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Anzahlungen: Korrektur der Umsatzsteuer erfordert Rückzahlung

Anzahlungen: Korrektur der Umsatzsteuer erfordert Rückzahlung

Kernaussage

Grundsätzlich gilt in der Umsatzsteuer das Prinzip der Sollbesteuerung. Umsätze werden versteuert, wenn die Leistung erbracht wurde, unabhängig vom Zeitpunkt der Bezahlung der Forderungen. Abweichend hiervon knüpft der BFH eine Korrektur der Umsatzsteuer jedoch an tatsächliche Zahlungen.

Sachverhalt

Über das Vermögen einer GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die GmbH Anzahlungen erhalten, denen jedoch noch keine Leistungen der GmbH gegenüberstanden. Der Insolvenzverwalter entschied sich gegen die Erfüllung der den Anzahlungen zugrunde liegenden Verträge; sie wurde rückabgewickelt. Streitig war zwischen dem klagenden Insolvenzverwalter und dem beklagten Finanzamt, ob die Umsatzsteuer vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens korrigiert werden kann. Der Kläger unterlag schließlich vor dem Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidung

Der BFH kommt zu einem für die Parteien überraschenden, angesichts der jüngsten Rechtsprechung jedoch zu erwartenden, Ergebnis. Mangels Rückzahlung der Anzahlungen kommt eine Korrektur der Umsatzsteuer nicht in Frage, weder vor noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Konsequenz

Der BFH führt seine Rechtsprechung zur Korrektur der Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer konsequent fort. Demnach kann eine Korrektur der Umsatzsteuer nach Vereinnahmung des Entgeltes nur erfolgen, wenn es tatsächlich zu einer Rückzahlung kommt. Dies gilt für Überzahlungen, Boni, Rabatte und nun auch für Anzahlungen. In der Praxis findet diese Rechtsprechung noch wenig Beachtung. Unternehmer, die Prüfungsrisiken entgehen wollen, sollten sich aber hierauf einstellen.

Organschaft: Stellungnahme des BMF lässt auf sich warten

Organschaft: Stellungnahme des BMF lässt auf sich warten

Kernaussage

Im Jahr 2010 Jahr sind zahlreiche Urteile zur umsatzsteuerlichen Organschaft ergangen. So hatte der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung zur Organschaft bei Betriebsaufspaltungen grundsätzlich geändert. Demnach setzt die finanzielle Eingliederung, als Voraussetzung für die Organschaft, ein Über- bzw. Unterordnungsverhältnis voraus. Dies ist nicht gegeben, wenn die Anteile an einer Kapitalgesellschaft nicht der Personengesellschaft selbst, sondern mehreren Gesellschaftern der Personengesellschaft zuzurechnen sind.

Rechtslage

Der BFH hat seine Rechtsauffassung mit einem neuen Urteil konsequent weiter geführt. Allerdings lässt der Gerichtshof ausdrücklich offen, ob eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt, wenn die Mehrheit der Anteile an beiden Gesellschaften nur einem Gesellschafter zusteht. Gleiches gilt für die Frage, wie Stimmbindungs- und Beherrschungsverträge in diesem Zusammenhang zu würdigen sind. An einer Stellungnahme der Finanzverwaltung fehlte es bisher.

Neue Verwaltungsanweisung

Die Oberfinanzdirektion (OFD) Niedersachsen hat nun mitgeteilt, dass das Bundesfinanzministerium (BMF) noch eine weitere Entscheidung des BFH abwarten wird, bevor es zur neuen Rechtsprechung Stellung bezieht. In dem anhängigen Revisionsverfahren hat der BFH darüber zu entscheiden, ob die finanzielle Eingliederung gegeben ist, wenn sich die Anteile an 2 Kapitalgesellschaften im Privatvermögen einer natürlichen Person befinden und durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ein Über- und Unterordnungsverhältnis sichergestellt ist. Bis dahin finden die existierenden Verwaltungsanweisungen weiterhin Anwendung.

