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Rückforderung insolvenzrechtlich angefochtener Steuern durch Bescheid

Rückforderung insolvenzrechtlich angefochtener Steuern durch Bescheid

Kernaussage

Erstattet das Finanzamt aufgrund insolvenzrechtlicher Anfechtung geleistete Steuern und fordert es die Erstattungsbeträge sodann zurück, gilt für die Frage der Rechtsnatur dieses Anspruches folgendes: Der Anspruch auf Rückgewähr in anfechtbarer Weise geleisteter Steuern ist kein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, sondern ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch. Daher ist es ernstlich zweifelhaft, ob das auf einen solchen Anspruch Geleistete mithilfe eines hoheitlich ergehenden Bescheids zurückgefordert werden kann.

Sachverhalt

Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat er Zahlungen von der GmbH auf Lohnsteuern angefochten. Das Finanzamt erstattete die Zahlungen zunächst, forderte sie aber später per Bescheid wieder zurück. Nachdem das Finanzgericht den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte, hob der Bundesfinanzhof (BFH) auf die Beschwerde des Antragstellers hin die Entscheidung auf und setzte die Vollziehung des Bescheids aus.

Entscheidung

Der BFH begründete die Aussetzung der Vollziehung damit, dass der Anspruch auf Rückgewähr in anfechtbarer Weise geleisteter Steuern kein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, sondern ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch sei. Daher ist es ernstlich zweifelhaft, ob das auf einen solchen Anspruch Geleistete mithilfe eines hoheitlich ergehenden Bescheids zurückgefordert werden kann. Wortwörtlich genommen erscheint zwar vorliegend eine abgabenrechtliche Norm, die die materielle Anspruchsgrundlage für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gibt, einschlägig. Jedoch kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der dort geregelte Anspruch auf einer Umkehrung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis beruht und dass ein Anspruch auf Rückgewähr einer Leistung grundsätzlich die Rechtsnatur des Anspruchs teilt, auf den jene Leistung erbracht wurde. Vorliegend bedeutet dies, dass entsprechend der bürgerlich-rechtlichen Gewährung der Leistung infolge der Insolvenzanfechtung auch die Rückforderung nur bürgerlich-rechtlich erfolgen kann.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt, dass dem Finanzamt im Falle einer Insolvenzanfechtung wegen der Rückforderung gezahlter Beträge keine Sonderrolle zukommt. Vielmehr muss das Finanzamt – wie jedermann – vor den ordentlichen Gerichten einen etwaigen Anspruch durchsetzen.

Ausgleich eines negativen Kapitalkontos durch Veräußerungsgewinn

Ausgleich eines negativen Kapitalkontos durch Veräußerungsgewinn

Kernaussage

Der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der KG darf nicht mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht (sog. Verlustausgleichsverbot). Entsteht im Streitjahr gleichzeitig ein laufender Verlust sowie ein diesen Verlust übersteigender Veräußerungsgewinn, liegt diese Voraussetzung nicht vor. Maßgeblich ist nämlich der positive Saldo am Ende des Wirtschaftsjahres und nicht ein negativer Zwischenstand während des laufenden Jahres. Insofern ist ein laufender Verlust als ausgleichsfähiger Verlust zu behandeln.

Sachverhalt

Der Kläger war Kommanditist einer KG, die eine Windkraftanlage betrieb. Im Streitjahr 2006 erlitt diese einen laufenden Verlust, erzielte daneben aber auch einen Gewinn aus der Veräußerung ihrer einzigen Betriebsgrundlage. Mit der Veräußerung gab sie ihren Betrieb auf. Der auf den Kläger entfallende Anteil am Aufgabegewinn überstieg seinen Anteil am laufenden Verlust und am verrechenbaren Verlust des Vorjahres. Das beklagte Finanzamt war der Auffassung, dass der laufende Verlust dem Gesellschafter nicht als negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugerechnet werden könne, sondern mit dem tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn zu verrechnen sei. Hiergegen richtete sich die Klage.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Der im Streitjahr erzielte Veräußerungsgewinn ist zunächst mit dem verrechenbaren Verlust des Vorjahres zu verrechnen. Durch diese Verrechnung entfällt das zu Anfang des Streitjahres bestehende negative Kapitalkonto des Klägers. Durch den laufenden Verlust entsteht kein negatives Kapitalkonto des Klägers, da die KG im gleichen Zeitraum einen höheren Veräußerungsgewinn erzielt hat. Der laufende Verlust führt daher weder zu einer Erhöhung noch zu einer Entstehung eines negativen Kapitalkontos, so dass der laufende Verlust als ausgleichsfähig festzustellen ist, denn maßgeblich ist der Stand des Kapitalkontos am Ende des Wirtschaftsjahres.

Konsequenz

Wie auch Einlagen eines Kommanditisten sollen Veräußerungsgewinne während des Wirtschaftsjahres geeignet sein, einen nur verrechenbaren laufenden Verlust als ausgleichsfähig zu gestalten. Die Revision zum Bundefinanzhof (BFH) wurde allerdings eingelegt, so dass diese Entscheidung abzuwarten bleibt. Einschlägige Fälle sollten unter Berufung auf das anhängige BFH-Verfahren offen gehalten werden.

