Sozialversicherungspflicht von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer
Inhalt:
- Wann ist ein Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig und wann sozialversicherungsfrei?
- Rechner
- Die Sozialversicherungspflicht bei Gesellschafter-Geschäftsführern
- Statusfeststellungsverfahren Geschäftsführer
- § 3 EStG Rückwirkender Wegfall der Sozialversicherungspflicht bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH
- Sozialversicherungspflicht trotz Vertragsbeziehung mit Ein-Personen-Kapitalgesellschaft
- Mehr Infos + Aktuelles zur Sozialversicherungspflicht
Wann ist ein Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig und wann sozialversicherungsfrei?
Ein angestellter Geschäftsführer ist zunächst grundsätzlich sozialversicherungspflichtig. Geschäftsführer einer GmbH sind - wie jeder andere Arbeitnehmer auch - -in der gesetzlichen Sozialversicherung versicherungspflichtig, wenn sie eine sogenannte "unselbstständige Tätigkeit" ausüben. Dazu müssen sie in die Weisungen und Kontrolle des Unternehmens eingebunden sein und ein festes Gehalt erhalten, das nicht von unternehmerischem Erfolg oder Misserfolg abhängt.
Ausnahme: Nur wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer von "seiner eigenen GmbH" Gehalt bezieht besteht keine Sozialversicherungspflicht. In der Regel unterliegen Geschäftsführer und Gesellschafter einer GmbH nicht der Sozialversicherungspflicht, wenn sie eine beherrschende Stellung im Unternehmen haben, also mehr als 50 Prozent der Anteile halten oder als alleiniger Gesellschafter agieren. In diesem Fall gelten sie als Selbstständige und sind nicht in der gesetzlichen Sozialversicherung versichert.
Bei mehreren Gesellschaftern besteht Sozialversicherungspflicht, wenn der Geschäftsführer Gesellschafter-Beschlüsse nicht durch eigene Rechtsmacht aus der Satzung verhindern kann.
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Checkliste zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von GmbH Geschäftsführern
Kapitalanteil mindestens 50% oder Sperrminoritäten aufgrund besonderer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag?
Selbstkontrahierung?
Abbedingung des Selbstkontrahierungsverbots nach § 181 BGB
Bindung an Art, Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsleistung?
Familien-GmbH ( Familienangehörige halten Gesellschaftsanteile von mehr als 50%) ?
Geschäftsführer verfügt als einziger Gesellschafter über die für die Führung des Betriebes notwendigen Branchenkenntnisse
Geschäftsführer war vor der Umwandlung Alleininhaber einer Einzelfirma
Geschäftsführer übt seine Tätigkeit - nicht nur bei bestimmten wichtigen Geschäften - gemäß den Weisungen der Gesellschafter aus
Treuhandvertrag?
Dem Treuhänder-Gesellschafter-Geschäftsführer ist das Stimmrecht in der GmbH entzogen und er ist wie ein Arbeitnehmer in die Gesellschaft eingegliedert
Erhebliches Unternehmerrisiko?
Von vornherein grundsätzlich kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, da maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Dies gilt auch, wenn ein besonderer Beirat bestellt wird oder der Geschäftsführer bzw. mitarbeitende Gesellschafter die ihm zustehende beherrschende Rechtsmacht tatsächlich nicht wahrnimmt. Die Sperrminorität des mitarbeitenden Gesellschafters (ohne Geschäftsführerfunktion) schließt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis hingegen nicht von vorn hernaus. Gleiches gilt für eine nur eingeschränkte Sperrminorität des Gesellschafter-Geschäftsführers. Auch der Treuhänder-Gesellschafter-Geschäftsführer kann zu Gesellschaft in einem abhängigen Beschäftigungsverhänltnis stehen.
Indiz gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Es kommt nicht allein darauf an, inwieweit die Sachentscheidungsbefugnis begrenzt ist. Wesentlicher ist, ob der äußere Rahmen der Tätigkeit durch einseitige Weisungsgen geregelt werden kann.
