusster Täuschung des Steuerpflichtigen gewonnenen Er-
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kenntnisse unterlägen analog § 136a StPO einem steuerlichen Verwertungsverbot.
Darüber hinaus seien die dem Kläger gezahlten Eingliederungszuschüsse steuerfrei,
denn seit dem 01.01.2005 seien gemäß § 3 Nr. 2b EStG Leistungen zur
Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II steuerfrei. Bis zum Jahre 2004 sei
die Steuerbefreiung für Eingliederungszuschüsse in § 3 Nr. 2a EStG in der
Weise geregelt gewesen, dass nur Zuschüsse steuerfrei gewesen seien, soweit
sie Arbeitnehmern gewährt worden seien. Nachdem diese einschränkende Regelung
in der Literatur stark kritisiert worden sei, sei diese Einschränkung
durch die Einführung des neuen § 3 Nr. 2b EStG bewusst beseitigt worden. Der
Beschluss des BFH vom 25.09.2002 IV B 139/00 sei noch zur Rechtslage des
§ 2a EStG bis 2004 ergangen.
Die Kläger beantragen,
1. die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008 vom
26.10.2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 13.05.2011
dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer für die einzelnen
Veranlagungszeiträume wie folgt festgesetzt wird:
für 2006: 5.530 €,
für 2007: 2.159 € und
für 2008: 3.211 €;
2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für erforderlich
zu erklären;
3. die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt vertritt die Ansicht, die Änderung der Einkommensteuerbescheide
für die Jahre 2006 bis 2008 sei zu Recht erfolgt. Sowohl die Erhöhung
der Einnahmen des Klägers für die Jahre 2006 bis 2008 um nicht gebuchte
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Zahlungen auf Rechnungen als auch die Berücksichtigung von Eingliederungszuschüssen
für die Jahre 2007 und 2008 als steuerpflichtige Einnahmen seien
rechtmäßig gewesen. Entgegen der Ansicht der Kläger läge auch kein steuerrechtliches
Verwertungsverbot vor. Die im Rahmen der Betriebsprüfung durch
das Finanzamt Stadt B erlangten Erkenntnisse seien verwertbar, da sich das
Finanzamt rechtsstaatlich unbedenklicher Ermittlungsmethoden bedient habe.
Dass kein Verwertungsverbot hinsichtlich der Auswertung der Kontenunterlagen
eingreifen könne, ergebe sich bereits daraus, dass der Kläger weder auf die
Anfrage des Prüfers vom 10.02.2010 noch auf die Anforderung der Bußgeldund
Strafsachenstelle des Finanzamts Stadt A vom 22.02.2010 die angeforderten
Unterlagen eingereicht habe. Der Kläger sei auch rechtzeitig belehrt worden
im Sinne des § 393 Abs. 1 Satz 4 AO. Für den Prüfer hätten sich Anhaltspunkte
für eine Straftat erst im Laufe der Betriebsprüfung ergeben, weshalb der
Betriebsprüfer am 19.02.2010 einen Aktenvermerk über den Verdacht einer
Steuerstraftat angefertigt und diesen an die Bußgeld- und Strafsachenstelle
Stadt A übersandt habe.
Nach der Rechtsprechung des BFH (unter Hinweis auf Urteil vom 23.01.2002
XI R 10-11/10) bestünden Besteuerungsverfahren und Steuerstrafverfahren
grundsätzlich gleichrangig nebeneinander. Die Frage nach einem Verwertungsverbot
sei folglich im Steuerstrafverfahren nach strafprozessualen und im Besteuerungsverfahren
nach abgabenrechtlichen Vorschriften zu beantworten. Der
Steuerpflichtige bleibe auch nach Einleitung des Strafverfahrens weiter zur uneingeschränkten
wahrheitsgemäßen Mitwirkung im Besteuerungsverfahren verpflichtet.
Diese Mitwirkung könne allerdings nach § 393 Abs. 1 Satz 2 AO
nicht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Da nicht versucht worden sei,
die Mitwirkung des Klägers mit Zwangsmitteln durchzusetzen, komme im vorliegenden
Fall auch kein Verwertungsverbot in Betracht.
Eine Situation im Sinne des § 136a StPO sei zu keinem Zeitpunkt gegeben gewesen.