Konsequenzen

Bestehende Organschaftsverhältnisse sollten hinsichtlich ihres weiteren Bestandes unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung überprüft werden. Dies gilt insbesondere für bestehende Betriebsaufspaltungen und umgekehrt auch für Unternehmensstrukturen, die Charakteristika einer Organschaft aufweisen, bisher allerdings nicht als solche behandelt wurden. Dabei ist aber nicht nur die dargestellte Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung zu beachten, sondern auch diverse Urteile zur organisatorischen und wirtschaftlichen Eingliederung. Sofern die Organschaft keine Vorteile bietet, sollte deren Beendigung angestrebt werden, da sie sich gerade in Insolvenzfällen als nachteilig erweist.

Neue Bescheinigung für Gebäudereiniger

Neue Bescheinigung für Gebäudereiniger

Rechtslage

Mit Wirkung vom 1.1.2011 wurde die Umkehr der Steuerschuldnerschaft auf weitere Leistungen ausgedehnt, u. a. auf Gebäudereinigungsleistungen. Dies gilt allerdings nur, sofern der Leistungsempfänger selbst Gebäudereinigungsleistungen erbringt. Ist dies der Fall, so muss er die Umsatzsteuer einbehalten, anmelden und an das Finanzamt abführen. Der leistende Subunternehmer muss eine Nettorechnung ausstellen und auf die Umkehr der Steuerschuldnerschaft hinweisen.

Neue Verwaltungsanweisungen

Das BMF hat nun einen Vordruck (USt 1 TG) veröffentlicht, der es dem Leistungsempfänger erlaubt, nachzuweisen, dass er selbst Gebäudereiniger ist.

Konsequenzen

Legt der Leistungsempfänger seinem Subunternehmer den neuen Vordruck vor, so muss dieser, wie beschrieben, eine Nettorechnung ausstellen. Die Subunternehmer sollten allerdings nur dann netto fakturieren, wenn ihnen der Vordruck auch tatsächlich vorgelegt wird. Gebäudereinigungsfirmen, die Subunternehmer beauftragen, müssen beachten, dass sie grundsätzlich immer Schuldner der Umsatzsteuer werden, wenn die Subunternehmer im Ausland ansässig sind. In diesem Fall ist es unerheblich, ob es sich um Gebäudereinigungsleistungen handelt oder nicht.

Darf ein Arbeitgeber das Aussehen der Mitarbeiter bestimmen?

Darf ein Arbeitgeber das Aussehen der Mitarbeiter bestimmen?

Kernproblem

Arbeitgeber haben nicht selten den Wunsch, ein einheitliches Erscheinungsbild ihrer Mitarbeiter zu erzielen. Neben einer einheitlichen Dienstkleidung werden hierzu regelmäßig Vorgaben für das Aussehen aufgestellt, die im Einzelnen oftmals Streit auslösen.

Sachverhalt

Ein Arbeitgeber, der im Auftrag der Bundespolizei Fluggastkontrollen durchführt, hat seinen Mitarbeitern zusätzlich zur Dienstkleidung u. a. vorgeschrieben, Fingernägel nur einfarbig zu lackieren, die außerdem nur max. 0,5 cm die Fingerkuppe überragen dürften, und Unterwäsche zu tragen, die weiß oder in Hautfarbe sein müsse. Darüber hinaus wurde den männlichen Mitarbeitern eine nicht natürlich wirkende Haarfärbung und das Tragen von Haarersatz verboten. Hiergegen ist der Betriebsrat mit teilweisem Erfolg vorgegangen.