Soweit der Geschäftsführer kein Gesellschafter der GmbH ist, besteht jedoch aufgrund seiner funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess regelmäßig ein abgehängiges Beschäftigungsverhältnis.
Indiz gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, da die übrigen Gesellschafter nicht oder kaum in der Lage sind, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen. Die fachliche Überlegenheit für sich allein lässt aber nicht den Schluss auf eine selbständige Tätigkeit zu.
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, wenn der Geschäftsführer "Kopf und Seele" des Betriebes geblieben ist und die gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen nur deshalb getroffen worden sind, weil er sich dadurch haftungs- oder steuerrechtlich besser zu stehen glaubt.
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis liegt vor, wenn die Geschäftsführertätigkeit mehr durch familienhafte Rücksichtnahmen und durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander als durch einen für ein Arbeitnehmer-Arbeitgeberverhältnis typischen Interessengegensatz gekennzeichnet ist.
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
Indiz gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Teilhabe am Arbeitsprozess in diesen Fällen häufig zar funktionsgerecht, aber nicht "dienender" Natur.
abhängiges Beschäftigungsverhältnis
Es ist wichtig zu beachten, dass die genauen Regeln und Bestimmungen zur Sozialversicherungspflicht von Geschäftsführern und Gesellschaftern schwierig zu beurteilen sein können. Es ist daher ratsam, sich über die jeweiligen Bestimmungen zu informieren und gegebenenfalls einen Steuerberater zu konsultieren, um sicherzustellen, dass die Sozialversicherungspflicht ordnungsgemäß erfüllt wird.
Die Sozialversicherungspflicht bei Gesellschafter-Geschäftsführern
Sind Gesellschafter-Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) selbstständig oder sind sie sozialversicherungspflichtig? Die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht von beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern bereitet immer wieder Schwierigkeiten. Die sozialversicherungsrechtliche Stellung des GmbH-Gesellschfters hängt davon ab, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis besteht und muss auf Grund der Gesamtumstände geprüft werden. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis scheidet von vornherein aus, wenn der geschäftsführende Gesellschafter die Rechtsmacht hat, Beschlüsse zu verhindern, die sein Dienstverhältnis benachteiligen könnten.
Tipp + Hinweis: Der Gesellschafter-Geschäftsführer sollte i.d.R. die Sozialversicherungsfreiheit anstreben. Allerdings entfällt die Arbeitslosenversicherung und der steuerfreie Zuschuss zur Kranken- bzw. Rentenversicherung und vor Arbeitsbeginn ein sog. Statusfeststellung bei der Clearingstelle einleiten. Das Statusfeststellungsverfahren dient der Feststellung, ob ein Auftragnehmer seine Tätigkeit für einen Auftraggeber im Einzelfall selbständig oder im Rahmen eines abhängigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt. Hier finden Sie Anträge zur Einleitung eines Statusfeststellungsverfahrens.
Die Kriterien für die Beurteilung werden von den Sozialgerichten fortlaufend weiterentwickelt. Dies sind die wesentlichen Kriterien, die bei der Beurteilung der Sozialversicherungspflicht aufgrund neuer Urteile des Bundessozialgerichts eine Rolle spielen: Rechtsmacht im Innenverhältnis entscheidend - beherrschende Beteiligung (mind. 50%) bzw. Sperrminorität (25% + 1 Stimme oder 33% + 1 Stimme), Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB, Branchenkenntnisse, faktische Weisungsgebundheit, Unternehmerrisiko, etc.