Es liege auch keine Instrumentalisierung des Steuerpflichtigen vor. Der
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Prüfer habe im vorliegenden Fall die Prüfung unterbrochen, als tatsächliche
Anhaltspunkte für eine Steuerstraftat bestanden hätten. Wie oben dargestellt,
habe der Prüfer einen Aktenvermerk an die Bußgeld- und Strafsachenstelle
übersandt, welche dann das Steuerstrafverfahren eingeleitet und den Kläger
auch auf seine Rechte hingewiesen habe. Eine Verletzung der Artikel 1 und 2
des Grundgesetzes (GG) liege daher nicht vor.
Darüber hinaus sei festzuhalten, dass die Kontoauszüge für die Kalenderjahre
2006 bis 2008 durch die Bank 1 und die Bank 2 im April 2010 aufgrund eines
Auskunftsersuchen der Bußgeld- und Strafsachenstelle im Rahmen des eröffneten
Strafverfahren übersandt worden seien. Der Prüfer selbst sei nicht nach
§ 93 Abs. 1 Satz 1 AO vorgegangen und habe die Kreditinstitute nicht um Vorlage
der Kontoauszüge gebeten. Die Bußgeld- und Strafsachenstelle habe aber
ihrerseits die Kreditinstitute im Rahmen des Steuerstrafverfahrens um Vorlage
der Kontoauszüge bitten dürfen, sie habe im Steuerstrafverfahren das Recht
gemäß § 161a, 51 StPO i.V.m. §§ 386 Abs. 2, 399 AO Zeugen zu befragen.
Die in den Jahren 2007 und 2008 für die Arbeitnehmerinnen AN1 und AN2
dem Kläger gutgeschriebene Eingliederungszuschüsse seien nicht steuerfrei
gemäß § 3 Nr. 2b EStG. Nach diesen Vorschriften seien Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts sowie zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II
steuerfrei. Soweit durch die Verweisung in § 16 Abs. 1 SGB II auf Vorschriften
im SGB III aber auch Leistungen erfasst würden, die Arbeitgebern gewährt
würden, komme eine Steuerfreiheit nicht in Betracht. Dies würde dem Sinn und
Zweck der Regelung widersprechen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zahlreichen im
Klageverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Der 4. Senat des Hessischen Finanzgerichts hatte den Rechtsstreit durch Beschluss
vom 16.05.2012 zunächst dem Einzelrichter zur Entscheidung übertra-
12 –
gen. Dieser hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 17.10.2012 auf den Senat
zurück übertragen.
Dem Gericht haben vier Bände Steuerakten, die den Kläger betreffende Strafakte
der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts Stadt A und zwei Fallhefte
des Prüfers über die bei dem Kläger durchgeführte Außenprüfung im Jahre
2010 vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Klage ist unbegründet, weil das Finanzamt in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden
für die Jahre 2006 bis 2008 vom 26.10.2010 zutreffend
sowohl die bisher im Rahmen der Gewinnermittlung nicht berücksichtigten
Zahlungen auf Rechnungen der A-AG und Versicherungsprovisionen als
auch die für die Arbeitnehmerinnen AN1 und AN2 gewährten Eingliederungszuschüsse
als zusätzliche Betriebseinnahmen erfasst hat und weil das Finanzamt
auch nicht durch ein Verwertungsverbot an der Berücksichtigung dieser
Prüfungsfeststellungen gehindert war.
