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Umsatzsteuerschuld auch ohne Erbringung einer Leistung

Umsatzsteuerschuld auch ohne Erbringung einer Leistung

Rechtslage

Es gilt der gesetzliche Grundsatz, dass nur Leistungen gegen Entgelt der Umsatzsteuer unterliegen. Es ist daher außergewöhnlich, wenn der Bundesfinanzhof (BFH) entscheidet, dass Umsatzsteuer auch ohne Erbringung einer Leistung fällig werden kann.

Sachverhalt

Eine Fluggesellschaft bot In- und Auslandsflüge zu ermäßigten Preisen, aber ohne Rücktritts- oder Umbuchungsmöglichkeit an. Verpassten die Kunden den Flug, konnte die Fluggesellschaft den Sitzplatz kurzfristig anderweitig vergeben und das Entgelt behalten. Während die Fluggesellschaft die auf diese Art einbehaltenen Entgelte als nicht steuerbaren Schadensersatz erfasste, sah das Finanzamt hierin eine umsatzsteuerpflichtige Leistung. Einspruch und Klage dagegen blieben erfolglos.

Entscheidung

Der BFH behandelt die Zahlungen der Kunden für Inlandsflüge als Anzahlungen, die mit ihrer Vereinnahmung der Umsatzsteuer unterliegen. Die Annahme, es handele sich um Schadensersatz, schloss der BFH aus. Die Besteuerung ist nach Ansicht der Richter unabhängig davon durchzuführen, ob eine Leistungsbeziehung zwischen Fluggesellschaft und den nicht erschienen Kunden bejaht wird oder nicht. Die Berichtigung der Umsatzsteuer setzt eine Rückzahlung der erhaltenen Entgelte voraus, welche nicht erfolgt ist. Hinsichtlich der Auslandsflüge ist entscheidend, ob hierfür Umsatzsteuer erhoben wird. Sofern dies nicht der Fall ist, unterliegen auch die zugehörigen Anzahlungen nicht der Umsatzsteuer. Da die Vorinstanz hierzu keine Feststellungen getroffen hatte, verwies der BFH den Streitfall zurück.

Konsequenz

Das Urteil zeigt wieder einmal, wie schwierig die Abgrenzung zwischen steuerbarer Leistung und nicht steuerbarem Schadensersatz ist. Unternehmer, die ähnliche „Vertragsstrafen“ z. B. in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) aufnehmen wollen, sollten sich zuvor steuerlich beraten lassen, um dem Risiko einer Fehlbeurteilung zu entgehen. Im Zweifel ist auch die Einholung einer verbindlichen Auskunft der Finanzverwaltung in Erwägung zu ziehen. Im Hinblick auf die Erfassung der Anzahlungen bleibt der BFH auf seinem jüngsten Kurs. Nur wenn erhaltene Entgelte zurückgezahlt werden, ist eine Korrektur der Umsatzsteuer zulässig. Dies wird in der Praxis häufig übersehen.

Innergemeinschaftliche Lieferungen: Verschärfung der Nachweispflichten

Innergemeinschaftliche Lieferungen: Verschärfung der Nachweispflichten

Kernproblem

Innergemeinschaftliche Lieferungen sind steuerfrei, sofern der Lieferant die hierfür notwendigen Voraussetzungen nachweist. Die zu erbringenden Nachweise ergeben sich aus der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV). Bisher waren diese als Sollvorschriften angelegt, so dass in Ausnahmefällen auch andere geeignete Nachweise anerkannt werden mussten. Dies war der Finanzverwaltung schon seit längerem ein Dorn im Auge. Ein erster Versuch, die Nachweispflichten zu verschärfen, scheiterte Ende 2010 am Widerstand der Wirtschaft. Ein erneuter Versuch hatte nun Erfolg.