Versicherungsrechtliche Beurteilung:
Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH/GmbH-Geschäftsführer
Beurteilungskriterien |
Entscheidung |
Arbeitnehmer |
Fallgruppe I: Kapitalanteil unter 50 v. H. |
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Beispiel 1: |
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Gesellschafter, Geschäftsführer, Kapitalanteil unter 50 v. H. Anstellungsvertrag, keine Sperrminorität, keine Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen Weisungsgebundenheit, Eingliederung in den Betrieb. |
Ein aufgrund eines Anstellungsvertrages tätiger Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist versicherungspflichtig, wenn er als Gesellschafter keinen maßgebenden Einfluss auf die Gesellschaft hat. Das ist der Fall, wenn der Geschäftsführer weniger als die Hälfte der Geschäftsanteile besitzt und auch nicht hinsichtlich wesentlicher Gesellschaftsbeschlüsse eine Sperrminorität besitzt. |
ja |
Beispiel 2: |
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Gesellschafter, Geschäftsführer, Kapitalanteil 33,3 v.H. des Gesamtkapitals, vertretungsberechtigt mit einem weiteren zu einem Drittel beteiligten Geschäftsführer, kein anderer Gesellschafter hat mehr als ein Drittel des Gesamtkapitals, keine Weisungsgebundenheit nach den tatsächlichen Verhältnissen, freie Bestimmung der Tätigkeit (Arbeitszeit, Urlaub usw.). |
Ein GmbH-Geschäftsführer, der an der GmbH mit einem Drittel am Kapital beteiligt ist und die GmbH mit einem weiteren zu einem Drittel beteiligten Geschäftsführer gemeinschaftlich vertritt, unterliegt nicht der Versicherungspflicht. Entscheidend ist: Der Gesellschaftsführer trägt nach der tatsächlichen Gestaltung der Tätigkeit das volle Unternehmerrisiko, unter- liegt keinerlei Weisungen und kann seine Tätigkeit nach den Belangen des Unternehmens, die in Wirklichkeit mit seinen eigenen Belangen übereinstimmen, selbst frei bestimmen. Bei freier Bestimmung über Arbeits- und Urlaubszeit nimmt er als Geschäftsführer weitgehend unternehmerische Funktionen wahr und steht nicht in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis. |
nein |
Beispiel 3: |
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Gesellschafter, Geschäftsführer, Alleinvertretungsberechtigung, Kapitalanteil unter 50 v. H., Anstellungsvertrag, keine Beschränkung in Gestaltung und Ausführung der Arbeit durch Vertrag oder nach den tatsächlichen Verhältnissen, keine Weisungsgebundenheit. |
Ein alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer, der vertraglich seine Arbeit uneingeschränkt gestalten und ausführen kann (besonders hinsichtlich der Arbeitszeit), unterliegt nicht der Versicherungspflicht. Die tatsächliche Durchführung des Vertrags muss aber dieser Vereinbarung entsprechen. |
nein |
Beispiel 4: |
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Gesellschafter, kein Geschäftsführer, Führung des Unternehmens wegen seiner Branchenkenntnisse, Geschäftsanteil ein Drittel des Gesamtkapitals, keine Beschränkung in Gestaltung und Ausführung der Arbeit, keine Weisungsgebundenheit, ohne ausdrücklichen Gesellschafterbeschluss oder schriftlichen Anstellungs-, Arbeits-, Dienstvertrag tätig. |
Ein beschäftigter Gesellschafter mit einem Drittel Kapitalbeteiligung, der aufgrund stillschweigender Übereinkunft wegen seiner einschlägigen Branchenkenntnisse maßgeblich bei der Führung des Unternehmens mitwirkt, die Gesellschaft nach außen ohne ausdrücklichen Gesellschafterbeschluss oder schriftlichen Anstellungsvertrag vertritt und in der Gestaltung seiner Arbeit und der Bestimmung seiner Arbeitszeit keinen Weisungen unterliegt, steht nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Der Gesellschafter ist nicht wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert, sondern tatsächlich als Mitinhaber des unter seinem Namen in der Rechtsform einer GmbH geführten Unternehmens tätig. |
nein |
Beispiel 5: |
