BFH: „Switch-over“ zur Steueranrechnung nur bei Beherrschung der Auslandsgesellschaft

BFH, Urteil vom 08.04.2025 – IX R 32/23
Pressemitteilung Nr. 36/25 vom 30.05.2025

Mit seinem Urteil vom 8. April 2025 (Az. IX R 32/23) hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine zentrale Frage des internationalen Steuerrechts entschieden:
Der nationale „Switch-over“ von der Freistellungsmethode zur Anrechnungsmethode nach § 20 Abs. 2 AStG setzt voraus, dass der inländische Steuerpflichtige die ausländische Gesellschaft beherrscht.

Hintergrund: Was ist der „Switch-over“?

Grundsätzlich sieht das deutsche Außensteuerrecht (AStG) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zweier Staaten die Freistellungsmethode vor – insbesondere bei Einkünften aus Betriebsstätten. Unter bestimmten Voraussetzungen kann jedoch auf die Anrechnungsmethode übergegangen werden („Switch-over“), wenn z. B. im Ausland kaum Steuern gezahlt wurden.

Das Ziel: Missbrauch verhindern – insbesondere durch die gezielte Verlagerung von Einkünften in Niedrigsteuerländer.

Der Streitfall

Eine deutsche Kapitalgesellschaft war zu 30 % an einer US-Personengesellschaft beteiligt. Diese generierte Gewinne aus der internationalen Lizenzvergabe. Da die US-Steuerlast gering war, wandte das Finanzamt § 20 Abs. 2 AStG an und besteuerte die Gewinne in Deutschland unter Anrechnung der gezahlten US-Steuern.

Das Finanzgericht gab der Klage der Gesellschaft statt – und der BFH bestätigte nun dieses Urteil.

Die Entscheidung des BFH

  • § 20 Abs. 2 AStG dient der Vermeidung von Gestaltungsmissbrauch – er soll verhindern, dass durch Zwischenschaltung ausländischer Betriebsstätten oder Personengesellschaften niedrige Steuerlasten erzielt werden, obwohl eine Inlandsbeherrschung gegeben ist.
  • Beherrschung ist erforderlich, um den Methodenwechsel zu rechtfertigen. Ohne rechtliche oder tatsächliche Kontrolle über die ausländische Gesellschaft greift § 20 Abs. 2 AStG nicht.
  • Bei einer bloßen Minderheitsbeteiligung – wie hier 30 % – fehlt es an dieser Beherrschung. Ein Methodenwechsel ist nicht zulässig.
  • Der BFH stellt zudem klar, dass andernfalls Kleinstbeteiligungen in ausländischen Personengesellschaften unangemessen benachteiligt würden, was bei Kapitalgesellschaften mit vergleichbarer Struktur nicht der Fall wäre.

Bedeutung für die Praxis

  • Inländische Unternehmen mit Auslandsbeteiligungen sollten ihre Struktur daraufhin überprüfen, ob sie beherrschenden Einfluss ausüben – insbesondere bei Personengesellschaften im Ausland.
  • Die Entscheidung schützt Minderheitsgesellschafter davor, durch einen Methodenwechsel ungewollt in die Anrechnungsmethode gedrängt zu werden.
  • Für die Finanzverwaltung bedeutet das Urteil eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 20 Abs. 2 AStG – es bleibt beim Grundsatz der Freistellung, wenn keine Beherrschung vorliegt.

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Quelle:
BFH, Urteil vom 08.04.2025 – IX R 32/23
(Pressemitteilung Nr. 36/25 vom 30.05.2025)