Gewerbliche „Infizierung“ der Tätigkeit von Gemeinschaftspraxen

Gewerbliche „Infizierung“ der Tätigkeit von Gemeinschaftspraxen

Kernaussage

In Fällen der so genannten integrierten Versorgung in Gemeinschaftspraxen wird die gesamte Tätigkeit als Gewerbebetrieb angesehen. Diese steuerrechtliche Einordnung kann jedoch durch die Gründung einer Schwestergesellschaft vermieden werden.

Sachverhalt

Bei der integrierten Versorgung legen Krankenkassen und Arzt vertraglich fest, dass der Arzt für die Behandlung von Patienten bestimmte Fallpauschalen erhält. Da diese Pauschalen sowohl die medizinische Betreuung als auch die Abgabe von Arznei- und Hilfsmitteln umfassen, handelt es sich um eine Vergütung für eine teilweise freiberufliche und eine teilweise gewerbliche Tätigkeit.

Verfügung der OFD Frankfurt

Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt weist darauf hin, dass solche Fallpauschalen bei Gemeinschaftspraxen wegen ihres gewerblichen Anteils zur gewerblichen Infizierung der gesamten Einkünfte führen, wenn der Anteil der originär gewerblichen Tätigkeit über 1,25 % der Gesamttätigkeit liegt (Vergleich der Umsätze aus der Abgabe von Arznei- und Hilfsmitteln mit dem Gesamtumsatz der Gemeinschaftspraxis). Eine Ausnahme gilt, wenn der Arzt im Rahmen der integrierten Versorgung Hilfsmittel einsetzt, die eine ärztliche Behandlung überhaupt erst ermöglichen, z. B. ein künstliches Hüftgelenk oder eine künstliche Augenlinse. In diesen Fällen kommt es nicht zu einer gewerblichen Infizierung der Tätigkeit.

Konsequenz

Gewerbliche Einkünfte unterliegen sowohl der Einkommensteuer als auch der Gewerbesteuer. Die gewerbliche Infizierung der Tätigkeit kann jedoch auch bei Überschreitung der Grenze von 1,25 % verhindert werden, wenn die gewerbliche Tätigkeit auf eine Schwesterpersonengesellschaft ausgegliedert wird und die Gesellschaft nach außen hin als solche erkennbar ist. Die Tätigkeit der Gesellschaft muss sich klar von der Tätigkeit der Gemeinschaftspraxis abgrenzen. Hierfür ist zum einen erforderlich, dass der Gesellschaftsvertrag so gestaltet ist, dass die Gesellschaft wirtschaftlich, organisatorisch und finanziell von der ärztlichen Gemeinschaftspraxis unabhängig ist. Darüber hinaus müssen getrennte Aufzeichnungen und Bücher geführt, besondere Bank- und Kassenkonten eingerichtet und eigene Rechnungsformulare verwendet werden. Schließlich ist erforderlich, dass die Arznei- und Hilfsmittel getrennt vom Betriebsvermögen der Gemeinschaftspraxis gelagert werden.

Höheres Entgelt für Pfändungsschutzkonten?

Höheres Entgelt für Pfändungsschutzkonten?

Kernaussage

Seit Juli 2010 hat ein Schuldner einen gesetzlichen Anspruch auf besonderen Pfändungsschutz für Lohn- und Gehaltskonten bei Kreditinstituten. Bei Lohnpfändungen sichert die Bank dabei das monatliche Existenzminimum des Schuldners und gibt nur die über die Pfändungsgrenze hinaus gehenden Beträge frei. Für diese sogenannten Pfändungsschutzkonten (P-Konten) dürfen zukünftig die Gebühren nicht höher sein als für ein vergleichbares Girokonto.

Sachverhalt

In den vorliegenden Verfahren machten Verbraucherschutzvereinigungen gegen 2 Sparkassen die Unwirksamkeit ihrer jeweiligen Preis- und Leistungsverzeichnisse geltend. Die Verzeichnisse beinhalteten Klauseln, wonach der Kunde höhere Kontoführungsgebühren für ein P-Konto als für ein bestehendes bzw. ein neu errichtetes Girokonto zahlen musste. Die eine Sparkasse verlangte für die P-Kontenführung 10 EUR. Dagegen kostete ein einfaches Girokonto nur 3 EUR. Im Fall der anderen Sparkasse war im ungünstigsten Fall eine Zusatzgebühr von 3,50 EUR zu zahlen. Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die Klauseln als Preisnebenabreden der Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen und nicht als kontrollfreie Preishauptabrede einzuordnen sind. Die mit der Funktion des P-Kontos verbundenen Tätigkeiten des Kreditinstituts sind Nebenleistungen zu der Hauptleistung, der Führung des Girokontos und der Ausführung der Zahlungsvorgänge. Durch die streitigen Klauseln wälzen die Beklagten lediglich Kosten für Tätigkeiten ab, zu deren Erbringung sie gesetzlich verpflichtet sind. Beim Fehlen einer wirksamen Preisnebenabrede tritt an deren Stelle die fortgeltende Preishauptabrede. Das bedeutet, dass der Preis Geltung erlangt, den das betreffende Kreditinstitut für ein herkömmliches Girokonto mit vergleichbarem Leistungsinhalt anbietet.

Konsequenz

Mit den vorliegenden Urteilen hat der BGH in Übereinstimmung mit der nahezu einhelligen Rechtsprechung und Literatur ein Grundsatzurteil ausgesprochen. Betroffene Kunden können unter Bezugnahme auf die Urteile zu viel gezahlte Gebühren zurückverlangen.

