Archiv der Kategorie: Steuerrecht

Finanzverwaltung muss Auskunft geben

Das Verwaltungsgericht Berlin hat einem Auskunftsbegehren eines Presseverlags gegen die Senatsverwaltung für Finanzen teilweise stattgegeben. Der Presseverlag hatte in Zusammenhang mit den Folgen der Einstellung der so genannten Anschlussförderung im öffentlich geförderten Wohnungsbau in Berlin u. a. Auskunft über die Gewährung und Rückforderung von Körperschaftsteuergutschriften an die den Wohnungsbau finanzierenden Banken, über die Inanspruchnahme des Landes aus Ausfallbürgschaften sowie über Absprachen zwischen Finanzverwaltung und Banken verlangt.

Die 27. Kammer des Verwaltungsgerichts hat die Senatsverwaltung für Finanzen verurteilt, Auskunft zu geben, soweit es um organisatorische Vorkehrungen der Finanzverwaltung zur Sicherstellung der Rückforderung der den Banken gewährten Steuerermäßigungen nach § 17 Berlinförderungsgesetz im Falle vorzeitiger bankenseitiger Kündigung des Darlehens geht.

Soweit der Presseverlag darüber hinaus Auskunft zum Umfang der im Rahmen der Anschlussförderung gewährten Körperschaftsteuergutschriften sowie zu etwaigen Absprachen zwischen dem Land Berlin und den Banken über die Inanspruchnahme aus Ausfallbürgschaften im Gegenzug zu der Nichtrückforderung von Steuerermäßigungen begehrte, hat das Gericht die Klage abgewiesen. Soweit diese Informationen der Finanzverwaltung überhaupt vorlägen, stehe der Bekanntgabe jedenfalls das Steuergeheimnis entgegen.

Gegen das Urteil können die Beteiligten die Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beantragen.

Quelle: VG Berlin, Pressemitteilung vom 26.08.2013 zum Urteil 27 K 159.13 vom 23.08.2013

Vorsteuer-Vergütungsverfahren (§ 18 Abs. 9 UStG, §§ 59 bis 62 UStDV); Gegenseitigkeit (§ 18 Abs. 9 Satz 4 UStG)

Vorsteuer-Vergütungsverfahren (§ 18 Abs. 9 UStG, §§ 59 bis 62 UStDV); Gegenseitigkeit (§ 18 Abs. 9 Satz 4 UStG)

Mit BMF-Schreiben vom 22. Februar 2013 – IV D 3 – S-7359 / 07 / 10009 (2013/0177515) – (BStBl I S. 268) zum Vorsteuer-Vergütungsverfahren ist je ein Verzeichnis der Drittstaaten, zu denen die Gegenseitigkeit im Sinne des § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG besteht, und der Drittstaaten, zu denen die Gegenseitigkeit nicht gegeben ist, herausgegeben worden.

Hiermit werden die Verzeichnisse durch die beiliegenden, geänderten Verzeichnisse ersetzt. Die Änderungen beruhen auf den Feststellungen, dass die Gegenseitigkeit zu Belize seit dem 1. Juli 2006 nicht gegeben ist, dass die Gegenseitigkeit zur Republik Serbien seit dem 1. Juli 2013 gegeben ist, sowie dem Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union zum 1. Juli 2013. Ergänzungen und Änderungen sind durch Randstriche kenntlich gemacht.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird darüber hinaus in Abschnitt 18.11 Abs. 4 Satz 3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 864, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 31. Juli 2013 – IV D 2 – S-7368 / 10 / 10002 (2013/0719183) geändert worden ist, die Angabe „22. 2. 2013, BStBl I S. 268,“ durch die Angabe „26. 8. 2013, BStBl I S. xxx,“ ersetzt.

Die Regelungen dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Die Anlagen finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7359 / 07 / 10009 vom 26.08.2013

Vordrucke zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung

Vordrucke zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung

Vordruckmuster USt 1 F bis 6 F sowie Anlagen USt 1, 2, 3 F und Anlage USt 6 F

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

  1. Nach § 1 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 AO vom 19. Dezember 1986 (BStBl 1987 I S. 2) in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Steuerverfahrens vom 20. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2850) können Besteuerungsgrundlagen ganz oder teilweise gesondert und einheitlich festgestellt werden. Dies gilt nach § 1 Abs. 2 der Verordnung auch für die Umsatzsteuer, wenn mehrere Unternehmer im Rahmen eines Gesamtobjektes Umsätze ausführen oder empfangen. Zur Anwendung der Verordnung ist das BMF-Schreiben vom 2. Mai 2001 – IV A 4 – S 0361 – 4/01 – (BStBl I S. 256) ergangen.
  2. Die folgenden, mit BMF-Schreiben vom 14. Dezember 2001 – IV D 1 – S 7532 – 46/01 – eingeführten Vordruckmuster zur Durchführung der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung nach der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO werden hiermit in überarbeiteter Fassung neu bekanntgegeben:
    • USt 1 F – Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzsteuer –
    • Anlage USt 1, 2, 3 F – zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung –
    • USt 2 F – Feststellungsbescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung –
    • USt 3 F – Feststellungsbogen für die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung –
    • USt 4 F – Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung –
    • USt 5 F – Anfrage nach Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung –
    • USt 6 F – Vorläufige Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung –
    • Anlage USt 6 F – zur vorläufigen Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung -.
  3. Die Änderungen gegenüber den bisherigen Vordruckmustern sind redaktioneller oder drucktechnischer Art.
  4. In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung (Vordruckmuster USt 1 F) sind neben allgemeinen Angaben zum Gesamtobjekt Angaben zur Höhe der Vorsteuerbeträge zu machen. Die übrigen Angaben dienen der Prüfung der Optionsfähigkeit bzw. der Vorsteuerabzugsberechtigung (§§ 9, 15 Abs. 2 bis 4 UStG).
  5. In der Anlage USt 1, 2, 3 F zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung sind Angaben zu den Beteiligten an dem Gesamtobjekt zu machen und die auf die Beteiligten entfallenden anteiligen Vorsteuerbeträge zu erklären. Wird bei der Durchführung der gesonderten und einheitlichen Feststellung von den Angaben des Erklärungspflichtigen nicht abgewichen, ist je eine Ausfertigung der Anlage USt 1, 2, 3 F als Anlage zum Feststellungsbescheid (Vordruckmuster USt 2 F) und zum Feststellungsbogen (Vordruckmuster USt 3 F) zu verwenden.
  6. Der Feststellungsbescheid (Vordruckmuster USt 2 F) und der Feststellungsbogen (Vordruckmuster USt 3 F) sind so gestaltet, dass sie für bis zu drei Feststellungszeiträume verwendet werden können. Soweit die Vordruckmuster handschriftlich ausgefüllt werden, sind die Angaben im Kopf sowie in den Teilen A (Feststellungen) und B (Begründung und Nebenbestimmungen) im Durchschreibeverfahren auszufüllen. Bei der Herstellung der Vordrucke ist deshalb auf die Übereinstimmung der Zeilen beider Vordrucke zu achten.
  7. Die Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung (Vordruckmuster USt 4 F) ist so gestaltet, dass sie für bis zu drei Feststellungszeiträume verwendet werden kann. Sie enthält neben allgemeinen Angaben zum Gesamtobjekt Feststellungen zur Vorsteuerabzugsberechtigung, zur Höhe der Vorsteuer und zum Überwachungsbetrag nach § 15a UStG sowie nachrichtliche Hinweise.
  8. Die Vordrucke sind auf der Grundlage der unveränderten Vordruckmuster herzustellen. Die Zeilenabstände in den Vordruckmustern sind schreibmaschinengerecht (Zwei-Zeilen-Schaltung). Bei der Herstellung der Vordrucke ist ebenfalls ein schreibmaschinengerechter Zeilenabstand einzuhalten.