Entscheidung

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts verletzen einige der vom Arbeitgeber aufgestellten Vorgaben das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer und sind deshalb unwirksam. Die Trageordnung greife in die Freiheit der Arbeitnehmer ein, sich während der Arbeitszeit so zu kleiden, wie es den persönlichen Wünschen und Vorstellungen entspreche. Dieser Eingriff sei nur gerechtfertigt, wenn er zur Erreichung eines legitimen Anliegens des Arbeitgebers geeignet, erforderlich und angemessen sei. Die Vorgabe, Fingernägel nur einfarbig zu lackieren, sei schon nicht zur Erreichung des Ziels geeignet, da dieses in erster Linie durch eine einheitliche Dienstkleidung erreicht werde. Die Farbe der Fingernägel sei hierfür ersichtlich ohne Bedeutung. Dagegen sei die Vorgabe, nicht zu lange Fingernägel zu tragen, wirksam, da hierdurch eine Verletzungsgefahr bei der Kontrolle von Passagieren möglichst vermieden werden könne. Auch die Vorgabe zum Tragen von Unterwäsche sei wirksam. Denn durch das Tragen von Unterwäsche würden Blusen und Hemden geschützt und weniger schnell abgenutzt. Die Vorgabe zur Farbe der Unterwäsche sei von den Arbeitnehmern hinzunehmen, da keine erhebliche Einschränkung des Persönlichkeitsrechts vorliege. Allerdings seien die Vorschriften, die männlichen Mitarbeitern nicht natürlich wirkende Haarfärbungen und das Tragen von Haarersatz verbieten, unwirksam. Da ohnehin alle Arbeitnehmer unterschiedliche Haarfarben hätten, könne eine solche Vorgabe das einheitliche Erscheinungsbild nicht fördern. Diese sei unverhältnismäßig, da sie ohne erkennbare Rechtfertigung in die körperliche Integrität der Mitarbeiter eingreife.

Konsequenz

Arbeitgeber sollten vor Einführung einer Trageordnung für Berufskleidung in einem ersten Schritt sorgfältig prüfen, welche Regelungen für ein einheitliches Erscheinungsbild überhaupt geeignet sind. In einem zweiten Schritt ist sodann zu beurteilen, ob diese Vorgaben im Einzelfall nicht zu weit in die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter eingreifen.

Bekanntmachungen im elektronischen Bundesanzeiger und anderen Medien

Bekanntmachungen im elektronischen Bundesanzeiger und anderen Medien

Kernaussage

Sämtliche Bekanntmachungen einer Kapitalgesellschaft können beim Bundesanzeiger nicht mehr wie früher in Papierform, sondern nur noch elektronisch erfolgen; der Bundesanzeiger wird nur noch elektronisch geführt. Eine solche Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger ersetzt indes nicht die Bekanntmachung durch andere Medien, wenn dies der Gesellschaftsvertrag einer GmbH so vorsieht.

Sachverhalt

Der Liquidator einer GmbH meldete deren Liquidationsbeendigung zur Eintragung ins Handelsregister an. Das Registergericht erließ eine Zwischenverfügung und beanstandete die fehlende Veröffentlichung der Auflösung der GmbH. Gemäß den gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen habe diese Bekanntmachung mit Gläubigeraufruf im baden-württembergischen Stadtanzeiger zu erfolgen. Es sei jedoch lediglich eine Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger vorgenommen worden, so dass der Nachweise fehle, dass das nach dem GmbH-Gesetz (§ 73 Abs. 1) vorgesehene Sperrjahr eingehalten worden sei. Die entsprechenden Belege der Veröffentlichung im Stadtanzeiger seien nachzureichen. Die dagegen gerichtete Beschwerde war zuletzt auch vor dem Oberlandesgericht Stuttgart erfolglos.

