Bekanntgabefiktion: Verlängerung der Zugangsvermutung auf vier Tage ab 1. Januar 2025

Änderung durch das Postrechtsmodernisierungsgesetz

Ab dem 1. Januar 2025 verlängert sich die Zugangsvermutung für die Bekanntgabe von schriftlichen Verwaltungsakten, wie z. B. Steuerbescheiden, bei Übermittlung durch die Post von drei auf vier Tage. Diese Änderung wurde durch das Postrechtsmodernisierungsgesetz eingeführt und betrifft die gesetzliche Regelung in der Abgabenordnung (AO), insbesondere:

  • § 122 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 2a AO
  • § 122a Abs. 4 Satz 1 AO

Hintergrund

Ein Verwaltungsakt wird gemäß § 124 AO erst mit der Bekanntgabe wirksam. Bisher wurde für den Bekanntgabezeitpunkt bei der postalischen Übermittlung eine Dreitagefrist fingiert. Durch die Anpassung der gesetzlichen Laufzeitvorgaben für Postsendungen wurde diese Bekanntgabefiktion auf vier Tage verlängert.

Neuregelung ab 2025

  1. Verlängerung der Zugangsvermutung:
    • Für Verwaltungsakte, die nach dem 31.12.2024 zur Post gegeben werden, gilt eine Bekanntgabefiktion von vier Tagen.
    • Dies betrifft auch elektronisch übermittelte Verwaltungsakte oder solche, die elektronisch zum Abruf bereitgestellt werden.
  2. Fristberechnung:
    • Fällt der vierte Tag nach dem Versanddatum auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, verschiebt sich der Fristablauf gemäß § 108 Abs. 3 AO auf den nächsten Werktag.
  3. Anwendung auf Einspruchsfristen:
    • Die Einspruchsfrist von einem Monat nach § 355 AO beginnt erst mit der Bekanntgabe.

Beispiel zur Fristberechnung

Ein Steuerbescheid wird am Mittwoch, 5. April 2025, zur Post gegeben:

  • Der vierte Tag fällt auf den Sonntag, 9. April 2025.
  • Die Bekanntgabe gilt erst am Montag, 10. April 2025, als erfolgt.
  • Die Einspruchsfrist endet mit Ablauf des 10. Mai 2025.

Ausnahmen

Die Neuregelung gilt nicht für Verwaltungsakte, die förmlich zugestellt werden, z. B. mit Zustellungsurkunde. In diesen Fällen ist der tatsächliche Zustellungszeitpunkt maßgeblich.

Bedeutung für die Praxis

  1. Verwaltungsakte:
    • Steuerpflichtige haben durch die längere Zugangsvermutung mehr Zeit, bevor die Einspruchsfrist beginnt.
    • Dies gilt insbesondere bei postalischen oder elektronischen Zustellungen.
  2. Fristberechnung:
    • Steuerpflichtige und Berater sollten die verlängerte Viertagesfrist bei der Fristberechnung beachten.
    • Fällt der letzte Tag der Frist auf ein Wochenende oder einen Feiertag, verschiebt sich der Beginn der Frist wie bisher auf den nächsten Werktag.
  3. Förmliche Zustellungen:
    • Bei förmlichen Zustellungen ist weiterhin der tatsächliche Zustellzeitpunkt entscheidend.

Fazit

Die Verlängerung der Zugangsvermutung auf vier Tage bringt eine kleine, aber wichtige Änderung in der Fristberechnung für Steuerpflichtige und Verwaltungsakteure. Steuerpflichtige sollten die Neuregelung ab 2025 genau beachten, um ihre Rechte rechtzeitig wahrzunehmen.

Quelle: Niedersächsisches Finanzgericht, Newsletter 1/2025