    Folgende Abweichungen sind zulässig:

    Die Vordrucke können bei Anwendung von IT-Programmen in verkürzter Form ausgegeben werden, indem im Einzelfall nur die relevanten Teile der Vordrucke ausgedruckt werden.

    Von den Vordrucken kann abgewichen werden, soweit dies aus organisatorischen oder technischen Gründen erforderlich wird.

  9. Dieses Schreiben ersetzt die BMF-Schreiben vom 27. März 1992 – IV A 3 – S-7532 – 4/92 – und vom 14. Dezember 2001 – IV D 1 – S-7532 – 46/01 -.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Die Vordruckmuster finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7532 / 12 / 10003 vom 26.08.2013

Anwendung von Subject-to-tax-, Remittance-base- und Switch-over-Klauseln nach den Doppelbesteuerungsabkommen

unter Berücksichtigung des Urteils des BFH vom 17. Oktober 2007 – I R 96/06 – (BStBl II 2008 S. 953)

DBA können unterschiedliche Regelungen enthalten, um zu verhindern, dass die Abkommensanwendung zur Nichtbesteuerung von Einkünften bzw. zur ungerechtfertigten Inanspruchnahme von Abkommensvorteilen führt. Je nach Ausgestaltung dieser Bestimmungen unterscheidet man hauptsächlich zwischen Rückfall- bzw. Subject-to-tax-Klauseln (Besteuerungsvorbehalten), Remittance-base-Klauseln (Überweisungsklauseln) und Switch-over-Klauseln (Umschaltklauseln). Diese Klauseln sind vorrangig vor den nationalen Vorschriften (u. a. § 50d Abs. 8 und 9 EStG) anzuwenden.

Postanschrift Berlin: Bundesministeriu m der Finanzen, 11016 Berlin

www.bundesfinanzministerium.de
POSTANSCHRIFT Bundesministerium der Finanzen, 11016 Berlin
Nur per E-Mail
Oberste Finanzbehörden
der Länder
nachrichtlich:
Bundeszentralamt für Steuern
Bundesfinanzakademie im
Bundesministerium der Finanzen
HAUSANSCHRIFT Wilhelmstraße 97, 10117 Berlin
TEL +49 (0) 30 18 682-0
E-MAIL poststelle@bmf.bund.de
DATUM 20. Juni 2013
BETREFF Anwendung von Subject-to-tax-, Remittance-base- und Switch-over-Klauseln nach den
Doppelbesteuerungsabkommen unter Berücksichtigung des Urteils des BFH vom
17. Oktober 2007 -I R 96/06 -(BStBl 2008 II S. 953)
BEZUG TOP 3.1 der Sitzung ASt II/13 vom 4. bis 6. Juni 2013;
Mein Schreiben vom 17. Mai 2013
– IV B 2 – S 1300/09/10006 –
GZ IV B 2 – S 1300/09/10006
DOK 2013/0539717
(bei Antwort bitte GZ und DOK angeben)
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der
Länder gilt hinsichtlich der Anwendung von Subject-to-tax-, Remittance-base- und
Switch-over-Klauseln nach den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Folgendes:
1. Allgemeines
DBA können unterschiedliche Regelungen enthalten, um zu verhindern, dass die Abkommensanwendung zur Nichtbesteuerung von Einkünften bzw. zur ungerechtfertigten Inanspruchnahme von Abkommensvorteilen führt. Je nach Ausgestaltung dieser Bestimmungen
unterscheidet man hauptsächlich zwischen Rückfall- bzw. Subject-to-tax-Klauseln
(Besteuerungsvorbehalten), Remittance-base-Klauseln (Überweisungsklauseln) und Switchover-Klauseln (Umschaltklauseln). Diese Klauseln sind vorrangig vor den nationalen
Vorschriften (u. a. § 50d Absatz 8 und 9 EStG) anzuwenden.

Das Schreiben im Volltext finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV B 2 – S-1300 / 09 / 10006 vom 20.06.2013

 

 

 

 

Bundesverfassungsgericht wird sich mit dem Solidaritätszuschlag beschäftigen

FG Niedersachsen legt BdSt-Musterverfahren vor

Das Musterverfahren des Bundes der Steuerzahler zum Solidaritätszuschlag wird dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, teilt am 21.08.2013 das Niedersächsische Finanzgericht mit. „Nun wird das Bundesverfassungsgericht prüfen, ob die Steuerzahler zu Unrecht noch immer den ungeliebten Soli zahlen müssen. Die Parteien sollten die Zweifel des Finanzgerichts an der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags zum Anlass nehmen, schnellstmöglich den Ausstieg aus dem Soli zu verkünden“, kommentiert Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, den erneuten Vorlagebeschluss.

In seinem Musterverfahren weist der Bund der Steuerzahler unter anderem auf folgende Aspekte hin, die einer verfassungsmäßigen Erhebung des Solidaritätszuschlags entgegenstehen:

  • Der Soli ist eine Ergänzungsabgabe und darf als solche nicht dauerhaft erhoben werden. Der Soli steht nur dem Bund zu und stört damit die verfassungsrechtlich verankerte Finanzverfassung, die die Steuereinnahmenverteilung zwischen Bund, Länder und Gemeinden regelt.
  • Aufgrund verschiedener Vorschriften im Einkommensteuergesetz ergibt sich eine unterschiedlich hohe Belastung mit dem Soli bei unterschiedlichen Einkunftsarten. So sind beispielsweise gewerbliche Einkünfte und ausländische Einkünfte bevorteilt. Damit wird der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht eingehalten. (*)

Auch das Niedersächsische Finanzgericht hat am 21.08.2013 in einer mündlichen Verhandlung diese Punkte aufgegriffen. Im Ergebnis ist der „Soli“ für die niedersächsischen Richter damit verfassungswidrig und deshalb legen sie das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vor.