Der Kläger erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1
Nr. 3 EStG. Er ermittelt seinen Gewinn, auf der Grundlage des § 4 Abs. 3 Satz
1 EStG durch Überschussrechnung, da er nicht aufgrund gesetzlicher Vorgaben
verpflichtet ist, Bücher zu führen und regelmäßige Abschlüsse zu machen und
dies auch nicht freiwillig tut
a) Insoweit hat das Finanzamt zu Recht in den Jahren 2006 bis 2008 einzelne
Zahlungen auf Rechnungen der A-AG ( ) in 2006 in Höhe von 7.120,08 €, in
2007 in Höhe von 1.472,62 € und in 2008 in Höhe von 133,88 € über den bisher
erklärten Gewinn hinaus als Betriebseinnahmen erfasst, weil diese Zahlungen
bisher nicht in der Gewinnermittlung des Klägers für die entsprechenden
Veranlagungszeiträume berücksichtig worden waren. Diese unstreitig der be-
13 –
trieblichen Tätigkeit des Klägers zuzuordnenden Einnahmen waren auf dem als
privates Girokonto behandelten Konto mit der Nummer xx3 bei der Bank 1
gutgeschrieben worden. Aus dem gleichen Grund hat das Finanzamt in den Jahren
2007 und 2008 zutreffend einzelne Zahlungen auf an die B-GmbH gerichtete
Rechnungen, es handelte sich um Provisionserlöse aus Versicherungen, entsprechend
den Prüfungsfeststellungen in Tz. 22 und 26 des Betriebsprüfungsberichts
vom 29.09.2010 als weitere Betriebseinnahmen erfasst. In seinem
Klageschriftsatz vom 24.05.2011 hat der Kläger eingeräumt, dass sowohl die
Zahlungen der A-AG als auch die bezeichneten Versicherungsprovisionen versehentlich
nicht im Rahmen der Gewinnermittlung berücksichtigt worden seien.
b) Darüber hinaus hat das Finanzamt zur Recht die für die Arbeitnehmerinnen
AN1 und AN2 in den Jahren 2007 und 2008 an den Kläger als Arbeitgeber gezahlten
Eingliederungszuschüsse entsprechend Tz. 22 und 23 des Prüfungsberichts
vom 29.09.2010 (für Frau AN1 in 2007 2.880 € und in 2008 360 € und
für Frau AN2 in 2007 9.072 € und in 2008 16.848 €) als Betriebseinnahmen
dem erklärten Gewinn des Klägers hinzugerechnet, weil diese Zahlungen dem
Kläger als Arbeitgeber im Rahmen seiner gewerblichen Betätigung im Bereich
der Lohnsteuerhilfe und Buchführungsarbeiten zugeflossen sind. Diese Zahlungen
waren in den von dem Kläger eingereichten Gewinnermittlungen im
Ergebnis unstreitig für die beiden Veranlagungszeiträume nicht als Betriebseinnahmen
berücksichtigt worden. Entgegen der Ansicht des Klägers waren
die Eingliederungszuschüsse im vorliegenden Falle auch nicht gemäß § 3
Nr. 2b EStG steuerfrei, weil sie dem Kläger als Arbeitgeber gezahlt wurden.
Nach § 3 Nr. 2b EStG sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und
zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II steuerfrei. Die Leistungen zur
Eingliederung in Arbeit waren in den Veranlagungszeiträumen in den §§ 14
bis 18a SGB II in unterschiedlichen Fassungen geregelt. Die Vorschriften umfassen
neben Geldleistungen nach dem SGB II und der Zahlung von Einstiegs-
14 –
geld bei Annahme einer Erwerbstätigkeit auch Sachleistungen in Gestalt von
Beratungen, Betreuung von Angehörigen, Schaffung von Arbeitsgelegenheiten.
Der Wortlaut des §§ 3 Nr. 2b EStG unterscheidet hinsichtlich der Steuerfreiheit von
Eingliederungshilfen zwar nicht ausdrücklich danach, ob sie an Arbeitnehmer oder
Arbeitgeber gezahlt werden. Gleichwohl macht der Gesetzgeber in dem Gesetzestext
durch den Verweis auf die Leistungen nach dem SGB II hinreichend deutlich, dass er
die Steuerfreistellung nur für Leistungen an Arbeitnehmer vorsehen wollte. Denn bei
den Reformen des Arbeitsmarktes und der Zusammenführung der Leistungssysteme
von Arbeitslosen- und Sozialhilfe hat der Gesetzgeber das Sozialgesetzbuch neu geordnet
und im SGB II die Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende zusammengefasst
(§§ 1,4 SGB II, vgl. Eichler/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, vor
§ 1 Rn. 1 SGB II).
