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Keine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Neuregelungen zur Grundsteuer

FG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 26.02.2025 – Az. 11 K 2309/23 BG

Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf hat in einem aktuellen Gerichtsbescheid entschieden, dass es keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die neuen Bewertungsvorschriften im Rahmen der Grundsteuer gibt. Die Klägerin, eine Miteigentümerin eines Grundstücks mit zwei Wohnungen, hatte gegen die vom Finanzamt festgestellten Grundsteuerwerte geklagt – mit dem Ziel, die Bescheide vollständig aufheben zu lassen. Dabei stützte sie sich auf ein Gutachten sowie eine frühere Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz.

Hintergrund des Verfahrens

Die Klägerin hatte fristgerecht Erklärungen zur Feststellung der Grundsteuerwerte zum Stichtag 1. Januar 2022 abgegeben. Das zuständige Finanzamt erließ die Bescheide auf Grundlage der geltenden gesetzlichen Vorgaben, insbesondere nach Maßgabe der neuen Bewertungsvorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG). Zwischen den Beteiligten bestand dabei kein Streit über die tatsächliche Bewertung – strittig war ausschließlich die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Grundlagen.

Die Klägerin argumentierte, dass die Bewertungsvorschriften des BewG gegen das Grundgesetz verstoßen würden – unter anderem wegen möglicher Ungleichbehandlungen und einer unverhältnismäßigen Belastung des Eigentums. Zur Unterstützung legte sie ein Rechtsgutachten eines renommierten Professors vor und verwies auf das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom November 2023, das in Fachkreisen für Aufsehen sorgte.

Entscheidung des FG Düsseldorf

Der 11. Senat des FG Düsseldorf wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2025 ab. Aus Sicht des Gerichts bestand kein Anlass, das Verfahren auszusetzen oder das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Die Richter sahen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der maßgeblichen Bewertungsvorschriften.

Die zentralen Argumente des Senats:

  • Gesetzgebungskompetenz des Bundes: Diese sei gegeben, die neuen Regelungen seien auf einer tragfähigen gesetzlichen Grundlage erlassen worden.
  • Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG): Mögliche Ungleichbehandlungen bei der Bewertung seien entweder gerechtfertigt oder nicht schwerwiegend genug, um eine Verfassungswidrigkeit anzunehmen.
  • Eingriffe in Grundrechte (Art. 14, 12, 2 GG): Der Senat sah weder eine unverhältnismäßige Eigentumsbelastung noch andere grundrechtlich relevante Eingriffe.

Ausblick: Revision eingelegt

Trotz der Abweisung der Klage hat das FG Düsseldorf die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen – unter Verweis auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache. Die Klägerin hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Ob sich der BFH oder gar das Bundesverfassungsgericht künftig mit der neuen Grundsteuerbewertung befassen wird, bleibt somit offen.

Fazit für Steuerpflichtige

Mit dieser Entscheidung reiht sich das FG Düsseldorf in die Linie jener Finanzgerichte ein, die die Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuerregelungen nicht grundsätzlich infrage stellen. Gleichwohl zeigt die Zulassung der Revision, dass die rechtliche Diskussion nicht endgültig abgeschlossen ist. Steuerpflichtige, die gegen ihre Grundsteuerwertbescheide Einspruch eingelegt haben, sollten die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen – insbesondere ein mögliches BFH- oder BVerfG-Verfahren.

Neues Verfahrens „RABE“ zur Belegeinreichung über ELSTER 

Das Verfahren RABE („Referenzierung auf Belege“) ist eine neue digitale Lösung zur Belegeinreichung im Rahmen der Einkommensteuererklärung über ELSTER. Es wurde im Rahmen des sogenannten KONSENS-Verbunds (Koordinierte Neue Software-Entwicklung der Steuerverwaltung) entwickelt und soll das Einreichen und Zuordnen von Belegen einfacher, effizienter und medienbruchfrei gestalten.

Was macht RABE genau?

Bisher mussten Belege – etwa Spendenquittungen oder Nachweise für außergewöhnliche Belastungen – nur auf Anforderung des Finanzamts eingereicht werden, entweder per Post oder elektronisch über ELSTER-Nachricht.