Reiner Holznagel: „Abermals muss das Bundesverfassungsgericht über eine Steuer entscheiden, weil der Gesetzgeber ohne Rücksicht auf die Verfassung an einer sprudelnden Einnahmequelle festhält. Der Soli ist aber kein Spielball der Politiker und er darf auch nicht für die Ewigkeit festgezurrt werden. Deshalb wäre es gut, wenn die obersten Richter einen Abbaupfad vorgeben würden.“

(*) Das Niedersächsische Finanzgericht hält den Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig, weil gleichgelagerte Sachverhalte ungleich behandelt werden. Dies stellt einen Verstoß gegen Art. 3 GG dar. Das Gericht zeigt dies an einem Arbeitnehmerfall auf. Im Beispielsfall leben beide Arbeitnehmer in Deutschland, sind beim selben Arbeitgeber tätig und erzielen gleich hohe Einkünfte. Der Unterschied besteht darin, dass der eine Arbeitnehmer in Deutschland und der andere nur wenige Meter über die Grenze in einer Zweigstelle in Liechtenstein arbeitet. Durch die Anrechnung der in Liechtenstein gezahlten Einkommensteuer mindert sich die Bemessungsgrundlage für die deutsche Einkommensteuer, was wiederum zu einer niedrigeren Festsetzung des Solidaritätszuschlags führt. Dies ist sachlich aus Sicht des Gerichts nicht zu rechtfertigen.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 21.08.2013

Niedersächsisches Finanzgericht hält Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig

Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat am 21. August 2013 in dem Klageverfahren 7 K 143/08 entschieden, dass das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ausgesetzt und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber eingeholt wird, ob die Regelungen im Solidaritätszuschlaggesetz (SolZG) verfassungswidrig sind.

Aufgrund der verschiedenen Anrechnungsvorschriften bei der Festsetzung der Einkommensteuer – z. B. bei ausländischen Einkünften (§ 34c EStG) bzw. bei der Gewerbesteuer (§ 35 EStG) – wird Solidaritätszuschlag in unterschiedlicher Höhe bei gleichgelagerten Sachverhalten festgesetzt. Hierfür liegt nach Auffassung des vorlegenden Gerichts ein sachlicher Rechtfertigungsgrund nicht vor. Damit verstößt die Regelung gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Das Niedersächsische Finanzgericht hatte in diesem Verfahren bereits mit Beschluss vom 25.11.2009 dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob das SolZG gegen die Finanzverfassung und gegen das allgemeine Freiheitsrecht des Steuerpflichtigen verstößt. Das BVerfG hatte diese Vorlage allerdings für unzulässig erklärt und deshalb keine materiell-rechtliche Prüfung vorgenommen (BVerfG, Beschluss vom 08.09.2010 – Az. 2 BvL 3/10). Der Vorlagebeschluss des 7. Senats vom 21.08.2013 stützt sich nunmehr auf die oben dargestellten neuen rechtlichen Erwägungen.

Die Begründung der Entscheidung und das Az. des BVerfG werden demnächst auf der Internetseite des Niedersächsischen Finanzgerichts veröffentlicht.

Quelle: FG Niedersachsen, Pressemitteilung vom 22.08.2013

Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei Pflegevereinbarung und Grundstücksübergabevertrag

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 20.3.2013, X R 15/11

Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei Pflegevereinbarung und Grundstücksübergabevertrag – Mindestanforderungen an die Ausübung des Wahlrechts zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung als Gewinnermittlungsart – Gewinnverwirklichung bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich – Bindung des Finanzamts an eine von ihm abgegebene Erklärung – Antrag auf Erlass eines Anerkenntnisurteils ist keine Hauptsacheerledigungserklärung

Tatbestand

1
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 2004 bis 2007 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden.
2
Die Klägerin schloss im Januar 2002 mit einem im Zeitpunkt des Vertragsschlusses 80 Jahre alten Nachbarn (N), der nicht mit ihr verwandt war, einen notariell beurkundeten „Übergabevertrag nebst Pflegevereinbarung“. In der Präambel heißt es, die Klägerin habe N seit Mitte 1997 versorgt und dafür bisher kein Entgelt erhalten. Die Parteien seien sich darüber einig, dass der Wert der von der Klägerin erbrachten Leistungen mindestens 500 DM monatlich betrage, für die vergangenen 4 ½ Jahre also 27.000 DM. Die Klägerin habe N versprochen, ihn auch weiterhin zu versorgen, so dass er erst in ein Pflegeheim aufgenommen werden müsse, wenn dies nach ärztlicher Beurteilung unerlässlich sei. Mit Rücksicht auf diese Zusage und die bisherige Pflege habe N sich entschlossen, sein mit einer Doppelhaushälfte bebautes Grundstück, dessen Verkehrswert er auf 90.000 DM schätze, der Klägerin unter Nießbrauchsvorbehalt zu übertragen. Nach § 1 des Vertrags sollte die Übertragung Gegenleistung für die bisher erbrachten und die künftig zu erbringenden –von den Parteien mit durchschnittlich 900 DM monatlich bewerteten– Versorgungs- und Pflegeleistungen sein. N behielt sich ein lebenslanges Nießbrauchsrecht vor, das allerdings ersatzlos enden sollte, wenn er auf Dauer in ein Alten- oder Pflegeheim aufgenommen werden müsse (§ 3 des Vertrags). Mit Beendigung des Nießbrauchs sollten der unmittelbare Besitz sowie die Nutzungen und Lasten des Grundstücks auf die Klägerin übergehen, wobei der mittelbare Besitz bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2001 auf die Klägerin übergegangen sein sollte (§ 2 des Vertrags). Die Klägerin verpflichtete sich, N in dem Gebäude in kranken und alten Tagen zu pflegen und zu versorgen, längstens allerdings für die anderthalbfache Dauer der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegebenen mittleren statistischen Lebenserwartung des N, d.h. für höchstens 6 ½ Jahre (§ 4 des Vertrags). Für den Fall, dass die Klägerin ihre Verpflichtung nicht erfüllen sollte, war sie zur Rückübertragung des Grundbesitzes verpflichtet.
3
Die Klägerin erbrachte in der Folgezeit die vereinbarten hauswirtschaftlichen und pflegerischen Leistungen für N. Nach dem  Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) –das dem vorinstanzlichen Urteil zugrunde liegt– erlitt sie im Mai 2008 einen Unfall, so dass sie N nicht mehr versorgen konnte. Zunächst übernahm ihre Tochter „das Nötigste“, danach wurde ein Pflegedienst beauftragt. Etwa zur gleichen Zeit verschlechterte sich der Zustand des N, so dass die Pflegeversicherung ihn als pflegebedürftig einstufte und seine Tochter (T) zu seiner Betreuerin bestellt wurde. T erfuhr in diesem Zusammenhang erstmals von dem Übertragungsvertrag und hat die Klägerin nach deren Vorbringen daraufhin „praktisch entlassen“. Im November 2008 wurde N dauerhaft in ein Pflegeheim aufgenommen; am 27. Dezember 2008 händigte T der Klägerin die Löschungsbewilligung für das Nießbrauchsrecht aus.
4
Nachdem dieser Sachverhalt dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt –FA–) bekannt geworden war, erließ er gegen die Kläger geänderte Einkommensteuerbescheide für 2004 bis 2006 und einen erstmaligen Einkommensteuerbescheid für 2007. Darin setzte das FA bei der Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von jährlich 5.521 EUR an (je 900 DM monatlich).
5
Im Einspruchs- und Klageverfahren vertrat die Klägerin die Auffassung, sie sei nicht als Gewerbetreibende anzusehen, weil sie weisungsgebunden gewesen sei, nur einen einzigen Auftraggeber gehabt habe und nicht am Markt aufgetreten sei. Vielmehr sei sie bei N im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses angestellt gewesen. Der Zeitaufwand habe weniger als 15 Wochenstunden betragen; der Lohn habe unter den seinerzeit geltenden Geringfügigkeitsgrenzen (bis 31. März 2003  325 EUR, danach 400 EUR) gelegen. Daher sei die Vergütung nach § 3 Nr. 39 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei gewesen. Dies müsse auch nach Aufhebung des § 3 Nr. 39 EStG zum 1. April 2003 gelten.
6
Am 18. Januar 2011 –kurz nach Ergehen der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem FG– richtete das FA ein Schreiben mit dem folgenden Inhalt an das FG: „In dem Rechtsstreit … wegen Einkommensteuer 2004 – 2008 Az. … verpflichte ich mich dahingehend, dass ich hinsichtlich Einkommensteuer 2004 – 2007 geänderte Steuerbescheide erlasse und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit jeweils 0,- Euro berücksichtige. Ich erklärte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.“ Noch am selben Tag beantragten die –schon damals anwaltlich vertretenen– Kläger schriftsätzlich, das FA für die Jahre 2004 bis 2007 durch „Anerkenntnisurteil“ zu verurteilen. Im weiteren Verlauf des finanzgerichtlichen Verfahrens gingen weder die Beteiligten noch das FG auf diese Prozesserklärungen ein.
7
In der mündlichen Verhandlung vor dem FG beantragte die Klägerin hilfsweise –für den Fall, dass sie als Gewerbetreibende anzusehen sei–, ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln zu können.
8
Das FG gab der Klage für die Streitjahre statt. Es folgte dem FA zwar darin, dass die Klägerin eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt habe. Jedoch habe sie wirksam ihr Wahlrecht ausgeübt, den Gewinn nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln. Danach seien ihr in den Streitjahren keine Einnahmen zugeflossen. Denn ein Betrag in Höhe des Wertes des übertragenen Grundbesitzes abzüglich des Wertes des vorbehaltenen Nießbrauchs sei der Klägerin bereits vor den Streitjahren –im Jahr 2002– zugeflossen. Der Wert des weggefallenen Nießbrauchs sei demgegenüber erst in dem Zeitpunkt anzusetzen, als T die Klägerin im September 2008 –zeitlich nach den Streitjahren– aus ihrer Verpflichtung entlassen habe. Darin sei die Aufgabe des Gewerbebetriebs der Klägerin zu sehen, die in diesem Zeitpunkt gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich habe übergehen müssen.
9
Mit seiner Revision rügt das FA, das FG hätte den Gewinn auch in den Streitjahren durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln müssen; ein Recht zur Wahl der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung habe der Klägerin im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mehr zugestanden. § 4 Abs. 3 EStG finde nur Anwendung, wenn diese Gewinnermittlungsart bewusst gewählt werde und die Mindestanforderungen an eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung durch Führung von Aufzeichnungen oder zumindest das Sammeln von Belegen erfüllt seien. Einem Steuerpflichtigen, der bestreite, ein Gewerbe auszuüben oder irrtümlich davon ausgehe, keinen Gewerbebetrieb zu unterhalten, fehle das für die Ausübung eines Wahlrechts notwendige Bewusstsein, eine Wahl zu treffen. Dementsprechend habe der Bundesfinanzhof (BFH) bereits mehrfach entschieden, dass ein Steuerpflichtiger, dem das Bewusstsein fehle, betriebliche Einkünfte zu erzielen und einen Gewinn zu ermitteln, keine Wahl zwischen den Gewinnermittlungsarten treffen könne und der Gewinn zwingend nach der Grundform des § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln sei.
10
Das FA beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2007 betrifft, und die Klage in diesem Umfang abzuweisen.

