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Anrechnung von Kapitalertragsteuer auf Fondserträge

Anrechnung von Kapitalertragsteuer auf Fondserträge

Einführung

Thesaurierende Investmentfonds schütten ihre Erträge nicht an die Anteilseigner aus, sondern verwenden diese zum Erwerb weiterer Vermögenswerte. Dennoch gelten die Erträge als beim Anteilseigner zugeflossen und sind der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen. Die auf die Erträge entfallende Kapitalertragsteuer wird bei ausländischen Fonds erst im Zeitpunkt der Veräußerung der Fondsanteile einbehalten und abgeführt.

Sachverhalt

Der Kläger erhielt von seiner Mutter im Jahr 1998 Anteile an einem thesaurierenden ausländischen Fonds geschenkt, die er in 2004 veräußerte. Die depotverwahrende Bank ermittelte den Gesamtbetrag der thesaurierten Erträge bis zum Verkaufstag und führte die daraus resultierende Zinsabschlagsteuer sowie den Solidaritätszuschlag an das Finanzamt ab. Der Kläger gab in seiner Steuererklärung 2004 keine Einnahmen im Zusammenhang mit den Fondsanteilen an, beantragte jedoch die Anrechnung der einbehaltenen und abgeführten Zinsabschlagsteuer sowie des Solidaritätszuschlags. Das beklagte Finanzamt hingegen erfasste die thesaurierten Erträge, soweit sie auf noch nicht festsetzungsverjährte Jahre entfielen, anteilig als Einnahmen und ließ auch die Zinsabschlagsteuer und den Solidaritätszuschlag nur anteilig zur Anrechnung zu. Es ging stillschweigend davon aus, dass die thesaurierten Erträge in der Vergangenheit weder bei der Mutter noch beim Kläger versteuert wurden. Der Kläger hatte schließlich vor dem BFH Erfolg.

Entscheidung des BFH

Die Anrechnung von Kapitalertragsteuer kann nur insoweit erfolgen, als die entsprechenden Kapitalerträge auch als Einnahmen versteuert wurden. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen durch die rechtliche Verknüpfung zwischen Einkünftebesteuerung und Kapitalertragsteuerabzug Steuerausfälle und Steuerverkürzungen vermieden werden. Dies setzt keine Personenidentität zwischen demjenigen, der die Kapitalerträge erzielt und demjenigen, der den Kapitalertragsteuerabzug begehrt, voraus. Es kommt lediglich darauf an, dass im Ergebnis die Erfassung der Kapitalerträge gewährleistet ist. Allerdings bemängelte der BFH, dass sich das FG lediglich auf die Annahme des Finanzamtes gestützt habe, die Einnahmen seien bei der Mutter des Klägers nicht besteuert worden und könnten auch wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr besteuert werden, ohne dies eingehend geprüft zu haben. Der BFH verwies den Fall daher zurück an das FG. Sollte das FG zu dem Ergebnis gelangen, dass die Mutter die Erträge tatsächlich nicht versteuert hat, ist der vom Finanzamt ergangene Steuerbescheid rechtmäßig.

Konsequenz

Seit dem 1.1.2009 unterliegen Kapitalerträge, die über eine inländische Bank erzielt werden, regelmäßig dem Abgeltungsteuersatz von 25 % (zzgl. Solidaritätszuschlag). Da die Bank den Steuerabzug vornimmt, müssen die Erträge vom Steuerpflichtigen nicht mehr in die Steuererklärung aufgenommen werden. Hiervon ausgenommen sind aber ausschüttungsgleiche Erträge aus ausländischen thesaurierenden Fonds. Diese sind in den bescheinigten Kapitalerträgen der Banken nicht enthalten und müssen vom Steuerpflichtigen weiterhin in der Anlage KAP aufgeführt werden.

Einsicht in Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Einsicht in Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Kernfrage

Dem Grunde nach enden die wechselseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mit dessen Beendigung. Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr entschieden, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers in der Form seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung über den Bestand des Arbeitsverhältnisses hinaus wirkt und den Arbeitnehmer schützt.

Sachverhalt

Die Parteien hatten sich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses um das Zeugnis für den Kläger gestritten. Dabei warf der beklagte Arbeitgeber dem klagenden Arbeitnehmer unter Bezugnahme auf dessen Personalakte Illoyalität vor, worauf hin der Arbeitnehmer Einsicht in seine Personalakte verlangte, die ihm verweigert wurde. Seinen mit der Klage verfolgten Einsichtnahmeanspruch begründete er mit einer Vorschrift des Bundesdatenschutzgesetzes (Auskunfts- und Einsichtnahmeanspruch, § 34 BDSG) und gewann vor dem Bundesarbeitsgericht.