Mit RABE gibt es jetzt eine neue Möglichkeit:

  • Belege können direkt beim Erstellen der Steuererklärung in Mein ELSTER oder in anderen RABE-fähigen Programmen hochgeladen werden.
  • Diese Belege werden konkret den jeweiligen Feldern in der Steuererklärung zugeordnet (z. B. Spendenbeleg zu Zeile X).
  • Das Finanzamt kann diese referenzierten Belege dann gezielt aufrufen, ohne Rückfragen oder Nachforderungen.

Vorteile von RABE:

  • Keine zusätzliche Kommunikation oder Nachreichung notwendig.
  • Schnellere Bearbeitung durch die Finanzämter.
  • Bessere Übersichtlichkeit durch direkte Verknüpfung von Belegen mit Eintragungen.

Zeitplan:

  • Erste Anwendung: Einkommensteuererklärung für das Jahr 2023 (ab Frühjahr 2024).
  • Pilotphase: Ende 2024 in ausgewählten bayerischen Finanzämtern (z. B. Augsburg, Erlangen).
  • Bundesweite Einführung: schrittweise im Jahr 2025.
  • Berlin: Einsatz voraussichtlich ab September 2025. Genaue Details folgen durch die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin.

BFH: Keine Gewerbesteuer-Hebeberechtigung eines Bundeslandes für Betriebsstätten im deutschen Küstenmeer

Mit Urteil vom 03.12.2024 (Az. IV R 5/22) hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt, dass ein Bundesland keine gewerbesteuerrechtliche Hebeberechtigung für eine im deutschen Küstenmeer gelegene Betriebsstätte – wie etwa einen Offshore-Windpark – beanspruchen kann. Damit wurde einer zunehmend relevanten Rechtsfrage im Kontext erneuerbarer Energien und gemeindefreier Gebiete eine klare Absage erteilt.


Hintergrund: Gewerbesteuer im gemeindefreien Raum

Das deutsche Küstenmeer zählt gemäß § 1 Abs. 2 Außenwirtschaftsgesetz zum Inland. Somit unterliegen auch dort gelegene Betriebsstätten – etwa Offshore-Windparks – grundsätzlich der Gewerbesteuerpflicht.

Fraglich war bislang jedoch, wer die Hebeberechtigung für diese Steuer zusteht, wenn die Betriebsstätte sich nicht auf dem Gebiet einer Gemeinde, sondern in einem gemeindefreien Gebiet wie dem Küstenmeer befindet.

Ein Bundesland hatte versucht, über eine landesrechtliche Verordnung die Hebeberechtigung für sich zu beanspruchen. Dagegen klagte ein Betreiber eines Windparks – mit Erfolg.


Kernaussagen des Urteils

Der BFH trifft in seinem Urteil drei zentrale Aussagen:

  1. Gewerbesteuerpflicht ja – Hebeberechtigung nein
    Das deutsche Küstenmeer gehört zum Inland, daher ist dort eine Betriebsstätte grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Bundesland die Steuer auch erheben darf.
  2. Landesverordnungen stehen unter Bundesaufsicht
    Die Frage, ob eine landesrechtliche Verordnung mit Bundesrecht oder dem Grundgesetz vereinbar ist, unterliegt der revisiblen Kontrolle durch den BFH.
  3. Keine Hebeberechtigung bei verfassungskonformer Auslegung
    § 4 Abs. 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) erlaubt keine Übertragung der Hebeberechtigung auf ein Bundesland, wenn die Betriebsstätte in einem gemeindefreien Gebiet liegt. Eine solche Interpretation wäre mit dem föderalen Prinzip und dem Hebesatzrecht der Gemeinden nicht vereinbar.

Relevanz für die Praxis

Das Urteil hat insbesondere für die Energiebranche und Betreiber von Offshore-Anlagen Bedeutung:

  • Die Gewerbesteuerpflicht besteht zwar weiterhin.
  • Die Verteilungshoheit der Steuer bleibt jedoch ungeklärt, solange keine gemeindliche Zuständigkeit besteht.
  • Für Unternehmen bedeutet das mehr Rechtssicherheit – und potenziell geringere Gewerbesteuerbelastung, wenn kein Hebesatz anwendbar ist.

Fazit

Der BFH setzt dem fiskalischen Zugriff der Länder auf gemeindefreie Betriebsstätten klare Grenzen. Eine gewerbesteuerrechtliche Lücke wird dadurch nicht geschaffen, doch das Urteil stärkt die Rechtssicherheit im Spannungsfeld zwischen Steuerpflicht und föderaler Kompetenzverteilung.