11
Die Kläger beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

12
Darüber hinaus haben sie sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

13
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es die Einkommensteuer 2004 bis 2007 betrifft und auch insoweit zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
14
Zwar hat das FG die Tätigkeit der Klägerin zu Recht als gewerblich angesehen (dazu unten 1.). Einer wirksamen Ausübung des –im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem FG grundsätzlich noch bestehenden– Wahlrechts, den Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu ermitteln, steht aber entgegen, dass die Klägerin keine entsprechenden Aufzeichnungen vorgelegt hat (unten 2.). Die Höhe des vom FA danach zu Recht nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs geschätzten Gewinns lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Kläger erkennen (unten 3.). An der danach vorzunehmenden Klageabweisung ist der Senat auch durch die Erklärung des FA vom 18. Januar 2011 nicht gehindert (unter 4.).
15
1. Die Klägerin hat durch ihre hauswirtschaftliche und pflegerische Tätigkeit für N Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 und 2 EStG erzielt.
16
a) Insbesondere war die Klägerin selbständig tätig.
17
Das FG hat zur Begründung seiner Würdigung, die Klägerin habe mit Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko gehandelt (vgl. zu den hierfür geltenden Grundsätzen ausführlich Senatsurteil vom 22. Februar 2012 X R 14/10, BFHE 236, 464, BStBl II 2012, 511, m.w.N.), zutreffend darauf abgestellt, dass der maßgebende Vertrag vom Januar 2002 keinen Hinweis auf eine Weisungsgebundenheit der Klägerin enthält. Auch hat das FG aus dem Vorbringen der Klägerin zu ihrer Vertretung im Krankheitsfall, die durch ihre Tochter sowie einen Pflegedienst vorgenommen worden ist, zu Recht gefolgert, dass sie einen Erfolg und nicht lediglich ihre Arbeitsleistung schuldete. Die Ungewissheit über den im Laufe der Entwicklung des Gesundheitszustands des N möglicherweise noch erforderlich werdenden zeitlichen Aufwand für dessen Pflege und Versorgung begründete zudem ein erhebliches Unternehmerrisiko auf Seiten der Klägerin.
18
b) Auch hat die Klägerin sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt.
19
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung wird die Eigenschaft als Marktteilnehmer nicht in Frage gestellt, wenn –in atypischen Fällen– die Leistungen an nur einen einzigen Abnehmer erbracht werden (vgl. Senatsurteile vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534, unter B.III.4., mit zahlreichen weiteren Nachweisen, und in BFHE 236, 464, BStBl II 2012, 511, unter II.3.). Das Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr dient dazu, solche Betätigungen aus dem Gewerbebegriff auszugrenzen, die zwar von einer Gewinnerzielungsabsicht getragen, aber nicht auf einen Güter- und Leistungsaustausch gerichtet sind (Senatsurteil in BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534, unter B.III.4.a).
20
Vorliegend ist die Klägerin tatsächlich zwar nur für einen einzigen Auftraggeber tätig geworden. Es ist aber weder vom FG festgestellt noch von den Klägern vorgetragen, dass sie nicht bereit gewesen wäre, zu vergleichbaren Bedingungen auch für andere Auftraggeber tätig zu werden. Das Verhalten der Klägerin war seit dem Abschluss des „Übergabevertrags nebst Pflegevereinbarung“ erkennbar auf einen Leistungsaustausch gerichtet.
21
c) Da diese rechtliche Beurteilung von den Klägern nicht mehr in Zweifel gezogen wird, sieht der Senat von weiteren Ausführungen hierzu ab.
22
2. Die hilfsweise in der mündlichen Verhandlung vor dem FG abgegebene Erklärung der Klägerin, den Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln zu wollen, war –entgegen der rechtlichen Beurteilung durch das FG– unwirksam.
23
a) Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG „ist“ Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Davon abweichend „können“ Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch tatsächlich keine Bücher führen und Abschlüsse machen, als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG). Wortlaut und Systematik dieser gesetzlichen Regelungen zeigen, dass die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich die Grundregel ist, zumal die Einnahmen-Überschuss-Rechnung nur bei Erfüllung der im Gesetz bestimmten Voraussetzungen zulässig ist (BFH-Urteile vom 9. Februar 1999 VIII R 49/97, BFH/NV 1999, 1195, unter 2. vor a; vom 19. März 2009 IV R 57/07, BFHE 224, 513, BStBl II 2009, 659, unter II.2.a, und vom 21. Juli 2009 X R 28/06, BFH/NV 2009, 1979, unter II.5.a).
24
b) Zwar hat das FG im Ausgangspunkt zu Recht erkannt, dass die Klägerin ihr Wahlrecht auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem FG grundsätzlich noch hätte ausüben können. Die frühere Rechtsprechung, wonach das Wahlrecht bereits zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums ausgeübt werden müsse und nur die Mitteilung bzw. Offenlegung einer bereits getroffenen Wahl im Klageverfahren noch nachgeholt werden könne (so BFH-Urteile vom 1. Oktober 1996 VIII R 40/94, BFH/NV 1997, 403, unter II.2.b, und in BFH/NV 1999, 1195) hat der IV. Senat im Urteil in BFHE 224, 513, BStBl II 2009, 659 mit Zustimmung des VIII. Senats –anders als das FA möglicherweise meint– aufgegeben.
25
c) Allerdings genügt für die wirksame Ausübung des Wahlrechts eine bloße Erklärung des Steuerpflichtigen nicht. Denn die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erfordert, dass die zur Wahl berechtigten Steuerpflichtigen als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben „ansetzen“. Soll dieses „Ansetzen“ nicht lediglich ein „Schätzen“ sein, müssen die Steuerpflichtigen für die Wahl der Einnahmen-Überschuss-Rechnung jedenfalls gewisse Mindestanforderungen erfüllen. Zwar darf die Frage der Wahl der Gewinnermittlungsart nicht mit derjenigen nach der Ordnungsmäßigkeit der Gewinnermittlung gleichgesetzt werden. Daher wird für eine wirksame Wahlrechtsausübung nicht in jedem Falle die Vorlage von Aufzeichnungen verlangt werden können. Zumindest das Erstellen und Sammeln von Einnahmen- und Ausgabenbelegen bleibt aber erforderlich. Fehlt es auch daran, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Steuerpflichtige eine Wahl zugunsten der Einnahmen-Überschuss-Rechnung getroffen hat. Das FA muss daher, nachdem der Steuerpflichtige erklärt hat, den Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln zu wollen, eine solche (zumindest kursorische) Rechnung auch tatsächlich erhalten (zum Ganzen grundlegend BFH-Urteil in BFHE 224, 513, BStBl II 2009, 659, unter II.2.b bb; im Anschluss daran Senatsurteil vom 21. Juli 2009 X R 46/08, BFH/NV 2010, 186, unter II.2.b bb, 3.b).