Des weiteren ergibt sich nach Auffassung des Gerichts aus dem ursprünglich bei Einführung
des § 3 Nr. 2b EStG verfolgten Zweck, als Folgeänderung zu § 3 Nr. 2 EStG
sowie dem systematischen Zusammenhang mit dieser Regelung, die nach dem Gesetzestext
ausdrücklich nur Leistungen an Arbeitnehmer steuerfrei stellt, dass auch die
ergänzende Regelung des § 3 Nr. 2b EStG nur Leistungen an Arbeitnehmer steuerfrei
stellen soll. Mit Nr. 2b soll ausschließlich die mit dem SGB II bezweckte Grundsicherung
für Arbeitssuchende steuerlich unterstützt werden. Das Gericht folgt insoweit der
einhelligen Meinung im steuerrechtlichen Schrifttum (vgl. nur, statt vieler, v. Beckenrath
in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, Rn. B 2b/41 zu § 3 Nr. 2b EStG mit
ausführlicher Begründung und Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und
KStG – Kommentar, 31. Aufl. 2012, § 3 Nr. 2b EStG Anm. 2).
Darüber hinaus wären Beträge in Höhe der in den Jahren 2007 und 2008 gewährten
und zwischen den Beteiligten streitigen Eingliederungszuschüsse im
Ergebnis auch dann korrigierend als weitere Betriebseinnahmen zu berücksichtigen,
wenn die gewährten Eingliederungszuschüsse als solche gem. § 3 Nr. 2b
EStG steuerfrei wären, weil dann die den beiden Arbeitnehmerinnen gezahlten
Löhne, die betragsmäßig höher sind als die Eingliederungszuschüsse und die
– 15 –
als solche Betriebsaugaben darstellen, in Höhe entsprechender Beträge gem.
§ 3c Abs. 1 S. 1 EStG nicht als Betriebausgaben abgezogen werden könnten.
Nach § 3c Abs. 1 EStG dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen
in unmittelbarem wirtschaftliche Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben
oder Werbungskosten abgezogen werden. Ein unmittelbarer
wirtschaftlicher Zusammenhang in diesem Sinne ist immer dann gegeben,
wenn Einnahmen und Aufwendungen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind.
Dies ist erfordert eine klar abgrenzbare Beziehung zwischen diesen Tatbestandsmerkmalen
im Sinne einer unlösbaren wirtschaftlichen Verbindung (vgl.
nur BFH-Urteil vom 20.10.2004 I R 11/03, BStBl II 2005, 581). Im vorliegenden
Falle besteht bereits deswegen zwischen den gewährten Eingliederungszuschüssen
und den an die beiden Arbeitnehmerinnen gezahlten Löhnen ein unmittelbarer
wirtschaftlicher Zusammenhang, weil beide Vorgänge durch die
Tätigkeit der Arbeitnehmerinnen für den Kläger veranlasst sind. Darüber hinaus
werden die gewährten Eingliederungszuschüsse gerade auch dem Grunde
und der Höhe nach von der Zahlung eines entsprechenden Arbeitentgelts abhängig
gemacht. Insoweit kann auch auf den in dem Fallheft des Prüfers abgehefteten
Bewilligungsbescheid betreffend die Arbeitnehmerin AN2 verwiesen
werden.
c) Das Finanzamt ist an der Berücksichtigung der noch streitigen zusätzlichen
Betriebseinnahmen (Zahlungen auf Rechnungen an die A-AG, Versicherungsprovisionen
und Eingliederungszuschüsse) auch nicht durch ein Verwertungsverbot
gehindert. Ein solches kann entgegen der Ansicht der Kläger weder aus
einer von ihnen behaupteten verspäteten Einleitung des Strafverfahrens noch
aus der Auswertung der von den Kreditinstituten zur Verfügung gestellten und
von der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts Stadt A übermittelten
Kontenunterlagen abgeleitet werde,
Nach § 393 Abs. 1 Satz 1 AO sind im Besteuerungs- und im Strafverfahren die
für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften anzuwenden. Besteuerungs-
16 –
und Steuerstrafverfahren stehen grundsätzlich unabhängig und gleichrangig
nebeneinander. Nach § 393 Abs. 1 Satz 2 AO sind im Besteuerungsverfahren
jedoch Zwangsmittel mit Sinne der § 328 AO gegen den Steuerpflichtigen unzulässig,
wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm
begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten. Dies gilt
stets, soweit gegen ihn wegen einer solchen Tat das Strafverfahren eingeleitet
worden ist. Nach § 393 Abs. 1 Satz 4 AO ist der Steuerpflichtige hierüber zu
belehren, soweit dazu Anlass besteht.