Entscheidung

Die Bekanntmachung des Schlusses der Liquidation der GmbH hätte jedenfalls auch im Stadtanzeiger Baden-Württemberg erfolgen müssen, weil der Gesellschaftsvertrag der aufgelösten GmbH dies so vorschreibt. Die Ansicht des beschwerdeführenden Liquidators, die Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger ersetze die Bekanntmachung durch sämtliche andere Medien, ist nicht korrekt. Aus Gründen des Schutzes des Rechtsverkehrs müssen die Bekanntmachungen einer Gesellschaft außer im elektronischen Bundesanzeiger auch in den Publikationsorganen erfolgen, die der Gesellschaftsvertrag bestimmt. Nur wenn die Satzung der GmbH allein den Bundesanzeiger als Veröffentlichungsblatt bestimmt, ist die Bekanntmachung zwingend elektronisch vorzunehmen und nicht in der gedruckten Form des Bundesanzeigers. Sieht der Gesellschaftsvertrag ein weiteres Medium vor, ist dieser Anordnung zu folgen.

Konsequenz

Das GmbH-Gesetz beinhaltet in § 12 lediglich eine dahingehende Klarstellung, dass die betreffende Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger zu erfolgen hat, wenn die GmbH in ihrem Gesellschaftsvertrag eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger vorsieht.

Rückstellung für Kosten einer Betriebsprüfung bei Großbetrieben

Rückstellung für Kosten einer Betriebsprüfung bei Großbetrieben

Kernaussage

Nach Auffassung der Finanzverwaltung darf für die mit einer zukünftigen Betriebsprüfung zusammenhängenden Kosten keine Rückstellung mit steuerlicher Wirkung gebildet werden, sofern keine Prüfungsanordnung vorhanden ist. Der Erlass einer Prüfungsanordnung sei auch keine wertaufhellende Tatsache. Das baden-württembergische Finanzgericht entschied nun, dass bei Großbetrieben die Bildung einer Rückstellung für die Kosten einer zukünftigen Betriebsprüfung auch ohne Vorliegen einer Prüfungsanordnung zulässig ist.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob die klagende GmbH für die Kosten einer Betriebsprüfung eine Rückstellung bilden durfte, weil sie – aufgrund ihrer Konzernzugehörigkeit – als Großbetrieb eingestuft war. Die gebildete Rückstellung fand Eingang in die Körperschaft- und Gewerbestehererklärung der Klägerin. Das beklagte Finanzamt vertrat anlässlich einer Betriebsprüfung die Ansicht, die Rückstellung für zukünftige Betriebsprüfungskosten sein nicht anzuerkennen, weil es im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung an einer Prüfungsanordnung gefehlt habe. Gegen die entsprechenden Steuerbescheide erhob die Klägerin erfolglos Einspruch. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt, ließ aber die Revision zum BFH zu.

Entscheidung

Die Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Mitwirkung bei einer Betriebsprüfung hat ihren wirtschaftlichen Bezugspunkt in der gewerblichen Tätigkeit zum Bilanzstichtag. Das Finanzgericht bejaht die Zulässigkeit einer Rückstellung für die Kosten einer zukünftigen Betriebsprüfung – auch ohne Vorliegen einer Prüfungsanordnung – mit dem Hinweis auf die hinreichende Wahrscheinlichkeit von Anschlussprüfungen bei Großbetrieben. Seit Jahrzehnten ist es für Großbetriebe überwiegend wahrscheinlich, dass eine steuerliche Betriebsprüfung stattfindet. In den Jahren 2007 bis 2009 bewegte sich die Wahrscheinlichkeit bei über 75 %. Auch die Betriebsprüfungsordnung (BpO) sieht die Anschlussprüfung bei Großbetrieben als Regelfall vor. Für die Bildung einer Rückstellung ist eine solche überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreichend.

Konsequenz

Die vorliegende Entscheidung ist nur auf Großbetriebe direkt anwendbar. Bei diesen kann unter Berufung auf das Urteil und das vor dem BFH anhängige Revisionsverfahren eine steuerlich wirksame Rückstellung für Kosten durch zukünftige Betriebsprüfungen gebildet werden. Ein entsprechendes Verfahren dürfte bei einem als Mittelbetrieb eingestuften Betrieb allerdings ins Leere laufen. Die Wahrscheinlichkeit, geprüft zu werden, lag für das Veranlagungsjahr 2009 bei deutlich unter 50 %. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ist daher bei Mittelbetrieben nicht gegeben, so dass die Bildung einer Rückstellung hier ausscheidet.