Änderung der UStDV

Es erfolgen 2 entscheidende Änderungen. Zum einen werden die bisherigen Soll- durch Mussvorschriften ersetzt. Zum anderen müssen die Unternehmen nun eine „Gelangensbescheinigung“ erbringen. Diese ersetzt die bisherige Empfangsbescheinigung sowie die Versicherung, die Ware ins übrige Gemeinschaftsgebiet zu verbringen. Anzugeben sind u. a. der Tag und der Ort, an dem der Abnehmer die Ware erhalten hat. Die Bescheinigung erhält der Lieferant daher zeitlich nach Auslieferung bzw. Rechnungsstellung. Unternehmen, die befürchten, die Gelangensbescheinigung nicht zu erhalten, sollen zunächst eine Rechnung brutto, aber ohne separaten Umsatzsteuerausweis erstellen. Diese wäre mit Erhalt der Bescheinigung dann zu korrigieren.

Konsequenz

Den Unternehmen wird nichts anderes übrig bleiben, als zu versuchen, die erforderlichen Nachweise zu erbringen. Dies dürfte in vielen Fällen schwierig werden. Da nützt es auch wenig, dass das Bundesfinanzministerium (BMF) eine Übergangsregelung bis zum 31.3.2012 gewährt. Gelingt der Nachweis nicht, bleiben die Unternehmer auf der Umsatzsteuer sitzen oder müssen sich mit ihren ausländischen Kunden hierüber streiten. Letztere werden allerdings wenig Verständnis für die deutsche Regelung haben, da vergleichbare Regelungen im EU-Ausland nicht existieren. Aus Sicht der betroffenen Unternehmen dürfte es dann geradezu unglaublich klingen, dass die Neuregelung bei ihnen grundsätzlich zur Vereinfachung und Kostenreduktion beitragen soll. Richtig dürfte sein, dass die Finanzverwaltung so leichter zu Mehrergebnissen kommen wird. Dies dürfte häufig ehrliche aber schlecht beratene Unternehmen treffen, hingegen nicht der wirksamen Eindämmung des Umsatzsteuerbetrugs dienen. Allerdings bleibt als Hoffnungsschimmer der Europäische Gerichtshof (EuGH). Dieser hatte die bisherige Version der UStDV anerkannt, aber auch angemerkt, dass die Nachweispflichten praktikabel sein müssen. Ob die „neue“ UStDV diesen Vorgaben entspricht, wird zu klären sein.

Reverse-Charge: Deutsche können im Ausland ansässig sein

Reverse-Charge: Deutsche können im Ausland ansässig sein

Rechtslage

Unternehmer, die Dienstleistungen von im Ausland ansässigen Unternehmern beziehen, sind verpflichtet, die Umsatzsteuer auf diese Leistungen einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen (Reverse-Charge). Wer dies übersieht, wird vom Fiskus zur Kasse gebeten.

Sachverhalt

Bisher reichte nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung schon der private Wohnsitz eines Unternehmers in Deutschland aus, damit er als im Inland ansässig galt. Er musste dann seine in Deutschland steuerbaren Umsätze mit Umsatzsteuer abrechnen; dies galt auch, wenn er seine Dienstleistungen von einem im Ausland belegenen Betrieb aus erbrachte. Wie so oft, ergaben sich jedoch Zweifel, ob die Auffassung der deutschen Finanzverwaltung den Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) entspricht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte nun das letzte Wort.

Entscheidung

Der EuGH stellt zunächst klar, dass es nicht auf die Ansässigkeit im Ausland ankommt, sondern auf die Nicht-Ansässigkeit im Inland. Als nicht im Inland ansässig gilt, wer weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung in Deutschland hat. Nur wenn ein solcher Sitz bzw. eine feste Niederlassung fehlen, kommt es auf den Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthaltsort an.