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Ehegatten-GmbH, Gesellschafterin, Geschäftsführerin, Kapitalanteil unter 50 v.H., Ehegatte als weiterer Gesellschafter mit restlichem Kapitalanteil, keine Weisungsgebundenheit. |
Eine als Geschäftsführerin tätige Ehefrau, die gleichzeitig Gesellschafterin der GmbH ist (sie unter, Ehemann über 50 v.H. Kapitalanteil), steht nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, wenn sie an keine Arbeitszeit und an keine Weisungen gebunden ist. Das gilt auch, wenn ihr Gehalt steuerrechtlich als Betriebsausgabe behandelt wird. Die unterschiedliche Kapitalbeteiligung von Ehegatten an einer GmbH ist nicht das ausschlaggebende Merkmal für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht. Für die Frage der Sozialversicherungspflicht sind Kapitalanteile von Ehegatten nicht zusammenzurechnen. |
nein |
Fallgruppe II: Kapitalanteil 50 v. H. |
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Beispiel 1: |
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Gesellschafter, Geschäftsführer, Kapitalanteil 50. v. H. |
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit 50 v.H. Kapitalbeteiligung kann durch sein Stimmrecht bei Gesellschafterbeschlüssen einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung der GmbH ausüben. Er steht nicht in einer persönlichen Abhängigkeit zur Gesellschaft, auch wenn er aufgrund eines Dienstvertrages mit monatlich feststehender Vergütung, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld usw. tätig wird. |
nein |
Beispiel 2: |
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Gesellschafter, Geschäftsführer, Kapitalanteil 50 v.H. ein weiterer Geschäftsführer mit 50 v.H. Kapitalanteil. |
Zwei Geschäftsführer, die je zur Hälfte am Stammkapital einer GmbH beteiligt sind und die Gesellschaft gemeinschaftlich vertreten, können nur übereinstimmend handeln. Daraus ergibt sich: Es besteht kein persönliches Abhängigkeitsverhältnis zu der Gesellschaft im Sinne einer Weisungsgebundenheit oder eines entsprechenden Direktionsrechts. Jeder der beiden Geschäftsführer hat insoweit eine unabhängige Stellung, als ohne ihn keine Beschlüsse gefasst werden können. |
nein |
Beispiel 3: |
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Gesellschafter, leitender Angestellter (kein Geschäftsführer), Kapitalanteil 50 v.H., in der Angestelltentätigkeit leistungsbezogenes Entgelt, ein weiterer Gesellschafter mit 50 v.H. Kapitalanteil. |
Ein leitender Angestellter (Prokurist), dessen Gehalt vertraglich „entsprechend der erbrachten Leistung” festgesetzt wird, unterliegt nicht der Versicherungspflicht. Beide zu je 50 v. H. Beteiligte haben gleichen Anteil an den Entscheidungen der Gesellschaft, keiner der Gesellschafter ist gegenüber der GmbH weisungsgebunden. |
nein |
Fallgruppe III: Kapitalanteil über 50 v. H. |
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Gesellschafter, Geschäftsführer, Kapitalanteil über 50 v. H. |
Ein in einer GmbH als Geschäftsführer tätiger Gesellschafter, der Geschäftsanteile von mehr als 50 v. H. besitzt und allein in dem Unternehmen tätig ist, steht nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. |
nein |
Fallgruppe IV: ohne Kapitalanteil |
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kein Gesellschafter, Geschäftsführer, Weisungsgebundenheit gegenüber der Gesellschafterversammlung monatlich gleichbleibende Vergütung, persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit. |
Ein nicht an einer Gesellschaft beteiligter Geschäftsführer, der nach seiner Arbeitsplatzbeschreibung der Gesellschafterversammlung im Rahmen des GmbH-Gesetzes und des Gesellschaftervertrags unterstellt ist, dem die allgemeine Verwaltung der GmbH obliegt, dabei nur im Rahmen der Gesellschafterbeschlüsse handeln darf und insoweit der Prüfung und Überwachung durch die Gesellschafter unterliegt, für seine Tätigkeit eine monatliche gleichbleibende Vergütung sowie bezahlten Urlaub erhält, steht in einem abhängigen, d. h. sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. |
ja |
[1] Urteil des BSG vom 21. Januar 1990, SozR-2940 § 3 Nr. 1, NZA 1990, 950 1.