Sie betreiben eine Anlage außerhalb kommunaler Zuständigkeiten oder planen Investitionen in Offshore-Projekte? Wir beraten Sie gern zu den steuerlichen Implikationen und unterstützen Sie bei der richtigen Einordnung Ihrer Betriebsstätte.

Zusatzbeiträge 2025: Unternehmen zahlen 3,8 Milliarden Euro mehr – IW warnt vor wachsender Belastung

Der durchschnittliche Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung steigt 2025 auf 2,9 % – deutlich mehr als die ursprünglich prognostizierten 2,5 %. Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt: Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bedeutet das eine Mehrbelastung von insgesamt 7,6 Milliarden Euro. Auf die Wirtschaft allein entfallen davon 3,8 Milliarden Euro.


Hintergrund: Warum der Zusatzbeitrag steigt

Seit dem 1. Januar 2025 gilt ein durchschnittlicher Zusatzbeitrag von 2,9 % – das sind 0,4 Prozentpunkte mehr als vom Bundesgesundheitsministerium erwartet. Der Grund für den sprunghaften Anstieg:

  • Finanzreserven der Krankenkassen nahezu aufgebraucht: Seit der Corona-Pandemie sind die gesetzlichen Kassen verpflichtet, ihre Rücklagen abzubauen, um Beitragserhöhungen abzumildern.
  • Wegfall des Puffermechanismus: Ohne Reserven steigen die Beiträge schneller, sobald die Kosten steigen.

Die Zusatzbeiträge werden – wie die übrigen Krankenversicherungsbeiträge – je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen. Entsprechend verteilen sich auch die Mehrkosten.


Auswirkungen für Unternehmen

Laut IW-Studie führt der höhere Beitrag zu einer spürbaren Erhöhung der Lohnnebenkosten. Studienautor Jochen Pimpertz warnt:

„Für die Unternehmen in Deutschland sind immer höhere Sozialabgaben eine Wachstumsbremse.“

Die Gesamtsozialabgaben steigen durch die Erhöhung auf über 42 % – ein historisch hoher Wert. Die Folge: sinkende Wettbewerbsfähigkeit, geringere Investitionen und ein wachsender Druck auf die Löhne.


IW-Forderung: Ausgabendisziplin statt Beitragserhöhungen

Das Institut der deutschen Wirtschaft mahnt die Politik zu mehr Ausgabendisziplin im Gesundheitswesen. Nur so ließe sich verhindern, dass künftige Reformen – etwa über den Infrastrukturfonds finanzierte Wachstumsimpulse – durch die Sozialabgaben wieder neutralisiert werden.


Fazit

Für Arbeitgeber bedeutet der gestiegene Zusatzbeitrag 2025 erhöhte Personalkosten – und das in einer Zeit, in der viele Unternehmen ohnehin mit steigenden Energiepreisen, Inflation und Fachkräftemangel zu kämpfen haben. Eine frühzeitige Kostenplanung und ggf. strategische Personalplanung sind nun wichtiger denn je.


Sie möchten wissen, wie sich die steigenden Sozialabgaben konkret auf Ihre Lohn- und Personalkosten auswirken – oder ob sich Gestaltungsansätze anbieten? Sprechen Sie uns gerne an – wir beraten Sie individuell und vorausschauend.

BFH: Vorabentscheidungsersuchen zur Schenkungsteuer bei EU-Bediensteten

Mit Beschluss vom 20.11.2024 (Az. II R 38/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zwei Fragen zur Auslegung des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union vorgelegt. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob diese unionsrechtliche Vorschrift auch die nationale Schenkungsteuer erfasst – und welche Konsequenzen sich daraus für die steuerliche Wohnsitzbegründung von EU-Bediensteten ergeben.


Hintergrund: Steuerliche Sonderstellung von EU-Bediensteten

Das Protokoll Nr. 7, insbesondere Art. 13 Abs. 1, gewährt Bediensteten der Europäischen Union gewisse steuerliche Vorrechte, wenn sie sich zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen. Dabei geht es regelmäßig um die Abgrenzung der Steuerhoheit zwischen Herkunfts- und Tätigkeitsstaat.

Bislang war jedoch unklar, ob sich diese Vorschrift auch auf Schenkungsteuerpflichten auswirkt und ob der Status als EU-Bediensteter automatisch einen steuerlichen Wohnsitz im Tätigkeitsstaat ausschließt oder einschränkt.