Vorläufige Festsetzung der Erbschaftsteuer

Vorläufige Festsetzung der Erbschaftsteuer

Rechtslage

Die Erbschaftsteuer in Gestalt der zum 1.1.2009 in Kraft getretenen Erbschaftsteuerreform liegt seit einem Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27.9.2012 erneut dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung vor. Da damit die Verfassungsmäßigkeit der Erbschaftsteuer nochmals auf dem Prüfstand steht, bestehen mit Rücksicht auf Erbschaftsteuerbescheide für Erbfälle, die sich nach „neuem“ Erbschaftsteuerrecht richten, erhebliche Zweifel an deren Rechtmäßigkeit. Dies reicht aus, um die Bescheide mittels Einspruch anzugreifen und das Besteuerungsverfahren offen zu halten.

Entscheidung der Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung hat nunmehr auf diese „Standardeinsprüche“ bei Erbschaftsteuerbescheiden reagiert. Sie hat entschieden, dass sämtliche Festsetzungen von nach dem 31.12.2008 entstandener Erbschaft- und Schenkungsteuer von Amts wegen hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes vorläufig durchzuführen sind.

Konsequenz

Die Entscheidung der Finanzverwaltung macht Einsprüche gegen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerbescheide für den Fall obsolet, dass ausschließlich die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes streitig ist. Insoweit ergehen die Bescheide von Gesetzes wegen vorläufig und werden in Abhängigkeit zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geändert. Dies macht eine Prüfung des Bescheides indes nicht entbehrlich. Insbesondere ist darauf zu achten, dass der Bescheid den Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO enthält. Auch gegen Bescheide, die an anderen Fehlern leiden, sollten Einsprüche weiterhin eingelegt werden. Von der Entscheidung unberührt bleiben wird die Praxis der Finanzverwaltung, eine festgesetzte Erbschaftsteuer beizutreiben und keine Vollziehungsaussetzung zu gewähren.

 

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 5.10.2011, II R 9/11

Beitrittsaufforderung: Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des ErbStG in der Fassung des ErbStRG und des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes – Mögliche Steuergestaltungen – Lohnsummenregelung bei Schwestergesellschaften – Betriebsaufspaltung

Leitsätze

Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Im Streitfall geht es um die Fragen,

1. ob die auf Steuerentstehungszeitpunkte im Jahr 2009 beschränkte Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III verfassungsgemäß ist und

2. ob § 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG deshalb gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, weil die §§ 13a und 13b ErbStG es ermöglichen, durch bloße Wahl bestimmter Gestaltungen die Steuerfreiheit des Erwerbs von Vermögen gleich welcher Art und unabhängig von dessen Zusammensetzung und Bedeutung für das Gemeinwohl zu erreichen.