[2] Urteil des BSG vom 3. Februar 1994, SozR 3-2940 § 3 Nr. 2
Rechtsprechungsübersicht Sozialversicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftführern
04.07.2007 - B 11a AL 5/06 R
25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R
06.03.2003 - B 11 AL 25/02 R
18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R
17.05.2001 - B 12 KR 34/00 R
14.12.1999 - B 2 U 48/98 R
30.06.1999 - B 2 U 35/98 R
05.02.1998 - B 11 AL 71/97 R
09.02.1995 - 7 RAr 76/94
08.12.1994 - 11 RAr 49/94
23.06.1994 - 12 RK 72/92
11.02.1993 - 7 RAr 48/92
24.09.1992 - 7 RAr 12/92
06.02.1992 - 7 RAr 134/90
28.01.1992 - 11 RAr 133/90
18.04.1991 - 7 RAr 32/90
08.08.1990 - 11 RAr 77/89
09.11.1989 - 11 RAr 39/89
25.10.1989 - 2 RU 12/89
27.07.1989 - 11/7 RAr 71/87
11.01.1989 - 7 RAr 8/87
08.12.1987 - 7 RAr 25/86
08.12.1987 - 7 RAr 14/86
29.10.1986 - 7 RAr 43/85
23.01.1986 - 11a RK 4/84
20.03.1984 - 7 RAr 70/82
23.09.1982 - 10 RAr 10/81
24.06.1982 - 12 RK 43/81
24.06.1982 - 12 RK 45/80
22.11.1974 - 1 RA 251/73
31.07.1974 - 12 RK 26/72
22.08.1973 - 12 RK 24/72
15.12.1971 - 3 RK 67/68
13.12.1960 - 3 RK 2/56
Statusfeststellungsverfahren Geschäftsführer
Das obligatorische Anfrageverfahren für GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer ist ein Verfahren, das von der Deutschen Rentenversicherung Bund durchgeführt wird, um die sozialversicherungsrechtliche Stellung dieser Personen zu klären.
Bei der Anmeldung einer neuen Beschäftigten oder eines neuen Beschäftigten hat der Arbeitgeber der Einzugsstelle anzugeben, ob es sich um eine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH handelt.
Bei einer solchen Anmeldung ist der Arbeitgeber verpflichtet, ein „Statuskennzeichen“ zu vergeben. Dabei ist anzugeben:
- 1 = Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers
- 2 = Geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH
Das Statuskennzeichen wird von der Deutschen Rentenversicherung Bund verwendet, um ein Statusfeststellungsverfahren einzuleiten.
Das Statusfeststellungsverfahren ist ein Verwaltungsverfahren, das die Deutsche Rentenversicherung Bund durchführt, um die sozialversicherungsrechtliche Stellung einer Person zu klären.
Bei dem Statusfeststellungsverfahren wird die Tätigkeit der Person nach einer Gesamtabwägung der Umstände bewertet. Dabei sind insbesondere folgende Faktoren zu berücksichtigen:
- Die Eingliederung der Tätigkeit in die Organisation des Auftraggebers
- Die Weisungsgebundenheit der Tätigkeit
- Die persönlichen Abhängigkeitsverhältnisse
- Die Vergütungsgestaltung
- Die zeitliche und örtliche Bindung
- Die Möglichkeit zur Ausübung eigener unternehmerischer Initiative
Wenn die Tätigkeit der Person im Gesamtbild ein Bild der abhängigen Beschäftigung ergibt, ist die Person sozialversicherungspflichtig.
Bei einer Beschäftigung sind die Personen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung pflichtversichert.
Bei der Statusfeststellung durch die Deutsche Rentenversicherung Bund wird nicht entschieden, ob die Person auch versicherungspflichtig ist. Die Entscheidung über die Versicherungspflicht obliegt den jeweiligen Krankenkassen.
Die Entscheidung über die sozialversicherungsrechtliche Stellung der Person wird den Beteiligten mittels eines rechtsbehelfsfähigen Bescheides mitgeteilt.