BFH: Fragen zur Besteuerung von Dienstwagen

BFH: Fragen zur Besteuerung von Dienstwagen

Kernproblem

Wird dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt, bemisst sich der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung typisierend mit monatlich 1 % des Pkw-Listenpreises. Kann der Wagen auch für die Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte genutzt werden, erhöht sich der Sachbezug um monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer. Streit war darüber aufgekommen, ob die steuerliche Erhöhung auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Wagen nicht regelmäßig für die Fahrten zur Arbeitsstätte verwendet wird. Die Finanzverwaltung zumindest wollte diese Rechtsfolgen auch bei gelegentlicher Nutzung ziehen.

Bisherige Rechtsprechung

Ursprung der jetzt bekanntgegebenen Entscheidungsflut des Bundesfinanzhofs (BFH) war ein Urteil aus dem Jahr 2008. Hier war ein Angestellter auf dem Weg zur Arbeit mit dem Dienstwagen nachweislich nur 3,5 km zum nächsten Bahnhof gefahren und legte weitere 114,5 km mit dem Zug zurück. Dennoch wollte das Finanzamt den Sachbezug des Pkw nach der Entfernung von 118 km bemessen. Der BFH lehnte dies mit der Begründung ab, dass zwar ein Anscheinsbeweis dafür bestehe, dass der Dienstwagen für die Gesamtstrecke genutzt werde. Der sei jedoch entkräftet, wenn für eine Teilstrecke eine auf den Arbeitnehmer ausgestellte Jahres-Bahnfahrkarte vorgelegt werden könne. 3 weitere Entscheidungen des BFH haben jetzt die Wesentlichkeit der tatsächlichen Nutzung hervorgehoben.

Entscheidung

In allen 3 Sachverhalten waren die Fahrzeuge lediglich zwischen 60 und 100 Tage für Fahrten zur Arbeit genutzt worden. Der BFH bestätigte seine Rechtsprechung vom Jahr 2008 und führte aus, dass die 0,03 %-Zuschlagsregelung nur einen Korrekturposten für abziehbare Werbungskosten darstelle und sie daher nur dann und insoweit zur Anwendung käme, wie der Dienstwagen tatsächlich für solche Fahrten genutzt worden sei. Für das Gericht war insbesondere die steuerliche Vergleichbarkeit mit Gewerbetreibenden und Freiberuflern von Bedeutung, denn diese unterliegen keiner Zuschlagsregelung, sondern einer Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs, und zwar auf die Höhe der Entfernungspauschale.

Konsequenz

Das Gesetz unterstellt bei der Zuschlagsregelung von 0,03 % eine Nutzung von 15 Tagen im Monat zu jeweils 0,002 %, so dass die tatsächlichen Verwendungstage mit dem Tagessatz zu multiplizieren sind. Der Werbungskostenabzug erfolgt durch den Ansatz der Entfernungspauschale, hier folgerichtig auch mit einer gleichlautenden Anzahl der Tage. Unbedeutend für den Abzug ist, dass es sich um einen Dienstwagen handelt, für den keine eigenen Kosten entstehen.

Zur Steuerfreiheit von Zuwendungen unter Lebenden bzgl. Familienheim

Zur Steuerfreiheit von Zuwendungen unter Lebenden bzgl. Familienheim

Kernfrage

Die zinsgünstigen bzw. zinsfreien Darlehensgewährungen stellen schenkungsteuerlich freigiebige Zuwendungen dar und unterliegen der Schenkungsteuer. Allerdings kann die Schenkungsteuer dann nicht erhoben werden, wenn eine persönliche oder sachliche Steuerbefreiung vorliegt. In einer zum alten Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht (bis 31.12.2008) ergangenen Entscheidung hat der Bundesfinanzhof nunmehr zur Frage des Zusammentreffens mehrerer Steuerbefreiung Stellung genommen.