Tatbestand

1
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist zu 1/4 Miterbe des im Januar 2009 verstorbenen Bruders seines Vaters. Der Nachlass setzte sich aus Guthaben bei Kreditinstituten und einem Steuererstattungsanspruch zusammen. Der Wert des auf den Kläger entfallenden Anteils am Nachlass belief sich auf 51.266 EUR. Auf den sich hieraus nach Berücksichtigung des in § 16 Abs. 1 Nr. 5 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 3018) –ErbStG– für Personen der Steuerklasse II vorgesehenen Freibetrags von 20.000 EUR und Abrundung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 6 ErbStG verbleibenden steuerpflichtigen Erwerb von 31.200 EUR wandte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) den in § 19 Abs. 1 ErbStG für die Steuerklasse II vorgesehenen Steuersatz von 30 % an, so dass sich eine Erbschaftsteuer von 9.360 EUR ergab.
2
Einspruch und Klage, mit denen der Kläger eine Herabsetzung der Steuer auf 4.680 EUR begehrte, blieben erfolglos. Der Kläger machte geltend, entgegen § 37 Abs. 1 ErbStG in der Fassung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22. Dezember 2009 (BGBl I 2009, 3950), der die Anwendung des § 19 Abs. 1 ErbStG in der Fassung dieses Gesetzes (hier: Steuersatz 15 %) nur für steuerpflichtige Erwerbe in der Steuerklasse II, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 2009 entsteht, vorsehe, sei auch im Streitfall der Steuersatz von 15 % zugrunde zu legen. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1079 veröffentlichten Urteil die Ansicht, die Anwendung des Steuersatzes von 30 % verstoße weder gegen das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, Personen der Steuerklasse II erbschaftsteuerrechtlich besser zu behandeln als Personen der Steuerklasse III. Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei auch, dass die Gleichstellung der Personen der Steuerklasse II und III nur für Steuerentstehungszeitpunkte im Jahr 2009 gelte, während für die Zeit davor und danach die Personen der Steuerklasse II erbschaftsteuerrechtlich besser behandelt würden als die Personen der Steuerklasse III. Der Gesetzgeber habe dadurch seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten.
3
Der Kläger rügt mit der Revision Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG. Die Änderung des § 19 Abs. 1 ErbStG durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz zugunsten der Personen der Steuerklasse II hätte rückwirkend auf das Jahr 2009 erfolgen müssen.
4
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Erbschaftsteuerbescheids vom 17. Februar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung die Erbschaftsteuer auf 4.680 EUR herabzusetzen.
5
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6
II. Die Aufforderung zum Beitritt beruht auf § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung, weil das vorliegende Revisionsverfahren eine auf Bundesrecht beruhende Abgabe und eine Rechtsstreitigkeit über Bundesrecht, nämlich Vorschriften des ErbStG, betrifft.
7
1. Im Revisionsverfahren werden zunächst die vom Kläger aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen zu prüfen sein. In der Literatur werden hinsichtlich der auf Steuerentstehungszeitpunkte im Jahr 2009 beschränkten Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III zum Teil verfassungsrechtliche Bedenken erhoben (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 19 Rz 2; Knobel in Viskorf/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 3. Aufl., § 19 ErbStG Rz 5; Geck in Kapp/Ebeling, § 19 ErbStG Rz 1; Wachter, Der Betrieb 2010, 74, 75; Crezelius, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2009, 1, 2; Stahl/Fuhrmann, Deutsche Steuer-Zeitung 2008, 13, 14; für Verfassungsmäßigkeit Längle in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 3. Aufl., § 19 Rz 8a; Piltz, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2010, 1913, 1922).
8
2. Darüber hinaus wird sich insbesondere die Frage stellen, ob § 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG in der Fassung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes deshalb verfassungswidrig ist, weil es §§ 13a und 13b ErbStG zulassen, Vermögen jeder Art und in jeder Höhe von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden ohne Anfall von Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer zu erwerben, wenn der Erblasser oder Schenker eine geeignete Gestaltung gewählt hat, ohne dass es auf eine Gemeinwohlverpflichtung und Gemeinwohlbindung des erworbenen Vermögens ankommt.
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a) Bedenken bestehen insoweit im Hinblick auf die Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an die Besteuerung, nämlich vor allem die Ausrichtung der Steuerlast an den Prinzipien der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit, die Gewährung von Steuerentlastungen nur bei Vorliegen entsprechend gewichtiger Gründe des Gemeinwohls, vollständige Verschonung bestimmter Steuergegenstände von der Besteuerung nur im Ausnahmefall, gleichheits- und zweckgerechte Ausgestaltung von Vergünstigungstatbeständen, besondere Schranken für gesetzliche Typisierungen (vgl. insbesondere Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG– vom 7. November 2006  1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192; vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, und vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224).
10
b) Eine verfassungsrechtlich problematische Gestaltungsmöglichkeit ergibt sich daraus, dass § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausdrücklich auch den Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in die Vergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG einbezieht. Die Steuervergünstigungen sind somit grundsätzlich auch für den Übergang von Vermögen sogenannter „gewerblich geprägter Personengesellschaften“ (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) zu gewähren. Sind die in § 13a Abs. 8 ErbStG bestimmten Voraussetzungen erfüllt, kann auch in diesem Fall für die Vollverschonung optiert werden (§ 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG).
