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Nachträgliche Herstellungskosten auch bei nicht genutzter Fläche

Nachträgliche Herstellungskosten auch bei nicht genutzter Fläche

Kernproblem

Häufig besteht zwischen Steuerpflichtigen und dem Finanzamt Uneinigkeit, ob für bestimmte Baumaßnahmen getätigte Aufwendungen als Herstellungskosten eines Gebäudes oder als (sofort abzugsfähige) Erhaltungsaufwendungen zu behandeln sind. Zu den Herstellungskosten zählen einerseits Aufwendungen, die für die erstmalige Herstellung eines Vermögensgegenstandes anfallen. Andererseits stellen aber auch Kosten, die aufgrund von Erweiterungen oder für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen, (nachträgliche) Herstellungskosten dar. Ob eine Erweiterung auch angenommen werden kann, wenn der zusätzlich geschaffene Raum tatsächlich nicht nutzbar ist, war kürzlich Gegenstand eines Verfahrens.

Sachverhalt

Im Streitfall war an einem vermieteten Einfamilienhaus ein undichtes Flachdach durch ein Satteldach ersetzt worden. In diesem Zusammenhang wurde auch ein Kniestock von 1,3 m Höhe errichtet. Das (weder verputzte noch ausgebaute) Dachgeschoss konnte nur durch eine Zugleiter in der Garage erreicht werden, zudem war aufgrund von Sicherheitsbestimmungen die Nutzung als Wohn- und Aufenthaltsraum untersagt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) teilt die Auffassung der Finanzverwaltung und des Finanzgerichts, wonach allein die Vergrößerung der nutzbaren Fläche zu einer Erweiterung des Gebäudes und damit zu nachträglichen Herstellungskosten führe. Auf die tatsächliche Nutzung komme es dabei ebenso wenig an wie auf den etwa noch erforderlichen finanziellen Aufwand für eine Fertigstellung zu Wohnzwecken.

Konsequenz

Der BFH vertritt eine sehr weitgehende Interpretation des Begriffs der „Herstellungskosten“ und nimmt auf Begleitumstände, praktische Zwänge und tatsächliche Nutzungen keinerlei Rücksicht. Ob eine Erweiterung vorliegt, sei demnach allein durch einen Vergleich der nach und vor der Baumaßnahme zur Verfügung stehenden Flächen zu entscheiden. Diese Abgrenzung dürfte auch auf Baumaßnahmen in einem Betriebsvermögen anzuwenden sein, da der BFH sich in der Begründung ausdrücklich mit der handelsrechtlichen Definition von Herstellungskosten auseinander gesetzt hat.

Neuregelung der steuerlichen Herstellungskosten belastet Unternehmen mit jährlich 1,5 Mrd. Euro

Die geplante Einbeziehung von allgemeinen Verwaltungskosten und weiterer Aufwendungen in die steuerlichen Herstellungskosten könnte die Unternehmen teuer zu stehen kommen. Eine Schätzung des Statistischen Bundesamts (StBA) ergab, dass die beabsichtigte Neuregelung eine Belastung für die Unternehmen in Höhe von jährlich 1,5 Mrd. Euro verursacht.

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hat bereits mehrfach die Pläne der Bundesregierung zur Erweiterung des steuerlichen Herstellungskostenbegriffs kritisiert, da das Auseinanderfallen von Steuer- und Handelsbilanz vor allem für Unternehmen zu einem enormen Bürokratie- und Mehraufwand führt.

Wurde noch im Jahre 2009 mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) durch die Abschaffung nicht mehr zeitgemäßer Wahlrechte eine Entlastung für kleine und mittlere Unternehmen erreicht, so lässt die jüngste Maßnahme zur Anhebung der steuerlichen Untergrenze der Herstellungskosten die Entbürokratisierungsbemühungen des BilMoG komplett ins Leere laufen.

Trotz dieser Belastungen für die Unternehmen führt die Abschaffung des steuerlichen Aktivierungswahlrechts nicht einmal zu staatlichen Mehreinnahmen. Auch lässt sich die Änderung nicht – wie im Bericht der Bundesregierung angeführt – durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs begründen.

Mittlerweile scheint die Finanzverwaltung zumindest ins Zweifeln gekommen zu sein. Zwar wurde die Neuregelung bereits im März dieses Jahres im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Gleichzeitig gab das BMF jedoch ein Nichtanwendungsschreiben gegen die „eigene“ Regelung heraus. Dieses „bewahrt“ die Unternehmen im Moment vor der zwingenden Anwendung der Vorschrift.

Die im aktuellen Jahresbericht der Bundesregierung zum Bürokratieabbau veröffentlichte Schätzung des StBA unterstreicht die unbedingte Forderung des DStV, an einem Gleichlauf von Handels- und Steuerbilanz festzuhalten. Ideal wäre es, dem Vorschlag des Finanzausschusses des Bundesrats zu folgen und die bisherige praxisbewährte Regelung gesetzlich zu verankern.

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Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. ist der Dachverband von 15 Landesverbänden mit darin über 34.000 freiwillig organisierten Mitgliedern aus den steuerberatenden Berufen.

Berlin, 17. Mai 2013

Ansprechpartner:
StBin Dipl.-Hdl. Vicky Johrden
johrden@dstv.de
+49 30 27876-410
https://twitter.com/#!/DStVberlin

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Dacherneuerung als Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand?

Dacherneuerung als Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand?

