Archiv der Kategorie: Privatbereich

Steuerhinterziehung schon bei falscher Kilometer-Angabe?

Steuerhinterziehung schon bei falscher Kilometer-Angabe?

Kernaussage

Mit der Entfernungspauschale, im Volksmund Pendlerpauschale, werden im deutschen Einkommensteuerrecht die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte pauschaliert. Anstatt dessen können Steuerpflichtige aber auch die tatsächlich gefahrenen Kilometer angeben und so das zu versteuernde Einkommen mindern. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz nahm nun zu der Frage Stellung, welche steuerlichen Folgen aus überhöhten Entfernungsangaben gezogen werden können.

Sachverhalt

Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. In der Anlage N zu ihrer Einkommensteuererklärung 1996 gab sie bei den Werbungskosten hinsichtlich der Wege zwischen Wohn- und Arbeitsstätte an, sie sei über einen weiteren Ort gefahren, die einfache – mit dem eigenen Pkw zurückgelegte – Entfernung habe sei 28 km betragen. In den Steuererklärungen der Jahre 1997-2005 gab die Klägerin jeweils diesen weiteren Ort als Arbeitsort an und als einfache Entfernung ebenfalls jeweils 28 km. Diesen Angaben folgte das beklagte Finanzamt. Bei der Bearbeitung der Steuererklärung für 2006 fiel auf, dass die einfache Entfernung zwischen dem Wohnort und dem angegebenen Arbeitsort nur 10 km betrug. Wegen Vorliegens einer Steuerhinterziehung und der demzufolge geltenden 10-jährigen Verjährungsfrist, erließ das Finanzamt geänderte Bescheide für die Jahre 1996-2005. Die hiergegen gerichtete Klage begründete die Klägerin damit, dass sie irrtümlich davon ausgegangen sei, die Entfernungskilometer hätten den tatsächlich gefahrenen Kilometern entsprochen. Ferner hätte dem Finanzamt der Widerspruch bei Erfüllung seiner Sachaufklärungspflicht auffallen müssen. Die Klage war nur hinsichtlich des Jahres 1996 erfolgreich.

Entscheidung

Nach Ansicht des Gerichts konnten nur für 1996 die subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung nicht angenommen werden, weil seitens der Klägerin ein Versehen vorgelegen haben könne. Für die übrigen Streitjahre wurde eine Steuerhinterziehung bejaht, denn der Arbeitsplatz habe sich ab 1997 in dem der Wohnung näher gelegenen weiteren Ort befunden. Gleichwohl habe die Klägerin aber, wie im Jahr zuvor, die weitere Fahrtstrecke angegeben. Sie müsse es daher auch unter Zugrundelegung einer laienhaften Bewertung für möglich gehalten haben, dass sie mit der Falschangabe einen höheren als den ihr zustehenden Werbungskostenabzug erreicht. Die neuen Tatsachen, d. h. die geringere Entfernung, seien erst nachträglich bekannt geworden, so dass es für das Finanzamt keinen Anlass gegeben habe, den klägerischen Angaben von Vorneherein zu misstrauen. Schließlich würden die Veranlagungsarbeiten von wechselnden Sachbearbeitern erledigt, die nicht immer über hinreichende Ortskenntnis verfügen könnten.

Konsequenz

Die Änderung eines Bescheids kann ausgeschlossen sein, wenn dem Finanzamt nachträglich bekannt gewordene Tatsachen bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wären. Allerdings muss der Steuerpflichtige hierzu die ihm obliegenden Mitwirkungspflichten erfüllen. Das war im Streitfall nicht geschehen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Ist die Bemessung der Grunderwerbsteuer (GrESt) nach Grundbesitzwerten verfassungsgemäß?

Ist die Bemessung der Grunderwerbsteuer (GrESt) nach Grundbesitzwerten verfassungsgemäß?