Konsequenzen

Hat ein Unternehmer den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Ausland, so gilt er als nicht im Inland ansässig. Er fällt damit grundsätzlich unter das Reverse-Charge-Verfahren. Ein etwaiger Wohnsitz in Deutschland steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Dies gilt allerdings nur, wenn es sich um einen realen Sitz handelt. Liegt hingegen ein fiktiver Standort vor, z. B. eine Briefkastenfirma, so ist auf den Wohnsitz abzustellen. Die Sichtweise des EuGH ist, wie häufig, praxisnäher als die der deutschen Verwaltung. Denn nun ist der Leistungsempfänger in der Regel nicht mehr gezwungen, Nachforschungen über den privaten Wohnsitz seines Dienstleisters anzustellen. Soweit Leistungsempfänger Zweifel an der Ansässigkeit ihres Dienstleisters im Inland haben, müssen sie sich diese durch eine entsprechende Bescheinigung des Finanzamts des Dienstleisters nachweisen lassen. Wird in solchen Fällen die Bescheinigung (USt 1 TS) nicht eingeholt, schuldet der Leistungsempfänger die zu Unrecht nicht einbehaltene Umsatzsteuer.

Notwendiger Veranlassungszusammenhang zwischen Erwerb und Darlehensaufnahme

Notwendiger Veranlassungszusammenhang zwischen Erwerb und Darlehensaufnahme

Kernproblem

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind daher bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Dies gilt auch für Schuldzinsen, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und damit für ein Darlehen geleistet worden sind, das durch die Einkünfteerzielung veranlasst ist. Ob und unter welchen Voraussetzungen der notwendige Veranlassungszusammenhang besteht, ist in der Praxis häufig Gegenstand von Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung. Die Problematik war nunmehr wieder einmal Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesfinanzhof.

Sachverhalt

Der Kläger hatte Ende Dezember 1998 eine Beteiligung an einem Fonds für 105.000 DM erworben, durch die sein Girokonto überzogen wurde. Ende Januar 1999 überwies der Kläger 100.000 DM aus Eigenmitteln auf sein Konto, so dass dieses zum 31.1.1999 mit einem Guthabensaldo abschloss. Wenige Tage später erwarb der Kläger Anteile an 2 weiteren Fonds für rund 200.000 DM, so dass erneut ein Sollsaldo entstand. Mitte Februar schloss der Kläger 4 Darlehensverträge mit seiner Hausbank über insgesamt 210.000 DM ab. Durch die Gutschrift der Kreditsumme wurde der Sollsaldo des Girokontos entsprechend gemindert. Die auf das erste (35.000 DM) und zweite Darlehen (70.000 DM) entfallenden Zinsaufwendungen machte der Kläger in den Streitjahren 1999 bis 2003 als Werbungskosten für die Einkünfte aus dem Fonds geltend. Das Finanzamt kam dem allerdings nicht nach. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung

Der Abzug der Zinsaufwendungen war ausgeschlossen, da es vorliegend an dem erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Darlehensaufnahme und Beteiligungserwerb (Fonds) mangelt. Der durch den Erwerb der Beteiligung am Fonds entstandene Überziehungskredit war bereits Ende Januar 1999 durch Eigenmittel zurückgeführt und damit ausgeglichen worden. Für die anschließend aufgenommenen beiden Darlehen war damit ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit diesem Erwerb zu verneinen.

Konsequenzen

Der für den Schuldzinsenabzug erforderliche Veranlassungszusammenhang zwischen Darlehensaufnahme und Beteiligungserwerb wäre wohl zu bejahen gewesen, wenn der Steuerpflichtige den zunächst entstandenen Überziehungskredit unmittelbar durch die neuen Darlehen abgelöst hätte. Gleichzeitig hätte dem Steuerpflichtigen jedoch auch die objektive Beweislast für das Vorliegen dieses wirtschaftlichen Zusammenhangs oblegen. Es ist daher in der Praxis stets auch auf eine lückenlose und glaubhafte Dokumentation zu achten.