Entscheidung

Arbeitnehmer können auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein berechtigtes Interesse daran haben, den Inhalt ihrer fortgeführten Personalakte auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Der Anspruch folge allerdings nicht aus dem Bundesdatenschutzgesetz, sondern gründet sich auf die vertragliche Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers. Diese gebietet es, auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, hier in Form des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt, wie datenschutzrechtliche Fragestellungen im Arbeitsrecht an Bedeutung gewinnen. Sie zeigt außerdem, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung über das Arbeitsverhältnis hinaus wirkt.

Rechtsschutzgarantie durch vorläufige Steuerfestsetzungen

Rechtsschutzgarantie durch vorläufige Steuerfestsetzungen

Kernaussage

Auch wenn die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens beim Europäischen Gerichtshof, dem Bundesverfassungsgericht oder einem oberen Bundesgericht ist, kann die Steuer dennoch vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung gewährleistet ausreichenden Rechtsschutz des Steuerpflichtigen. Dieser wird auch dadurch nicht verfassungswidrig eingeschränkt, dass die Finanzbehörde bei einem Einspruch gegen die vorläufige Steuerfestsetzung vorab über entscheidungsreife Teile des Einspruchs entscheidet.

Sachverhalt

Das beklagte Finanzamt erließ gegenüber dem Kläger einen Bescheid über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2005. Der Bescheid enthielt Vorläufigkeitserklärungen hinsichtlich der Vereinbarkeit der dort aufgeführten gesetzlichen Vorschriften (z. B. SolzG) mit höherrangigem Recht. Das Finanzamt wies darauf hin, dass Änderungen dieser Regelungen von Amts wegen berücksichtigt würden. Sofern der Kläger im Einspruchsverfahren die ungeklärte Reichweite der Vorläufigkeitsvermerke rügte, erließ das Finanzamt in diesem Umfang eine Teileinspruchsentscheidung. Mit der Klage möchte der Kläger die Nichtigkeit der Bescheide wegen der Unbestimmtheit der vorläufigen Festsetzung festgestellt wissen.

Entscheidung

Ein Vorläufigkeitsvermerk ist hinreichend bestimmt, wenn er auf die Besteuerungsgrundlage hinweist, hinsichtlich derer die Steuer vorläufig festgesetzt wird. Es ist nicht erforderlich, die betragsmäßige Auswirkung der vorläufigen Festsetzungen anzugeben und die anhängigen Musterverfahren nach Gericht und Aktenzeichen zu bezeichnen. Ergeht die Vorläufigkeit hinsichtlich eines solchen Musterverfahrens, kann der Steuerpflichtige Einspruch und Klage erheben, wenn besondere Gründe substantiiert geltend gemacht werden können. Anderenfalls wird der Rechtsschutz des Steuerpflichtigen durch die Vorläufigkeit gewahrt. Hinsichtlich der gerügten Nichtigkeit der Vorläufigkeitsvermerke war der Einspruch entscheidungsreif, so dass eine Teileinspruchsentscheidung ergehen konnte. Diese ist sachdienlich, da sie dem Interesse des Finanzamts an einer zeitnahen Entscheidung dient. Die Rechtsschutzgarantie gebietet es hingegen nicht, Einspruchsverfahren möglichst lange offen zu lassen.

Konsequenz

Sowohl die vorläufige Steuerfestsetzung trotz Musterverfahrens als auch die Teileinspruchsentscheidung sind zulässig und beschränken nicht den Rechtsschutz des Steuerpflichtigen. Sofern ein Musterverfahren nicht weiter verfolgt werden sollte (z. B. Abhilfe oder Rücknahme) und die Steuerfestsetzungen für endgültig erklärt werden, kann gegen diese endgültige Festsetzung Einspruch eingelegt werden.