Rechtslage

Die Grunderwerbsteuer (GrESt) wird nach einem einheitlichen Steuersatz für sämtliche Erwerbsvorgänge erhoben. Im Regelfall bestimmt sich die Bemessungsgrundlage (§ 8 Abs. 1 GrEStG) nach dem Wert der Gegenleistung. In den gesetzlich genannten Ausnahmefällen (§ 8 Abs. 2 GrEStG), zu denen u. a. die praktisch bedeutsamen Grundstücksübergänge aufgrund von Umwandlungen sowie Anteilsvereinigungen und -übertragungen gehören, bestimmt sich die Bemessungsgrundlage nach den Grundbesitzwerten. Diese werden nach dem Bewertungsgesetz (§§ 138 ff. BewG) gesondert ermittelt. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Bewertungsvorschriften 2006 für die Erbschaft- und Schenkungsteuer für verfassungswidrig erklärt, weil sie zu zufälligen und willkürlichen Bewertungsergebnissen führten. Den verfassungswidrigen Zustand hat der Gesetzgeber ab 2007 für die Erbschaft- und Schenkungsteuer beseitigt und durch neue Bewertungsregeln ersetzt, hierauf aber für die Grunderwerbsteuer verzichtet. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun das Bundesverfassungsgericht angerufen, weil er auch von der Verfassungswidrigkeit des Ansatzes der nur noch für die Grunderwerbsteuer maßgeblichen Grundbesitzwerte als Ersatz-Bemessungsgrundlage überzeugt ist.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine US-amerikanische Gesellschaft, hatte alle Anteile an einer deutschen GmbH erworben, zu deren Vermögen in Deutschland gelegene Grundstücke gehörten. Für diese Anteilsübertragung wurde gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von rd. 513.000 EUR auf der Grundlage der für die Grundstücke der GmbH festgestellten Grundbesitzwerte festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem Finanzgericht erfolglos. Das Revisionsverfahren setzte der BFH aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vor, ob die betreffende grunderwerbsteuerliche Norm mit dem im Grundgesetz verankerten Gleichheitssatz (Art. 3 GG) vereinbar ist.

Auffassung des Bundesfinanzhofs

Das Gericht hält die grunderwerbsteuerliche Bestimmung (§ 11 GrEStG) insofern für unvereinbar mit dem Gleichheitssatz, als sie die Beteiligten an solchen Erwerbsvorgängen, für die die (Ersatz-)Steuerbemessungsgrundlage nach dem Bewertungsgesetz zu ermitteln ist, mit einheitlichen Steuersätzen belastet. Nach Ansicht des BFH ist die weitere Anwendung der Vorschriften des Bewertungsgesetzes für die Grunderwerbsteuer verfassungswidrig, weil sie aufgrund des einheitlichen Steuersatzes der Grunderwerbsteuer zu willkürlichen und zufälligen Besteuerungsergebnissen führen und deshalb mit dem Gleichheitssatz unvereinbar seien. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bleibt nun abzuwarten.

Zurechnung von Kinderbetreuungskosten bei Unverheirateten

Zurechnung von Kinderbetreuungskosten bei Unverheirateten

Kernaussage

Steuerpflichtige, die Einkünfte erzielen, können 2/3 der wegen ihrer Erwerbstätigkeit anfallenden Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zu ihrem Haushalt gehörenden und noch nicht 14 Jahre alten Kindes wie Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehen, sofern die Voraussetzungen (Vorlage Rechnung und Zahlungsnachweis) dafür erfüllt sind. Ausgaben, die Dritte geleistet haben (sog. Drittaufwand) können grundsätzlich nur beim Dritten berücksichtigt werden. Lediglich in Fällen der sog. Abkürzung des Zahlungsweges tilgt der Dritte im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen dessen Schuld, so dass die Zahlungen dem Steuerpflichtigen zugerechnet werden können.

Sachverhalt

Der nichtselbstständig tätige Kläger lebt mit seiner ebenfalls nichtselbstständig tätigen Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind in einem Haushalt zusammen. Beide tragen zu den Aufwendungen des Haushalts bei. Das gemeinsame Kind wurde in einer Kindertagesstätte betreut. Die Lebensgefährtin hatte den Betreuungsvertrag mit der Kindertagesstätte unterschrieben und das Entgelt von ihrem Konto gezahlt. Das Finanzamt lehnte es ab, 2/3 dieser Betreuungskosten als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten des Klägers wie Werbungskosten zu berücksichtigen, weil die Betreuungskosten nicht vom Kläger, sondern von der Mutter getragen worden seien. Die hiergegen gerichtet Klage hatte vor dem Finanzgericht Erfolg. Die Richter entschieden, dass die Eltern über die Aufteilung der Aufwendungen entscheiden können. Das Urteil hatte jedoch keinen Bestand, der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab.