Steuerliche Geltendmachung zunächst privat veranlasster Aufwendungen

Steuerliche Geltendmachung zunächst privat veranlasster Aufwendungen

Kernproblem

Voraussetzung für den Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten ist stets ein wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang zwischen der zugrundeliegenden Darlehensaufnahme und dem Erwerb des zur Einkunftserzielung verwendeten Wirtschaftsguts. Wird daher ein Darlehen zum Erwerb eines vermieteten Mehrfamilienfamilienhauses aufgenommen, sind die daraus entstehenden Darlehenszinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung regelmäßig unstreitig zu berücksichtigen. Fraglich war nunmehr, ob und unter welchen Voraussetzungen ein zunächst privat veranlasstes Darlehen (zur Finanzierung des selbstbewohnten Einfamilienhauses) zu einem späteren Zeitpunkt einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Einkunftsart begründen kann.

Sachverhalt

Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der der Ehemann zu 10 % und die Ehefrau zu 90 % beteiligt war. Der Ehemann brachte sein vermietetes Mehrfamilienhaus in die GbR ein. Als Gegenleistung übernahm die GbR u. a. die Zins- und Tilgungsverpflichtungen aus Darlehen, die der Ehemann ursprünglich zur Finanzierung des selbstgenutzten Einfamilienhauses aufgenommen hatte. Das Finanzamt versagte die steuerliche Geltendmachung der Zinsaufwendungen als Werbungskosten, da der wirtschaftliche Zusammenhang des Darlehens mit der Finanzierung des eigengenutzten Objekts nicht entfallen sei. Außerdem sei ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne der Abgabenordnung (AO) gegeben. Dieser Auffassung stimmte auch das Finanzgericht zu; der Bundesfinanzhof (BFH) beurteilte dies anders.

Entscheidung

Aufgrund der steuerlichen Transparenz der GbR wird sowohl das Grundstück als auch das Darlehen der Ehefrau zu 90 % zugerechnet. Der Grund für die Übernahme der fremden Schuld des Ehemanns durch die GbR liegt im steuerrechtlich bedeutsamen Bereich der Einkünfteerzielung (Vermietung), so dass die Gestaltung nicht rechtsmissbräuchlich ist. Es lag somit keine (missbräuchliche) Verlagerung von zunächst aus privaten Gründen veranlassten Finanzierungsaufwendungen auf die Klägerin vor. Vielmehr war eine Überlagerung der Zwecksetzung des zunächst aus privaten Gründen aufgenommenen und verwendeten Darlehens durch einen neuen, nunmehr steuerrechtlich bedeutsamen (Veranlassungs-) Zusammenhang gegeben.

Konsequenzen

Der für die Klägerin äußerst vorteilhaften Entscheidung des BFH ist zuzustimmen. Der vorliegende Streitfall kann nämlich nicht anders beurteilt werden als diejenigen Fälle, in denen der Erwerber ein eigenes Darlehen aufnimmt, um damit die Verbindlichkeiten aus den Darlehen des Veräußerers abzulösen.

1 %-Regelung ist verfassungsgemäß

1 %-Regelung ist verfassungsgemäß

Kernproblem

Die private Nutzung eines vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Kfz stellt einen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil dar. Zur Ermittlung des Sachbezugs wird regelmäßig die vom Gesetzgeber geschaffene 1 %-Regelung angewandt. Demnach werden monatlich „typisiert“ 1 % des Bruttolistenpreises des Pkws im Zeitpunkt der Erstzulassung der Besteuerung unterworfen. Ein niedrigerer Kaufpreis, der durch Verhandlungsgeschick oder übliche Rabatte erzielt wurde, ist irrelevant. Hiergegen richtete sich die Klage eines GmbH-Geschäftsführers.