Die dem EuGH vorgelegten Fragen

Der BFH möchte mit dem Vorabentscheidungsersuchen klären lassen:

  1. Gilt Art. 13 Abs. 1 Satz 1 des Protokolls Nr. 7 auch für die Erhebung der Schenkungsteuer?
  2. Falls ja: Kann ein EU-Bediensteter, der sich ausschließlich zur Ausübung seiner Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat aufhält, gleichzeitig einen weiteren steuerlichen Wohnsitz in einem dritten Mitgliedstaat begründen, obwohl er im Tätigkeitsstaat einen tatsächlichen Wohnsitz beibehält?

Bedeutung der Vorlagefragen

Die Entscheidung des EuGH wird weitreichende Bedeutung für die steuerliche Behandlung von Vermögensübertragungen unter EU-Bediensteten haben – insbesondere, wenn mehrere Mitgliedstaaten aufgrund von Wohnsitz oder Aufenthalt konkurrierende Steueransprüche geltend machen.

Für die Praxis stellen sich u. a. folgende Fragen:

  • Wann ist ein EU-Bediensteter in Deutschland beschränkt oder unbeschränkt schenkungsteuerpflichtig?
  • Unter welchen Voraussetzungen kann ein steuerlicher Wohnsitz in Deutschland trotz Tätigkeit im EU-Ausland angenommen werden?
  • Muss Deutschland die Schenkungsteuerpflicht zurücknehmen, wenn sich Art. 13 Abs. 1 auf diese Steuerart erstreckt?

Fazit und Ausblick

Der BFH greift mit seiner Vorlage ein bislang nicht geklärtes Spannungsfeld zwischen nationalem Steuerrecht und europäischem Beamtenprivileg auf. Sollte der EuGH die Anwendbarkeit auf die Schenkungsteuer bejahen, könnte dies zu einer Restriktion nationaler Besteuerungskompetenzen führen – insbesondere bei grenzüberschreitenden Schenkungen mit Bezug zu EU-Bediensteten.


Sie sind EU-Bediensteter oder beraten Mandanten mit grenzüberschreitender Tätigkeit innerhalb der EU? Gerne prüfen wir die steuerlichen Auswirkungen von Vermögensübertragungen im Lichte europäischer Privilegien und entwickeln passende Gestaltungsempfehlungen.

BFH: Steuerbefreiung für Strom zur Stromerzeugung und zur Aufrechterhaltung der Stromerzeugungsfähigkeit

Mit Urteil vom 15.10.2024 (Az. VII R 31/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) wichtige Grundsätze zur Stromsteuerbefreiung nach dem Stromsteuergesetz (StromStG) sowie zur unmittelbaren Anwendbarkeit europarechtlicher Vorschriften klargestellt. Die Entscheidung betrifft die steuerliche Behandlung von Strom, der in Kraftwerken verbraucht wird – nicht nur zur eigentlichen Erzeugung von Strom, sondern auch zur Sicherstellung der Betriebsfähigkeit der Anlagen.


Kernaussagen des Urteils

1. Zurechnung der Stromentnahme: Nicht nur „wer den Schalter umlegt“

Der Begriff der Stromentnahme i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StromStG ist nicht auf die unmittelbar handelnde Person beschränkt. Der BFH stellt klar, dass die Entnahme auch einer Person zugerechnet werden kann, die aufgrund einer besonderen Einwirkungsmöglichkeit über eine andere Person sowie über die stromverbrauchenden Anlagen faktisch die Sachherrschaft ausübt. Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des Einzelfalls.

2. Unmittelbare Berufung auf EU-Recht möglich

Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alt. 2 der EnergieStRL (Richtlinie 2003/96/EG) sieht vor, dass elektrischer Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit zur Stromerzeugung verwendet wird, von der Steuer zu befreien ist. Diese Regelung wurde bislang nicht ins nationale Recht umgesetzt. Dennoch erkennt der BFH an, dass sich betroffene Unternehmen unmittelbar auf diese Vorschrift berufen können, da sie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau ist.

3. Erweiterte Steuerbefreiung für betriebsnotwendige Prozesse

Bestimmte vorgelagerte oder nachgelagerte Prozesse in einem Kraftwerk – z. B. die Kühlung, Schmierung, Aufrechterhaltung der Startbereitschaft oder Reinigung – sind steuerfrei, wenn sie funktional erforderlich sind, um die Stromerzeugung aufrechterhalten zu können.