Nach § 10 BpO ist dann, wenn sich während einer Außenprüfung zureichende
tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat (§ 152 Abs. 2 StPO), deren Ermittlung
der Finanzbehörde obliegt, ergeben, so ist die für die Bearbeitung dieser
Straftat zuständige Stelle unverzüglich zu unterrichten. Dies gilt auch dann,
wenn lediglich die Möglichkeit besteht, dass ein Strafverfahren durchgeführt
werden muss. Richtet sich der Verdacht gegen den Steuerpflichtigen, dürfen
hinsichtlich des Sachverhalts, auf den sich der Verdacht bezieht, die Ermittlungen
(§ 194 AO) bei ihm erst fortgesetzt werden, wenn ihm die Einleitung
des Strafverfahrens mitgeteilt worden ist. Der Steuerpflichtige ist dabei, soweit
die Feststellungen auch für Zwecke des Strafverfahrens verwendet werden
können, darüber zu belehren, dass eine Mitwirkung im Besteuerungsverfahren
nicht mehr erzwungen werden kann. Dementsprechend bestimmt § 201 Abs. 2
AO im Anschluss an § 201 Abs. 1 AO im Zusammenhang mit einer Schlussbesprechung,
dass dann, wenn die Möglichkeit besteht, dass aufgrund der Prüfungsfeststellungen
ein Straf- oder Bußgeldverfahren durchgeführt werden
muss, der Steuerpflichtige darauf hingewiesen werden soll, dass die straf- oder
bußgeldrechtliche Würdigung einem besonderen Verfahren vorenthalten bleibt.
aa) Der mit der Außenprüfung befasste Prüfer selbst hat keine Verfahrenshandlungen
vorgenommen oder Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet, die zu einem
Verwertungsverbot führen könnten
– 17 –
Insoweit kann entgegen der Ansicht der Kläger dahinstehen, ob sich dem Prüfer
bereits am 10.02.2010 der Verdacht hätte aufdrängen müssen, dass eine
Steuerstraftat vorliegt, mit der weiteren Folge, dass er der Handlungsanweisung
des § 10 BpO verspätet nachgekommen wäre. Dies deswegen, weil nicht
feststellbar ist, dass der Prüfer bis zur Eröffnung des Strafverfahrens weitere
Prüfungsmaßnahmen hinsichtlich der zusätzlich berücksichtigten und nunmehr
in Klageverfahren noch streitigen Betriebseinnahmen vorgenommen hätte. Die
Prüfungsanfragen vom 12.02.2010 und 15.02.2010 betreffen vielmehr andere
Prüfungsgebiete. Die Prüfungsanfrage vom 10.02.2010 hinsichtlich der Vorlage
von Kontoauszügen hat der Prüfer selbst nicht weiterverfolgt. Auch hat diese
letztlich nicht zur Vorlage der streitrelevanten Kontounterlagen geführt. Insofern
ist auch nicht feststellbar, dass der Prüfer die Unterrichtungspflichten
i.S.d. § 199 Abs. 2 AO, die im Übrigen auch keine zeitlichen Vorgaben enthalten,
verletzt hätte. Vielmehr hat er nach dem vorliegenden Fallheft und dem
gewechselten Schriftverkehr den Kläger bzw. seinen Bevollmächtigten über die
jeweiligen Prüfungsfeststellungen informiert. Eine Verletzung des § 199 Abs. 2
AO wäre auch spätestens durch die Durchführung der Schlussbesprechung am
19.08.2010 geheilt worden (vgl. § 126 Abs. Nr. 3 AO).
Darüber hinaus sind die gegen den Prüfer erhobenen Vorwürfe auch deswegen
nicht nachvollziehbar, weil das Vorbringen der Kläger selbst insoweit widersprüchlich
ist. Sie wenden sich zum einen in ihrer Gegenvorstellung gegen die
Einleitung des Strafverfahrens dagegen, dass ein solches eingeleitet worden ist,
zum anderen erheben sie aber im Besteuerungsverfahren den Vorwurf, der Prüfer
hätte bereits am ersten Prüfungstag, dem 10.02.2010, ein Strafverfahren
einleiten müssen.