Die Besonderheiten zum Beginn der Versicherungspflicht, zur Fälligkeit der Beiträge und zur fehlenden aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gelten bei Statusentscheidungen im obligatorischen Verfahren nicht.
Steuerberater haben, anders als Rentenberater, keine Vertretungsbefugnis in Statusfeststellungsverfahren.
Hier sind einige praktische Tipps für Arbeitgeber:
- Bei der Anmeldung einer neuen Beschäftigten oder eines neuen Beschäftigten ist das Statuskennzeichen unbedingt anzugeben.
- Bei Zweifeln an der sozialversicherungsrechtlichen Stellung einer Person ist ein Statusfeststellungsverfahren einzuleiten.
- Die Entscheidung über die sozialversicherungsrechtliche Stellung der Person ist den Beteiligten mittels eines rechtsbehelfsfähigen Bescheides mitzuteilen.
- Bei Statusentscheidungen im obligatorischen Verfahren gelten die Besonderheiten zum Beginn der Versicherungspflicht, zur Fälligkeit der Beiträge und zur fehlenden aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen nicht.
- Steuerberater haben keine Vertretungsbefugnis in Statusfeststellungsverfahren.
Tipp: Die Kosten für das Antragsverfahren sind Werbungskosten
§ 3 EStG Rückwirkender Wegfall der Sozialversicherungspflicht bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH
Zur Frage, ob es sich um einen beherrschenden, nicht sozialversicherungspflichtigen Gesellschafter-Geschäftsführer oder um einen abhängigen Arbeitnehmer handelt, gibt die Karteianweisung zu § 3 EStG Fach 6 Nr. 800 Entscheidungshilfen.
Wird durch den Sozialversicherungsträger nachträglich festgestellt, dass in der Vergangenheit keine Sozialversicherungspflicht bestand, hat der rückwirkende Wegfall der angenommenen Versicherungspflicht folgende steuerliche Konsequenzen:
1. Erstattet der Sozialversicherungsträger die Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung an den Arbeitgeber , die dieser in der rechtsirrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht geleistet hat, ohne dass sie vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer weitergegeben werden, so ergeben sich daraus keine lohnsteuerlichen Folgen (BFH-Urteil vom 27.03.1992, BStBl 1992 II S. 663 ).
2. Werden die vermeintlich gesetzlichen Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung vom Sozialversicherungsträger an den Arbeitnehmer erstattet, so berührt dieser Vorgang nicht den Arbeitslohn. Da die erstatteten vermeintlichen Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht als Sonderausgaben hätten abgezogen werden dürfen, sind die betroffenen Veranlagungen nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern, soweit im Erstattungsjahr keine Verrechnung mit gleichartigen Aufwendungen (hier: Vorsorgeaufwendungen) möglich ist (BFH-Urteil vom 28.05.1998, BStBl 1999 II S. 95 ). Die (nachträgliche) Mitteilung des Sozialversicherungsträgers, der Stpfl. sei aufgrund dieses Arbeitsverhältnisses mit der GmbH nicht sozialversicherungspflichtig (”Freistellung”), stellt ein rückwirkendes Ereignis i.S. dieser Vorschrift dar.
3. Der Vorwegabzug (§ 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG ) ist bei den betroffenen Veranlagungen wegen des rückwirkenden Wegfalls der Sozialversicherungspflicht (keine Arbeitgeberleistungen i.S. des § 3 Nr. 62 EStG ) zu Unrecht gekürzt worden, soweit nicht ausnahmsweise eine andere Kürzungsvorschrift anzuwenden war. Die Kürzung des Vorwegabzugs ist folglich rückgängig zu machen (§ 175 Abs. 1 Nr. 2 AO ).
4. Krankenversicherungsbeiträge werden nur dann nicht erstattet, wenn der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat (§ 26 Abs. 2 SGB IV ).
5. Werden die Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung vom Sozialversicherungsträger an den Arbeitgeber erstattet und von diesem an den Arbeitnehmer weitergegeben, so ist vom VBZ zu entscheiden, ob es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung oder um steuerpflichtigen Arbeitslohn des Arbeitnehmers handelt. Bei Annahme von Arbeitslohn sind die Arbeitgeberanteile in dem Kalenderjahr zu versteuern, in dem sie an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden. Dies gilt auch dann, wenn die erstatteten Beiträge von diesem für eine private Lebensversicherung verwendet werden.
6. Verzichtet der Arbeitgeber auf die Rückzahlung der Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und werden die Beiträge für die freiwillige Versicherung des Arbeitnehmers in der gesetzlichen Rentenversicherung verwendet (Umwandlung) , ist ebenfalls zu entscheiden, ob es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung oder um steuerpflichtigen Arbeitslohn (Urteil des FG Köln vom 21.11.1989 , EFG 1990, S. 383 ) handelt. Ist steuerpflichtiger Arbeitslohn gegeben, liegt Zufluss bereits in den jeweiligen Kalenderjahren der früheren Zahlung vor, da hier durch Umwandlung rückwirkend eine Versicherungsanwartschaft begründet wird. Die freiwillige Versicherung nimmt die Stellung der vermeintlichen gesetzlichen Versicherung ein. Der ehemals steuerfreie Arbeitgeberanteil, der nunmehr als steuerpflichtiger Arbeitslohn versteuert wird, kann gleichzeitig beim Stpfl. als Sonderausgabe abgezogen werden. Der Vorwegabzug ist nicht zu kürzen.
Die bestandskräftigen ESt-Veranlagungen der früheren Kalenderjahre sind aufgrund der nachträglichen Freistellung von der Sozialversicherungspflicht nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern.
Siehe auch Erstattung von zu Unrecht entrichteten Beiträgen beim Gesellschafter-Geschäftsführer
Top Sozialversicherungspflicht
Folgerungen aus einer irrtümlich angenommenen Sozialversicherungspflicht – Neufassung Anhang 22.8.5 Anleitung für den Lohnsteuer-Außendienst – S 233.3/77 – St 144
Nach dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 13.9.2007 - 1 K 2180/06 , ist in Fällen einer irrtümlich angenommen Sozialversicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern (GesGF), in denen bereits gezahlte Arbeitgeberanteile zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung in freiwillig Beiträge umgewandelt werden, erst im Jahr der Umwandlung ein steuerpflichtiger Arbeitslohn zu erfassen. Im zugrunde liegenden Streitfall hatte eine GmbH für ihre Prokuristin jahrelang Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Nachdem der Sozialversicherungsträger hierzu mitgeteilt hatte, dass die Tätigkeit der Prokuristin keine der gesetzlichen Sozialversicherung unterliegende Tätigkeit ist, wurden die bislang abgeführten Arbeitnehmeranteile zur Gesamtsozialversicherung und die Arbeitgeberanteile zur Arbeitslosenversicherung an die GmbH ausbezahlt. Die Arbeitnehmeranteile hatte die GmbH an die Prokuristin weitergeleitet. Die bereits gezahlten Arbeitgeberanteile zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung wurden in freiwillige Beiträge umgewandelt. Das Finanzamt hatte ausgehend von der bisherigen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung (s. Anleitung für den Lohnsteuer-Außendienst, Stand Mai 2007, Anhang 6.2.7.5 – Irrtümlich angenommene Versicherungspflicht) diese als freiwillige Beiträge umqualifizierten Arbeitgeberleistungen rückwirkend als steuerpflichtigen Arbeitslohn in den Jahren der ursprünglichen Zahlungen der GmbH an den Sozialversicherungsträger behandelt. Das FG Rheinland-Pfalz verneinte dagegen ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und erfasst die in freiwillige Beiträge umgewandelten Arbeitgeberleistungen im Jahr der Umwandlung als steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Auf Bund-/Länderebene wurde entschieden, das Urteil allgemein anzuwenden. Die Anleitung für den Lohnsteuer-Außendienst (Stand Mai 2008) wurde im neuen Anhang 22.8.5 entsprechend angepasst.