Praktische Relevanz

Die Entscheidung hat erhebliche Bedeutung für Energieversorger und Betreiber von Stromerzeugungsanlagen. Insbesondere eröffnet sie steuerliche Entlastungspotenziale für den innerbetrieblichen Stromverbrauch, der nicht unmittelbar der Stromproduktion dient, aber essenziell für den Kraftwerksbetrieb ist.

Die Urteilsbegründung stärkt zudem die Möglichkeit, sich unmittelbar auf europarechtliche Vorgaben zu berufen, wenn deren Umsetzung in deutsches Recht unterblieben ist.


Fazit

Der BFH erweitert die steuerliche Begünstigung im Stromsteuerrecht und betont gleichzeitig die Durchgriffswirkung europäischer Vorgaben. Für Unternehmen im Energiesektor empfiehlt sich eine kritische Prüfung bisher nicht geltend gemachter Steuerbefreiungen, insbesondere im Hinblick auf betrieblich notwendige Stromverwendungen zur Sicherstellung der Erzeugungsfähigkeit.


Sie sind Betreiber einer Stromerzeugungsanlage und möchten Ihre Stromsteuerbelastung optimieren oder bestehende Prozesse auf Steuerbefreiungen prüfen? Sprechen Sie uns gerne an – wir unterstützen Sie bei der rechtssicheren Bewertung und Beantragung möglicher Entlastungen.

BFH bestätigt: Geschlechtsspezifische Sterbetafeln bei der Schenkungsteuer verfassungsgemäß

Mit drei Urteilen vom 20.11.2024 (Az. II R 38/22, II R 41/22 und II R 42/22) hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt, dass die Verwendung geschlechtsspezifischer Sterbetafeln bei der Bewertung lebenslanger Nutzungen und Leistungen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer verfassungsgemäß ist. Die Entscheidung betrifft insbesondere die Wertermittlung von Nießbrauchsrechten bei unentgeltlichen Übertragungen – etwa im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge.


Der Hintergrund der Entscheidung

In den entschiedenen Fällen hatten die Kläger im Jahr 2014 von ihrem Vater GmbH-Anteile im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten. Der Vater behielt sich jedoch einen lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch an den Anteilen vor. Dieser Nießbrauch vermindert die steuerliche Bereicherung der Erwerber und wird dementsprechend bei der Festsetzung der Schenkungsteuer als Abzugsposition berücksichtigt.

Die Finanzverwaltung berechnete den Kapitalwert des Nießbrauchs unter Anwendung der gesetzlich vorgeschriebenen Vervielfältiger gemäß § 14 Bewertungsgesetz (BewG). Diese basieren auf Sterbetafeln des Statistischen Bundesamts, die nach Geschlecht und Alter des Berechtigten differenzieren.

Die Kläger rügten, die Berücksichtigung des Geschlechts bei der Bewertung verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz (GG). Ihre Klage blieb jedoch ohne Erfolg.


Kernaussagen des BFH

Der BFH wies die Revisionen zurück und bestätigte die Praxis der Finanzverwaltung. Die wichtigsten Aussagen des Gerichts:

  • Keine Diskriminierung: Die Verwendung geschlechtsspezifischer Vervielfältiger ist verfassungsrechtlich zulässig. Sie dient dem legitimen Ziel, realitätsnahe und leistungsfähigkeitsgerechte Besteuerungen zu ermöglichen.
  • Statistische Grundlage: Die Lebenserwartung von Männern und Frauen unterscheidet sich nach wie vor statistisch signifikant. Daraus ergeben sich unterschiedliche Vervielfältiger, die zu realistischeren Kapitalwerten führen.
  • Keine pauschale Benachteiligung: Die geschlechtsbezogenen Vervielfältiger können sich je nach Einzelfall sowohl steuermindernd als auch steuererhöhend auswirken. Es erfolgt keine generelle Benachteiligung aufgrund des Geschlechts.
  • Maßgeblich ist der Nießbrauchsberechtigte: Für die Berechnung des Kapitalwerts ist nicht das Geschlecht der Erwerber entscheidend, sondern das Geschlecht und Alter desjenigen, der das Nutzungsrecht innehat (hier: der Vater).

Was bedeutet das für die Praxis?

Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit bei der Bewertung von lebenslangen Nutzungen und Leistungen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Solange die Lebenserwartung weiterhin statistisch geschlechtsabhängig ermittelt wird, bleibt die Anwendung geschlechtsspezifischer Sterbetafeln zulässig.