Bei der Aufforderung des Prüfers an den Kläger, die Kontoauszüge des Kontos
bei der Bank 1 vorzulegen, handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der auch
im Falle einer Rechtswidrigkeit (wofür es keine Anhaltspunkte gibt) bereits
deswegen nicht zu einem Verwertungsverbot führen würde,
– 18 –
weil er weder durch einen Rechtsbehelf angefochten wurde noch seine Rechtswidrigkeit
festgestellt wurde. Denn für die Frage, ob ggf. rechtswidrig ermittelte
Tatsachen einem Verwertungsverbot unterliegen, ist nach der Rechtsprechung
zwischen einem materiell-rechtlichen und einem formellen Verwertungsverbot
zu unterscheiden. Insoweit führen einfache verfahrensrechtliche
Mängel grundsätzlich nicht zu einem endgültigen Verwertungsverbot, während
qualifizierte materiell-rechtliche Verwertungsverbote ggf. endgültig sein können.
Insofern gibt es im Steuerrecht kein generelles Verwertungsverbot. Ein
qualifiziertes materiell-rechtliches Verwertungsverbot liegt nur vor, wenn die
Ermittlung der Tatsachen einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich des
Steuerpflichtigen verletzt. Die so ermittelten Tatsachen sind schlechthin und
ohne Ausnahme unverwertbar. Der Verstoß kann auch nicht durch zulässige,
erneute Ermittlungsmaßnahmen geheilt werden. Handelt es sich hingegen nur
um formelle Verstöße gegen Verfahrensvorschriften – wie sich dies im Regelfall
im Steuerrecht darstellen wird – so kann es lediglich zu einem „einfachen“
Verwertungsverbot kommen, sofern die jeweiligen Prüfungsmaßnahmen erfolgreich
angefochten oder nach Beendigung der Prüfung zumindest ihre Rechtswidrigkeit
gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO festgestellt worden ist. Fehlt es an
einer Prüfungsanordnung oder stellen die beanstandeten Prüfungsmaßnahmen
keine Verwaltungsakte dar, so ist die Rechtmäßigkeit indizent im Rahmen der
Anfechtung der Steuerbescheide mit zu prüfen. Dabei ist ein Mitwirkungsverlangen
im Rahmen von Außenprüfungen in aller Regel als selbständig anfechtbare
Verwaltungsakte zu qualifizieren (vgl. zum Ganzen BFH-Urteil vom
04.10.2006 VIII R 53/04, BStBl II 2007, 227 m.w.N.).
Maßnahmen des Prüfers oder auch später der Bußgeld und Strafsachenstelle,
die zu einem qualifizierten materiell-rechtliche Verwertungsverbot führen
könnten, werden weder von Kläger substantiiert vorgetragen noch ergeben sie
sich aus den Akten. Insbesondere sind auch entgegen der Ansicht der Kläger
keine die Freiheit der Willensentschließung oder Willenbetätigungen beeinträchtigenden
Maßnahmen des Prüfers i.S.d. § 136a Abs. 1 StPO erkennbar.
– 19 –
Der Prüfer hat auch nicht unter Missachtung des § 393 Abs. 1 Satz 2 AO versucht
Ermittlungsmaßnahmen mit Zwangsmitteln durchzusetzen. Vielmehr hat
er, nachdem die erbetenen Kontounterlagen auch nach mehreren Tagen nicht
vorgelegt worden waren, die Bußgeld- und Strafsachenstelle eingeschaltet.
Soweit die Kläger im Übrigen die Verletzung des § 393 Abs. 1 Satz 4 AO oder
des § 10 BpO rügen, verkennen sie, dass die Verletzung dieser Vorschriften
bereits deswegen nicht zu einem Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren
führen kann, weil es sich bei diesen Normen um Schutznormen zugunsten
Steuerpflichtigen für das Strafverfahren handelt.