Sachverhalt

Der spätere Ehemann, hier Kläger, hatte seiner zukünftigen Frau ein Darlehen gewährt, das zunächst günstig, später nicht mehr verzinst und schließlich ganz erlassen wurde. Mit den Darlehensmitteln schaffte die Ehefrau einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit dazu gehörendem Herrenhaus an, wobei das Herrenhaus im Privatvermögen verblieb und Familienwohnheim in der später geschlossenen Ehe wurde. Das beklagte Finanzamt setzte für den einheitlichen Vorgang Schenkungsteuer fest. Der Bundesfinanzhof gab der hiergegen gerichteten Klage nur teilweise statt.

Entscheidung

Zwar stimmte der Bundesfinanzhof der Finanzverwaltung zu, dass die erste voreheliche Zuwendung (zinsgünstiges Darlehen) nicht schenkungsteuerlich privilegiert gewesen sei, allerdings seien die späteren ehelichen Zuwendungen mit Rücksicht auf das Herrenhaus, das als Familienwohnheim anzusehen sei, privilegiert. Insoweit galt nach altem Erbschaftsteuerrecht, dass die Übertragung des Familienwohnheims unter Eheleuten steuerfrei war. Die Finanzverwaltung wollte diese Steuerbefreiung allerdings nicht anerkennen, weil sie einen einheitlichen Schenkungsakt gerichtet auf den Erwerb von Betriebsvermögen annahm. Diese Auffassung wies der Bundesfinanzhof zurück. Für jeden der Schenkungsteuer unterliegenden Vorgang sei gesondert zu prüfen, ob eine Steuervergünstigung in Anspruch genommen werden könne.

Konsequenz

Die Tragweite der Entscheidung liegt in der vom Bundesfinanzhof vorgenommenen Differenzierung zwischen Schenkungsvorgang im betrieblichen und privaten Bereich. Werden mit einem einheitlichen Lebenssachverhalt 2 steuerlich selbstständige Vorgänge verwirklicht, ist der Lebenssachverhalt in 2 selbstständige Vorgänge aufzuteilen.

Besteuerung des Letzterwerbs bei mehreren Erwerben eines Nacherben

Besteuerung des Letzterwerbs bei mehreren Erwerben eines Nacherben

Kernfrage

Das Erbschaftsteuergesetz sieht vor, dass bei angeordneter Nacherbfolge, die Besteuerung des Nacherben auf Antrag so erfolgen kann, als sei der Erwerb vom Erblasser unmittelbar erfolgt. Dies bietet sich insbesondere dann an, wenn der Vorerbe im Verhältnis zum Nacherben in einer schlechteren Steuerklasse steht, als dies der Erblasser getan hat. Im konkreten Fall stand der Nacherbe im Verhältnis zum Erblasser (Großvater) in Steuerklasse I, im Verhältnis zur Vorerbin (Tante) aber nur in Steuerklasse II. Gleichzeitig sieht das Erbschaftsteuergesetz vor, dass Erwerbe von ein und derselben Person innerhalb von 10 Jahren zusammen besteuert werden. Der Bundesfinanzhof hatte nunmehr darüber zu entscheiden, wie sich das Verhältnis zwischen privilegierter Nacherbenbesteuerung und Mehrfacherwerb innerhalb von 10 Jahren im Rahmen der Besteuerung darstellt.

Sachverhalt

Der Kläger war Nacherbe nach seinem Großvater. Vorerbin war seine Tante. Bereits zu Lebzeiten übertrug die Tante den Nachlass nach dem Großvater auf den Nacherben (Kläger). Auf entsprechenden Antrag beim beklagten Finanzamt hin wurde der Kläger mit den persönlichen Voraussetzungen zur Erbschaftsteuer veranlagt, wie diese im Verhältnis zum Großvater bestanden. Innerhalb von 10 Jahren wurde der Kläger dann Erbe nach seiner Tante. Die Finanzverwaltung rechnete beide Erwerbe zusammen und setzte Erbschaftsteuer mit den steuerlich schlechteren persönlichen Voraussetzungen im Verhältnis zur Tante fest. Mit der hiergegen gerichteten Klage obsiegte der Kläger zuletzt vor dem Bundesfinanzhof.

Entscheidung

Auch beim zweiten Erwerb und der damit ausgelösten Zusammenrechnung beider „Erbfälle“ (Übertragung Nacherbschaft einerseits und echter Erwerb von Todes wegen anderseits) ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs die privilegierte Besteuerung nach den persönlichen Voraussetzungen im Verhältnis des Erwerbers zum Großvater anzuerkennen. Der zweite Erwerb wirkt sich nicht steuerschädlich aus.

Konsequenz

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Ungeachtet der Tatsache, dass es zur Zusammenrechnung mehrerer Vermögensübergänge innerhalb von 10 Jahren kommt, kann eine durch Antrag gewährte Privilegierung eines Vermögenserwerbs nicht durch einen späteren Vermögenserwerb „infiziert“ werden.

Aufwendungen für immunbiologische Krebsabwehrtherapie abziehbar

Aufwendungen für immunbiologische Krebsabwehrtherapie abziehbar

Kernproblem

Krankheitskosten sind ohne Rücksicht auf die Art und Ursache der Erkrankung als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Allerdings werden nur solche Aufwendungen berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen. Vorbeugende Aufwendungen, die der Gesundheit allgemein dienen, und solche, die auf einer medizinisch nicht indizierten Behandlung beruhen, zählen hingegen nicht zu den Krankheitskosten. Für die mitunter schwierige Trennung von echten Krankheitskosten einerseits und lediglich gesundheitsfördernden Vorbeuge- oder Folgekosten andererseits, fordert der BFH die Vorlage eines zeitlich vor der Aufwendung erstellten amts- oder vertrauensärztlichen Gutachtens bzw. eines Attestes eines anderen öffentlich-rechtlichen Trägers.

Sachverhalt

Die später verstorbene Ehefrau des Klägers wurde wegen einer schweren Krebserkrankung operiert, nach deren Anschluss sie sich einer immunbiologischen Krebsabwehrtherapie mit Ukrain unterzog. Das Präparat ist in Europa nicht als Arzneimittel zugelassen. Zu der alternativen Krebsabwehrtherapie hatte der Hausarzt u. a. deswegen geraten, weil eine konventionelle Chemotherapie nicht möglich war. Beklagtes Finanzamt und später auch das Finanzgericht lehnten den Abzug der als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen von 30.000 EUR ab.

Entscheidung

Der BFH hat die streitigen Aufwendungen zum Abzug zugelassen und damit in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung anerkannt, dass auch Kosten für eine objektiv nicht zur Heilung oder Linderung geeigneten Behandlung zwangsläufig erwachsen können, wenn eine Erkrankung mit einer nur noch begrenzten Lebenserwartung besteht, die nicht mehr auf eine kurative Behandlung anspricht. Dies gelte selbst dann, wenn sich der Erkrankte für eine aus schulmedizinischer oder naturheilkundlicher Sicht nicht anerkannte Heilmethode entscheide. Nach Auffassung des BFH begründe nicht die medizinische Notwendigkeit der Maßnahme in diesen Fällen die tatsächliche Zwangsläufigkeit, sondern die Ausweglosigkeit der Lebenssituation, die den „Griff nach jedem Strohhalm“ gebiete.

Konsequenz

Der Abzug von Aufwendungen für „Außenseitermethoden“ als außergewöhnliche Belastung findet dort ihre Grenze, wo die Behandlung von einer Person vorgenommen wird, die nicht zur Ausübung der Heilkunde zugelassen ist.