Hinweis zum Selbstbestimmungsgesetz

Der BFH hat ausdrücklich offen gelassen, welche Auswirkungen sich aus dem am 1. November 2024 in Kraft getretenen Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag ergeben könnten. Die Frage, wie sich eine Änderung des Geschlechtseintrags auf die steuerliche Bewertung auswirkt, war nicht Gegenstand der Urteile und bleibt künftiger rechtlicher Klärung vorbehalten.


Fazit

Die Urteile des BFH bestätigen die bisherige Verwaltungspraxis und stärken die Rechtssicherheit bei Übertragungen unter Nießbrauchsvorbehalt. In der steuerlichen Beratung ist die korrekte Anwendung der Vervielfältiger nach § 14 BewG weiterhin essenziell – und nun auch verfassungsrechtlich abgesichert.


Sie planen eine Übertragung mit Nießbrauchsvorbehalt oder möchten die steuerlichen Auswirkungen vorweggenommener Erbfolge optimieren? Wir beraten Sie gerne individuell und vorausschauend.

BFH zur Säumniszuschlag-Höhe: Ab März 2022 keine Zweifel an Verfassungsmäßigkeit

📅 Veröffentlicht am 11. April 2025
🔍 Quelle: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.03.2025 – X B 21/25 (AdV)
📌 Pressemitteilung Nr. 22/25 vom 10.04.2025


📌 Hintergrund

Säumniszuschläge nach § 240 AO betragen weiterhin 1 % pro angefangenem Monat der Säumnis – also 12 % pro Jahr. Diese Regelung war in der Vergangenheit verfassungsrechtlich umstritten, insbesondere während der Niedrigzinsphase. In mehreren Fällen hatte der Bundesfinanzhof (BFH) daher ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zuschlagshöhe bejaht.


⚖️ Die aktuelle Entscheidung des BFH

In seinem aktuellen Beschluss vom 21. März 2025 (Az. X B 21/25) stellt der BFH jedoch klar:

Seit dem Zinsanstieg ab März 2022 bestehen keine ernstlichen Zweifel mehr an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge.

Begründung:
Mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 setzte ein deutlicher und nachhaltiger Anstieg der Marktzinsen ein. Damit sei die Phase der extrem niedrigen Zinsen beendet. Die gesetzlich festgelegten Zuschläge seien seither nicht mehr realitätsfremd.


🧾 Der konkrete Fall

Die Antragstellerin hatte gegen Säumniszuschläge für März bis Dezember 2022 geklagt und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Das Finanzgericht gab ihr zunächst recht. Im Beschwerdeverfahren stellte der BFH jedoch fest:

  • Keine verfassungsrechtlichen Zweifel an der Zuschlagshöhe ab März 2022
  • Aber: Die Antragstellerin hatte eine Sicherheitsleistung erbracht
  • Daher: Das FA hätte die AdV rückwirkend ab Fälligkeit gewähren müssen
  • Folge: Die Säumniszuschläge wären entfallen – die Beschwerde des FA blieb erfolglos

💡 Fazit für die Praxis

  • Die zeitweise Hoffnung auf eine verfassungswidrige Überhöhung der Säumniszuschläge ist seit März 2022 weitgehend hinfällig.
  • Eine Rückforderung oder Aussetzung wegen verfassungsrechtlicher Zweifel ist seitdem nur noch sehr eingeschränkt erfolgversprechend.
  • Mandantinnen und Mandanten sollten bei verspäteter Steuerzahlung weiterhin mit Säumniszuschlägen von 1 % pro Monat rechnen.
  • In Einzelfällen kann es dennoch formale Angriffsflächen geben, z. B. bei der rückwirkenden Anwendung von AdV bei geleisteter Sicherheit.

📬 Sie haben Fragen zur Rechtmäßigkeit von Zinsen, Zuschlägen oder möchten gegen Säumniszuschläge vorgehen? Wir prüfen für Sie individuell, ob sich ein Einspruch lohnt.

Neues BMF-Schreiben zu Kleinunternehmern: DStV fordert Klarstellung bei E-Rechnung

📅 Veröffentlicht am 11. April 2025
🔍 Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V. (DStV), Mitteilung vom 10.04.2025


Seit dem 1. Januar 2025 gelten neue umsatzsteuerliche Regelungen für Kleinunternehmer – insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung der E-Rechnungspflicht. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat dazu mit Schreiben vom 18. März 2025 seine aktuelle Verwaltungsauffassung veröffentlicht. Doch genau diese sorgt derzeit für Verunsicherung in der Praxis – vor allem durch eine unklare Passage zur Zustimmungspflicht des Rechnungsempfängers.