Sachverhalt

Dem Geschäftsführer wurde von seinem Arbeitgeber ein gebrauchtes Kraftfahrzeug als Dienstwagen zur Verfügung gestellt, dass er auch für private Zwecke nutzen durfte. Das Finanzamt errechnete auf Grundlage des Bruttolistenpreises von 81.400 EUR einen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil von 814 EUR monatlich, obwohl der Kaufpreis des gebrauchten Fahrzeugs lediglich 31.990 EUR betrug. Hierin sah der Geschäftsführer eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, zumal die typisierte Ermittlungsmethode des Gesetzgebers die in der Branche durchaus üblichen Rabatte oder (wie im Streitfall) einen Gebrauchtwagenpreis ignoriere. Unter Berücksichtigung der Marktentwicklung im Kfz-Handel müsse zumindest ab dem Jahr 2009 ein „üblicher“ Rabattabschlag von 20 % auf den Bruttolistenpreis vorgenommen werden, um folgerichtige Besteuerungsgrundlagen zu erhalten.

Entscheidung

Das Finanzgericht Niedersachsen wies die Klage ab, ließ jedoch angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zu. So müsse der Gesetzgeber zwar grundsätzlich bei einer Pauschalierung (wie der 1 %-Regel) auf geänderte tatsächliche Gegebenheiten reagieren, um diese realitätsgerecht zu erfassen. Die in der Branche gewährten Rabatte orientierten sich aber an vielen Sonderfaktoren. Der Gesetzgeber sei nicht gehalten, einen pauschalen Abschlag von 20 % auf den Bruttolistenpreis vorzunehmen. Zudem stehe jedem Steuerpflichtigen die Möglichkeit offen, den tatsächlichen Wert des Sachbezugs durch Führung eines Fahrtenbuchs nachzuweisen. Der Gesetzgeber habe daher im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums gehandelt, so das Finanzgericht.

Konsequenz

Zu einem aufsehenerregenden Urteil hat sich das Finanzgericht nicht durchringen können. Eine Orientierung am Verkehrswert könnte auch zu praktischen Problemen oder Missbräuchen führen. Dem Vorwurf der Verfassungswidrigkeit entging der Gesetzgeber durch Schaffung einer „Escape-Klausel“ (Fahrtenbuch); auch die Deckelung des geldwerten Vorteils auf die tatsächlichen Kosten trägt dafür Sorge. Gegen das Urteil wurde Revision beim BFH eingelegt, so dass nunmehr eine höchstrichterliche Äußerung zu der Rechtsfrage erfolgt. Steuerpflichtige, die von einem möglicherweise günstig ausfallenden Urteil profitieren möchten, sollten Einspruch einlegen und diesen mit Hinweis auf das anhängige BFH-Verfahren ruhend stellen lassen.

Wann dürfen Registergerichte Gesellschafterlisten zurückweisen?

Wann dürfen Registergerichte Gesellschafterlisten zurückweisen?

Kernaussage

Jede Veränderung in der Person der Gesellschafter einer GmbH oder des Umfangs ihrer Beteiligung erfordert nach dem Gesetz eine Korrektur der Gesellschafterliste und deren (Neu-)Einreichung zum Handelsregister. Steht die Abtretung eines Geschäftsanteils unter einer aufschiebenden Bedingung, besteht indes noch kein Bedürfnis, die Gesellschafterliste zu ändern. Das Registergericht ist berechtigt, eine Liste mit lediglich angekündigten Veränderungen zurückzuweisen, denn hier ist kein Rechtsschutzbedürfnis ersichtlich: ein aufschiebend bedingt abgetretener Geschäftsanteil kann nicht vor Bedingungseintritt von einem Dritten gutgläubig erworben werden.

Sachverhalt
Ein Notar hatte eine Gesellschafterliste einer GmbH zum Handelsregister eingereicht und darauf zu einem Geschäftsanteil einer Gesellschafterin vermerkt: „aufschiebend bedingt abgetreten“. Weitere Änderungen ergaben sich aus der Liste nicht. Das Registergericht lehnte die Aufnahme der Gesellschafterliste ab, da sie keine bereits eingetretenen Veränderungen enthalte. Mit den hiergegen gerichteten Beschwerden blieb der Notar erfolglos.