Entscheidung

Nach Ansicht des BFH hat der Kläger selbst keine Kinderbetreuungskosten getragen. Die Zahlung vom Konto der Lebensgefährtin kann ihm weder vollständig noch anteilig zugerechnet werden. Denn die Lebensgefährtin hat die Zahlung allein auf ihre eigene Verbindlichkeit geleistet: nur sie hatte den Vertrag mit der Kindertagesstätte unterzeichnet. Somit scheidet auch der sog. Drittaufwand als Möglichkeit einer Zurechnung beim Kläger aus.

Konsequenz

Sofern beabsichtigt ist, dass sich die Eltern die Kinderbetreuungskosten teilen, sollte die Vereinbarung mit der Kindertagesstätte von beiden Eltern abgeschlossen werden, damit Kinderbetreuungskosten beiden Eltern zugerechnet werden können. Ob im vorliegenden die von einem Gemeinschaftskonto gezahlten Entgelte teilweise dem Kläger zuzurechnen wären, obwohl nur die Lebensgefährtin der Kindertagesstätte zivilrechtlich verpflichtet war, ist nicht geklärt. Dies ist wohl eher zu verneinen, da es wohl in erster Linie auf die Zurechnung der Verpflichtung ankommt.

Strafverteidigerkosten als Werbungskosten abziehbar?

Strafverteidigerkosten als Werbungskosten abziehbar?

Kernproblem

Nach der Legaldefinition sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Wird man dem Vorwurf einer Steuerhinterziehung ausgesetzt und fallen für eine Gegenwehr Strafverteidigungskosten an, dann sollte nach der o. g. Definition angenommen werden, dass die Voraussetzung zum steuerlichen Abzug vorliegt. Das gilt erst recht, wenn das Verfahren eingestellt wird. Man muss jedoch „um die Ecke denken“.

Sachverhalt

Ein niederländischer Pilot einer deutschen Fluggesellschaft erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Der Pilot gab an, in Deutschland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt innezuhaben und beantragte bei dem zuständigen Betriebsstättenfinanzamt Bescheinigungen für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, die er auch erhielt. Hiernach richtete sich der Arbeitgeber und unterwarf nur die Inlandsbestandteile des Arbeitslohns dem Lohnsteuerabzug. Die Finanzverwaltung vermutete einen deutschen Wohnsitz und leitete ein Steuerstrafverfahren ein. Nachdem der Pilot die ordnungsgemäße Versteuerung seines Arbeitslohnes in den Niederlanden nachgewiesen hatte, wurde das Verfahren eingestellt. Das an seinen Rechtsanwalt gezahlte Honorar wollte er im Jahr der Zahlung im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung zur beschränkten Steuerpflicht als Werbungskosten geltend machen. Das Finanzamt lehnte ab, obwohl der Pilot, um seine Zulassung nicht zu verlieren, auch aus arbeitsrechtlichen Gründen Konsequenzen vorbeugen musste.

Entscheidung

Nach Auffassung der Richter des Finanzgerichts (FG) Hamburg können Strafverteidigungskosten zwar durchaus Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit sein. Voraussetzung sei aber, dass der Tatvorwurf in einem ausschließlichen und unmittelbaren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehe. Eine nur bei Gelegenheit der Berufsausübung begangene Tat reiche für den erforderlichen Veranlassungszusammenhang nicht aus. Folglich habe die vorgeworfene Tat der Steuerhinterziehung keinen unmittelbaren Bezug zu der Berufstätigkeit als Pilot, sondern beträfe den Privatbereich. Auch die in den Ring geworfene arbeitsrechtliche Problematik vermochte die Richter nicht umzustimmen. Denn das „auslösende Moment“ der Aufwendungen bliebe die vorgeworfene Steuerhinterziehung als Privattat.

