Familienstiftung: Diese Regeln gelten in Deutschland

René Benko, der bekannte österreichische Investor, nutzt eine Familienstiftung, um sein Vermögen zu schützen und für zukünftige Generationen zu sichern. Doch welche steuerlichen Regeln gelten für Familienstiftungen in Deutschland? Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) bringt Klarheit.

Was ist eine Familienstiftung?

Eine Familienstiftung ist eine rechtliche Konstruktion, die es ermöglicht, Vermögen für die Familie und zukünftige Generationen zu sichern. Anders als gemeinnützige Stiftungen verfolgen Familienstiftungen private wirtschaftliche Ziele und sind daher steuerpflichtig. Besonders vermögende Privatpersonen, wie René Benko, nutzen diese Struktur, um ihr Vermögen langfristig zu schützen.

Steuerliche Behandlung von Familienstiftungen

Wird eine Familienstiftung in Deutschland mit Vermögen ausgestattet, wertet das Finanzamt dies als Schenkung. Dabei greifen die gleichen steuerlichen Regeln wie bei anderen Schenkungen. Der BFH hat nun klargestellt, dass dabei die Steuerklasse und der Freibetrag der „entferntest Berechtigten“ gelten – selbst wenn diese Person noch nicht geboren ist (BFH, Az. II R 25/21).

Der Fall: Absicherung der Familie und Abkömmlinge

In dem verhandelten Fall gründete ein Ehepaar eine Familienstiftung und stattete diese mit einem Barbetrag und dem Erbbaurecht an einem Grundstück aus. Der Steuerwert des übertragenen Vermögens betrug 443.051 Euro. Laut Stiftungssatzung sollte die Stiftung die Eheleute versorgen und ihre Tochter finanziell unterstützen. Auch weitere Abkömmlinge der Familie sollten vom Stiftungsvermögen profitieren, jedoch erst nach dem Tod der vorherigen Generation.

Streit um den Freibetrag

Das Ehepaar legte bei der Schenkungssteuer das Verwandtschaftsverhältnis zur Tochter zugrunde und machte einen Freibetrag von 400.000 Euro geltend. Das Finanzamt hingegen gewährte nur 100.000 Euro Freibetrag, da auch mögliche Urenkel vom Stiftungsvermögen profitieren sollten. Der BFH gab dem Finanzamt Recht und stellte klar, dass der steuerliche Freibetrag sich nach der am entferntesten berechtigten Person richtet.

Freibeträge für Schenkungen

Bei Schenkungen ordnet das Finanzamt die Beschenkten je nach Verwandtschaftsverhältnis bestimmten Steuerklassen zu. Diese bestimmen, welche Freibeträge gelten:

  • Ehepartner und eingetragene Lebenspartner: 500.000 Euro
  • Kinder: 400.000 Euro
  • Enkelkinder: 200.000 Euro (oder 400.000 Euro, wenn die Eltern verstorben sind)
  • Urenkel und Eltern, die von ihren Kindern beschenkt werden: 100.000 Euro

Wichtigkeit einer klaren Stiftungssatzung

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer präzise formulierten Stiftungssatzung. Stifter sollten klar regeln, wer am Stiftungsvermögen teilhaben kann, um den entsprechenden Freibetrag zu sichern. Andernfalls kann das Finanzamt den geringeren Freibetrag für entfernte Verwandte ansetzen.

Steuerliche Vorteile und Unsicherheiten

Eine Familienstiftung bietet steuerliche Vorteile, da die Übertragung des Vermögens an die Stiftung nicht wie eine Schenkung an Nichtverwandte behandelt wird, die nur einen Freibetrag von 20.000 Euro hätte. Die BFH-Richter gaben jedoch keine Antwort darauf, ob das Finanzamt künftig Steuern erstatten müsste, wenn keine Enkel oder Urenkel geboren werden.

EuGH prüft Versagung des Steuerklassenprivilegs bei EU-/EWR-Familienstiftungen

Unklar bleibt, ob die steuerlichen Vorteile auch für ausländische Familienstiftungen gelten. Der Europäische Gerichtshof wird demnächst darüber verhandeln (Az. C-142/24).

Das Finanzgericht (FG) Köln hat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingeschaltet, um zu klären, ob einer in Liechtenstein ansässigen Familienstiftung das Steuerklassenprivileg, das nach § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nur für inländische Familienstiftungen gilt, vorenthalten werden darf. Diese Entscheidung könnte weitreichende Konsequenzen für Stiftungen im EU-/EWR-Raum haben.

Hintergrund: Das Steuerklassenprivileg

Bei der Errichtung einer Familienstiftung gibt es eine Steuervergünstigung, bekannt als Steuerklassenprivileg. Dieses Privileg bedeutet, dass sich der Steuersatz nach dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen den von der Stiftung begünstigten Personen und der stiftenden Person richtet. Nach dem Wortlaut des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) gilt diese Vergünstigung jedoch nur für Zuwendungen an inländische Stiftungen.

Zweifel des FG Köln

Das FG Köln hat europarechtliche Zweifel daran, ob es zulässig ist, das Steuerklassenprivileg auf inländische Stiftungen zu beschränken. Die Richter bezweifeln, ob diese Beschränkung mit dem unionsrechtlichen Prinzip der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar ist. Daher haben sie die Frage dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.

Relevanz für betroffene Stifter

Stifter, die Zuwendungen an Familienstiftungen im EU-/EWR-Raum vornehmen, können sich auf das anhängige Verfahren beim EuGH berufen. Bis zur Entscheidung des EuGH besteht die Möglichkeit, ein Zwangsruhen des Einspruchsverfahrens herbeizuführen. Das bedeutet, dass das Verfahren pausiert, bis eine endgültige Entscheidung getroffen wird.

Die Entscheidung des EuGH wird entscheidend dafür sein, ob Familienstiftungen im EU-/EWR-Raum zukünftig vom Steuerklassenprivileg profitieren können. Bis zur Klärung durch den EuGH sollten betroffene Stifter ihre Einspruchsverfahren offenhalten und gegebenenfalls das Zwangsruhen beantragen.

Wir halten Sie über die Entwicklungen in diesem wichtigen Verfahren auf dem Laufenden und informieren Sie zeitnah über die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs.

Fazit

Eine Familienstiftung kann ein effektives Mittel sein, um Vermögen langfristig zu sichern und steuerliche Vorteile zu nutzen. Es ist jedoch entscheidend, die Stiftungssatzung klar zu formulieren und sich über die steuerlichen Regelungen im Klaren zu sein. Insbesondere bei der Festlegung der Begünstigten und der Berechnung der Freibeträge ist Präzision gefragt, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.