🧾 Hintergrund: Gesetzliche Neuregelungen für Kleinunternehmer

Mit dem Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) wurden unter anderem folgende Änderungen mit Wirkung zum 01.01.2025 umgesetzt:

  • § 19 UStG wurde neu gefasst.
  • Die Kleinunternehmerregelung gilt nun auch für EU-weit ansässige Unternehmer (§ 19a UStG).
  • Es wurde ein besonderes Meldeverfahren für EU-Kleinunternehmer eingeführt.
  • Der neue § 34a UStDV regelt die Pflichtangaben in Rechnungen von Kleinunternehmern und sieht Erleichterungen vor.
  • Ein Wahlrecht zur Rechnungsform für Kleinunternehmer wurde eingeführt: Sie dürfen auch nach Einführung der E-Rechnungspflicht weiterhin Papier- oder PDF-Rechnungen nutzen.

📌 Kritikpunkt: Zustimmungspflicht zur E-Rechnung in der Verwaltungsauffassung

In seiner aktuellen Verwaltungsauffassung (Abschnitt 14.7a Abs. 3 UStAE) hält das BMF fest, dass Kleinunternehmer für die Ausstellung einer E-Rechnung weiterhin die Zustimmung des Empfängers benötigen. Dies widerspricht allerdings dem Grundgedanken der E-Rechnungspflicht ab 2025, da das Zustimmungserfordernis eigentlich weggefallen ist.

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) kritisiert diese Rückkehr zur Zustimmungspflicht als unnötig und rechtlich nicht haltbar. In seiner Stellungnahme S 02/25 fordert der DStV das BMF daher auf, den entsprechenden Passus klarzustellen oder vollständig zu streichen, um Unsicherheiten bei Kleinunternehmern und deren Steuerberatern zu vermeiden.


🧭 Was bedeutet das für die Praxis?

✅ Derzeit gilt:

  • Kleinunternehmer müssen keine E-Rechnung ausstellen, wenn sie nicht möchten.
  • Sie dürfen aber auf freiwilliger Basis E-Rechnungen ausstellen – auch ohne Zustimmung des Rechnungsempfängers, sofern es sich um B2B-Umsätze handelt.

⚠️ Das Problem:

  • Die aktuelle Verwaltungsauffassung des BMF widerspricht dieser Regelung und könnte in der Praxis zu unnötigen Nachfragen, Ablehnungen oder Mehraufwand führen.

🧮 Empfehlung für Unternehmer und Steuerberater

  • Kleinunternehmer sollten sich weiterhin auf ihr Wahlrecht gemäß § 34a UStDV berufen und auf freiwillige E-Rechnungsausstellung setzen, sofern gewünscht.
  • Steuerberater sollten ihre Mandanten frühzeitig aufklären und ggf. auf das noch offene Klärungsverfahren beim BMF hinweisen.
  • Dokumentation der Einwilligung ist nicht mehr erforderlich – auch wenn das BMF-Schreiben anderes nahelegt.

💬 Fazit

Die Einführung der E-Rechnungspflicht ab 2025 soll die Digitalisierung des Rechnungswesens voranbringen – auch für Kleinunternehmer. Doch das aktuelle BMF-Schreiben konterkariert diesen Zweck durch eine unnötige Einschränkung, die aus Sicht des DStV dringend korrigiert oder gestrichen werden sollte. Die Steuerpraxis braucht hier vor allem Rechtssicherheit und klare Vorgaben.


📬 Haben Sie Fragen zur E-Rechnungspflicht oder zu den neuen Kleinunternehmerregelungen? Gern unterstützen wir Sie individuell bei der Umsetzung in Ihrem Unternehmen.

Inflationsrate im März 2025 bei +2,2 % – Energie bremst, Lebensmittel treiben

📅 Veröffentlicht am 11. April 2025
🔍 Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis)


Im März 2025 lag die Inflationsrate in Deutschland – gemessen am Verbraucherpreisindex (VPI) – bei +2,2 % im Vergleich zum Vorjahresmonat. Damit wurde der rückläufige Trend der letzten Monate fortgesetzt: Im Februar lag die Rate noch bei +2,3 %, im Januar bei +2,3 % und im Dezember 2024 sogar bei +2,6 %.