Konsequenz

Das Urteil ist rechtskräftig und liegt auf einer Linie mit einer Entscheidung des BFH aus dem Jahr 2007 (Vorwurf der Untreue eines Geschäftsführers). Damals wurde auch ein Abzug außergewöhnlicher Belastungen verneint.

Erststudium-Kosten sind keine Werbungskosten, außer …

Erststudium-Kosten sind keine Werbungskosten, außer …

Kernproblem

Die Behandlung der Kosten eines Erststudiums beschäftigt seit geraumer Zeit die Gerichte. Nach einer Entscheidung im Jahr 2002 unterscheidet der Bundesfinanzhof (BFH) nicht mehr zwischen Aus- und Fortbildung, sondern stellt auf den Veranlassungszusammenhang ab. So konnten bis zum Jahr 2003 auch Kosten des Erststudiums als Werbungskosten abzugsfähig sein oder Verluste als Verlustvorträge festgestellt werden. Mit einer Änderung des EStG hat der Gesetzgeber dann dafür gesorgt, dass Kosten des Erststudiums als „nicht abzugsfähige Ausgaben“ eingestuft wurden, deren Förderung als Sonderausgaben auf 4.000 EUR eingeschränkt ist (damit auch Wegfall eines Verlustausgleichs für negative „Einkünfte“). Etwas anderes gilt nach dem Gesetz nur für die im Zusammenhang mit einem Ausbildungs-Dienstverhältnis anfallenden Aufwendungen (z. B. Beamten-Anwärter, Referendare), die weiterhin unbeschränkt als Werbungskosten abzugsfähig sind. Zu der Streitfrage ergehen immer noch Entscheidungen der Finanzgerichte; auch beim BFH sind mehrere Verfahren anhängig.

Weitere Entscheidung des FG Münster

Auch hier ging es um die Kosten für ein nach dem Abitur aufgenommenes Erststudium an einer Fachhochschule für BWL. Während des Studiums erhielt die Studentin zwar eine geringe Vergütung für Pflichtpraktika. Dies vermochte das FG Münster aber nicht als Dienstverhältnis anzusehen. Ferner sei die einen Abzug begünstigende Rechtsprechung des BFH für Kosten im Zusammenhang mit einem Studium nach abgeschlossener Berufsausbildung auf das nach dem Abitur aufgenommene Erststudium nicht übertragbar. Auch einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz konnte das FG Münster nicht erkennen, denn der Gesetzgeber habe sich innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums bewegt.

Konsequenz

Nicht nur für diese Entscheidung wurde die Revision zugelassen, sondern in gleicher Streitfrage sind solche schon längst beim BFH anhängig. Hierauf sollte man sich in gleichgelagerten Fällen berufen und das Verfahren zum Ruhen bringen. Bei der noch offenen Streitfrage des Erststudiums nach der Schule geht es insbesondere um die zu prüfende Ungleichbehandlung mit den Fällen, für die der BFH den Abzug zulässt. Das betrifft Studenten mit vorangegangener abgeschlossener Berufsausbildung (entschieden wurden z. B. nachher Studium/ vorher Ausbildung: Lehramt/Buchhändlerin oder Tourismusmanagement/ Hotelfachfrau oder Betriebswirt/ Bürokaufmann oder Hotelmanagement/ Koch).

Keine private Nutzung von Firmenkredit- und -tankkarten

Keine private Nutzung von Firmenkredit- und -tankkarten

Rechtslage

Im Rahmen der privaten Nutzung von dienstlichen Telekommunikationseinrichtungen gilt der Grundsatz, dass der Arbeitnehmer zu deren privater Nutzung (jedenfalls in angemessenem Umfang) berechtigt ist, wenn die private Nutzung nicht ausdrücklich untersagt ist und die Nutzung nicht zu Lasten der Arbeitszeit erfolgt. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte nun darüber zu entscheiden, ob der Grundsatz der zulässigen privaten Nutzung bei nicht ausdrücklichem Verbot auch für betriebliche Kredit- und Tankkarten gilt.

