📅 BFH-Urteil vom 29.01.2025 – X R 35/19
Mit seinem Urteil vom 29. Januar 2025 hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine wichtige Klarstellung zur unentgeltlichen Übertragung eines Gewerbebetriebs unter Vorbehaltsnießbrauch getroffen. Im Zentrum steht die Frage, ob eine solche Übertragung die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG erfüllt – also steuerneutral zum Buchwert erfolgen kann.
Kernaussage: Kein Betriebsübergang bei Fortführung durch den Nießbraucher
Nach Auffassung des BFH liegt keine steuerlich begünstigte Betriebsübertragung vor, wenn der übertragende Unternehmer die gewerbliche Tätigkeit trotz Eigentumsübertragung weiterführt, etwa im Wege eines Vorbehaltsnießbrauchs.
🔹 Was wurde entschieden?
- Werden Wirtschaftsgüter eines Gewerbebetriebs auf einen Dritten übertragen, unter Vorbehalt eines Nießbrauchs, und führt der Nießbraucher selbst die gewerbliche Tätigkeit fort,
➡️ liegt keine unentgeltliche Betriebsübertragung i. S. d. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG vor. - Das gilt sowohl für aktive als auch für verpachtete Betriebe.
- Die übertragenen Wirtschaftsgüter gelten zunächst als Privatvermögen des Erwerbers – unabhängig davon, ob der Erwerber selbst einen Betrieb führt.
Späterer Betriebsübergang bei Erlöschen des Nießbrauchs
Erst wenn der Nießbrauch unentgeltlich erlischt (z. B. durch Tod des Nießbrauchers oder Schenkung des Rechts), geht der Betrieb steuerneutral auf den Erwerber über, sofern dieser die betriebliche Tätigkeit fortführt.
- Der Übergang erfolgt nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert.
- Wirtschaftsgüter, die beim Erwerber bis dahin als Privatvermögen galten, sind beim Übergang mit dem Teilwert ins Betriebsvermögen einzulegen, sofern sie weiterhin betrieblich genutzt werden.
Beispiel zur Veranschaulichung
Ein Unternehmer überträgt seine gewerblich genutzte Immobilie auf seinen Sohn – unter Vorbehalt des Nießbrauchs. Der Vater vermietet die Immobilie weiterhin im Rahmen seines Gewerbebetriebs.
➡️ Ergebnis laut BFH:
- Kein Betriebsübergang im Zeitpunkt der Übertragung, da der Vater (Nießbraucher) die Tätigkeit fortführt.
- Der Sohn erwirbt die Immobilie als Privatvermögen.
- Erst beim Wegfall des Nießbrauchs (z. B. Tod), wenn der Sohn das Gewerbe fortführt, liegt ein steuerneutraler Betriebsübergang vor.
Rechtliche Einordnung und Praxisrelevanz
📌 Rechtsgrundlagen:
- § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG (ehemals § 7 Abs. 1 EStDV a. F.)
- Voraussetzung: Unentgeltlichkeit und Betriebsfortführung
🔍 Praktische Bedeutung:
- Das Urteil betont erneut die Bedeutung der Tatsachenverfügung: Wer die gewerbliche Tätigkeit ausübt, ist entscheidend – nicht, wer das zivilrechtliche Eigentum hat.
- Gestaltungen mit Vorbehaltsnießbrauch bedürfen sorgfältiger steuerlicher Planung, um spätere Einlagen zum Teilwert zu vermeiden.
💡 Tipp: Bereits beim Übertragungsvertrag sollte geklärt werden, wann der Betrieb tatsächlich übergehen soll – und wie die Nutzung und Besteuerung der Wirtschaftsgüter ausgestaltet wird.
📌 Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.01.2025 – X R 35/19
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