26
d) Diese Mindestanforderungen an die Ausübung des Wahlrechts sind vorliegend nicht erfüllt. Die Klägerin hat weder Aufzeichnungen noch Belege über Einnahmen und Ausgaben vorgelegt.
27
Die Erfüllung dieser Mindestanforderungen war im Streitfall auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Vertrag vom Januar 2002 vorliegt und dieser als ausreichende belegmäßige Grundlage angesehen werden könnte. Denn angesichts der Ungewissheit, ob der Klägerin neben der in diesem Vertrag für ihre hauswirtschaftlichen und pflegerischen Leistungen vereinbarten Gegenleistung (Übereignung des Hausgrundstücks) weitere Vergütungen durch N gewährt worden sind, wäre ein Mindestmaß an Aufzeichnungen bzw. Belegsammlungen unverzichtbar gewesen. Insbesondere die Zuwendung zusätzlicher Barbeträge durch N ist in der vom FG in Bezug genommenen Anzeige der T behauptet und von der Klägerin –jedenfalls dem Grunde nach– in der mündlichen Verhandlung vor dem FG eingeräumt worden („Ich habe aus diesem Grunde ab August [2008] nichts mehr von N an Geld bekommen.“). Ausweislich der von T eingereichten Anlagen zu ihrer Anzeige hat die Klägerin zudem eingeräumt, von N im Streitjahr 2006 zusätzlich zu der vertraglich vereinbarten Gegenleistung einen PKW übereignet bekommen zu haben, für den N auch in der Folgezeit weiterhin die Steuern und Versicherungsbeiträge gezahlt hat.
28
3. Der somit nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG zu ermittelnde Gewinn ist vom FA jedenfalls nicht zu hoch geschätzt worden.
29
a) Bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ist der Gewinn nicht bereits mit dem rechtlichen Entstehen der Forderung auf die Gegenleistung realisiert –dies wäre schon mit dem Abschluss des entsprechenden schuldrechtlichen Vertrags der Fall–, sondern erst, wenn der zur Sach- oder Dienstleistung Verpflichtete den Vertrag wirtschaftlich erfüllt hat (BFH-Urteil vom 26. April 1989 I R 147/84, BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213, unter 2.). Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung erbracht hat, so dass dem Schuldner der Gegenleistung die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 320 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) nicht mehr zusteht (BFH-Urteil vom 3. August 2005 I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20, unter II.2.).
30
b) Danach war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahr 2002 –bzw. in dem hiermit in zeitlichem Zusammenhang stehenden Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an dem Hausgrundstück– der Gewinn nur insoweit realisiert, als er auf die von der Klägerin bereits vor dem Vertragsschluss erbrachten und von den Vertragsparteien einvernehmlich mit 27.000 DM bewerteten Leistungen entfiel.
31
Die weitere Gewinnrealisierung trat dann jeweils anteilig zu den Zeitpunkten ein, zu denen die Klägerin ihre geschuldeten Leistungen erbrachte, die von den Parteien im Vertrag mit 900 DM monatlich bewertet worden sind. Diesen Betrag hat das FA seinen angefochtenen Steuerfestsetzungen für die Streitjahre –in rechtlich zutreffender Weise– zugrunde gelegt.
32
c) Der Senat kann die Gewinnschätzung des FA selbst bestätigen, ohne die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückverweisen zu müssen. Denn das FG hat alle maßgebenden Tatsachen –insbesondere den Inhalt des Vertrags vom Januar 2002– festgestellt. Alle Feststellungen, die noch ergänzend zu treffen sein könnten, könnten –aus den vorstehend unter 2.d genannten Gründen– allenfalls zu einer Erhöhung der Gewinnschätzung führen und wären daher wegen des im finanzgerichtlichen Verfahren geltenden Verböserungsverbots (dazu BFH-Urteil vom 16. Dezember 2004 III R 38/00, BFHE 209, 62, BStBl II 2005, 554, unter II.5.) nicht entscheidungserheblich.
33
4. An der danach vorzunehmenden Abweisung der Klage ist der Senat nicht durch die Erklärung des FA vom 18. Januar 2011 –zu deren Hintergrund weder das FG Feststellungen getroffen hat noch die Beteiligten vorgetragen haben– gehindert.
34
a) Zwar hat sich das FA darin verpflichtet, für die Streitjahre Abhilfebescheide zu erlassen, und zugleich den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Diese Erklärung –zu deren Auslegung der erkennende Senat befugt ist, da es sich um eine prozessuale Willenserklärung handelt (vgl. BFH-Urteil vom 25. September 1985 IV R 180/83, BFH/NV 1986, 171, unter 1.b, m.w.N.)– ist jedoch nicht als verbindliche Zusage anzusehen. Es liegen weder die Voraussetzungen der §§ 204 ff. der Abgabenordnung vor noch ist zwischen den Beteiligten eine tatsächliche Verständigung zustande gekommen (vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung auch Senatsbeschluss vom 19. September 2012 X B 138/11, BFH/NV 2013, 63, unter II.3.b).
35
b) Auch eine –in Ausnahmefällen anzunehmende– Bindungswirkung des FA nach den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben ist nicht eingetreten. Denn dies hätte eine Disposition beider Beteiligten vorausgesetzt, die im Regelfall darin zu sehen sein wird, dass diese unter Aufgabe ihrer unterschiedlichen Ausgangspositionen einvernehmlich auf weitere Ermittlungen in Bezug auf einen durch eine tatsächliche Verständigung festgelegten Sachverhalt verzichten (BFH-Urteil vom 31. Juli 1996 XI R 78/95, BFHE 181, 103, BStBl II 1996, 625). Dies ist vorliegend –wovon stillschweigend auch beide Beteiligten sowie das FG auszugehen scheinen, die sich zu der Erklärung des FA im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht mehr geäußert haben– nicht der Fall.
36
Zwar haben die Kläger noch am Tage des Ergehens der Erklärung des FA beantragt, dieses durch „Anerkenntnisurteil“ zu verurteilen. Eine Bindung der zunächst einseitigen Erklärung des FA nach den Grundsätzen von Treu und Glauben konnte dieser Antrag mangels Disposition der Kläger aber ebenfalls nicht auslösen. Auch kann der Antrag auf Erlass eines Anerkenntnisurteils –jedenfalls im Fall der Vertretung des Beteiligten durch einen Rechtsanwalt– nicht als Hauptsacheerledigungserklärung ausgelegt werden, da das Begehren, einen Rechtsstreit durch Urteil –wenn auch in Form eines Anerkenntnisurteils– zu entscheiden, von der Erklärung, einen erledigten Rechtsstreit ohne Urteil beenden zu wollen, wesensverschieden ist.

