📅 BFH-Urteil vom 13.11.2024 – XI R 5/23
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem für die Praxis hochrelevanten Urteil klargestellt: Fitnessstudios, die während der Corona-Lockdowns geschlossen waren, müssen die vereinnahmte Umsatzsteuer nicht zwingend korrigieren – auch wenn sie während der Schließung keine Leistungen erbringen konnten. Entscheidend ist, ob ein wirtschaftlicher Leistungsaustausch vorliegt – und der kann auch ohne zivilrechtlich wirksame Vereinbarung bestehen.
⚖️ Worum ging es im Streitfall?
Ein Fitnessstudio hatte während der coronabedingten Schließung im Jahr 2020 weiterhin Mitgliedsbeiträge eingezogen, obwohl die Mitglieder die Einrichtung nicht nutzen konnten. Um die Ausfallzeit auszugleichen, bot das Studio kostenfreie Verlängerungsmonate an – also eine spätere Weiternutzung ohne zusätzliche Zahlung.
Die zentrale Frage: Liegt in diesen Fällen ein umsatzsteuerlich relevanter Leistungsaustausch vor – oder hätte die Umsatzsteuer nach § 17 UStG rückwirkend gemindert werden müssen?
📌 Kernaussagen des BFH
1. Minderung der Umsatzsteuer erst bei Rückzahlung
Wird eine Leistung nicht erbracht, führt allein ein zivilrechtlicher Rückzahlungsanspruch noch nicht zu einer Minderung der Umsatzsteuer-Bemessungsgrundlage.
➡️ Eine Korrektur nach § 17 UStG setzt voraus, dass das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wurde.
2. Verbrauchsfähiger Vorteil trotz Lockdown
Auch wenn das Studio geschlossen war, haben die Mitglieder einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt – nämlich durch die später gewährten kostenfreien Zusatzmonate. Diese stehen im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den zuvor gezahlten Beiträgen.
🏋️ Das bedeutet: Ein Leistungsaustausch liegt trotz Schließzeit vor, denn die Zahlung stand in einem wirtschaftlichen Gegenseitigkeitsverhältnis zur späteren Leistung (Zusatznutzung).
3. Zivilrechtliche Vereinbarung nicht erforderlich
Für die umsatzsteuerliche Beurteilung kommt es nicht darauf an, ob die Verlängerungsmonate zivilrechtlich wirksam vereinbart waren.
➡️ Maßgeblich ist allein der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Zahlung und Leistung.
💼 Praxishinweis für Fitnessstudios und Abo-Modelle
Das Urteil betrifft nicht nur Fitnessstudios, sondern ist grundsätzlich auf alle abonnementbasierten Geschäftsmodelle übertragbar – z. B. auch Musikschulen, Sportvereine oder Onlineplattformen mit Leistungsunterbrechung.
✅ Wichtig für Unternehmer:
- Keine umsatzsteuerliche Korrektur erforderlich, wenn nachträglich eine Ersatzleistung angeboten wird (z. B. Verlängerung, Gutschein, Zusatznutzung).
- Eine bloße Rückzahlungspflicht reicht nicht aus, um die Umsatzsteuer zu korrigieren – es braucht die tatsächliche Rückzahlung.
🧾 Fazit: Leistungsaustausch bleibt bestehen – auch ohne Nutzungsmöglichkeit
Mit seinem Urteil stärkt der BFH die Rechtssicherheit für Unternehmen, die während pandemiebedingter Betriebsschließungen ersatzweise Leistungen nachholen oder ausgleichen.
💡 Tipp: Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung kann ein wirtschaftlich relevanter Leistungsaustausch vorliegen – wichtig ist die aktive Kompensation der ausgefallenen Leistung.
📌 Quelle: BFH, Urteil vom 13.11.2024 – XI R 5/23
📑 Parallelentscheidung: XI R 36/22
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