Kein Besteuerungsrecht für Sondervergütungen an ausländische Gesellschafter

Kein Besteuerungsrecht für Sondervergütungen an ausländische Gesellschafter

Kernproblem

Vergütungen, die ein Gesellschafter von seiner gewerblichen Personengesellschaft erhält, gehören nach nationalem Recht regelmäßig zu den Einkünften aus Gewerbetrieb (sog. Sondervergütungen). Da solche im internationalen Kontext weitgehend unbekannt sind, bereitet die steuerliche Behandlung von grenzüberschreitend gezahlten Sondervergütungen häufig Probleme. Streitig war in der Vergangenheit insbesondere, ob das Besteuerungsrecht für Sondervergütungen an einen im Ausland ansässigen Gesellschafter abkommensrechtlich dem In- oder Ausland zusteht. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) 2007 zugunsten des Ansässigkeitsstaats des Gesellschafters entschieden. Dieser unliebsamen Entscheidung hat der Gesetzgeber durch die Einführung des § 50d Abs. 10 EStG entgegenzuwirken versucht.

Sachverhalt

Der Kläger hatte 2001 seinen Wohnsitz in den USA. Von 1967 bis 1984 war er unstreitig Mitunternehmer einer inländischen GmbH & Co. KG. Im 1984 geschlossenen Aufhebungsvertrag wurde vereinbart, dass der Kläger ab 1.1.2001 eine Pension erhalten sollte. In 1997 wurde die KG mehrfach veräußert und anschließend von einer GmbH übernommen. Nach Auffassung des beklagten Finanzamts waren die von der GmbH geleisteten Pensionszahlungen in 2001 als nachträgliche Sondervergütungen aus der GmbH & Co. KG zu behandeln, deren Besteuerungsrecht in Deutschland liege. Der Kläger obsiegte in allen Instanzen.

Entscheidung

Der BFH ließ ausdrücklich offen, ob es sich bei den Pensionszahlungen überhaupt um nachträgliche Sondervergütungen handele, da die Zahlungen nunmehr von einer GmbH erfolgten. Selbst bei einer Qualifikation als Sondervergütung stellte der BFH jedoch klar, dass das Besteuerungsrecht für diese Sondervergütungen in den USA liege und verwies zur Begründung auf sein Urteil aus 2007. Des Weiteren führte der BFH aus, dass die Einführung des § 50d Abs. 10 EStG durch das JStG 2009 hieran nichts ändere. Ungeachtet der grundsätzlich verfassungsrechtlich bedenklichen Rückwirkung der Regelung sowie deren unklaren Tatbestandsmerkmale und Reichweite, sei die Vorschrift auf solche Sondervergütungen, die erst nachträglich gezahlt werden, nicht anwendbar. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Wortlaut der Vorschrift.

Konsequenzen

Zuletzt in 2010 hatte der BFH entschieden, dass die Einführung des § 50d Abs. 10 EStG nichts an der bisherigen Rechtslage ändere. Demnach liegt das Besteuerungsrecht für Vergütungen, die ein im Ausland ansässiger Gesellschafter einer deutschen Personengesellschaft z. B. für die Hingabe von Darlehen oder für seine Tätigkeit erhält, grundsätzlich weiterhin (nur) im Ausland. Eine baldige „Nachbesserung“ des Gesetzeswortlauts durch den Gesetzgeber ist indes zu befürchten. Inwieweit dies dann ein verfassungsrechtlich bedenklicher Verstoß gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen aus den Doppelbesteuerungsabkommen („treaty override“) ist, wird wohl vom BFH bzw. vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geklärt werden müssen.

Missbrauch von Bonuspunkten rechtfertigt keine Kündigung

Missbrauch von Bonuspunkten rechtfertigt keine Kündigung

Rechtslage

Fehlverhalten von Arbeitnehmern, das unmittelbar zu Vermögensschäden beim Arbeitgeber führt, berechtigt den Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Streitig ist regelmäßig, ob eine fristlose Kündigung möglich ist oder ob vorher eine Abmahnung ausgesprochen werden musste. Das Landesarbeitsgericht Hessen hat in diesem Zusammenhang zum Missbrauch von Bonuspunkte entschieden.

Sachverhalt

Der klagende Tankstellenmitarbeiter hatte Umsätze von Kunden, die keine Bonuskarte bei dem Tankstellenunternehmen hatten, in mehreren Fällen (insgesamt 230 EUR) der Bonuskarte eines Kollegen gutgeschrieben, wobei die Bonuspunkte auf Dritte übertragbar waren. Der beklagte Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos und unterlag im anschließenden Kündigungsschutzprozess.