Besteuerung der Abfindung für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 16.5.2013, II R 21/11

Besteuerung der Abfindung für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch

Leitsätze

Die Abfindung, die ein künftiger gesetzlicher Erbe an einen anderen Erben für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, ist eine freigebige Zuwendung des künftigen gesetzlichen Erben an den anderen und kann nicht als fiktive freigebige Zuwendung des künftigen Erblassers an diesen besteuert werden.

Tatbestand

1
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) verzichtete durch den notariell beurkundeten Erbschaftsvertrag vom 14. Februar 2006 gegenüber seinen drei Brüdern für den Fall, dass er durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge seiner Mutter (M) ausgeschlossen sein sollte, auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs einschließlich etwaiger Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen eine von den Brüdern zu zahlende Abfindung von je 150.000 EUR. Die Vertragsparteien waren sich darüber einig, dass der Vertrag auch dann Bestand haben soll und die gezahlten Abfindungen nicht zurückzugewähren sind, wenn der Kläger nach dem Tod der M nicht Erbe wird und keinen Pflichtteilsanspruch erwirbt.
2
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) war im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Januar 2001 II R 22/98 (BFHE 194, 440, BStBl II 2001, 456) der Ansicht, die Zahlung der Abfindungen an den Kläger sei als Schenkung der M an diesen zu besteuern, und setzte dementsprechend gegen den Kläger Schenkungsteuer fest. Der Einspruch blieb erfolglos.
3
Das Finanzgericht (FG) hob durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1267 veröffentlichte Urteil den Schenkungsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung mit der Begründung auf, die von den Brüdern an den Kläger gezahlten Abfindungen könnten nicht als Schenkung der M an den Kläger besteuert werden.
4
Mit der Revision vertritt das FA die Auffassung, es habe die Abfindungszahlungen zu Recht als Schenkung der M an den Kläger besteuert. Der Kläger sei zwar nicht aus dem Vermögen der M bereichert worden, es liege aber ein fiktiver Erwerb des Klägers von M vor. Es gehe nämlich um eine wertmäßige Teilhabe des Klägers am Vermögen der M. Beim Eintritt des Erbfalls seien demgemäß die Abfindungszahlungen gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) als Kosten zur Erlangung des Erwerbs der Brüder des Klägers als Erben abzuziehen.
5
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
6
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7
II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Abfindungszahlungen der Brüder an den Kläger nicht als Schenkung der M an diesen besteuert werden können.
8
1. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
9
a) Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist (BFH-Urteile vom 23. November 2011 II R 33/10, BFHE 237, 179, BStBl II 2012, 473, Rz 20, und vom 30. Januar 2013 II R 6/12, BFH/NV 2013, 846, Rz 11), und in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit (BFH-Urteile vom 15. Dezember 2010 II R 41/08, BFHE 232, 210, BStBl II 2011, 363, Rz 9, und in BFH/NV 2013, 846, Rz 11).
10
b) Schließen künftige gesetzliche Erben einen Vertrag gemäß § 311b Abs. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB– (früher § 312 Abs. 2 BGB), wonach der eine auf seine künftigen Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche gegen Zahlung eines Geldbetrages verzichtet, stellt die Zahlung eine freigebige Zuwendung des Zahlenden i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar. Die Steuerklasse richtet sich indes nicht nach dem Verhältnis des Zuwendungsempfängers (Verzichtenden) zum Zahlenden, sondern zum künftigen Erblasser (BFH-Urteil in BFHE 194, 440, BStBl II 2001, 456; insoweit a.A. Hartmann, Umsatzsteuer- und Verkehr-steuer-Recht 2001, 255, 258 f.).
11
Da die Abfindung in einem solchen Fall aus dem Vermögen des künftigen gesetzlichen Erben geleistet wird, liegt eine freigebige Zuwendung von diesem an den Empfänger der Abfindung vor. Es ist nicht möglich, stattdessen eine fiktive freigebige Zuwendung des künftigen Erblassers an den Empfänger der Abfindungszahlung zu besteuern. Für die Beurteilung dieser Abfindungsleistung als freigebige Zuwendung des künftigen Erblassers, die auch dazu führen würde, dass dieser gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG neben dem Zuwendungsempfänger Schuldner der Schenkungsteuer ist, gibt es keine gesetzliche Grundlage. Wie der BFH bereits im Urteil in BFHE 194, 440, BStBl II 2001, 456 ausgeführt hat, ist der Sondertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG nicht anwendbar, wenn ein künftiger gesetzlicher Erbe gegenüber einem anderen gegen Zahlung eines Geldbetrages auf seine künftigen Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche verzichtet. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG ist ebenfalls nicht einschlägig. Die Vorschrift betrifft lediglich bestimmte Abfindungen nach Eintritt des Erbfalls.
12
Dass ein künftiger gesetzlicher Erbe die Abfindung, die er an einen anderen für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteils(ergänzungs)anpruch zahlt, beim Eintritt des Erbfalls gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG als Nachlassverbindlichkeit vom Erwerb abziehen kann (BFH-Urteil in BFHE 194, 440, BStBl II 2001, 456, unter II.2.d), beruht darauf, dass die Abfindung aus seinem Vermögen geleistet wur-de, und lässt nicht den Schluss zu, dass sie als fiktive freigebige Zuwendung des Erblassers an deren Empfänger zu besteuern ist.
13
2. Das FA hat demnach zu Unrecht die Abfindungszahlungen der Brüder als Schenkung der M an den Kläger besteuert. Die von den Brüdern gezahlten Abfindungen stellen vielmehr drei getrennt zu besteuernde freigebige Zuwendungen der Brüder an den Kläger dar. Wie diese Besteuerung im Einzelnen zu erfolgen hat, kann im Streitfall auf sich beruhen.