Entscheidung

Die Verpflichtung zur Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste setzt nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut erst mit Wirksamwerden der Veränderung in der Person des Gesellschafters ein. Vereinzelt wird es für zulässig gehalten, dass der Notar unmittelbar nach einer aufschiebend bedingten Anteilsabtretung eine neue Liste einreichen darf, die der hinterlegten entspricht, jedoch den Zusatz auf die bedingte Abtretung enthält (sog. „Zwei-Listen-Modell“). Diese Auffassung teilt der Bundesgerichtshof nicht, denn ein aufschiebend bedingt abgetretener Geschäftsanteil kann von Gesetzes wegen nicht vor Bedingungseintritt von einem Dritten gutgläubig erworben werden. Die Gesellschafterliste begründet keinen Vertrauenstatbestand für die Freiheit des Geschäftsanteils von Belastungen oder für die uneingeschränkte Verfügungsmacht des Gesellschafters. Der gute Glaube bezieht sich vielmehr nur auf die Rechtsinhaberschaft.

Konsequenz

Dem Bestreben, einem Ersterwerber nach einer aufschiebend bedingten Geschäftsanteilsabtretung ein Mittel gegen einen gutgläubiger Erwerb dieses Anteils bei einer erneuten Abtretung durch den Veräußerer (Zweiterwerb) an die Hand zu geben, kann nicht mit der Einreichung einer neuen Gesellschafterliste Rechnung getragen werden. Es steht nicht im Belieben der Beteiligten, den Inhalt der von ihnen eingereichten Liste abweichend von den gesetzlichen Vorgaben um weitere, ihnen sinnvoll erscheinende Bestandteile zu ergänzen.

Sind Fremdgeschäftsführer und Vorstände unionsrechtlich Arbeitnehmer?

Sind Fremdgeschäftsführer und Vorstände unionsrechtlich Arbeitnehmer?

Rechtslage

Eine Vielzahl arbeitnehmerschützender Regelungen ist europarechtlich kodifiziert. Darunter fallen insbesondere Regelung des Diskriminierungsschutzes und grundlegende Arbeitnehmerschutzvorschriften (hier: Mutterschutz). Dabei gilt, dass sich diese europarechtlichen Regelungen nach dem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff richten. Nach deutschem Arbeitnehmerbegriff sind Mitglieder eines Vertretungsorgans einer Kapitalgesellschaft, insbesondere der GmbH-Geschäftsführer, in keinem Fall als Arbeitnehmer anzusehen, weil der Geschäftsführer Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt. Entsprechend kann der Geschäftsführer auch keine Arbeitnehmerschutzrechte in Anspruch nehmen. Für den Bereich des Mutterschutzes hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf eine lettische Vorlagefrage hin darüber zu entscheiden, ob die Kündigung bzw. die Abberufung einer schwangeren Geschäftsführerin aufgrund geltender Mutterschutzvorschriften wirksam sein kann.

Sachverhalt

Die Klägerin war (für 3 Jahre) zur Geschäftsführerin einer Kapitalgesellschaft berufen, ohne an deren Kapital beteiligt zu sein (sogenannte Fremd-Geschäftsführerin). Ob ein schuldrechtlicher Anstellungsvertrag bestand, war zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls erhielt die Geschäftsführerin eine Vergütung und hatte Urlaubsansprüche. Als die Schwangerschaft der Klägerin bekannt wurde, berief das Aufsichtsgremium der Kapitalgesellschaft die Geschäftsführerin ab, was gleichbedeutend mit der Kündigung eines etwaigen Anstellungsvertrages war. Nach lettischem Recht war insbesondere die Abberufung jederzeit uneingeschränkt zulässig. Die Klägerin machte geltend, sie sei alleine wegen ihrer Schwangerschaft in diskriminierender Weise und unter Verstoß gegen unionsrechtlichen Mutterschutz abberufen bzw. gekündigt worden.

Entscheidung

Der EuGH gab der Klägerin Recht. Der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff sei dadurch gekennzeichnet, dass eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringe, für die sie eine Vergütung erhalte. Dass das lettische Recht das Verhältnis zwischen Mitglied der Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft und Kapitalgesellschaft nicht als Arbeitsverhältnis einstufe, sei für die unionsrechtliche Einordnung nicht maßgeblich. Vor diesem Hintergrund sei für Zwecke der Gewährung unionsrechtlichen Mutterschutzes die Arbeitnehmereigenschaft eines Mitglieds der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft zu bejahen. Die Arbeitnehmereigenschaft bestehe, wenn das Leitungsmitglied der Gesellschaft gegenüber Leistungen erbringe und in sie eingegliedert sei, wenn es seine Tätigkeit für eine bestimmte Zeit nach der Weisung oder unter der Aufsicht eines anderen Organs dieser Gesellschaft ausübe und als Gegenleistung für die Tätigkeit ein Entgelt erhalte. Zudem wies der EuGH darauf hin, dass eine nationale Regelung, die eine Kündigung eines schwangeren Mitglieds der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft erlaube, wegen des unionsrechtlichen Diskriminierungsverbots selbst dann unzulässig sein könnte, wenn das Mitglied der Unternehmensleitung nicht unter den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff fiele.

Konsequenz

Die Entscheidung hat auch Auswirkungen für Deutschland, das in seinen nationalen Regelungen mit den im Verfahren vor dem EuGH streitgegenständlichen lettischen Gesetzesregelungen zumindest vergleichbar ist. Konkret bedeutet dies, dass jedenfalls weibliche Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft und Fremdgeschäftsführerinnen einer GmbH unter den Anwendungsbereich des Mutterschutzgesetzes fallen. Ob sie mit allen Konsequenzen als Arbeitnehmerinnen anzusehen sind, ist nicht abschließend festgestellt; allerdings geht die Ansicht des EuGH wohl in diese Richtung.

Nur Wiederverkäufer können die Differenzbesteuerung nutzen

Nur Wiederverkäufer können die Differenzbesteuerung nutzen

Rechtslage

Die Differenzbesteuerung ist ein Sondertatbestand des Umsatzsteuergesetzes (UStG), der es beim Handel mit gebrauchten Gegenständen unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, die Umsatzsteuer aus der erzielten Marge zu ermitteln. Die Umsatzsteuer wird hierbei nicht offen ausgewiesen.

Urteil des Bundesfinanzhofs zur Differenzbesteuerung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte mit Urteil vom 29.6.2011 geklärt, unter welchen Voraussetzungen die Differenzbesteuerung angewendet werden kann. Demnach muss schon der Einkauf des Gegenstandes mit dem Zweck erfolgen, diesen später wieder zu verkaufen. Der Wiederverkauf muss dabei nicht das primäre Ziel der Anschaffung sein, aber zumindest nachrangig verfolgt werden. Daneben muss der Wiederverkauf zur normalen Tätigkeit des Verkäufers gehören. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn ein Unternehmer regelmäßig gebrauchte Kfz für sein Betriebsvermögen erwirbt und diese im Rahmen der Ersatzbeschaffung in Zahlung gibt.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat das Urteil akzeptiert und nun in den Umsatzsteueranwendungserlass (USTAE) integriert.

Konsequenzen

Für den normalen Gebrauchtwagenhändler ändert sich durch die neue Rechtslage nicht viel. Lediglich bei Verkauf seines eigenen betrieblichen Pkws aus dem Anlagevermögen kann ihm nun die Differenzbesteuerung versagt werden, wenn er nicht nachweisen kann, diesen mit der Absicht des Wiederverkaufs erworben zu haben. Unternehmer, die nicht regelmäßig gebrauchte Gegenstände an- und verkaufen, können die Differenzbesteuerung nicht in Anspruch nehmen.

Voraussetzungen der „fehlerhaften Gesellschaft“

Voraussetzungen der „fehlerhaften Gesellschaft“

Kernaussage

Die Lehre von der „fehlerhaften Gesellschaft“ dient der Abwicklung unwirksam geschlossener Gesellschaftsverträge. Die Unwirksamkeit kann z. B. auf einem Formfehler, einer Anfechtung oder auf einem Verstoß gegen zwingendes Recht beruhen. Die Gesellschaft wird dann aber nicht rückwirkend abgewickelt, sondern für die Vergangenheit als wirksam behandelt. Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte nun, dass die Voraussetzung für eine fehlerhafte Gesellschaft, nämlich die auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages gerichteten Willenserklärungen der Beteiligten, dann nicht vorliegt, wenn ein Mitgesellschafter die ihm erteilte Vollmacht überschreitet.

Sachverhalt

Das Vermögen der Klägerin und deren Schwester wurde von dem Beklagten, ihrem Vater, verwaltet. Wegen Meinungsverschiedenheiten sollte der Beklagte die ihm erteilte Generalvollmacht nur noch nach vorheriger Information der Klägerin und interner Abstimmung der Schwestern nutzen. Sodann schloss der Beklagte unter Nutzung der Vollmacht einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit sich selbst ab und brachte dort das gesamte Vermögen seiner Töchter ein. Er bestimmte sich zum alleinigen Geschäftsführer und schloss alle Verfügungen der Töchter bis zum Jahr 2022 aus. In der Folgezeit änderte der Beklagte die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse, indem er 2 GbR’s gründete, in die er jeweils das Vermögen einer Tochter einbrachte, während die andere Schwester und er selbst nur zu je 0,5 % beteiligt waren. Die auf die Klägerin laufenden Konten ließ er aufgrund der Vollmacht ohne Rücksprache mit der Klägerin umschreiben; so dass dieser jegliche Verfügungsmöglichkeit entzogen war. Sodann veranlasste der Beklagte als Geschäftsführer der GbR die Übertragung sämtlicher Konten auf eine weitere GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er selbst war. Die Klägerin verlangte daraufhin Schadensersatz für die Eingriffe in ihre Verfügungsbefugnis. Der BGH gab der Klägerin Recht, verwies die Sache aber an das OLG zurück.

Entscheidung

Das OLG war zu Unrecht von einer fehlerhaften Gesellschaft und damit von deren Wirksamkeit ausgegangen. Eine solche Gesellschaft setzt einen Gesellschaftsvertrag voraus; hierbei müssen Willenserklärungen der Beteiligten vorliegen, die auf dessen Abschluss gerichtet sind. Ein rechtsgeschäftliches Handeln fehlt aber, wenn ein Mitgesellschafter die ihm erteilte Vollmacht überschreitet. Der Beklagte hatte den Gesellschaftsvertrag nämlich rechtsmissbräuchlich abgeschlossen. Er hatte eigenmächtig und in einem Insichgeschäft gehandelt. Damit handelte es sich vielmehr um eine Scheingesellschaft, die – im Gegensatz zur fehlerhaften Gesellschaft – nicht entstanden ist und auch nicht für die Vergangenheit als wirksam behandelt wird. Das OLG muss daher den klägerseits dargelegten, durch die Verfügungen des Beklagten entstandenen Schaden nochmals prüfen.

Konsequenz

Beim rechtsmissbräuchlichen Abschluss eines Gesellschaftsvertrages durch Überschreiten einer Vollmacht sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht anzuwenden. Es mangelt dann ebenfalls an einem vom Willen aller Gesellschafter getragenen Vollzug des Gesellschaftsvertrages.