Entscheidung

Arbeits- und Landesarbeitsgericht urteilten, dass zwar eine schwerwiegende Pflichtverletzung vorgelegen habe, denn das Bonusprogramm war für jeden Mitarbeiter erkennbar darauf ausgerichtet, Kunden zu binden und nur hierfür die Umsätze gutzuschreiben. Allerdings wäre eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen; ferner konnte der Arbeitgeber nicht nachweisen, dass er den Angestellten die Eigennutzung untersagt hatte. Denn die Abmahnung wäre vor dem Hintergrund, dass die Bonuspunkt übertrag waren, geeignet gewesen, das Fehlverhalten zu vermeiden. In Ermangelung eines ausdrücklichen Verbotes konnte beim Mitarbeiter der Eindruck entstehen, eine Übertragung in kleinem Umfang sei zulässig.

Konsequenz

In der Sache erscheint die Entscheidung zutreffend. Nur das ausdrückliche Verbot führt zu ausreichender Klarheit und damit zur unmittelbaren Kündigungsmöglichkeit. Allerdings überrascht die Begründung, weil sie auch so verstanden werden könnte, dass kleineres Fehlverhalten noch nicht einmal abmahnfähig wäre.

Board of directors-Mitglieder sind nicht versicherungsfrei

Board of directors-Mitglieder sind nicht versicherungsfrei

Kernaussage

Die für die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht geltenden Ausnahmebestimmungen zur Befreiung von der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung finden auf Mitglieder des board of directors einer US-Kapitalgesellschaft keine entsprechende Anwendung.

Sachverhalt

Die Kläger sind Mitglieder des board of directors der Fastfoodkette McDonald´s, die als Kapitalgesellschaft nach dem Recht des Staates Delaware/USA mit Zweigniederlassung in München organisiert ist. Die beklagte AOK zog die Kläger zur Zahlung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung heran. Die Kläger machten geltend, dass Vorstandsmitglieder deutscher Aktiengesellschaften wegen ihrer hohen Einkommen und ihrer faktischen Entscheidungsfreiheit in der Sozialversicherung wie selbstständige Unternehmer behandelt werden und daher nicht versicherungspflichtig seien. Eine Versicherungsfreiheit sei daher für sie ebenso begründet. Die Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.

Entscheidung

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 1 Satz 4 SGB VI und § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III); die gesetzlichen Vorschriften finden nur auf Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht Anwendung. Eine Äquivalenzregel zu diesen Ausnahmevorschriften ist nicht existent. Eine Tatbestandsgleichbehandlung kann auch nicht aus dem Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 29.10.1954 gemäß dem Gebot der Inländerbehandlung hergeleitet werden. Ferner ist die Niederlassungsfreiheit des Vertrages über die Arbeitsweise der EU auf Gesellschaften aus Drittstaaten nicht anwendbar.

Konsequenz

Ausgehend von einem Einkommen der Vorstandsmitglieder über der Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 66.000 EUR jährlich führt die Versicherungspflicht zu einem Jahresbeitrag für die Renten- und Arbeitslosenversicherung von insgesamt 15.114 EUR, die für jedes Mitglied des board of directors zu zahlen sind.

Ausgleichspflichtige Unternehmervorteile beim Handelsvertretervertrag

Ausgleichspflichtige Unternehmervorteile beim Handelsvertretervertrag

Kernaussage

Auch bei besonders langlebigen Wirtschaftsgütern, die der Kunde erst nach 20 Jahren austauschen müsste, kann eine Stammkundeneigenschaft anzunehmen sein. Dem Unternehmer können diesbezüglich bei Beendigung des Handelsvertretervertrages ausgleichspflichtige Unternehmervorteile verbleiben.

Sachverhalt

Die Klägerin war für die Beklagte aufgrund vertraglicher Basis von Juli 1983 bis zur fristlosen Kündigung durch die Beklagten im Mai 2000 als Handelsvertreterin für Industrieböden tätig. Ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung lag nicht vor, weshalb das Handelsvertreterverhältnis aufgrund der hilfsweisen ordentlichen Kündigung beendet wurde. Die Klägerin begehrt die Zahlung von Provisionen sowie einen Handelsvertreterausgleich in Höhe von rund 48.000 EUR. Landgericht und Oberlandesgericht (OLG) gaben der Klage nur hinsichtlich der Provisionsansprüche teilweise statt. Auf die Revision der Klägerin, die auf den Handelsvertreterausgleichsanspruch beschränkt war, hob der Bundesgerichtshof (BGH) das Berufungsurteil auf und wies die Sache an das OLG zurück.

Entscheidung

Voraussetzung für den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters (§ 89b HGB) ist, dass dieser für den Unternehmer neue Stammkunden geworben hat. Als Stammkunden sind dabei die Kunden anzusehen, die in einem überschaubarer Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden. Auch bei besonders langlebigen Wirtschaftsgütern (hier: Industrieböden mit einer Haltbarkeitsdauer von 25 Jahren) können Stammkunden und Folgeaufträge anzunehmen sein. Dies ist z. B. der Fall bei expandierenden Unternehmen oder bei reinen Reparaturaufträgen, die also über die bloßen Gewährleistungsarbeiten hinausgehen. Der Handelsvertreter muss daher darlegen, welcher Anteil seiner Provisionseinnahmen des letzten Vertragsjahres auf Folgegeschäfte mit von ihm geworbenen Stammkunden entfällt. Der Vortrag der Klägerin wurde diesen Anforderungen gerecht.

Konsequenz

Das Urteil stärkt die Rechte des Handelsvertreters. Lassen Produkte aufgrund ihrer Zweckbestimmung oder Langlebigkeit in der Regel nur eine einmalige Anschaffung erwarten, ist der Ausgleichsanspruch dennoch nicht von vornherein ausgeschlossen.

Erweiterter Informationsaustausch zwischen Deutschland und Österreich

Erweiterter Informationsaustausch zwischen Deutschland und Österreich

Einleitung

Das zwischen Deutschland und Österreich vereinbarte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), dessen vorrangiges Ziel in der Vermeidung der Doppelbesteuerung von grenzüberschreitenden Aktivitäten liegt, ist aufgrund des am 29.12.2010 in Berlin unterzeichneten Revisionsprotokolls geändert worden. Gegenstand der Änderung ist Artikel 26 des DBA, der Bestimmungen über den Austausch steuerlicher Informationen zwischen den beiden Ländern beinhaltet. Hintergrund der Änderung ist die Umsetzung des aktuellen OECD-Standards für Transparenz und effektiven Informationsaustausch, wiedergegeben in Artikel 26 des aktuellen OECD-Musterabkommens für Doppelbesteuerungsabkommen.

Änderung der Informationsaustauschklausel (Artikel 26)

Nach dem geänderten Artikel 26 des DBA-Österreich sind nunmehr Informationen zu übermitteln, die für die Besteuerung im ersuchenden Staat voraussichtlich erheblich sind. Dies bedeutet für die Praxis, dass Österreich nach dem Inkrafttreten des Revisionsprotokolls auf deutsches Ersuchen hin steuererhebliche Bankinformationen übermitteln muss, ohne dass – wie bislang von der österreichischen Rechtsprechung gefordert – die Voraussetzung der förmlichen Einleitung eines Strafverfahrens in Deutschland erfüllt sein muss. Die konkreten Anforderungen an ein Auskunftsersuchen sind in einer Protokollklausel präzisiert, die Bestandteil des geänderten DBA wird. Die Protokollklausel verweist dabei ergänzend auf die Kommentare der OECD zum OECD-Muster für DBA und zum OECD-Muster für Steuerinformationsaustauschabkommen.

Inkrafttreten

Das Revisionsprotokoll bedarf der Ratifikation in beiden Ländern, die voraussichtlich zeitnah erfolgen wird. Nach seinem Inkrafttreten wird der erweiterte Informationsaustausch zu Bankinformationen für Steuerjahre bzw. Veranlagungszeiträume anzuwenden sein, die am oder nach dem 1.1.2011 beginnen.

Anforderung an den Ergebnisabführungsvertrag bei ertragsteuerlicher Organschaft

Anforderung an den Ergebnisabführungsvertrag bei ertragsteuerlicher Organschaft

Kernproblem

Vorteil einer ertragsteuerlichen Organschaft ist insbesondere die Möglichkeit der Verrechnung von Gewinnen und Verlusten zweier rechtlich selbstständigen Unternehmen für ertragsteuerliche Zwecke. Voraussetzung für dessen steuerliche Anerkennung ist aber u. a. der Abschluss und die tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags für eine Mindestdauer von 5 Jahren. Ist die Tochter- bzw. Organgesellschaft eine GmbH, muss der Ergebnisabführungsvertrag zusätzlich eine Verlustübernahmeverpflichtung entsprechend den Vorschriften des Aktiengesetzes (§ 302 AktG) enthalten. Nach ständiger Spruchpraxis des Bundesfinanzhofs (BFH) erstreckt sich das Regelungserfordernis auf § 302 Abs. 1 und Abs. 3 AktG sowie auf die Vereinbarung der Verjährungsregelung entsprechend § 302 Abs. 4 AktG.

Sachverhalt

Die klagende GmbH verpflichtete sich vertraglich, ihren ganzen Gewinn an die Mutterkapitalgesellschaft abzuführen. Außerdem wurde eine Verlustübernahmeverpflichtung „entsprechend den Vorschriften des § 302 Abs. 1 und 3 des AktG“ vereinbart. Mangels ausdrücklicher Aufnahme der Verjährungsregel (§ 302 Abs. 4 AktG) vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, dass ein ertragsteuerliches Organschaftsverhältnis nicht zustande gekommen sei. Gestritten wurde letztendlich um die Frage, ob die Vollziehung des Bescheids über den Gewerbesteuermessbetrag 2007 auszusetzen ist, weil ernstlichen Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen. Dies wurde vom Finanzgericht (FG) zunächst bejaht, vom BFH aber schließlich abgelehnt.

Entscheidung

Der BFH bestätigte seine bisherige Rechtsprechung, dass sich das Regelungserfordernis der „Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG“ zwingend auf § 302 Abs. 1 und Abs. 3 AktG und nach Einfügung der Verjährungsbestimmung des § 302 Abs. 4 AktG durch Gesetz vom 15.12.2004 auch auf diesen erstreckt. Lediglich eine Bezugnahme auf Absatz 2 der Vorschrift, der sich mit (für die ertragsteuerliche Organschaft nicht relevanten) Betriebspacht- oder Betriebsüberlassungsverträgen befasst, sei entbehrlich.

Konsequenzen

Der Beschluss des BFH erging zwar „nur“ in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, eine für den Steuerpflichtigen günstigere Auffassung im Hauptsacheverfahren erscheint derzeit aber eher unwahrscheinlich. Zur Vermeidung unliebsamer steuerlicher Folgen ist daher in der Praxis auf eine sorgfältige Formulierung des Ergebnisabführungsvertrags zu achten. Hierfür bietet sich insbesondere eine (dynamische) Vertragsformulierung an, die auf die Anwendung des § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung verweist.

Gebäudeherstellungsverpflichtung ist keine Gegenleistung für Erbbaurecht

Gebäudeherstellungsverpflichtung ist keine Gegenleistung für Erbbaurecht

Kernaussage

Die Verpflichtung zur Bestellung eines Erbbaurechts an einem inländischen Grundstück unterliegt der Grunderwerbsteuer. Bemessungsgrundlage für die Steuer ist die Gegenleistung. Verpflichtet sich die Veräußererseite zur Errichtung eines Gebäudes, so liegt hierin eine Gegenleistung, die der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen ist.

Sachverhalt

Die Klägerin ist ein Immobilienfonds, der ein Erbbaurecht an einem unbebautem Grundstück erwarb. Sie war gemäß Erbbaurechtsvertrag berechtigt und verpflichtet, auf dem Erbbaugrundstück eine Wohnanlage nach Maßgabe einer bereits erteilten Baugenehmigung zu errichten. Für die Fertigstellung der Wohnanlage schloss die Klägerin mit einer ihrer Gesellschafterinnen mehrere Geschäftsbesorgungsverträge (u. a. einen Vertrag über die Baubetreuung) ab. Das beklagte Finanzamt sah in dem Erwerb des Erbbaurechts und der Herstellung des Gebäudes einen einheitlichen Erwerbsgegenstand und bezog die Geschäftsbesorgungsverträge in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer mit ein. Das Finanzgericht schloss sich der Meinung des Finanzamts an, der Bundesfinanzhof gab schließlich der Klägerin Recht.

Entscheidung

Finanzamt und Finanzgericht hatten zu Unrecht angenommen, dass das von der Klägerin erworbene Erbbaurecht einschließlich des von ihr errichteten Gebäudes ein grunderwerbsteuerrechtlich einheitlicher Erwerbsgegenstand war. Laut Vertrag schuldete aber nicht die Erbbaurechtsgeberin die Bebauung des Grundstücks, vielmehr war die Klägerin selbst zur Errichtung des Gebäudes verpflichtet. Eine Verpflichtung der Veräußererseite zur Gebäudeerrichtung ergab sich auch nicht aus den abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsverträgen. Die Errichtung des Gebäudes auf dem Erbbaugrundstück war keine Gegenleistung der Klägerin für die Bestellung des Erbbaurechts, sondern kam dieser zugute. Denn die Klägerin hat bei Erlöschen des Erbbaurechts einen Anspruch auf Entschädigung.

Konsequenz

In der Verpflichtung zur Herstellung eines Gebäudes liegt in der Regel keine Gegenleistung für die Bestellung eines Erbbaurechts.