BMF zur Veröffentlichung des BFH-Urteils zu sog. Reiseversicherungspaketen

Gegenstand des BFH-Urteils vom 13. Dezember 2011 sind die versicherungsteuerrechtliche Behandlung von sog. Versicherungspaketen, der laufende Anmeldungszeitraum i. S. des § 10 Abs. 4 VersStG a. F. sowie die Festsetzungsverjährung bei materiell-rechtlichen Haftungsansprüchen. Die amtlichen Leitsätze der Entscheidung lauten:

  1. Sind bei einer Mehrgefahrenversicherung („Versicherungspaket“) einzelne Versicherungen nach § 4 VersStG von der Besteuerung ausgenommen, kann eine Steuerbefreiung nur in Anspruch genommen werden, wenn das auf die steuerfreie Versicherung entfallende Versicherungsentgelt im Versicherungsvertrag gesondert ausgewiesen ist.
  2. „Laufender Anmeldungszeitraum“ i. S. des § 10 Abs. 4 VersStG ist jeder Anmeldungszeitraum nach Abschluss der Außenprüfung.
  3. Mit einem Nachforderungsbescheid gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 AO gegen den Versicherer wegen Versicherungsteuer macht die Finanzbehörde materiell-rechtlich einen Haftungsanspruch geltend. Wegen der Akzessorietät des Haftungsanspruchs ist
    der Erlass eines Nachforderungsbescheids nur rechtmäßig, wenn die Steuerschuld, für die der Versicherer als Entrichtungsschuldner haftet, entstanden ist und noch besteht.

Hierzu ergehen folgende Hinweise:

Zu 1.:

I.

  1. Generell gilt, dass der notwendige gesonderte Ausweis des Versicherungsentgelts grundsätzlich vor dem die Steuer auslösenden Ereignis (Zahlung/Entgegennahme der Zahlung/ Fälligkeit der Rechnung, § 5 Absatz 2 VersStG) im Versicherungsvertrag erfolgt sein muss; nachträgliche Aufteilungen für die Vergangenheit sind nicht möglich.
  2. Altverträge, d. h. Verträge, die vor der Verkündung des o.g. BFH-Urteils geschlossen wurden, und eine solche Aufteilung bisher nicht enthalten, müssen für eine steuerliche Begünstigung nicht zwingend angepasst werden; hier genügt es, wenn die Aufteilung in der Prämienrechnung zukünftig vorgenommen wird bzw. bei Erstellung der Rechnung vorgenommen worden ist. Eine nachträgliche Korrektur von Prämienrechnungen für die Vergangenheit ist ebenfalls nicht möglich.
  3. Neue Verträge, d. h. solche, die nach Verkündung des o.g. BFH-Urteils geschlossen wurden, müssen hingegen die Aufteilung des Versicherungsentgelts enthalten, anderenfalls kann ein abweichender Steuersatz, eine abweichende Bemessungsgrundlage oder eine Steuerbefreiung für einzelne Bestandteile eines Versicherungspakets keine Berücksichtigung finden; eine Aufteilung nur in der Prämienrechnung bei Neuverträgen ist hierfür nicht ausreichend.
  4. Das Erfordernis eines gesonderten Ausweises des auf die steuerfreie Versicherung entfallenden Versicherungsentgelts im Vertrag ist entsprechend anzuwenden auf sog. Versicherungspakete, die sich zusammensetzen aus Versicherungen mit unterschiedlichen Steuersätzen und/oder unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen. In diesen Fällen muss das Versicherungsentgelt für die einem abweichenden Steuersatz und/oder einer abweichenden Bemessungsgrundlage unterliegende(n) Versicherung(en) gesondert ausgewiesen sein.
  5. Soweit Komponenten eines „Versicherungspakets“ demselben Steuersatz unterliegen, ist ein zusammengefasster Ausweis möglich, wenn auch die Bemessungsgrundlagen identisch sind.

II.

Das BMF-Schreiben vom 22. Mai 2006 – IV C 2 – S 6400 – 2/06 – wird aufgehoben.

III.

Bei den nachfolgend dargestellten Sachverhalten ist zudem Folgendes zu beachten:

  1. Ist in einem Versicherungspaket – wie im Schiffsbereich üblich – die Seeschiffskaskoversicherung mit Interesseversicherungen verbunden und ist kein gesondertes Versicherungsentgelt für die dem abweichenden Steuersatz unterliegende Seeschiffskaskoversicherung ausgewiesen, wird für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2013 nicht beanstandet, dass die Aufteilung des Versicherungsentgelts nach dem Verhältnis der im Vertrag (ggf. Deckungsnote) vereinbarten Versicherungssummen erfolgt.
  2. General- und Umsatzpolicen bei Transportgüterversicherungen sind keine sog. Versicherungspakete i. S. des o.g. BFH-Urteils, denn es werden dabei keine unterschiedlichen Versicherungen gegen unterschiedliche Gefahren miteinander verbunden, sondern alle Transporte während eines bestimmten Zeitraums zusammen versichert. Vielmehr gilt weiterhin das unter Ziffer 4. des BMF-Schreibens vom 22. Dezember 1995 – IV C 8 – S 6405 – 15/95 – Ausgeführte.