Kernproblem

Die Frage, ob vom Steuerpflichtigen getätigte Aufwendungen als Herstellungskosten oder als (sofort abzugsfähige) Erhaltungsaufwendungen zu behandeln sind, führt häufig zu Streitigkeiten mit dem Finanzamt. Zu den Herstellungskosten zählen einerseits Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die erstmalige Herstellung eines Vermögensgegenstandes anfallen. Andererseits qualifizieren aber auch Kosten, die aufgrund von Erweiterungen oder für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen, als Herstellungskosten. Ob eine Erweiterung auch angenommen werden kann, wenn der „Mehrraum“ tatsächlich nicht nutzbar ist und lediglich aus praktischen Zwängen verursacht wurde, war Gegenstand eines Verfahrens vor dem Finanzgericht (FG) München.

Sachverhalt
Die Kläger sind Eheleute, deren vermietetes Einfamilienhaus ein undichtes Flachdach hatte. Im Zuge von Sanierungs- und Wärmedämmungsmaßnahmen im Streitjahr 2006 wurde schließlich ein Satteldach installiert. Im diesem Zusammenhang wurde auch ein Kniestock von 1,3 m Höhe errichtet. Das (weder verputzte noch ausgebaute) Dachgeschoss konnte nur durch eine Zugleiter in der Garage erreicht werden, zudem war aufgrund von Sicherheitsbestimmungen die Nutzung als Wohn- und Aufenthaltsraum untersagt. Die Kläger machten die angefallenen Aufwendungen als Erhaltungsaufwendungen bei den Vermietungseinkünften geltend. Im Anschluss an eine Ortsbesichtigung durch das Finanzamt behandelte diese die angefallenen Aufwendungen jedoch als Herstellungskosten. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung
Die Richter teilten die Auffassung der Finanzverwaltung, wonach durch die Baumaßnahme sowohl eine Erweiterung als auch eine wesentliche Verbesserung eingetreten sei. Ausreichend hierfür sei bereits, dass der Dachboden trotz der statischen Unwägbarkeiten zumindest als Abstellraum genutzt werden könne; insoweit sei somit eine Nutzungserweiterung eingetreten. Als irrelevant betrachteten die Richter die Frage, ob für die Nutzung zu Wohnzwecken weitere Baumaßnahmen erforderlich sind.

Konsequenz
Steuerpflichtige sollten beachten, dass für die Abgrenzung zwischen Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen eine Berücksichtigung von Begleitumständen wie praktische Zwänge nicht in Betracht kommt. Ausschließliches Abgrenzungsmerkmal ist, ob aus der Maßnahme eine Nutzungserweiterung resultiert. Die Nutzungserweiterung muss dabei nicht zwingend die Nutzung zu Wohnzwecken sein.

Herstellungskosten Einkommensteuer-Richtlinien

Herstellungskosten nach R 6.3 EStR (BMF)

Das BMF hat zu den Herstellungskosten nach den Einkommensteuerrichtlinien Stellung genommen (BMF, Schreiben v. 25.3.2013 – IV C 6 – S 2133/09/10001 :004).

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Einkommensteuer-Richtlinien 2008 (EStÄR 2012) vom 25. März 2013, Herstellungskosten nach R 6.3 EStR, BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 6 – S-2133 / 09 / 10001:004

Nach R 6.3 Absatz 1 EStÄR 2012 sind in die Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes auch Teile der angemessenen Kosten der allgemeinen Verwaltung, der angemessenen Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung (vgl. R 6.3 Abs. 3 EStR) einzubeziehen.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird es nicht beanstandet, wenn bis zur Verifizierung des damit verbundenen Erfüllungsaufwandes, spätestens aber bis zu einer Neufassung der Einkommensteuerrichtlinien bei der Ermittlung der Herstellungskosten nach der Richtlinie R 6.3 Abs. 4 EStR 2008 verfahren wird.

Quelle: BMF

Keine Rückstellung für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten

Keine Rückstellung für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten

Kernproblem

Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht gebildet werden. Ungeklärt war bislang die Frage, ob das Rückstellungsverbot nur für erstmalige Anschaffungs- und Herstellungskosten gilt oder auch insoweit, als eine Rückstellung für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten gebildet werden soll.

Sachverhalt

Die klagende GmbH war ihrerseits wiederum an einer Tochtergesellschaft in der Rechtsform einer GmbH beteiligt. Im Streitjahr 2001 verpflichtete sich die Klägerin über eine sowieso schon bestehende gesellschaftsrechtliche Verpflichtung hinaus zur Übernahme von Jahresfehlbeträgen insoweit, als die Tochtergesellschaft ein zum damaligen Zeitpunkt anhängiges Finanzgerichtsverfahren verliere. Hierfür bildete die klagende GmbH aufwandswirksam eine Rückstellung. Im Rahmen einer Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt die Rückstellung steuerlich nicht an, da etwaige daraus drohende Zahlungsverpflichtungen in darauffolgenden Wirtschaftsjahren als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung zu aktivieren seien. Das eingangs erläuterte Rückstellungsverbot umfasse nämlich unterschiedslos sowohl erstmalige als auch nachträgliche Anschaffungskosten.

Entscheidung

Der Auffassung des Finanzamts hat sich das Finanzgericht (FG) Köln im Ergebnis angeschlossen. Entgegen der Auffassung der klagenden GmbH beziehe sich das Rückstellungsverbot nicht nur auf in künftigen Wirtschaftsjahren zu aktivierende Wirtschaftsgüter, sondern seinem eindeutigen Wortlaut nach auch auf Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren seien. Das Wort „künftig“ beziehe sich nur auf „Wirtschaftsjahre“ und nicht auf „künftig zu aktivierende Wirtschaftsgüter“.

Konsequenz

Das Urteil ist rechtskräftig, da die Klägerin trotz mangelnder höchstrichterlicher Klärung der Rechtsfrage auf eine Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) verzichtet hat. Zwar vermag das Urteil nur bedingt zu überzeugen, gleichwohl hat sich die Praxis darauf einzustellen.