Im Vergleich zum Februar 2025 stiegen die Verbraucherpreise im März moderat um +0,3 %. Der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI), der vor allem für EU-Vergleiche herangezogen wird, zeigt eine ähnliche Entwicklung mit +2,3 % gegenüber dem Vorjahresmonat und +0,4 % gegenüber dem Vormonat.


🔋 Energiepreise dämpfen weiterhin die Inflation

Eine wichtige Bremse der Inflation bleibt die Energie. Im März 2025 lagen die Energiepreise 2,8 % unter dem Vorjahresniveau. Insbesondere Kraftstoffe (-4,6 %) und leichtes Heizöl (-8,4 %) trugen zum Rückgang bei. Auch Strom (-2,1 %) und Holzpellets (-3,5 %) waren günstiger. Teurer hingegen wurden Erdgas (+3,5 %) und Fernwärme (+9,5 %).


🛒 Lebensmittelpreise steigen spürbar

Dagegen stiegen die Preise für Nahrungsmittel erneut kräftig um +3,0 % im Jahresvergleich – ein klarer Preistreiber. Besonders stark verteuerten sich:

  • Speisefette und -öle: +9,2 %
  • Obst: +5,7 %
  • Gemüse: +5,3 %
  • Zucker, Marmelade & Honig: +4,9 %
  • Milchprodukte und Eier: +4,1 %

Lediglich Fisch und Meeresfrüchte wurden leicht günstiger (-0,4 %).


📊 Kerninflation bleibt hoch

Die Kerninflation – also die Preisentwicklung ohne Energie und Nahrungsmittel – lag im März bei +2,6 %. Diese Kennziffer gilt als besserer Indikator für die tatsächliche Inflationsdynamik und liegt damit weiterhin über der offiziellen Gesamtinflation.


🧾 Dienstleistungen bleiben Preistreiber

Dienstleistungen verteuerten sich um durchschnittlich +3,5 % im Vergleich zum Vorjahr. Besonders auffällig:

  • Kombinierte Personenbeförderung: +11,4 %
  • Soziale Dienstleistungen: +10,0 %
  • Versicherungen: +9,8 %
  • Gesundheitsdienstleistungen: +6,5 %
  • Gaststätten: +4,2 %
  • Wartung & Reparatur von Fahrzeugen: +5,8 %

Mieten stiegen um +2,1 % – also leicht unterhalb der Gesamtteuerung.


🛍️ Warenpreise steigen moderat – aber unterschiedlich stark

Waren insgesamt verteuerten sich um +1,0 % im Jahresvergleich. Während viele Konsumgüter nur leicht teurer wurden, gab es starke Ausschläge bei:

  • Alkoholfreien Getränken: +6,9 %
  • Tabakwaren: +4,2 %

Dagegen wurden einige Technikprodukte günstiger:

  • Mobiltelefone: -9,0 %
  • Informationsverarbeitungsgeräte: -6,0 %

📈 Monatsvergleich: März gegenüber Februar 2025

Im Vergleich zum Vormonat Februar sind die Preise insgesamt um +0,3 % gestiegen. Auffällig:

  • Bekleidung: +4,3 % (saisonbedingt)
  • Pauschalreisen: +3,1 %
  • Kaffee und ähnliche Produkte: +4,6 %

Die Energiepreise sanken um -1,5 %, vor allem aufgrund günstigerer Kraftstoffe (-3,4 %) und Heizöl (-5,5 %).


🔎 Fazit: Leichte Entspannung – aber weiterhin Kaufkraftverlust

Die aktuelle Inflationsrate zeigt eine gewisse Stabilisierung auf moderatem Niveau. Während Energie weiterhin preisdämpfend wirkt, sorgt insbesondere der Bereich Nahrungsmittel und Dienstleistungen weiterhin für spürbare Belastungen der Haushaltsbudgets. Die Kerninflation bleibt erhöht, was auf eine strukturell anhaltende Preissteigerung in vielen Bereichen hinweist.


💬 Sie möchten wissen, wie Sie Ihr Vermögen inflationssicher strukturieren oder welche Auswirkungen Preisentwicklungen auf Ihre Finanz- und Steuerstrategie haben? Kontaktieren Sie uns gern für ein persönliches Gespräch.