München (BFH). Wer vor Gericht Recht bekommt, hat oft Anspruch auf Erstattung seiner Verfahrenskosten. Doch was passiert, wenn die Festsetzung dieser Kosten unverhältnismäßig lange dauert? Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hierzu mit seinem Urteil vom 6. November 2024 (Az. X K 7/22) wichtige Klarstellungen getroffen und die Grenzen einer noch angemessenen Verfahrensdauer bei Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren definiert. Dies ist von großer Relevanz für alle, die auf die zügige Abwicklung ihrer Kostenansprüche warten.
Das Problem: Überlange Verfahrensdauer
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass die eigentliche Klärung eines Rechtsstreits abgeschlossen ist, die anschließende Kostenfestsetzung oder ein Erinnerungsverfahren jedoch unnötig viel Zeit in Anspruch nimmt. Dies führt nicht nur zu Frustration bei den Betroffenen, sondern kann auch erhebliche finanzielle Auswirkungen haben, wenn Auslagen über lange Zeit nicht erstattet werden. Das Gesetz sieht in § 198 GVG (Gerichtsverfassungsgesetz) die Möglichkeit vor, bei überlanger Verfahrensdauer eine Entschädigung zu beantragen. Doch wann ist ein Verfahren tatsächlich „überlang“?
Die wesentlichen Erkenntnisse des BFH-Urteils
Der BFH hat mit seinem aktuellen Urteil zwei zentrale Punkte klargestellt:
- Einheitliches Gerichtsverfahren: Das Gericht stellte klar, dass das finanzgerichtliche Kostenfestsetzungsverfahren und ein sich gegebenenfalls anschließendes Erinnerungsverfahren als ein (einheitliches) Gerichtsverfahren im Sinne des § 198 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 1 Halbsatz 1 GVG anzusehen sind. Dies bedeutet, dass die gesamte Dauer vom Antrag bis zur abschließenden Entscheidung für die Prüfung einer überlangen Verfahrensdauer relevant ist. Eine Begrenzung des Klagebegehrens auf einen bestimmten Verfahrensabschnitt (z.B. nur das Erinnerungsverfahren) ist dennoch möglich.
- Typisierung der angemessenen Dauer: Um Rechtsvereinfachung und Typisierung zu gewährleisten, hat der BFH eine Vermutung für eine noch angemessene Dauer festgelegt:
- Im Kostenfestsetzungsverfahren (durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle) wird eine angemessene Dauer angenommen, wenn dieser gut sechs Monate nach Einleitung des Verfahrens (durch den Kostenfestsetzungsantrag) mit Maßnahmen zur Vorbereitung einer Entscheidung beginnt.
- Im Erinnerungsverfahren (durch den Richter) wird eine angemessene Dauer angenommen, wenn dieser gut zwölf Monate nach Einlegung der Erinnerung mit Maßnahmen zur Vorbereitung einer Entscheidung beginnt.
Was bedeutet das?
Dieses Urteil gibt sowohl betroffenen Mandanten als auch uns als Steuerberatern eine klarere Orientierung. Bei der Überwachung von Kostenfestsetzungsverfahren können wir nun präzisere Zeitfenster ansetzen.
- Fristen im Blick behalten: Wenn Ihr Kostenfestsetzungsantrag oder eine Erinnerung in die Länge gezogen wird, sollten Sie prüfen, ob die vom BFH genannten Zeitgrenzen überschritten werden.
- Dokumentation ist entscheidend: Halten Sie den Verlauf des Verfahrens und jegliche Kommunikation mit dem Gericht fest. Dies ist für eine etwaige Entschädigungsklage unerlässlich.
- Möglicher Entschädigungsanspruch: Bei Überschreitung der angemessenen Dauer kann ein Anspruch auf Entschädigung nach § 198 GVG entstehen, der sich pro Monat der Verzögerung auf 1.200 Euro beläuft.
Fazit
Das Urteil des BFH schafft mehr Rechtssicherheit und Transparenz im Umgang mit verzögerten Kostenfestsetzungsverfahren. Es unterstreicht die Bedeutung einer zügigen Justiz und stärkt die Rechte der Verfahrensbeteiligten.
Sie haben Fragen zur Dauer Ihres Kostenfestsetzungsverfahrens oder vermuten eine überlange Verfahrensdauer? Sprechen Sie uns an! Wir prüfen Ihren individuellen Fall und beraten Sie zu Ihren Möglichkeiten.
Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil X K 7/22 vom 06.11.2024. Das vollständige Urteil finden Sie auf der Homepage des BFH.