Zu 2.:

§ 10 Absatz 4 VersStG wurde durch Artikel 1 Nummer 9 des Gesetzes zur Änderung des Versicherungsteuergesetzes und des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (Verkehrsteueränderungsgesetz – VerkehrStÄndG) vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2431) dahingehend geändert, dass Steuerbeträge, die auf Grund einer Außenprüfung nachzuentrichten oder zu erstatten sind, zusammen mit der Steuer für den letzten Anmeldungszeitraum im Prüfungszeitraum festzusetzen sind. Diese Regelung ist am 12. Dezember 2012 in Kraft getreten und gilt für Festsetzungen von Nachforderungs- oder Erstattungsbeträgen ab diesem Zeitpunkt.

Zu 3.:

  1. Durch Artikel 1 Nummer 7 des o.g. Verkehrsteueränderungsgesetzes wurde § 7 VersStG grundlegend geändert. Die bisherige sog. „Haftung für die Steuer“, an die grundsätzlich die Pflicht zur Anmeldung und Entrichtung der Versicherungsteuer geknüpft war, wurde abgelöst von einer nichtakzessorischen Steuerentrichtungsschuld (§ 7 Absatz 2 i. V. m. Absatz 8 Satz 2 VersStG). Daneben wurde eine Haftung für die Steuerentrichtung eingeführt (§ 7 Absatz 7 VersStG). Hinsichtlich des Laufs der Festsetzungsfrist bestimmt§ 7 Absatz 8 Satz 4 VersStG, dass jeweils die Umstände maßgeblich sind, die in Bezug auf die jeweilige steuerpflichtige Person vorliegen; d. h. insbesondere ist für die Inanspruchnahme des Steuerentrichtungsschuldners der Ablauf der Festsetzungsfrist beim Versicherungsnehmer sowie für die Inanspruchnahme des Haftenden der Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerentrichtungsschuldner unbeachtlich. § 7 VersStG ist ebenfalls am 12. Dezember 2012 in Kraft getreten. Somit sind die Ausführungen des BFH zur Festsetzungsverjährung im Versicherungsteuer-recht nurmehr für solche Sachverhalte relevant, in denen unter Zugrundlegung der vom BFH aufgestellten Beurteilungsmaßstäbe im Zeitpunkt des Inkrafttretens der aufgezeigten gesetzlichen Neuregelungen am 12. Dezember 2012 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war. In allen anderen Fällen bestimmt sich die Festsetzungsverjährung auf Grundlage des § 7 Absatz 8 VersStG.
  2. Neben der im Versicherungsteuergesetz verankerten speziellen Regelung hat der Gesetzgeber aus Anlass des o.g. Urteils des BFH auch in der Abgabenordnung eine generelle Regelung getroffen, die am 30. Juni 2013 in Kraft getreten ist. Durch Artikel 11 Nummer 18 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz-AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) wurde dem § 171 AO folgender Absatz 15 angefügt: „Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.“ Durch Artikel 12 desselben Gesetzes wurde dem § 10 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung folgender Absatz 11 angefügt: „§ 171 Absatz 15 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 11 des Gesetzes vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) gilt für alle am 30. Juni 2013 noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen.“ Hiernach sind die Ausführungen des BFH zur Festsetzungsverjährung für alle Steuern im Anwendungsbereich der Abgabenordnung überholt und nur noch auf solche Sachverhalte anzuwenden, in denen unter Zugrundelegung der vom BFH aufgestellten Beurteilungsmaßstäbe im Zeitpunkt des Inkrafttretens der genannten gesetzlichen Neuregelungen am 30. Juni 2013 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war. In allen anderen Fällen bestimmt sich die Festsetzungsverjährung auf Grundlage des § 171 Absatz 15 AO i. V. m. § 10 Absatz 11 EGAO.
  3. § 7 Absatz 8 VersStG und § 171 Absatz 15 AO ergänzen einander:

    Im Versicherungsteuerrecht wird für die Bestimmung der Festsetzungsfrist bei einem Steuerentrichtungspflichtigen auf die Umstände abgestellt, die in Bezug auf seine Person vorliegen. Dies bedeutet in erster Linie, dass die in § 171 Absatz 4 AO normierte Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist unter den dort geregelten Voraussetzungen gegenüber demjenigen Steuerpflichtigen eintritt, bei dem eine Außenprüfung angeordnet und begonnen wird. Die Frage, ob die Steuer nach Abschluss einer bei einem Steuerentrichtungspflichtigen oder bei einem für die Steuerentrichtung Haftenden durchgeführten Außenprüfung und der Auswertung des Prüfungsergebnisses auch noch gegenüber dem Steuerschuldner bzw. bei Inanspruchnahme eines Haftenden noch gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen festgesetzt werden könnte, ist nach § 7 Absatz 8 Satz 4 VersStG unmaßgeblich. § 171 Absatz 15 AO bestimmt, dass beim Steuerschuldner die Festsetzungsverjährung nicht früher eintritt als beim Steuerentrichtungspflichtigen. Wird bei Letzterem der Ablauf der Festsetzungsfrist durch eine Außenprüfung gehemmt, gilt dies nunmehr auch für den Steuerschuldner.

    Im Falle von Außenprüfungen bei einem Entrichtungspflichtigen im Bereich der Versicherungsteuer führen die jeweils anwendbaren Neuregelungen in § 7 Absatz 8 VersStG und § 171 Absatz 15 AO also dazu, dass wegen der Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist beim Entrichtungspflichtigen aufgrund der Außenprüfung auch der Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerschuldner gehemmt ist.

Das BMF-Schreiben wird in Kürze im Bundessteuerblatt Teil II zusammen mit dem BFH-Urteil veröffentlicht werden.

Quelle: BMF, Schreiben IV D 5 – S-6400 / 07 / 10003 vom 31.07.2013

In Kindergeldangelegenheiten ohne Kostenvorschuss zum Recht

Die Finanzgerichte in Düsseldorf, Köln und Münster erheben für Klagen in Kindergeldangelegenheiten seit dem 1. August 2013 keinen „Gebührenvorschuss“ mehr. War vor dem 1. August 2013 auch in Kindergeldstreitigkeiten bei Klageerhebung ein Gebührenvorschuss in Höhe von 220 Euro fällig, so entfällt dieser jetzt. Damit können Kindergeldberechtigte, die gegen eine aus ihrer Sicht unzutreffende Versagung von Kindergeld durch die Familienkassen klagen wollen, in Nordrhein-Westfalen ohne eine Gebührenvorauszahlung zu ihrem Recht kommen.

Diese Möglichkeit eröffnet das zum 1. August 2013 in Kraft getretene Kostenrechtsmodernisierungsgesetz. Durch das Gesetz entfällt seither in Kindergeldverfahren der Mindeststreitwert. Auch der in allen anderen Steuerstreitigkeiten grundsätzlich weiterhin bei Klageeinreichung fällige Gebührenvorschuss ist in Kindergeldstreitigkeiten nicht mehr zu zahlen – dies jedenfalls ist die Auffassung der drei nordrhein-westfälischen Finanzgerichte, die die nicht ganz eindeutige gesetzliche Neuregelung damit bürgerfreundlich verstehen und handhaben.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 15.08.2013