Hinzurechnungsbesteuerung bei Schweizer Tochtergesellschaft und Kapitalverkehrsfreiheit

Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf hat mit Urteil vom 2. August 2024 (Az. 1 K 2666/19 F) entschieden, dass die Einkünfte einer in der Schweiz ansässigen Tochtergesellschaft nicht der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz (AStG) unterliegen, sofern diese aktive Einkünfte erzielt und keine künstliche Gestaltung vorliegt. Zudem verstößt die Hinzurechnung für das Jahr 2011 gegen die Kapitalverkehrsfreiheit.


Sachverhalt

Die Klägerin, eine deutsche Kapitalgesellschaft, hielt eine 100%ige Beteiligung an einer Schweizer Tochtergesellschaft, die innerhalb der Unternehmensgruppe folgende Aufgaben übernahm:

  • Zahlungsregulierung: Zentraler Abrechnungs- und Delkrederebereich für konzerninterne und externe Lieferanten sowie Franchisenehmer.
  • Ausfallrisiko: Übernahme des Zahlungsrisikos gegenüber externen Lieferanten.
  • Kapitalerträge: Zinseinkünfte aus Verzugszinsen und kurzfristigen Geldanlagen.

Das Finanzamt unterwarf die Einkünfte der Tochtergesellschaft für die Jahre 2009 bis 2011 der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 18 AStG, da es die Einkünfte als passive Einkünfte aus Kapitalanlagen einstufte. Die Klägerin argumentierte hingegen, dass es sich um aktive Einkünfte handele und ab 2011 die Hinzurechnungsbesteuerung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoße.


Entscheidung des FG Düsseldorf

  1. Wirtschaftliche Einheit und aktive Einkünfte
    Das FG stellte fest, dass die Tätigkeiten der Tochtergesellschaft funktional zusammenhängend und einheitlich zu betrachten seien. Die Haupttätigkeit, die Zahlungsabwicklung, erfülle die Kriterien für aktive Einkünfte:
    • Kreditinstitutstätigkeiten (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 AStG) und
    • Dienstleistungen (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 AStG).
      Da die Geschäfte nicht überwiegend mit der Klägerin oder nahestehenden Personen abgewickelt wurden, handelt es sich um aktive Einkünfte, die nicht der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen.
  2. Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (2011)
    Für das Jahr 2011 sah das FG einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV):
    • Seit der Änderung der DBA-Auskunftsklausel zwischen Deutschland und der Schweiz ist eine Überprüfung der wirtschaftlichen Aktivitäten möglich.
    • Die Tochtergesellschaft sei keine künstliche Gestaltung, sondern tatsächlich in der Schweiz ansässig und übe dort eine reale wirtschaftliche Tätigkeit aus.
    • Damit entfalle die Rechtfertigung für eine Hinzurechnung der Einkünfte.
  3. Rechtskräftigkeit
    Das Urteil ist rechtskräftig.

Relevanz für Unternehmen

  1. Abgrenzung aktiver und passiver Einkünfte
    Unternehmen mit ausländischen Tochtergesellschaften sollten die funktionale und wirtschaftliche Betrachtungsweise ihrer Tätigkeiten im Ausland prüfen lassen, um eine Hinzurechnungsbesteuerung zu vermeiden.
  2. Kapitalverkehrsfreiheit und DBA-Klauseln
    Die geänderte DBA-Auskunftsklausel zwischen Deutschland und der Schweiz schafft Rechtssicherheit für Unternehmen, die in der Schweiz tatsächlich wirtschaftlich aktiv sind.
  3. Steuerplanung
    Multinationale Unternehmen können das Urteil als Grundlage nutzen, um ihre Strukturen zu überprüfen und steuerliche Risiken zu minimieren.

Fazit

Das Urteil des FG Düsseldorf stellt klar, dass die Hinzurechnungsbesteuerung bei aktiven Einkünften einer Schweizer Tochtergesellschaft nicht zulässig ist, insbesondere wenn die Tätigkeiten realwirtschaftlich und keine künstliche Gestaltung sind. Es betont zudem die Bedeutung der Kapitalverkehrsfreiheit in der EU und des EWR.

Für Unternehmen mit ausländischen Tochtergesellschaften ist das Urteil ein wichtiger Präzedenzfall, um die steuerlichen Anforderungen und Gestaltungen zu überprüfen. Kontaktieren Sie uns für eine umfassende Beratung zu grenzüberschreitenden steuerlichen Fragestellungen und zur Hinzurechnungsbesteuerung!