Die neue Rechtsauffassung ist allerdings nur in den Fällen anzuwenden, in denen tatsächlich eine Umwandlung (d.h. ein Zeitpunkt des Entschlusses des Arbeitgebers und dessen Umsetzung) irrtümlich gezahlter Beiträge zur Sozialversicherung in freiwillige Beiträge stattfindet. War dagegen der Gesellschafter-Geschäftsführer (z.B. wegen Überschreitens der Jahresentgeltgrenze) nicht krankenversicherungspflichtig und hat der Arbeitgeber irrtümlicherweise nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG i.V. mit § 257 Abs. 1 und Abs. 2 SGB V steuerfreie Zuschüsse zu den Krankenversicherungsbeiträge (zu einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung oder zu einer privaten Krankenversicherung) geleistet, so wurden diese Zuschüsse in den Jahren der ursprünglichen Zahlung zu Unrecht als steuerfrei nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG behandelt.
Mangels einer „Umwandlungshandlung” gilt in diesen Fällen die bisherige Rechtsauffassung weiter, wonach ein Zufluss von Arbeitslohn bereits in den jeweiligen Kalenderjahren der früheren Zahlung gegeben ist. Die Einkommensteuer-Veranlagungen sind insoweit unter den Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern.
Top Sozialversicherungspflicht
Sozialversicherungspflicht trotz Vertragsbeziehung mit Ein-Personen-Kapitalgesellschaft
Das Bundessozialgericht hat mit seinem Urteil vom 20. Juli 2023 klargestellt, dass die bloße Vertragsbeziehung zwischen einem Auftraggeber und einer Ein-Personen-Kapitalgesellschaft nicht automatisch ausschließt, dass die Tätigkeit der natürlichen Person als Gesellschafter und Geschäftsführer der Kapitalgesellschaft sozialversicherungspflichtig ist.
Vielmehr kommt es für die Frage der Sozialversicherungspflicht auf die konkreten Umstände der Tätigkeit an. Diese sind nach einer Gesamtabwägung zu beurteilen. Dabei sind insbesondere die folgenden Faktoren zu berücksichtigen:
- Die Eingliederung der Tätigkeit in die Organisation des Auftraggebers
- Die Weisungsgebundenheit der Tätigkeit
- Die persönlichen Abhängigkeitsverhältnisse
- Die Vergütungsgestaltung
- Die zeitliche und örtliche Bindung
- Die Möglichkeit zur Ausübung eigener unternehmerischer Initiative
Wenn diese Faktoren im Gesamtbild ein Bild der abhängigen Beschäftigung ergeben, ist die Tätigkeit der natürlichen Person sozialversicherungspflichtig.
Die Entscheidung des BSG hat weitreichende Folgen für die Praxis. Sie führt dazu, dass die Sozialversicherungspflicht von Tätigkeiten, die von Ein-Personen-Kapitalgesellschaften erbracht werden, in vielen Fällen genauer geprüft werden muss.
In der Praxis wird es daher für Auftraggeber und Auftragnehmer von Ein-Personen-Kapitalgesellschaften wichtig sein, die konkreten Umstände der Tätigkeit sorgfältig zu prüfen. Wenn Zweifel an der Sozialversicherungspflicht bestehen, sollte eine rechtliche Beratung eingeholt werden.
Hier sind einige praktische Tipps für Auftraggeber und Auftragnehmer von Ein-Personen-Kapitalgesellschaften:
- Auftraggeber sollten die Verträge mit Ein-Personen-Kapitalgesellschaften sorgfältig prüfen und darauf achten, dass diese die konkreten Umstände der Tätigkeit ausreichend berücksichtigen.
- Auftragnehmer sollten sich über die möglichen Folgen der Sozialversicherungspflicht informieren und diese bei der Vereinbarung der Vergütung und der vertraglichen Gestaltung berücksichtigen.
- Beide Seiten sollten bei Zweifeln an der Sozialversicherungspflicht eine rechtliche Beratung einholen.
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