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Vermögen, dessen Erwerb im Privatvermögen –wie im Streitfall– der vollen Besteuerung unterläge, kann somit ohne Anfall von Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer übergehen, wenn es in das Betriebsvermögen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft eingelegt wurde und nicht zum Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG gehört. Vermögen zählt nicht bereits deshalb zum Verwaltungsvermögen in diesem Sinn, weil es einer lediglich vermögensverwaltend tätigen, aber gewerblich geprägten Personengesellschaft gehört. Vielmehr bestimmt § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG im Einzelnen die zum Verwaltungsvermögen zählenden Gegenstände. Danach gehören zwar Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen grundsätzlich zum Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG), während sonstige Forderungen, wie etwa Sichteinlagen, Sparanlagen, Festgeldkonten sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und Forderungen an verbundene Unternehmen nach Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. H 32 der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Umsetzung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts -AEErbSt- vom 25. Juni 2009, BStBl I 2009, 713) kein Verwaltungsvermögen sind. Zählen solche Guthaben bei Kreditinstituten zum Privatvermögen, unterliegen sie in vollem Umfang der Steuer. Sind sie Bestandteil des Betriebsvermögens einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, ist der Erwerb der Beteiligung und damit mittelbar der Erwerb der Guthaben bei Erfüllung der übrigen in §§ 13a und 13b ErbStG bestimmten Voraussetzungen uneingeschränkt begünstigt.
12
Demgemäß kann beispielsweise ein Anteil an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, deren Betriebsvermögen aus 100 Mio. EUR Festgeldguthaben besteht, nach Maßgabe des § 13a Abs. 8 ErbStG erworben werden, ohne dass Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer anfällt und ohne dass dieses Vermögen einer besonderen Gemeinwohlbindung oder Gemeinwohlverpflichtung unterliegt. Insbesondere spielen die in § 13a Abs. 1 Sätze 2 bis 5 und Abs. 4 ErbStG geregelten Anforderungen an die Entwicklung der Lohnsumme in einem solchen Fall keine Rolle, da derartige gewerblich geprägte Personengesellschaften regelmäßig nicht mehr als 20 Beschäftigte haben und somit die Anforderungen an die Entwicklung der Lohnsumme nicht zu beachten brauchen (§ 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG).
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c) Dasselbe Ergebnis kann auch dadurch erreicht werden, dass eine GmbH, an der der Erblasser oder Schenker zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt ist (vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG), als Betriebsvermögen lediglich Geldforderungen hält, die Wertpapieren nicht vergleichbar sind.
14
d) Da Geldforderungen, die Wertpapieren nicht vergleichbar sind, nicht zum Verwaltungsvermögen gehören, können auch Vermögensgegenstände, die nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG an sich zum Verwaltungsvermögen gehören würden, durch eine einfache Gestaltung der Besteuerung entzogen werden.
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Bringt beispielsweise ein Inländer, der Alleingesellschafter von zwei vermögenslosen GmbH ist, sein aus Grundvermögen, Wertpapieren, Beteiligungen an Kapitalgesellschaften bis zu 25 % und Edelmetallen bestehendes Privatvermögen in die eine GmbH (GmbH 1) ein und verkauft diese das Vermögen zum Steuerwert unter Stundung des Kaufpreises an die andere GmbH (GmbH 2), so kommt der GmbH 2 im Erbfall oder bei einer freigebigen Zuwendung kein Wert zu; denn dem auf sie übertragenen Aktivvermögen steht die gleichwertige Kaufpreisverbindlichkeit gegenüber. Der Erbe oder Bedachte kann für den Erwerb der Beteiligung an der GmbH 1, in deren Vermögen sich lediglich die Kaufpreisforderung befindet, von der Optionsmöglichkeit nach § 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG Gebrauch machen mit der Folge, dass keine Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer anfällt, wenn die Behaltensregelungen des § 13a Abs. 5 i.V.m. Abs. 8 Nr. 2 ErbStG beachtet werden. Die Kaufpreisforderung der GmbH 1 stellt keine einem Wertpapier vergleichbare Forderung i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG dar und ist somit kein Verwaltungsvermögen (vgl. dazu Piltz, DStR 2010, 1913, 1916). Auf die Entwicklung der Lohnsumme in den auf den Erwerb folgenden Jahren kommt es nicht an, weil die GmbH 1, die lediglich die Kaufpreisforderung gegen die GmbH 2 verwaltet, nicht mehr als 20 Beschäftigte benötigt.
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e) Soweit der Gesetzgeber mit der sogenannten Arbeitsplatzklausel in § 13a Abs. 1 Sätze 2 ff. ErbStG außerfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele verfolgen will, wird zu prüfen sein, ob die Anknüpfung der vollständigen (100 %) oder weitgehenden (85 %) Steuerverschonung an den Arbeitsplatzerhalt in ausreichendem und dem Gleichheitssatz entsprechendem Umfang gewährleistet ist. Durch entsprechende Gestaltung kann nämlich in vielen Fällen vermieden werden, dass es für die Gewährung der Steuervergünstigungen auf die Entwicklung der Lohnsumme ankommt. Es kann dabei die Regelung genutzt werden, nach der diese Anforderungen nicht anwendbar sind, wenn der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat (§ 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG).
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Als Gestaltung kommt dabei insbesondere in Betracht, dass ein Betrieb vor der Verwirklichung des Steuertatbestands bei gleichen Beteiligungsverhältnissen in eine Besitzgesellschaft, die nicht mehr als 20 Beschäftigte hat und bei der das Betriebsvermögen konzentriert wird, und eine Betriebsgesellschaft, deren Betriebsvermögen nach Berücksichtigung der Verbindlichkeiten keinen oder nur einen geringen Steuerwert hat und die eine beliebige Zahl von Beschäftigten haben kann, aufgespaltet wird (zu einer solchen Betriebsaufspaltung vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 24. Februar 2000 IV R 62/98, BFHE 191, 295, BStBl II 2000, 417). Die Anforderungen an die Entwicklung der Lohnsumme spielen dann bei der Besitzgesellschaft keine Rolle. Die Beschäftigten der Betriebsgesellschaft sind der Besitzgesellschaft nicht zuzurechnen; denn allenfalls die Beschäftigten einer nachgeordneten Gesellschaft können hinsichtlich der Frage, ob die in § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG vorgesehene Grenze von 20 Beschäftigten überschritten ist, der übergeordneten Gesellschaft zugerechnet werden (so Abschn. 8 Abs. 2 Satz 8 AEErbSt; a.A. Philipp in Viskorf/Knobel/ Schuck, a.a.O., § 13a ErbStG Rz 38; Geck, a.a.O., § 13a ErbStG Rz 41; Kirschstein in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 13a ErbStG Rz 29). Bei Schwestergesellschaften ist eine Zusammenrechnung der Beschäftigtenzahlen demgegenüber nicht vorgesehen. Handelt es sich bei der Besitzgesellschaft um eine Personengesellschaft, spielt die Höhe der Beteiligung des Erblassers oder des Schenkers anders als bei Kapitalgesellschaften (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) keine Rolle (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).
18
Der Gewährung der Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG hinsichtlich der Besitzgesellschaft steht die Überlassung der in ihrem Eigentum befindlichen Wirtschaftsgüter an die Betriebsgesellschaft zur Nutzung nicht entgegen. Die Nutzungsüberlassung als solche führt nicht zum Vorliegen von Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 ErbStG. Ob Verwaltungsvermögen vorliegt, ist vielmehr für die einzelnen im Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft befindlichen Wirtschaftsgüter gesondert nach den in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG bestimmten Merkmalen zu prüfen. Danach gehören die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten, die die Besitzgesellschaft der Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlässt, nicht zum Verwaltungsvermögen, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt; denn der Erblasser oder Schenker konnte sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen und auch der Erwerber kann allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern in beiden Betrieben einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG). Kein Verwaltungsvermögen bilden beispielsweise auch die Betriebsvorrichtungen, Fahrzeuge und gewerblichen Schutzrechte, die die Besitzgesellschaft der Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlässt. Gleiches gilt für Forderungen der Besitzgesellschaft gegen die Betriebsgesellschaft, wie insbesondere die Ansprüche auf das Nutzungsentgelt sowie aus etwaigen Darlehen. Diese Forderungen sind nämlich Wertpapieren nicht vergleichbar und zählen daher nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG nicht zum Verwaltungsvermögen.
19
Soweit die Gesellschafterstruktur eine derartige Betriebsaufspaltung nicht zulässt, wie es insbesondere bei börsennotierten Aktiengesellschaften mit einer Vielzahl von Aktionären der Fall sein wird, spielt dies im typischen Fall für die Besteuerung keine Rolle; denn bei solchen Gesellschaften werden die Anforderungen des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG an die Beteiligungshöhe des Erblassers oder Schenkers im Regelfall ohnehin nicht erfüllt oder der Erblasser/Schenker bedient sich hinsichtlich seiner Beteiligung von bis zu 25 % der oben in Abschn. II.2.d dargestellten einfachen Gestaltungsalternative, die es ihm ermöglicht, ungeachtet des Vorliegens von Verwaltungsvermögen die Steuerverschonung zu erlangen.
20
f) Der BFH hat auf die verfassungsrechtliche Problematik der Möglichkeit, durch bloße Rechtsformwahl Steuervergünstigungen bei der Erbschaftsteuer und der Schenkungsteuer zu erreichen, bereits in den Beschlüssen vom 24. Oktober 2001 II R 61/99 (BFHE 196, 304, BStBl II 2001, 834, unter II.2.d) und vom 22. Mai 2002 II R 61/99 (BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598, unter Teil B.II.4.) hingewiesen. Darauf wird Bezug genommen.
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Das BVerfG hat die Auswirkungen der Möglichkeit von Gewerbetreibenden, Betriebsvermögen in weitem Umfang zu willküren, also auch nicht unmittelbar dem Betrieb dienende, sondern nur zur objektiven Stärkung des Betriebs geeignete Wirtschaftsgüter in das Betriebsvermögen aufzunehmen und so durch bilanzpolitische Maßnahmen auf die Bemessungsgrundlage der Steuer einzuwirken, im Beschluss in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.II.1.b und d bb aus verfassungsrechtlicher Sicht kritisch gewürdigt.
22
Diese verfassungsrechtliche Problematik besteht auch nach der Neuregelung fort und hat sich sogar noch verschärft. Die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG knüpfen nach wie vor an das ertragsteuerrechtliche Betriebsvermögen an (§ 12 Abs. 5 ErbStG, § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. §§ 95, 96 und 97 des Bewertungsgesetzes). Die Möglichkeiten, durch Schaffung gewillkürten Betriebsvermögens und weitere Gestaltungen selbst beim Erwerb größter Vermögen von Todes wegen oder durch freigebige Zuwendung die Höhe der Steuerbelastung zu vermindern oder das Entstehen von Steuer zu vermeiden, sind darüber hinaus gegenüber dem für Steuerentstehungszeitpunkte vor dem 1. Januar 2009 geltenden Recht deutlich erweitert worden. Während nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG a.F. das nach Abzug des Freibetrags von 225.000 EUR verbleibende begünstigte Betriebsvermögen mit 65 % anzusetzen war, beträgt nunmehr bereits der Verschonungsabschlag entweder 85 % des begünstigten Betriebsvermögens (§ 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 4 ErbStG) oder sogar 100 % (§ 13a Abs. 8 ErbStG).
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3. Das Bundesministerium der Finanzen wird um Mitteilung gebeten, ob und gegebenenfalls welche praktischen Erfahrungen im Besteuerungsverfahren oder bei Anträgen auf verbindliche Auskunft zu den aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten es bisher gibt.
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4. Sollte die Prüfung der angesprochenen Verfassungsfragen einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und/oder Art. 6 Abs. 1 GG ergeben, müsste der Senat nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG das Verfahren aussetzen und eine Entscheidung des BVerfG einholen.

Kein organschaftlicher Ausgleichsposten bei verrechenbaren Verlusten

Kein organschaftlicher Ausgleichsposten bei verrechenbaren Verlusten

Kernproblem

Das dem Organträger für Zwecke der Besteuerung zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft kann von dem handelsrechtlich abzuführenden Ergebnis abweichen. Für die hieraus resultierenden handelsrechtlichen Minderabführungen (bzw. Mehrabführungen) ist ein aktiver (bzw. passiver) Ausgleichsposten beim Organträger zu bilden. Dieser Posten ist aufzulösen, wenn die Beteiligung an der Organgesellschaft veräußert wird. Hierdurch soll eine zweifache Gewinnbesteuerung (bzw. Verlustberücksichtigung) verhindert werden. Strittig war nunmehr, ob ein passiver Ausgleichsposten auch zu bilden ist, wenn die Abweichung zwischen der handelsrechtlichen Gewinnabführung und dem Steuerbilanzgewinn durch eine außerbilanzielle Zurechnung nicht abziehbarer Verluste aus einer KG-Beteiligung neutralisiert wird.

Sachverhalt

Die klagende GmbH ist 100 %ige Muttergesellschaft und Organträgerin einer weiteren GmbH (Organgesellschaft), welche wiederum Kommanditistin einer KG ist. Die KG erzielte im Streitjahr 2003 erhebliche Verluste, die zu steuerbilanziellen Verlusten bei der Organgesellschaft führten (sog. Spiegelbildmethode). Es handelte sich indes nur um verrechenbare Verluste, die bei der Organgesellschaft außerbilanziell wieder hinzuzurechnen waren. Das dem Organträger zuzurechnende Einkommen wurde insoweit also nicht gemindert. Ungeachtet dessen vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass aufgrund der Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz beim Organträger ein passiver Ausgleichsposten zu bilden sei. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage beim Finanzgericht Hamburg war erfolgreich.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigt die Auffassung des Finanzgerichts. Die Abweichung zwischen dem Steuerbilanzgewinn und der handelsrechtliche Gewinnabführung rechtfertige vorliegend nicht die Bildung eines passiven Ausgleichspostens, da die Abweichung auf verrechenbaren Verlusten aus einer KG beruhe und außerbilanziell korrigiert werde. Eine doppelte Verlustberücksichtigung sei somit ausgeschlossen, so dass es der Korrektur mittels eines passiven Ausgleichsposten nicht bedürfe.

Konsequenz

Die Ablehnung der Auffassung der Finanzverwaltung durch den BFH steht in Einklang mit der herrschenden Meinung im Schrifttum und ist zu begrüßen. Hinzuweisen ist zudem auf einen zweiten Aspekt des Streitfalls: Der BFH stellt klar, dass der Ausgleichsposten weder als eigenständiges Wirtschaftsgut noch als Korrekturposten zum Beteiligungsansatz anzusehen ist. Vielmehr sei dieser als steuerliche Bilanzierungshilfe außerhalb (!) der Steuerbilanz festzuhalten.

Bilanzenzusammenhang auch bei Übertragung von Sonderbetriebsvermögen

Bilanzenzusammenhang auch bei Übertragung von Sonderbetriebsvermögen

Kernproblem

Enthält eine Bilanz fehlerhafte Bilanzansätze, so sind diese lückenlos im Folgejahr fortzuführen und regelmäßig (erst) zum Ende dieser Periode erfolgswirksam richtigzustellen, wenn der ursprünglich fehlerhaften Bilanz bereits eine bestandskräftige Veranlagung oder Gewinnfeststellung zugrunde liegt. Dies entspricht dem von der Rechtsprechung entwickelten und mehrfach bestätigten Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs. Ob diese Grundsätze auch anzuwenden sind, wenn ein fehlerhaft bilanziertes Wirtschaftsgut zu Buchwerten aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters in dessen (Eigen-)Betriebsvermögen übergeht, war Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesfinanzhof (BFH).

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Beteiligungs-GmbH, die zum 31.12.2002 als vermögensmäßig nicht beteiligte Komplementärin aus einer KG ausschied. Zum diesem Stichtag verfügte die GmbH über eine Darlehensforderung von rund 140.000 EUR gegen die KG. Aufgrund erheblicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten der KG war der tatsächliche Wert der Forderung deutlich geringer. Die Feststellungsbescheide 2002 der KG wurden indes bestandskräftig, ohne dass eine Wertminderung der Darlehensforderung berücksichtigt wurde. Im Streitjahr 2004 verzichtete die GmbH im Wert von 100.000 EUR auf die Forderung. Das Finanzamt verweigerte die steuerliche Berücksichtigung des Verlustes u. a. mit der Begründung, dass der Verlust bereits in 2002 hätte berücksichtigt werden müssen. Die hiergegen gerichtete Klage der GmbH vor dem Finanzgericht (FG) Niedersachsen war erfolgreich. Die Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) wurde nicht zugelassen.

Entscheidung

Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde vor dem BFH blieb ohne Erfolg. Nach Ansicht des BFH gilt der formelle Bilanzenzusammenhang zweifelsfrei auch in Fällen, in denen ein Wirtschaftsgut (hier: Darlehensforderung) aus dem Sonderbetriebsvermögen in den eigenen Betrieb des (vormaligen) Mitunternehmers überführt werde. Zwar habe der BFH diese Frage bislang noch nicht explizit entschieden, gleichwohl sei aufgrund ähnlicher Urteile in der Vergangenheit offensichtlich, dass der BFH ebenfalls im Sinne des Finanzgerichts entscheiden würde. Die Nichtzulassung der Revision sei daher rechtens.

Konsequenz

Der formelle Bilanzenzusammenhang ist auch in denjenigen Fälle zu berücksichtigen, in denen ein Wirtschaftsgut zu Buchwerten zwischen verschiedenen (Sonder-) Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen überführt wird. Dies steht in Einklang mit der früheren Entscheidungen des BFH, wonach die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs auch bei unentgeltlichen Übertragungen von Betrieben gegenüber dem Rechtsnachfolger gelten.

Bundesrat stimmt der Minijob-Reform zu

Bundesrat stimmt der Minijob-Reform zu

Rechtslage

Gesetze kommen nur im Zusammenwirken von Bundestag und Bundesrat zustande. Aufgabe des so genannten Vermittlungsausschusses ist es dabei, bei Meinungsverschiedenheiten eine Einigung zu erzielen. Im Falle der Minijob-Reform hat der Bundesrat am 23.11.2012 dem vom Bundestag verabschiedeten „Gesetz zu Änderungen im Bereich der geringfügig Beschäftigten“ zugestimmt. Ob es sich bei diesem Gesetz um ein zustimmungspflichtiges Gesetz oder nur um ein Einspruchsgesetz handelt, wurde somit nicht weiter problematisiert. Auch musste der Vermittlungsausschuss nicht angerufen werden.

Kernpunkte der Minijob-Reform

Die wichtigsten Punkte der Reform sind die Anhebung der Minijob-Grenze auf 450 EUR sowie der Gleitzone mit einem Entgelt zwischen 450,01 und 850 EUR und die Einführung einer generellen Rentenversicherungspflicht mit Befreiungsfunktion. Das bedeutet, dass die Minijobber es dann ausdrücklich ablehnen müssen, wenn sie den Rentenversicherungsbeitrag der Arbeitgeber in Höhe von 15 % nicht auf den vollen Beitragssatz von dann 18,9 % aufstocken wollen.

Konsequenz

Bei einem Minijob zahlen die Arbeitnehmer keine Sozialabgaben. Stattdessen entrichten die Arbeitnehmer pauschal 30 % für Kranken- und Rentenversicherung sowie Steuern. Bei den sogenannten Midijobs steigen die Sozialabgaben schrittweise auf die volle Höhe an. Kritik an dieser Reform wurde insbesondere geübt, weil die Minijobs im Ruf stehen, zur Festigung des Niedriglohnsektors beizutragen.

Neues zum Sponsoring

Neues zum Sponsoring

Kernaussage

Sponsoringverträge bergen erhebliche steuerliche Risiken. Sofern der Sponsor für die gewährte Zuwendung eine unmittelbar hiermit zusammenhängende Gegenleistung erhält, ist die Umsatzsteuer zu beachten.

Neue Verwaltungsanweisung

Laut Bundesfinanzministerium (BMF) unterliegen Zuwendungen des Sponsors beim Empfänger nicht der Umsatzsteuer, sofern dieser lediglich auf die Unterstützung durch den Sponsor hinweist, z. B. auf Plakaten oder der Internetseite. Hierbei kann der Name, das Emblem oder das Logo des Sponsors verwendet werden. Dem gegenüber führt jedoch die besondere Hervorhebung des Sponsors bzw. die Verlinkung zu dessen Internetseite zu steuerbaren Leistungen.

Konsequenz

Es ist ein schmaler Grat zwischen steuerbarer und nicht steuerbarer Leistung auf dem der Empfänger des Sponsorings wandelt. Eine Verlinkung zu den Internetseiten des Sponsors kann, falls nicht gewünscht, verhindert werden. Die Unterscheidung zwischen dem Hinweis auf den Sponsor auf einem Plakat und dessen besonderer Hervorhebung dürfte hingegen in der Praxis nicht immer einfach sein.

Nachweis der Kfz-Nutzung wird entschärft

Nachweis der Kfz-Nutzung wird entschärft

Kernaussage

Die private Nutzung betrieblicher Kfz durch den Unternehmer unterliegt der Ertrags- sowie der Umsatzbesteuerung. Für Kfz, die zu mehr als 50 % betrieblich genutzt werden, findet ertragsteuerlich die 1 %-Methode Anwendung, sofern der Unternehmer die Kfz-Nutzung nicht mittels Fahrtenbuch nachweist. Strittig ist jedoch häufig nicht die Berechnung der Kfz-Nutzung an sich, sondern die Frage, ob ein Kfz überhaupt privat genutzt wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Unternehmer mehrere betriebliche Kfz hat, die einer privaten Nutzung zugänglich sind.

Ansicht der Rechtsprechung

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) ist für jedes Kfz, das privat genutzt werden kann, eine private Nutzung zu versteuern. Eine mögliche Überbesteuerung hält er für unproblematisch, da jedem Unternehmer die Fahrtenbuchmethode offen stehe. Das Bundesfinanzministerium (BMF) folgt dieser Auffassung seit 2010. Bis dahin wurde lediglich pro potentiellem Nutzer (z. B. Familienangehörige) nur ein Kfz der 1 %-Methode unterworfen. Hierzu wurde als Bemessungsgrundlage das jeweils teuerste Kfz herangezogen. Durch die Neuregelung ergaben sich erhebliche Mehrbelastungen.

Neue Verwaltungsanweisung

Das BMF hat nun seine bisherige Auffassung modifiziert. Zwar bleibt es dabei, dass unabhängig von der Zahl der möglichen Nutzer jedes privat nutzbare Kfz der Besteuerung der Kfz-Nutzung unterliegt, allerdings wird den Unternehmern der Nachweis der ausschließlich betrieblichen Nutzung eines Kfz erleichtert. So soll eine Versteuerung für solche Kfz ausbleiben, denen der Unternehmer eine bestimmte Funktion im Betrieb zuordnet, die eine private Nutzung ausschließt. Einer solchen Erklärung soll grundsätzlich gefolgt werden. Ein Nachweis mittels Fahrtenbuch ist dann nicht mehr nötig. Im Gegenzug muss der Unternehmer die Kfz-Nutzung für jeweils ein Kfz pro möglichen Nutzer deklarieren. Hierzu sind die Kfz mit den höchsten Listenpreisen heranzuziehen.

Konsequenz

Das Schreiben führt zu einer erheblichen Entschärfung der Besteuerung der Kfz-Nutzung, da die Finanzverwaltung erstmals gewillt ist, den Unternehmern zu glauben, anstatt auf der aufwendigen Führung eines Fahrtenbuches zu beharren. Es ist zu hoffen, dass die Prüfer sich an die Vorgaben halten. Allerdings schließt dies nicht aus, dass die Besteuerung trotzdem zu hoch ausfällt. In einem solchen Fall muss dann ertragsteuerlich doch auf das Fahrtenbuch zurückgegriffen werden. Umsatzsteuerlich kann auch geschätzt werden, wovon in der Praxis jedoch viel zu selten Gebrauch gemacht wird.