Insoweit hat der BFH, dem sich das erkennende Gericht anschließt, mehrfach
entschieden, dass auch eine Verletzung der Belehrungspflicht des § 393 Abs. 1
Satz 4 AO im Besteuerungsverfahren grundsätzlich zu keinem Verwertungsverbot
führt. Die Frage, ob das Unterlassen einer Belehrung nach § 393 Abs. 1
Satz 4 AO im Strafverfahren zu einem Verwertungsverbot führt, ist gemäß
§ 393 Abs. 1 Satz 1 AO für das Besteuerungsverfahren unerheblich. Auch insoweit
ist der Grundsatz zu berücksichtigen, dass Besteuerungs- und Strafverfahren
sich nach unterschiedlichen Verfahrensnormen richten (vgl. dazu nur
BFH-Urteil vom 23.01.2002 XI R 10,11/01, BStBl II 2002, 328 und zuletzt
BFH-Urteil vom 19.12.2011 V B 37/11, BFH/NV 2012, 956).
bb) Letztlich kann auch die spätere Anforderung der Kontoauszüge durch die
Bußgeld- und Strafsachenstelle nicht zu einem Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren
führen. Insofern liegen bereits keine Anhaltspunkte oder Feststellungen
dafür vor, dass diese Anforderung rechtswidrig war. Denn diese im
Rahmen des strafrechtliche Ermittlungsverfahrens durchgeführte Ermittlungsmaßnahme
ist nach ihrer Durchführung (am 12.04.2010) weder zeitnah durch
die dafür strafprozessual vorgesehenen Rechtsbehelfe angefochten worden
noch ist die Rechtswidrigkeit im Laufe des weiteren Verfahrens festgestellt
worden. Vielmehr hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger erst nach
Auswertung der bereits im April 2010 übersandten Kontoauszüge, nach Durchführung
der Schlussbesprechung am 19.08.2010 und nach Ergehen der geänder-
20 –
ten Einkommensteuerbescheide am 26.10.2010 im Dezember 2010 einen dafür
gesetzlich nicht vorgesehenen „Einspruch“ bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle
des Finanzamts Stadt A eingelegt. Letztlich würde aber auch die strafprozessuale
Rechtwidrigkeit der Anforderungen unabhängig von der Zulässigkeit
des acht Monate nach Übermittlung der Bankunterlage durch die Kreditinstitute
eingelegt Einspruchs nicht zu einem Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren
führen, weil nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der
erkennende Senat anschließt, allein ein Verstoß gegen strafprozessuale Verfahrensnormen
nicht zu einem Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren führt
(vgl. dazu nur BFH-Urteil vom 23.01.2002 XI R 10,11/01, BStBl II 2002, 328
und zuletzt BFH-Urteil vom 19.12.2011 V B 37/11, BFH/NV 2012, 956). Entgegen
der Ansicht der Kläger führte die Anforderung der Kontenunterlagen bei
den Banken, nach dem diese von dem Kläger nicht vorgelegt worden waren
auch nicht zu massiven Grundrechtsverletzungen, die ein qualifiziertes Verwertungsverbot
im Besteuerungsverfahren nach sich ziehen würden.
d) Dass die Änderungen der Einkommensteuerbescheide durch die angegebenen
Änderungsvorschriften (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und § 164 Abs. 2 AO) gerechtfertigt
waren, ist offensichtlich und wird auch durch die Kläger nicht angezweifelt.
Die Tatsachen, die in den Veranlagungszeiträumen 2006 und 2007
zur Zurechnung weiterer Betriebseinnahmen bei dem Kläger geführt haben,
waren dem zuständigen Veranlagungsbezirk nicht bekannt. Der ursprüngliche
Einkommensteuerbescheid für 2008 enthielt einen Vorbehalt der Nachprüfung,
so dass die Voraussetzungen des § 164 Abs. 2 AO gegeben waren.
e) Soweit das Finanzamt in dem Termin zur mündliche Verhandlung die Steuerfreiheit
eines dem Kläger im Jahre 2006 gewährten Überbrückungsgeldes angezweifelt
hat, kann dies unabhängig von der Frage der Steuerfreiheit im gerichtlichen
Verfahren bereits verfahrensrechtlich nicht zu einer verbösernden
Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides für 2006 führen.
Das Gericht ist insoweit an einer Verschlechterung des vor Klageerhebung be-
21 –
stehenden Zustandes durch das aus der Rechtsschutzfunktion des gerichtlichen
Verfahrens folgenden Verböserungsverbot gehindert.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
3. Die Revision war auf der Grundlage des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen
grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da bisher keine höchstrichterliche
Rechtsprechung zu der Frage existiert, ob Eingliederungszuschüsse i.S.d. § 3
Nr. 2b EStG auch dann steuerfrei sind, wenn sie Arbeitgebern gewährt werden.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin