Sind Kosten eines Arztes für ein Theologiestudium Werbungskosten?

Sind Kosten eines Arztes für ein Theologiestudium Werbungskosten?

Kernproblem

Aufwendungen für eine Bildungsmaßnahme sind als Werbungskosten abziehbar, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht. Ob die Bildungsaufwendungen aus beruflichem Anlass getätigt werden oder ob es sich um privat veranlasste Aufwendungen handelt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Diese vom Bundesfinanzhof geprägten Leitsätze helfen in der Praxis leider nur selten weiter und erfordern eine Auseinandersetzung mit dem konkreten Berufsbild, für das die Aufwendungen dem Antrag nach getätigt werden. Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz hat das im Fall eines Mediziners getan, der Aufwendungen für ein Theologiestudium steuerlich geltend machte.

Sachverhalt

Der angestellte Facharzt für Nuklearmedizin machte in seiner Einkommensteuererklärung Aufwendungen für ein Theologiestudium in Höhe von ca. 1.600 EUR als Werbungskosten geltend. Den beruflichen Zusammenhang begründete er mit dem Angebot der Seelsorge im Rahmen der Patientenbetreuung. Bei der Behandlung der vielen Schwerstkranken bestehe eine erhöhte Suizidgefahr, so dass ein Studium mit seelsorgerischer Ausbildung von Vorteil sei. Die dafür erforderlichen Grundlagen einer adäquaten seelsorgerischen und psychologischen Betreuung habe das Medizinstudium nicht vermittelt. Zudem könne das Vorhalten eines entsprechenden Angebots im Vergleich zu ärztlichen Wettbewerbern einen Vorteil darstellen. Das Finanzamt lehnte jedoch den Abzug wegen privater Mitveranlassung und des Fehlens eines Aufteilungsmaßstabs ab. Der Arzt zog daraufhin vor Gericht.

Entscheidung

Die Richter wiesen die Klage ab, nachdem sie sich mit dem Sinn, Zweck und Grundaufbau eines Theologiestudiums auseinandergesetzt hatten. So habe der Arzt das Studium nicht begonnen, um ein darauf zugeschnittenes Priester- oder Lehramt anzustreben. Die von dem Arzt in den Vordergrund gestellten Aspekte, wie die Kommunikationsfähigkeit beim Umgang mit Patienten in lebensbedrohenden Situationen, würden nach der Beschreibung des Grundaufbaus des Studiums nur am Rande berührt. Im Gegensatz zu den Interessen der übrigen Studierenden sei der Fortbildungsbedarf des Arztes bei einem Theologiestudium nur von ganz untergeordneter Bedeutung. So sah das Finanzgericht zumindest im Streitjahr keinen hinreichend konkreten Zusammenhang der Aufwendungen mit der ärztlichen Tätigkeit.

Konsequenz

Das Urteil ist bestandskräftig geworden. Für Folgejahre hielten die Richter eine Berücksichtigung der Aufwendungen für denkbar, wenn die Inhalte der besuchten Vorlesungen einen konkreten Bezug zu den seelsorgerischen und kommunikativen Aspekten als Nuklearmediziner zuließen.

Nachträgliche Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben

Nachträgliche Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben

Kernproblem

Im Steuerrecht gilt es nicht nur, die jeweiligen Einzelsteuergesetze materiell zu beherrschen, auch das Verfahrensrecht ist zu beachten. Sonst kann es vorkommen, dass auch offensichtlich falsche (rechtswidrige) Bescheide nicht mehr änderbar sind, obwohl die Ungerechtigkeit zum Himmel schreit. Dass es sich hierbei zumeist um Fälle zu Ungunsten des Steuerzahlers handelt, verwundert nicht, denn der Fiskus hat den Finanzämtern ein Hintertürchen ins Gesetz einbauen lassen. So kann das Finanzamt zu seinen Gunsten Bescheide ändern, wenn ihm neue Tatsachen bekanntwerden. Für den Steuerpflichtigen gilt das dagegen nur, wenn ihn kein grobes Verschulden an der nachträglichen Bekanntgabe trifft. Wenn es dabei um steuermindernde Ausgaben geht, die in einem Steuerformular explizit genannt sind, kann ein „Übersehen“ bereits zum groben Verschulden führen. Ist für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ein eigenes Feststellungsverfahren angeordnet, ist höchste Vorsicht geboten, wie folgender Fall zeigt.

Sachverhalt

Ein eingetragener Verein (e. V.) war Kommanditist einer Kommanditgesellschaft (KG) und zugleich an der Komplementär-GmbH beteiligt. Auf die Beteiligung hatte der e. V. in seinem Jahresabschluss eine Teilwertabschreibung von 200.000 DM vorgenommen. Bei einer Betriebsprüfung kam man zu dem Ergebnis, dass die GmbH-Beteiligung notwendiges Sonderbetriebsvermögen bei der KG darstellte und die Abschreibung als Sonderbetriebsausgabe zu erfassen war. In der Feststellungserklärung fehlten Angaben zum Sonderbetriebsvermögen. Der e. V. beantragte einen so genannten Ergänzungsbescheid, der rechtlich zulässig ist, soweit in einem Feststellungsbescheid eine notwendige Feststellung unterblieben ist. Das lehnte das Finanzamt ab, weil ein Ergänzungsbescheid nur Lücken vervollständigen, nicht aber Unrichtigkeiten korrigieren dürfe. Das Finanzgericht gab dem e. V. zunächst Recht; aber die Verwaltung zog vor den Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidung

Der BFH folgte den Argumenten des Finanzamts und lehnte den Erlass des Ergänzungsbescheids ab. Der Feststellungsbescheid der KG sei nicht unvollständig, sondern unrichtig, und enthielte die negative Feststellung, dass keine Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen seien. Werde die in der Anlage FE 1 der Erklärung vorgesehene Zeile zur Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben nicht ausgefüllt, könne das Finanzamt dieser Erklärung die Aussage entnehmen, Sonderbetriebsausgaben seien nicht zu berücksichtigen. Dem Nichtausfüllen kommt nach Ansicht der Richter insoweit der gleiche Aussagewert zu wie einem in dieser Zeile angebrachten Strich oder dem Eintrag eines Betrags von 0 EUR.

Konsequenz

Der Fall zeigt das in der Praxis durchaus gängige Problem auf, dass Sonderbetriebsausgaben in der persönlichen Steuererklärung deklariert werden. Ein solches Risiko kann eigentlich nur eingegangen werden, wenn der Feststellungsbescheid noch nach anderen Vorschriften änderbar ist.

Zur Änderbarkeit bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide

Zur Änderbarkeit bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide

Kernaussage

Oft verbringt ein Steuerpflichtiger seine meiste Arbeitszeit im häuslichen Arbeitszimmer. Dies allein rechtfertigt aber noch nicht den Abzug anfallender Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Ende 2010 hat der Gesetzgeber den Abzug der Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers neu geregelt, weil das Bundesverfassungsgericht die seit 2007 geltende Rechtslage für verfassungswidrig und damit für unwirksam erklärt hatte. Die ab dem 1.1.2007 geltende gesetzliche Neuregelung bedeutete im Wesentlichen die Rückkehr zur alten Rechtslage, die bis Ende 2006 galt. Für häusliche Arbeitszimmer wurde der eingeschränkte Kostenabzug in Höhe von maximal 1.250 EUR jährlich wieder eingeführt, wenn ein Steuerpflichtiger keinen auswärtigen Arbeitsplatz hat. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich nun damit zu befassen, ob ein bestandskräftiger Steuerbescheid geändert werden kann, wenn die Gesetzeslage rückwirkend zu Gunsten des Steuerpflichtigen angepasst wird.

Sachverhalt

Ein Lehrer hatte in den Streitjahren 2007 und 2008 ein häusliches Arbeitszimmer unterhalten. In beiden Jahren machte er in seinen Einkommensteuererklärungen keine Aufwendungen dafür geltend. Das Finanzamt veranlagte entsprechend, beide Steuerbescheide wurden bestandskräftig. Im August 2010 beantragte der Lehrer für 2007 und 2008 jeweils Aufwendungen von 1.250 EUR zu berücksichtigen und verwies auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das den Gesetzgeber verpflichtet hatte, rückwirkend ab dem 1.1.2007 wieder einen pauschalen Kostenabzug für häusliche Arbeitszimmer einzuführen. Das Finanzamt lehnte die Änderung der Bescheide ab. Daraufhin zog der Lehrer vor Gericht und verlor.

Entscheidung

Die bestandskräftigen Bescheide konnten mangels Änderungsvorschrift nicht geändert werden. Ein solcher Anspruch ergab sich nicht aus der rückwirkend in Kraft getretenen Neuregelung, denn diese galt nicht für bestandskräftige Veranlagungen, sondern laut Gesetzesbegründung nur für „offene“ Fälle. Auch war für die Richter kein Verstoß gegen das grundgesetzliche Gleichbehandlungsgebot ersichtlich. Denn das Bedürfnis nach Gerechtigkeit im Einzelfall stehe im Widerstreit zur rechtsstaatlichen Forderung nach Rechtssicherheit. Hier sei der Beständigkeit bestandskräftiger Entscheidungen der Vorzug zu geben. Ein Anspruch auf Änderung der Bescheide ergab sich auch nicht aus den abgabenrechtlichen Bestimmungen. Danach kommt eine Änderung z. B. in Betracht, wenn Tatsachen ohne grobes Verschulden des Steuerpflichtigen nachträglich bekannt werden, die zu einer geringeren Steuer führen. Hier hätte das Finanzamt aber auch bei Kenntnis von dem häuslichen Arbeitszimmer des Lehrers die Aufwendungen nicht anerkannt. Die Finanzverwaltung ist nämlich verpflichtet, die im Veranlagungszeitpunkt gültigen Gesetze anzuwenden.

Konsequenz

Dem Ärgernis, dass bei einem festgestellten Verfassungsverstoß nur offene Steuerfestsetzungen geändert werden, kann lediglich in der Weise vorgebeugt werden, dass bei Bedenken gegen steuerrechtliche Bestimmungen der betreffende Bescheid durch Einspruch offen gehalten und ein Ruhen des Verfahrens beantragt wird.

Keine Rückstellung für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten

Keine Rückstellung für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten

Kernproblem

Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht gebildet werden. Ungeklärt war bislang die Frage, ob das Rückstellungsverbot nur für erstmalige Anschaffungs- und Herstellungskosten gilt oder auch insoweit, als eine Rückstellung für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten gebildet werden soll.

Sachverhalt

Die klagende GmbH war ihrerseits wiederum an einer Tochtergesellschaft in der Rechtsform einer GmbH beteiligt. Im Streitjahr 2001 verpflichtete sich die Klägerin über eine sowieso schon bestehende gesellschaftsrechtliche Verpflichtung hinaus zur Übernahme von Jahresfehlbeträgen insoweit, als die Tochtergesellschaft ein zum damaligen Zeitpunkt anhängiges Finanzgerichtsverfahren verliere. Hierfür bildete die klagende GmbH aufwandswirksam eine Rückstellung. Im Rahmen einer Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt die Rückstellung steuerlich nicht an, da etwaige daraus drohende Zahlungsverpflichtungen in darauffolgenden Wirtschaftsjahren als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung zu aktivieren seien. Das eingangs erläuterte Rückstellungsverbot umfasse nämlich unterschiedslos sowohl erstmalige als auch nachträgliche Anschaffungskosten.

Entscheidung

Der Auffassung des Finanzamts hat sich das Finanzgericht (FG) Köln im Ergebnis angeschlossen. Entgegen der Auffassung der klagenden GmbH beziehe sich das Rückstellungsverbot nicht nur auf in künftigen Wirtschaftsjahren zu aktivierende Wirtschaftsgüter, sondern seinem eindeutigen Wortlaut nach auch auf Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren seien. Das Wort „künftig“ beziehe sich nur auf „Wirtschaftsjahre“ und nicht auf „künftig zu aktivierende Wirtschaftsgüter“.

Konsequenz

Das Urteil ist rechtskräftig, da die Klägerin trotz mangelnder höchstrichterlicher Klärung der Rechtsfrage auf eine Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) verzichtet hat. Zwar vermag das Urteil nur bedingt zu überzeugen, gleichwohl hat sich die Praxis darauf einzustellen.

Wann gilt Au-pair-Aufenthalt als Ausbildung?

Wann gilt Au-pair-Aufenthalt als Ausbildung?

Kernproblem

Junge Abiturienten überbrücken die Zeit bis zum Studium gerne mit einem Auslandsaufenthalt. Für die Eltern stellt sich dann die Frage, wie es mit dem Kindergeld weitergeht. Denn wenn das Kind über 18 Jahre alt ist, muss es sich bis auf wenige Ausnahmen in der Berufsausbildung befinden oder zumindest eine solche anstreben, um Kindergeld zu erhalten. Eine Übergangszeit bis zu vier Monaten ist unschädlich. Überwiegend für die weiblichen Schulabgänger stellt dabei auch ein Au-pair-Jahr eine Alternative dar, die eigene Persönlichkeit und eine Fremdsprache weiterzuentwickeln. Da nicht wenige Hochschulen und Berufe Fremdsprachenkenntnisse voraussetzen, kann der Au-pair-Aufenthalt unter bestimmten Voraussetzungen auch als Ausbildungsabschnitt gelten. Hiermit hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) bereits in der Vergangenheit auseinandergesetzt und eine hinreichend gründliche Sprachausbildung von durchschnittlich 10 Wochenstunden während des Aufenthalts gefordert. Am Festhalten einer starren Grenze ist wiederholt Kritik laut geworden. Jetzt hat der BFH erneut einen Au-pair-Fall entschieden.

Sachverhalt

Eine Abiturientin betreute nach Ihrem Schulabgang bis zum Beginn eines rechtswissenschaftlichen Studiums im darauffolgenden Jahr drei Gastkinder in den USA. Neben einem Au-pair-Training wurde lediglich in einem Monat ein wöchentlich vierstündiger Englischkurs für Nicht-Muttersprachler absolviert. Weiterer Sprachunterricht erfolgte nicht. Die Eltern bestanden trotzdem auf die Zahlung des Kindergelds, weil die Erlangung der Sprachkenntnisse dem beruflichen Einstieg des Kindes diene. Bei der Familienkasse und dem Finanzgericht scheiterten sie jedoch. Der BFH konnte jetzt seine Rechtsprechung ändern. Tat er das?

Entscheidung

Der BFH hält an der Voraussetzung eines 10 Wochenstunden umfassenden theoretisch-systematischen Sprachunterrichts fest. Hiervon seien nur wenige Ausnahmen möglich. So könnten einzelne Monate als Berufsausbildung zu werten sein, wenn sie durch intensiven und 10 Wochenstunden deutlich überschreitenden Unterricht geprägt würden (z. B. Blockunterricht oder Lehrgänge). Gleiches gelte für einen Fremdsprachenunterricht, der einen über die übliche Vor- und Nachbereitung hinausgehenden zusätzlichen Zeitaufwand erfordere (z. B. fachlich orientierter Sprachunterricht oder Vorträge des Kindes in der Fremdsprache). Auch der von einer Ausbildungs- oder Prüfungsordnung zwingend vorausgesetzte Auslandsaufenthalt könne als Berufsausbildung zu qualifizieren sein. Hoffnung auf Anerkennung bestehe auch für Aufenthalte, die auf einen für Studium oder Ausbildung erforderlichen Fremdsprachentest vorbereiten. Dagegen seien mehrtägige Au-Pair-Kurse zur Erlernung des Umgangs mit Kindern nicht anzuerkennen.

Konsequenz

Au-pair-Aufenthalte sind im Regelfall weiterhin ohne finanzielle Unterstützung durch Kindergeld einzuplanen.

BMF: Einheitliche Regelung bei Pensionsverzicht

BMF: Einheitliche Regelung bei Pensionsverzicht

Kernproblem

Der Verzicht des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH auf eine ihm erteile Pensionszusage stellt ein in der Praxis häufig gewähltes Sanierungsinstrument für notleidende Kapitalgesellschaften dar. Aus steuerlicher Sicht ist diese Maßnahme jedoch regelmäßig mit Nachteilen verbunden, liegt doch in Höhe des werthaltigen Teils des Pensionsanspruchs eine verdeckte Einlage vor. Die verdeckte Einlage führt in gleicher Höhe zu einem steuerpflichtigen Zufluss von Einnahmen beim Gesellschafter-Geschäftsführer. Unklar war bislang, ob zur Ermittlung des werthaltigen Teils eine Unterscheidung zwischen den bereits erdienten Anwartschaften (sog. Past Service) und den künftig noch zu erdienenden Pensionsanwartschaften (sog. Future Service) zu erfolgen hat. Diese Frage wurde in der Vergangenheit von den einzelnen Oberfinanzdirektionsbezirken zum Teil unterschiedlich behandelt. Nunmehr hat das Bundesfinanzministerium (BMF) eine einheitliche Regelung geschaffen.

BMF: Bundeseinheitliche Regelung

In Schreiben vom 24.8.2012 folgt das BMF der schon in einigen Oberfinanzdirektionsbezirken praktizierten Unterscheidung zwischen dem sog. Past Service und dem sog. Future Service. Eine verdeckte Einlage liegt demnach insoweit vor, als der Barwert der bis zu dem Verzichtszeitpunkt bereits erdienten Versorgungsleistungen den Barwert der nach dem Teilverzicht noch verbleibenden Versorgungsansprüche übersteigt. Unerheblich ist dabei, ob sich die Verzichtsvereinbarung der Bezeichnung nach nur auf den Future Service bezieht oder ob es sich dabei um eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Änderung einer Pensionszusage handelt, die mit einer Reduzierung der bisher zugesagten Versorgungsleistung einhergeht.

Vereinfachungsregelung

Aus Vereinfachungsgründen erlaubt es das BMF, den Barwert der bereits erdienten Versorgungsleistungen zeitanteilig (Verhältnis der bis zum Verzicht tatsächlich geleisteten Dienstjahre zu den maximal möglichen Dienstjahren) zu ermitteln. Für den Fall, dass der danach bereits erdiente Wert den nach der Herabsetzung verbleibenden Versorgungsleistungen entspricht, beträgt der Wert der verdeckten Einlage Null. Infolgedessen würden die aus einer verdeckten Einlage resultierenden Folgen beim Gesellschafter-Geschäftsführer (Lohnzufluss und Erhöhung der Anschaffungskosten auf seine Beteiligung) nicht zum Tragen kommen.

Konsequenz

Die Einführung einer bundeseinheitlichen Regelung zur Behandlung des Pensionsverzichts ist zu begrüßen. Der der Finanzverwaltung nunmehr noch zustehende Interpretationsspielraum ist hiermit erheblich eingeschränkt, so dass für die steuergestalterische Praxis ein deutlich höheres Maß an Rechtssicherheit herrscht.

Rechtfertigt Arbeitszeitbetrug eine verhaltensbedingte Kündigung?

Rechtfertigt Arbeitszeitbetrug eine verhaltensbedingte Kündigung?

Kernfrage

Täuscht der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über die tatsächlich abgeleistete Arbeitszeit, begeht er einen Arbeitszeitbetrug, also eine Straftat, die den Arbeitgeber in der Regel zur verhaltensbedingten Kündigung berechtigt. In besonders schweren Fällen kann die Kündigung auch fristlos erfolgen. Dies setzt voraus, dass dem Arbeitgeber durch die Täuschung über die Arbeitszeit ein Schaden entstanden ist. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte jüngst über die Frage zu entscheiden, unter welchen Umständen ein solcher Schaden entstanden ist.

Sachverhalt

Der langjährig bei dem beklagten Arbeitgeberunternehmen beschäftigte Arbeitnehmer hatte an vier Arbeitstagen das Betriebsgebäude für jeweils eine Viertelstunde verlassen, ohne sich im automatischen elektronischen Zeiterfassungssystem auszuloggen. Der Kläger hatte in diesem Monat eine Überstundenzahl von 6 Stunden erreicht. Sein Arbeitsvertrag sah vor, dass er zur Ableistung von 10 Überstunden verpflichtet war. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis wegen Arbeitszeitbetrugs, unterlag jedoch zuletzt vor dem Landesarbeitsgericht.

Entscheidung

Unabhängig davon, ob im konkreten Fall die weiteren Voraussetzungen für eine Kündigung vorgelegen hätten, sei dem Arbeitgeber jedenfalls kein Schaden entstanden, so die Richter. Da der Kläger verpflichtet gewesen sei, bis zu 10 Überstunden ohne zusätzliche Vergütung zu leisten und diese Anzahl noch nicht erreicht gewesen sei, konnte dem Arbeitgeber kein Schaden in Form einer ungerechtfertigten zusätzlichen Vergütung entstehen. Bei Fehlen einer entsprechenden Überstundenregelung sei zudem lediglich von einem Schaden in Höhe des Bruttolohns für eine Arbeitsstunde auszugehen; auch insoweit sei kein eine Kündigung tragender Schaden entstanden.

Konsequenz

Hat der Arbeitnehmer Überstunden angesammelt, werden diese aber nicht gesondert vergütet, ist eine verhaltensbedingte Kündigung wegen eines Arbeitszeitbetrugs jedenfalls so lange ausgeschlossen, wie die zu viel erfasste Arbeitszeit durch die Überstunden kompensiert wird. Danach muss jedenfalls eine Zuvielerfassung vorliegen, die im Bereich über einer Arbeitsstunde liegt.

Steuerliche Anforderung an die Pensionszusage eines Gesellschafters

Steuerliche Anforderung an die Pensionszusage eines Gesellschafters

Kernproblem

Die steuerliche Anerkennung einer Pensionszusage einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter-Geschäftsführer oder einer diesem nahe stehende Person ist an eine Vielzahl von Voraussetzungen geknüpft. Dabei ist u. a. zu prüfen, ob die Pensionsverpflichtung auf einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) beruht. Bei dieser Prüfung sind insbesondere die Aspekte Ernsthaftigkeit, Erdienbarkeit und Angemessenheit zu berücksichtigen. An der Ernsthaftigkeit mangelt es z. B., wenn der Pensionsbeginn vor dem 65. Lebensjahr liegt oder wenn die Pensionszusage unmittelbar nach der Anstellung und ohne die unter Fremden übliche Wartezeit erteilt wird. Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg hatte hierbei zu klären, ob eine konkret vereinbarte Pensionszusage diesen Anforderungen genügte.

Sachverhalt

An der klagenden GmbH waren zunächst vier Genossenschaften zu gleichen Teilen beteiligt. Ein Vorstandsmitglied einer dieser Genossenschaften legte sein Amt nieder, um wenige Monate später Geschäftsführer der GmbH zu werden. Sodann erwarb er eine 25 %ige Beteiligung an der GmbH. Im Geschäftsführeranstellungsvertrag wurde eine sofort unverfallbare Altersversorgung vereinbart. Für die hierzu an eine Unterstützungskasse geleisteten Beiträge lehnte das Finanzamt einen Betriebsausgabenabzug ab. Das Finanzgericht gab dem Finanzamt Recht.

Entscheidung

Nach Auffassung der Richter war der Geschäftsführer als eine den Gesellschaftern der GmbH nahestehende Person anzusehen, da er kurze Zeit zuvor noch Vorstandsmitglied eines der Gesellschafter war. Nach gefestigter Rechtsprechung der Finanzgerichte sei es unter fremden Dritten aber unüblich bzw. unangemessen, einem Geschäftsführer vom ersten Tag seiner Beschäftigung an unverfallbare Anwartschaften zuzugestehen. Fremdüblich und damit zulässig sei es vielmehr, die mit einer lebenslangen Versorgungszusage einhergehende fortlaufende Gewinnbelastung erst nach einer gewissen Arbeitszeit einzugehen.

Konsequenzen

Die von der unterlegenen GmbH beim Bundesfinanzhof (BFH) eingereichte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist zwischenzeitlich abgewiesen worden. Das für die klagende GmbH unerfreuliche Urteil unterstreicht wieder einmal die Notwendigkeit der eingehenden steuerlichen Prüfung im Vorfeld einer Pensionszusage an einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer oder einer den Gesellschaftern nahestehenden Person.

Fiktive Miete für bisher genutztes Eigenheim als Umzugskosten

Fiktive Miete für bisher genutztes Eigenheim als Umzugskosten

Kernproblem

Kosten, die einem Arbeitnehmer durch einen beruflich veranlassten Wohnungswechsel entstehen, sind Werbungskosten. Das Steuerrecht verweist hinsichtlich des berücksichtigungsfähigen Aufwands auf das Bundesumzugskostengesetz (BUKG). Das BUKG gilt grundsätzlich für Umzugskostenvergütungen von Bundesbeamten, Richtern und Soldaten. In Anlehnung an die dort geregelten Vergütungen für Beförderungsauslagen, Reisekosten, Mietentschädigung oder sonstige Auslagen sieht das Lohnsteuerrecht einen gleichwertigen Werbungskostenabzug für alle Arbeitnehmer vor. Hier kann es jedoch zu Auslegungsfragen kommen, denn der Werbungskostenbegriff setzt eine Belastung mit Aufwendungen voraus, während das BUKG vereinzelt auch „fiktiven“ Aufwand begünstigt.

Sachverhalt

Die klagenden Eheleute waren Arbeitnehmer und Eigentümer eines selbstgenutzten Einfamilienhauses. Der Ehemann wurde beruflich versetzt, so dass die Eheleute ihren Wohnsitz gemeinsam verlegten. Das nach dem Umzug zunächst leer stehende Haus konnte trotz intensiver Bemühungen nicht verkauft werden. In ihrer Steuererklärung machten die Eheleute neben tatsächlichen Kosten eine Mietentschädigung von 11.650 EUR geltend und begründeten dies mit der im BUKG geregelten Mietentschädigung. Danach ist für einen durch Umzug veranlassten „doppelten Mietaufwand“ ein Abzug für bis zu 6 Monate möglich. Im Fall des Eigenheims tritt an Stelle der Miete eine Entschädigung von bis zu 1 Jahr, die sich nach dem ortsüblichen Mietwert bemisst. Das Finanzamt gewährte jedoch nur den tatsächlich getragenen Aufwand (ohne Mietentschädigung oder AfA) und fand hierin Unterstützung durch das Finanzgericht. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied jetzt über die Revision der Eheleute.

Entscheidung

Der BFH hat den Abzug der Mietentschädigung abgelehnt, denn die nach dem BUKG erstattungsfähigen Aufwendungen seien nicht ohne Weiteres abziehbar. Der Abzug finde dort eine Grenze, wo die Regelungen mit dem allgemeinen Werbungskostenbegriff nicht vereinbar seien. Aufwand setze den Abfluss von in Geld oder Geldeswert bestehenden Gütern aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen voraus. Fehle es hieran, liegen keine Werbungskosten vor, denn entgangene Einnahmen erfüllten ebenso wenig den Aufwendungsbegriff wie der Verzicht auf Einnahmen.

Konsequenz

Die im Unterschied zum Streitfall im Steuerrecht als unproblematisch akzeptierte Pauschvergütung des BUKG für sonstige Umzugsauslagen (zurzeit 1.314 EUR/Verheiratete + 289 EUR/je Kind) unterstellt dagegen einen Aufwand. Die Einschätzung des BFH zur Mietentschädigung verwundert nicht; unklar bleibt jedoch, warum nicht die AfA der Immobilie (als Alternative zu „doppeltem Mietaufwand“) Berücksichtigung gefunden hat.

Rechtsscheinhaftung bei Bezeichnung einer UG als GmbH

Rechtsscheinhaftung bei Bezeichnung einer UG als GmbH

Kernaussage

Für die Firma der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ist gesetzlich vorgeschrieben, dass der Klammerzusatz buchstabengetreu erhalten bleibt. Wird der Eindruck erweckt, es handele sich um eine normale GmbH, kann diese Falschbezeichnung zur persönlichen Haftung des Handelnden führen, obwohl der Vertragspartner nicht – wie bei der Bezeichnung einer Kapitalgesellschaft als Personengesellschaft – mit einer Gesellschafterhaftung rechnen darf.

Sachverhalt 

Der Beklagte gründete im Februar 2009 eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit einem Stammkapital von 100 EUR. Unter der fehlerhaften Rechtsformbezeichnung „GmbH u. G. (i. G.)“ bot er dem Kläger eine Fassaden- und Dachsanierung an. In den Vorschussrechnungen wurden das Geschäftskonto der Gesellschaft als „GmbH u. g.“ angegeben. Die Arbeiten wurden begonnen aber nicht zu Ende geführt, da die Gesellschaft den Werkvertrag mit sofortiger Wirkung kündigte. Daraufhin verlangte der Kläger Schadensersatz und bekam Recht.

Entscheidung 

Der Beklagte hatte den ihm zurechenbaren Rechtsschein gesetzt, der Kläger kontrahiere mit einer GmbH und es sei genügend Haftungsmasse vorhanden. Dies rechtfertigt nach bislang umstrittener Ansicht eine persönliche Haftung des Handelnden jedenfalls bis zur Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlichen Stammkapital der Unternehmergesellschaft und dem Mindeststammkapital einer GmbH (25.000 EUR). Denn der Handelnde hat den Geschäftspartner über die gesetzlich angeordnete Kapitalausstattung der GmbH unzureichend informiert. Die Rechtsscheinhaftung greift nicht nur in den Fällen ein, in denen der Rechtsformzusatz einer Kapitalgesellschaft ganz weggelassen wird, sondern auch dann, wenn für eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit dem unrichtigen Zusatz „GmbH“ gehandelt wird. Dieser Rechtsscheinhaftung steht auch nicht entgegen, dass sich die Beschränkung der Haftung aus dem Handelsregister ergibt, denn der Vertrauenstatbestand ist vorrangig. Der Einwand, dass bei einer regulären GmbH das Stammkapital im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auch bereits verbraucht sein kann, greift nicht durch, denn jedenfalls bei Gründung hat der Haftungsfonds bestanden. Die Haftung ist eine Außenhaftung und keine als Innenhaftung ausgestaltete Unterbilanzhaftung. Offen bleibt, wie die Haftung zu bemessen ist.

Konsequenz 

Die Fehlbezeichnung der Rechtsform des Unternehmensträgers kann erhebliche zivilrechtliche Konsequenzen auslösen. Ob die Haftung gegenüber dem einzelnen Gläubiger oder gegenüber der Gesamtheit der Gläubiger tatsächlich auf die Differenz der Kapitalziffern beschränkt ist, bedarf noch der höchstrichterlichen Klärung.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin