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Auswirkungen fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrungen bei Festsetzung von Kirchensteuer

Auswirkungen fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrungen bei Festsetzung von Kirchensteuer

Kernaussage

Die römisch-katholische Kirche ist eine weltweite Bekenntnisgemeinschaft, der eine Aufteilung in einander ausschließende nationale Kirchen fremd ist. Die einmal in der Weltkirche begründete Mitgliedschaft wird durch den Wohnsitzwechsel nicht berührt. Der Betroffene wird lediglich einer anderen Organisationseinheit – der Diözese – zugeordnet, die in die formale Stellung eines Steuergläubigers eintritt. Die Kirchensteuer entsteht daher ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit.

Sachverhalt

Der Kläger wurde in Polen geboren und ist römisch-katholisch getauft. Er erzielt in Deutschland als Fliesenleger Einkünfte aus Gewerbebetrieb und unterhält eine kleine Wohnung in Deutschland. Mit Bescheid aus Juni 2009 setzte das Finanzamt des Wohnorts Kirchensteuer in Höhe von 17,64 EUR gegen den Kläger fest. In der Rechtsbehelfsbelehrung wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass Einspruch bei dem zuständigen (erz-)bischöflichen Generalvikariat eingelegt werden könne. Nach rund 6 Monaten ging der Einspruch bei dem Beklagten ein. Der Kläger wendet ein, dass er Mitglied der polnischen Kirche sei, weshalb die deutsche römisch-katholische Kirche nicht Gläubigerin der Kirchensteuer sei.

Entscheidung

Die Klage ist zulässig. Mangels ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung hat sich die Einspruchsfrist auf ein Jahr verlängert, denn es hätte jedenfalls der geographische Ort der Einlegungsbehörde angegeben werden müssen. Die Kirchensteuer wurde jedoch zu Recht erhoben, weil der Kläger der Steuerschuldner ist. Die römisch-katholische Kirche ist als öffentlich-rechtliche Körperschaft und anerkannte Religionsgemeinschaft berechtigt, Steuern nach Maßgabe der landesrechtlichen Regelungen zu erheben. Hiernach sind kirchensteuerpflichtig alle Angehörigen der katholischen Kirche, die ihren Wohnsitz im Gebiet des betroffenen Bistums haben. Die Frage der Mitgliedschaft bestimmt sich nach innerkirchlichem Recht. Nach Auffassung der katholischen Kirche wird die in der Weltkirche begründete Mitgliedschaft nicht durch einen Wohnsitzwechsel berührt. Anders ist das Verständnis der evangelischen Kirche, die einzelne Landeskirchen kennt und aufgrund dieser Autonomie beim Umzug einen Mitgliedschaftswechsel anerkennt.

Konsequenz

Der Kläger hätte vorliegend von der Möglichkeit des Kirchenaustritts Gebrauch machen können. Die Austrittserklärung ist in Deutschland entweder vor den Amtsgerichten oder den Standesämtern zu erklären. Im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse ist das Austrittsrecht jedoch mit Vorsicht auszuüben, da ggf. mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechnen ist.

Keine Aussetzungszinsen für fehlerhaft ausgesetzte Beträge bei vollem Erfolg des Rechtsbehelfs

Keine Aussetzungszinsen für fehlerhaft ausgesetzte Beträge bei vollem Erfolg des Rechtsbehelfs

Kernaussage

Hat ein Einspruch oder eine Klage gegen einen Steuerbescheid endgültig keinen Erfolg gehabt, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen eine Aussetzung der Vollziehung gewährt worden war, grundsätzlich zu verzinsen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich kürzlich damit zu befassen, ob auch für fehlerhaft zu hoch ausgesetzte Beträge Aussetzungszinsen entstehen können, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache vollumfänglich erfolgreich war.

Sachverhalt

Das Finanzamt hatte im Einspruchsverfahren gegen Feststellungsbescheide (Grundlagenbescheide) antragsgemäß die Aussetzung der Vollziehung bewilligt. Bei der Berechnung des Aussetzungsbetrages im Rahmen der Einkommensteuerbescheide (Folgebescheide) setzte das Finanzamt indes fehlerhaft einen zu hohen Betrag von der Vollziehung aus. Im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Feststellungsbescheide obsiegte der Steuerpflichtige in vollem Umfang. Wegen der überhöhten Aussetzung hatte er gleichwohl Nachzahlungen zu leisten. Hierauf setzte das Finanzamt Zinsen fest. Der Steuerpflichtige hielt die Zinsfestsetzung für rechtswidrig, da die entsprechende Vorschrift der Abgabenordnung (AO) die (teilweise) Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs voraussetze. Der BFH hat sich dem angeschlossen.

Entscheidung

Da das Rechtsbehelfsverfahren gegen die Grundlagenbescheide in vollem Umfang Erfolg gehabt habe, sei der Tatbestand der abgabenrechtlichen Vorschrift nicht erfüllt. Der Wortlaut sei insoweit eindeutig, denn „endgültig keinen Erfolg“ gehabt habe ein Rechtsbehelf dann, wenn er durch unanfechtbare Entscheidung abgewiesen, vom Steuerpflichtigen zurückgenommen oder eingeschränkt worden sei. Das Finanzamt hilft in diesen Fällen dem Begehren nämlich nicht ab. Hierbei ist ausschließlich auf das Ergebnis des gegen den Grundlagenbescheid gerichteten Rechtsbehelfs abzustellen, während steuerliche Auswirkungen beim Folgebescheid unbeachtlich bleiben.

Konsequenz

Richtig erkannt hat der BFH, dass diese Interpretation der Norm in anderen Fällen zu scheinbar unbilligen Ergebnissen führen kann. Der Steuerpflichtige, der mit seinem Rechtsbehelf im Wesentlichen Erfolg hatte und nur zu einem Teil unterlegen blieb, hat Aussetzungszinsen für den gesamten zuviel ausgesetzten Betrag zu zahlen, während derjenige Steuerpflichtige, der vollen Erfolg hatte, hinsichtlich des zuviel ausgesetzten Betrags von der Zinspflicht verschont bleibt. Gerechtfertigt sei diese Differenzierung aber, weil derjenige, dessen Rechtsbehelf in vollem Umfang Erfolg habe, von der Zinspflicht verschont bleiben solle; der „volle Erfolg“ werde gewissermaßen durch die vollständige Entbindung von der Zinspflicht „prämiert“.

Wann ist selbstständige Tätigkeit eines Rechtsanwalts Liebhaberei?

Wann ist selbstständige Tätigkeit eines Rechtsanwalts Liebhaberei?

Kernaussage

Nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) sind Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit steuerpflichtig als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Zur Anerkennung der so erwirtschafteten Gewinne oder Verluste als steuerlich relevante Einkünfte aus selbstständiger Arbeit fordert die Rechtsprechung eine Gewinnerzielungsabsicht. Fehlt eine solche, handelt es sich um bloße „Liebhaberei“, d. h. negative Einkünfte dürfen nicht mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden. Das Finanzgericht Münster befasst sich kürzlich damit, ob eine Rechtsanwältin ihre freiberufliche Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt hatte.

Sachverhalt

Das klagende Ehepaar ist zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die Ehefrau unterhielt als selbstständig tätige Rechtsanwältin eine Kanzlei in ihrem Wohnhaus und erwirtschaftete jahrelang ausnahmslos Verluste. Das Finanzamt erkannte die von der Ehefrau geltend gemachten negativen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nicht an mit der Begründung, es fehle die notwendige Gewinnerzielungsabsicht. Das Finanzgericht teilte diese Ansicht und wies die hiergegen gerichtete Klage ab.

Entscheidung

Die Gewinnerzielungsabsicht kann nur anhand objektiver Umstände (sog. Beweisanzeichen) festgestellt werden. Bei einer Anwaltskanzlei spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Anwalt seine Kanzlei in der Absicht betreibt, Gewinne zu erzielen; denn ein Unternehmen dieser Art ist regelmäßig nicht dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen. Dieser Anscheinsbeweis entfällt indes, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Beweggründe des Steuerpflichtigen für die Fortführung des verlustbringenden Unternehmens bestimmend waren. So lag der Fall auch hier: zum einen erschien die Fortführung persönlich motiviert, weil den Eheleuten positive Einkünfte des Ehemannes zur Verfügung standen, mit denen die freiberuflichen Verluste verrechnet und somit steuerliche Vorteile gezogen werden konnten. Zum anderen unterließ es die Ehefrau trotz nachhaltiger Verluste, Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität ihrer Kanzlei zu ergreifen. Sie unternahm weder etwas, um ihre Einnahmen zu erhöhen, was sie durch das Einfordern von Kostenvorschüssen hätte erreichen können, noch reduzierte sie ihre Betriebsausgaben.

Konsequenz

Das Finanzgericht ließ die Revision nicht zu. Zu beachten ist, dass auch bei einer Nebentätigkeit eine Gewinnerzielungsabsicht zur Anerkennung der Einkünfte feststellbar sein muss. Die Kläger konnten jedenfalls nicht mit Erfolg einwenden, dass die Ehefrau ihre Tätigkeit als Anwältin habe beibehalten wollen, um die Existenzgrundlage der Familie sicherzustellen und gegebenenfalls die Tätigkeit ausbauen zu können für den Fall, dass die Einkünfte des Klägers entfallen würden. Hier müssen Steuerpflichtige konkrete Umstände (wie etwa Kundenstrukturen oder Gebührenliquidationen) darlegen können, aufgrund derer eine Gewinnerzielungsabsicht, unabhängig von der Haupttätigkeit, nachvollziehbar ist.

Zwangsvollstreckung gegen Kinder wegen Schulden der Eltern?

Zwangsvollstreckung gegen Kinder wegen Schulden der Eltern?

Rechtslage

Eine Grundstücksübertragung kann nach dem Anfechtungsgesetz (AnfG) innerhalb einer Frist von 10 Jahren angefochten werden, wenn der Schuldner die Handlung mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen hat und die andere Partei dies wusste. Ferner ist jede unentgeltliche Übertragung innerhalb eines 4-Jahres-Zeitraums anfechtbar. Schließlich können Verträge mit nahestehenden Personen innerhalb einer Frist von 2 Jahren angefochten werden, wenn keine vollwertige Gegenleistung geleistet wird. Bei erfolgreicher Anfechtung der Grundstücksveräußerung hat der Erwerber die Zwangsvollstreckung zu dulden.

Sachverhalt

Die Klägerin hatte im Jahr 2003 von ihren Eltern als Miteigentümern jeweils zu ½ ein Zweifamilienhaus übertragen bekommen. Diese behielten sich im Zuge der Übertragung ein Wohnrecht vor. Der Vater hatte zum Zeitpunkt der Grundstücksübertragung mehrere tausend Euro Steuerschulden. Vollstreckungsversuche des Finanzamts gegen ihn blieben erfolglos. Aus diesem Grunde erging im Jahr 2006 ein Duldungsbescheid gegenüber der Tochter, mit dem die Anfechtung der Grundstücksübertragung wegen Gläubigerbenachteiligung erklärt wurde und die Klägerin die Vollstreckung in das Grundstück zu dulden habe. Sie wandte ein, es fehle an einer Gläubigerbenachteiligung, da das Grundstück wertausschöpfend belastet sei. Hierzu wäre neben der durch das Grundstück gesicherten Darlehensvaluta das Wohnrecht der Eltern zu berücksichtigen.

Entscheidung

Das Hessische Finanzgericht wies die Klage gegen den Duldungsbescheid ab. Der Übertragungsvertrag beinhaltet eine unentgeltliche Leistung und führt zu einer Gläubigerbenachteiligung. Der ermittelte Verkehrswert liegt deutlich über dem Wert der bestehenden Belastungen. Das zugunsten der Eltern begründete Wohnrecht muss wegen der hiermit verbundenen Gläubigerbenachteiligung unberücksichtigt bleiben. Auch hat das beklagte Finanzamt ermessensfehlerfrei gehandelt, indem es den Sachverhalt ausreichend ermittelt und seine Ermessenserwägungen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgerichtet hat.

Konsequenz

Auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens können Rechtshandlungen für einen bis zu 10 Jahre zurückliegenden Zeitraum angefochten werden. Solange Leistung und Gegenleistung im ausgewogenen Verhältnis stehen, ist eine Anfechtung nicht möglich. Sollte dies nicht der Fall sein, gilt es für den Schuldner, zumindest zu verhindern, dass später der Eindruck entsteht, sein Vertragspartner habe Kenntnis von seiner wirtschaftlich angespannten Situation gehabt.

Weihnachtsgeld trotz gekündigten Arbeitsverhältnisses?

Weihnachtsgeld trotz gekündigten Arbeitsverhältnisses?

Kernfrage

Weihnachtsgeld (nicht 13. Monatsgehalt) wird in der Regel für die bisherige Betriebstreue gezahlt. Deshalb ist es zulässig, das Weihnachtsgeld dem Grunde nach an den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu knüpfen. Dies gilt auch dann, wenn eine solche Klausel, die eine Bedingung für die Auszahlung des Weihnachtsgeldes darstellt, darauf abstellt, dass im Zeitpunkt der Auszahlung ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis vorliegen muss. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte jetzt darüber zu befinden, ob solche Klauseln auch dann zulässig sind, wenn sie nicht danach differenzieren, wer das Arbeitsverhältnis gekündigt hat.

Sachverhalt

Die streitgegenständliche Klausel im Arbeitsvertrag lautete: „Der Anspruch auf Gratifikation ist ausgeschlossen, wenn sich das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung in gekündigtem Zustand befindet“. Das Weihnachtsgeld sollte mit dem Novembergehalt ausgezahlt werden. Früher im November wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers aus betrieblichen Gründen gekündigt, so dass der Arbeitgeber die Auszahlung des Weihnachtsgeldes verweigerte. Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, die Klausel sei unwirksam, weil sie nicht unterscheide, wer die Kündigung ausgesprochen habe. Im Übrigen habe er bis zum Beendigungstermin voll weiter gearbeitet, so dass die Treueprämie, die das Weihnachtsgeld darstelle, nicht verweigert werden dürfe.

Entscheidung

Das BAG hat die zunächst zu Lasten des Klägers ergangene Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurück verwiesen. Dabei wies das Bundesarbeitsgericht darauf hin, dass die Klausel dem Grunde nach wirksam sei. Maßgeblich sei insoweit lediglich, dass die Klausel in der hier streitigen Form nur an den Bestand eines Arbeitsverhältnisses anknüpfe; insoweit sei es unerheblich, welche Seite das Arbeitsverhältnis gelöst habe. Allerdings muss die Vorinstanz noch aufklären, ob der Arbeitgeber durch die Kündigung früher im November den Wegfall des Weihnachtsgeldes treuwidrig herbeigeführt hat. Insoweit hatte der Kläger (bisher in den Entscheidungen unberücksichtigt) vorgetragen, ihm sei nur deshalb gekündigt worden, weil er nicht freiwillig auf das Weihnachtsgeld verzichtet habe.

Konsequenz

Angesichts der Vielzahl an Entscheidungen zur Unwirksamkeit von Freiwilligkeits- bzw. Widerrufsklauseln im Bereich von Sonderleistungen ist die Entscheidung positiv zu sehen. Wird das Weihnachtsgeld als echte Belohnung für Betriebstreue nur in Abhängigkeit vom Bestand des Arbeitsverhältnisses gezahlt, ist es unerheblich, von welcher Seite das Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Nicht egal – dies aber bereits aus allgemeinen Erwägungen heraus – ist es aber, wenn die Kündigung treuwidrig alleine zum Zwecke der Vermeidung des Anspruches erfolgt.

Hinweispflichten des Arbeitsgerichts im Kündigungsschutzprozess

Hinweispflichten des Arbeitsgerichts im Kündigungsschutzprozess

Rechtslage

Das Kündigungsschutzgesetz sieht vor, dass sich Arbeitnehmer, die innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage erhoben haben, die Unwirksamkeit der Kündigung bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz auch auf solche Gründe stützen können, die sie mit der ursprünglichen Kündigungsschutzklage nicht geltend gemacht hatten. Nach der ersten Instanz kann man sich auf solche Gründe nicht mehr berufen. Gleichzeitig ist das Arbeitsgericht gehalten, auf diese Regelung hinzuweisen. Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr mit Rücksicht auf diese Bestimmung zu entscheiden, wie weit die Hinweispflicht des Arbeitsgerichts reicht.

Sachverhalt

Dem Kläger war vom Insolvenzverwalter eines Unternehmens gekündigt worden. Zuvor hatte der Insolvenzverwalter mit dem Betriebsrat einen sogenannten Interessenausgleich im Sinne eines Sozialplans ausgehandelt. Dabei bestanden in der Abwicklung der Kündigung sowohl betriebsverfassungsrechtliche als auch kündigungsschutzrechtliche Bedenken. Zum einen war der Betriebsrat vor der eigentlichen Kündigung nicht gehört worden, zum anderen bestanden Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der erforderlichen Massenentlassungsanzeige gegenüber der Bundesagentur. Diese Bedenken äußerte der Kläger in der ersten Instanz jedoch nicht. Das Arbeitsgericht hatte lediglich auf die gesetzliche Regelung hingewiesen, dass man sich nur bis zum Ende der ersten Instanz auch auf sonstige Unwirksamkeitsgründe stützen könne. Mit seiner Revision rügte der Kläger, dass ihn das Arbeitsgericht nur unzureichend aufgeklärt habe.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht wies die Revision zurück. Unabhängig davon, ob sich der Kläger auf andere Unwirksamkeitsgründe als diejenigen, die er in der ersten Instanz tatsächlich geltend gemacht hatte, hätte stützen können, kann er mit diesen Gründen, selbst wenn sie bestünden, in den Folgeinstanzen nicht mehr gehört werden. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil das Arbeitsgericht einen ausreichenden Hinweis gegeben habe. Insoweit genüge es, wenn das Arbeitsgericht auf die allgemein bestehende Rechtslage hinweise.

Konsequenz

Die verfahrensrechtliche Entscheidung ist zu begrüßen. Ähnlich wie im Zivilverfahren führt sie dazu, dass bereits in der ersten Instanz umfassend vorgetragen werden muss. Für den Arbeitnehmer bedeutet dies, dass er das Verfahren vor dem Arbeitsgericht zukünftig ernster nehmen und umfassend zu jedem denkbaren Unwirksamkeitsgrund einer Kündigung vortragen muss.

Zahlungen aus Bürgschaftsverpflichtungen = Werbungskosten?

Zahlungen aus Bürgschaftsverpflichtungen = Werbungskosten?

Rechtslage

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung liegen Werbungskosten vor, wenn die Aufwendungen durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Diese Grundsätze gelten auch für nachträglich Werbungskosten, die entstehen können, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses Aufwendungen im Zusammenhang mit demselben erbringen muss. In einem solchen Fall muss bereits zu dem Zeitpunkt, in dem der Grund für die Aufwendungen gelegt wird, der dargestellte berufliche Zusammenhang bestehen.

Sachverhalt

Der Kläger war Arbeitnehmer einer GmbH. Die Hausbank der GmbH wollte dieser ein Darlehen gewähren, wenn ein neuer Gesellschafter mit einer Kapitaleinlage aufgenommen würde. Diese Position sollte der Kläger besetzen. Die Bank gewährte der GmbH in 1999 einen Kredit unter der Voraussetzung, dass die Gesellschafter Bürgschaften übernähmen. Der Kläger übernahm eine Bürgschaft und wurde zum Geschäftsführer der GmbH bestellt. Die Beschlüsse zur Kapitaleinlage und zur Bestellung zum Geschäftsführer wurden jedoch nicht im Handelsregister eingetragen. In 2000 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Der mittlerweile nicht mehr für die GmbH tätige Kläger wurde von der Bank aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Die vom Kläger beantragte Berücksichtigung der Bürgschaftsinanspruchnahme als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit wurde vom Finanzamt abgelehnt; die hiergegen gerichtete Klage war zunächst erfolglos.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) gab schließlich aber dem Kläger Recht. Die von ihm geltend gemachten Aufwendungen waren als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen, da sie im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis erbracht wurden. Eine Veranlassung durch das Gesellschafterverhältnis war im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil der Kläger zu keinem Zeitpunkt Gesellschafter der GmbH war.

Konsequenz

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die Übernahme einer Bürgschaft durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer mit nicht nur unwesentlicher Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft regelmäßig mehr durch die Gesellschafterstellung veranlasst ist als durch die berufliche Tätigkeit. In diesem Fall kommt eine steuermindernde Berücksichtigung der Aufwendungen als Auflösungsverluste in Betracht.

Erd- und Pflanzarbeiten sind auch Handwerkerleistungen

Erd- und Pflanzarbeiten sind auch Handwerkerleistungen

Rechtslage

Für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen werden seit einigen Jahren im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung Steuerermäßigungen gewährt. Haushaltsnahe Dienstleistungen sind Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder Beschäftigte regelmäßig anfallen, also als hauswirtschaftlich angesehen werden können. Handwerkerleistungen betreffen Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen und keine Schaffung von etwas Neuem (Herstellungsmaßnahmen).

Sachverhalt

Die Kläger sind Eigentümer eines in 2003 fertig gestellten Wohnhauses. Sie beantragten im Rahmen Ihrer Einkommensteuererklärung 2006 eine Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen für die Kosten der Erd- und Pflanzarbeiten im Garten. Daneben beantragten sie noch Steuerermäßigungen für die Kosten der Errichtung einer Stützmauer an der Grundstücksgrenze sowie für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten. Finanzamt und Finanzgericht vertraten die Auffassung, dass für die vorgenannten Maßnahmen keine Steuerermäßigungen zu gewähren seien, da im Rahmen dieser Arbeiten ein Garten erstmalig angelegt wurde.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage hingegen teilweise statt. Den Klägern ist für die Erd- und Pflanzarbeiten sowie für die damit im Zusammenhang stehende Errichtung einer Stützmauer eine Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, nicht aber auch eine Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen zu gewähren. Unter die Steuerbegünstigung fallen Instandsetzungsmaßnahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung des vertraglichen oder ordnungsgemäßen Zustands sowie Modernisierungsmaßnahmen, und zwar unabhängig davon, ob die Aufwendungen für die einzelne Maßnahme Erhaltungs- oder Herstellungsaufwand darstellen. Handwerkerleistungen sind demnach nur begünstigt, wenn sie im räumlichen Bereich eines vorhandenen Haushalts erbracht werden. Damit können Handwerkerleistungen, die die Errichtung eines Haushalts, also einen Neubau, betreffen, die Steuerermäßigung nicht vermitteln. Maßnahmen eines Handwerkers im vorhandenen Haushalt, zu dem auch der dazugehörige, stets schon vorhandene Grund und Boden gehört, sind hingegen stets begünstigt.

Konsequenz

Die Rechtsprechung unterscheidet deutlich zwischen haushaltsnahen Dienstleistungen und sonstigen Handwerkerleistungen. Erstere müssen hauswirtschaftlicher Art sein (wie z. B. Pflegearbeiten im existierenden Garten), letztere sind z. B. bei der Neuanlage oder Umgestaltung eines Gartens gegeben.

Ehegatten und sog. „fiscale partners“ werden nicht gleich behandelt

Ehegatten und sog. „fiscale partners“ werden nicht gleich behandelt

Kernaussage

Die Eigenheimzulage oder eine vergleichbare Begünstigung im Ausland soll nur einmal pro Objekt gewährt werden. Die Bevorzugung von Ehegatten gegenüber anderen, nicht gleichgeschlechtlichen, Partnerschaften wie den im niederländischen Steuerrecht existenten „fiscale partners“ ist zulässig.

Sachverhalt

Der Kläger ist niederländischer Staatsbürger. Im Jahr 1992 schloss er mit seiner Lebensgefährtin einen notariellen Vertrag. Danach sind der Kläger und seine Lebensgefährtin für steuerliche Zwecke in den Niederlanden „wie verheiratet“ anzusehen (sog. „fiscale partners“). Im Jahr 2008 baute der Kläger mit seiner Lebensgefährtin ein Einfamilienhaus in Deutschland. Für dieses Haus wurde dem Kläger eine Steuervergünstigung in Form des Schuldzinsenabzugs nach niederländischem Einkommensteuerrecht gewährt. Einen im Jahr 2009 gestellten Antrag auf Eigenheimzulage für das erbaute Haus lehnte das Finanzamt ab. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht Düsseldorf ab.

Entscheidung

Es besteht kein Anspruch auf Eigenheimzulage, da für das erbaute Haus ein Objektverbrauch eingetreten ist, denn eine Begünstigung kann nur einmal pro Objekt gewährt werden. Der Kläger hatte hier bereits in den Niederlanden eine Steuervergünstigung in Anspruch genommen, die der deutschen Begünstigung gleich steht. Zwar können Ehegatten die Eigenheimzulage für insgesamt 2 Objekte in Anspruch nehmen. Hier geht es jedoch um die zweite Begünstigung für dasselbe Objekt. Die Auffassung der Finanzverwaltung, wonach die gleichzeitige Inanspruchnahme der Eigenheimzulage und der Steuervergünstigung im Ausland für dasselbe selbstgenutzte Objekt beim Erstobjekt von Ehegatten unschädlich sei, steht nicht in Einklang mit dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang der Regelungen im Eigenheimzulagegesetz. Zudem mangelt es auch an einer Ehe. Die vorliegende innerhalb eines Monats kündbare Partnerschaft ist nicht mit einer Ehe vergleichbar. Auch daraus, dass die Benachteiligung der eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft verfassungswidrig ist, folgt nichts anderes. Denn hier steht dem Paar im Gegensatz zu gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe offen.

Konsequenz

Die Eigenheimzulage wird seit 2006 nicht mehr neu gewährt. Aufgrund der Anspruchsberechtigung in Altfällen bestehen jedoch Förderberechtigungen und damit Auseinandersetzungen über diesen Zeitpunkt hinaus.

Datenspeicherung zur ID-Nummer ist verfassungsgemäß

Datenspeicherung zur ID-Nummer ist verfassungsgemäß

Kernaussage

Die Vergabe einer bundeseinheitlichen und eindeutigen Steueridentifikationsnummer ist verfassungsgemäß.

Sachverhalt

Der Klägerin wurde durch das Bundeszentralamt für Steuern eine Steueridentifikationsnummer zugeteilt. Hiergegen wendet sie sich mit der Begründung, die Nummer solle im Verkehr mit den Finanzbehörden ihren Namen als eindeutiges Erkennungsmerkmal ersetzen; gleichzeitig würde sie aber zu einem Objekt der Verwaltung degradiert. Daher stelle die Vergabe einer einheitlichen Steueridentifikationsnummer einen Eingriff in ihre Grundrechte der Menschenwürde und der informationellen Selbstbestimmung ein. Zudem werde sie ihrer Religionsfreiheit beraubt, da ihr „christlicher“ Name keine Verwendung mehr finde. Insbesondere sei ein derartiges Vorgehen nicht verhältnismäßig. Soweit nämlich durch die Identifikationsnummer alle steuererheblichen Vorgänge einer Person zugeordnet werden sollen, sei dies auch durch weniger einschneidende Maßnahmen möglich. Hierfür müsse nur die Zusammenarbeit zwischen den Finanzämtern verbessert werden. Sie beantragte daher, die ihr zugewiesene Identifikationsnummer sowie alle damit verbundenen Daten zu löschen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) war anderer Meinung. Die Klägerin werde durch die Vergabe der Identifikationsnummer nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Zwar sei tatsächlich durch die elektronische Speicherung und der damit verbundenen Zugriffmöglichkeit auf diese Daten ein Eingriff erkennbar. Dieser sei allerdings gerechtfertigt. Bei der Vergabe und späteren Verwendung der Identifikationsnummer ginge es nur darum, die Identifikation sicherzustellen. Allein der Name reiche hierfür häufig nicht aus. Insbesondere könnten Tippfehler dazu führen, dass Vorgänge nicht mehr zugeordnet werden können. Dieses Anliegen des Gesetzgebers sei legitim. Es diene im Sinne der Allgemeinheit der Herstellung einer steuerlichen Belastungsgleichheit. Eine weniger einschneidende Maßnahme habe die Klägerin nicht aufgezeigt. Eine Verletzung der Menschenwürde konnte der Bundesfinanzhof ebenfalls nicht erkennen. Die Klägerin werde durch die Identifikationsnummer nicht ihrer Subjektqualität beraubt; die Eigenständigkeit ihrer Person bliebe gewahrt. Auch ihre christliche Identität werde beibehalten, denn künftig würden weiterhin Steuerbescheide namentlich an sie adressiert. Daher sei weder ihre innere Freiheit zu glauben, noch ihre äußere Freiheit, diesen Glauben zu manifestieren, tangiert.

Konsequenz

Die Steueridentifikationsnummern und die dazu erfolgte Datenspeicherung bilden eine wesentliche Voraussetzung für die Ersetzung der bisherigen Lohnsteuerkarten durch die ab 2013 vorgesehenen elektronischen Lohnsteuermerkmale.