Sachverhalt

Der beklagte Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer im Rahmen seiner Tätigkeit eine Vollmacht für das Firmenkonto erteilt und eine Kreditkarte sowie eine Tankkarte überlassen. Über das Arbeitgeberkonto kaufte der Kläger privat genutzte Gegenstände ein. Außerdem erwarb er hierüber ein privates Flugticket. Mit der Tankkarte betankte er Fahrzeuge mit 5 verschiedenen Kraftstoffarten im Wert von mehr als 2.000 EUR. Als dies beim Arbeitgeber auffiel, stellte er die Lohnzahlungen ein. Im Anschluss wurde das Arbeitsverhältnis beendet und die getätigten Privatausgaben verrechnet. Gegen diese Verrechnung wehrte sich der Arbeitnehmer mit der Behauptung, er habe über die Konten frei verfügen können, unterlag jedoch vor dem Landesarbeitsgericht.

Entscheidung

Der Arbeitgeber durfte die Lohnansprüche des Arbeitnehmers mit Schadensersatzansprüchen wegen missbräuchlicher Verwendung der Kredit- und Tankkarten verrechnen. Die einem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellten Bank- und/oder Tankkarten sind regelmäßig auf den dienstlichen Einsatz beschränkt, auch wenn nichts Weiteres besprochen worden ist. Sollte der private Einsatz ausnahmsweise erlaubt gewesen sein, ist der Arbeitnehmer beweispflichtig.

Konsequenz

Die Entscheidung ist zutreffend. Insbesondere kann es nicht Aufgabe des Arbeitgebers sein, darzulegen, dass die private Nutzung von Tank- und/oder Kreditkarten ausdrücklich untersagt worden ist. Im Ergebnis liegt das Verhalten des Arbeitnehmers zumindest an der Grenze zu einer strafbaren Handlung.

Berücksichtigung des Geschlechts von Versicherten ist diskriminierend

Berücksichtigung des Geschlechts von Versicherten ist diskriminierend

Kernproblem

Die Anwendung geschlechtsspezifischer Risikofaktoren ist im Bereich des Versicherungswesens weit verbreitet. Deutlich höhere Prämien zahlen Frauen z. B. wegen der höheren Lebenserwartung in der Rentenversicherung und der privaten Krankenversicherung. Dahingegen ist die Kfz-Versicherung für Frauen günstiger, da ihr Unfallrisiko geringer ist. Diese unterschiedliche Behandlung stellt eine Diskriminierung dar und ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbaren. Versicherungen müssen daher ab dem 21.12.2012 einheitliche Tarife anbieten.

Sachverhalt

Die Kläger des Ausgangsverfahrens erhoben bei dem belgischen Verfassungsgerichtshof eine Klage auf Nichtigkeitserklärung eines belgischen Gesetzes zur Umsetzung der EG-Richtlinie zur Verwirklichung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (Richtlinie 2004/113/EG). Nach dieser Richtlinie sind Unterschiede bei Versicherungsprämien, die sich aus dem Geschlecht als Risikofaktor ergeben, bis spätestens zum 21.12.2007 abzuschaffen. Allerdings sieht die Richtlinie eine Ausnahme vor, wonach die Mitgliedstaaten ab diesem Datum Ausnahmen von dem Grundsatz geschlechtsneutraler Prämien und Leistungen zulassen dürfen, wenn die zugrundeliegenden Daten verlässlich sind und der Öffentlichkeit zugänglich sind. Mit dem streitgegenständlichen Gesetz wurde von dieser Ausnahmemöglichkeit Gebrauch gemacht. Da eine Richtlinie der Union betroffen war, setzte der belgische Verfassungsgerichtshof das Verfahren aus und legt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage nach der Vereinbarkeit der Ausnahmeregelung mit dem Gleichheits- und Diskriminierungsgrundsatz vor.

Entscheidung

Der EuGH erklärte die Ausnahme von der Grundregel geschlechtsneutraler Prämien und Leistungen im Versicherungssektor für mit Wirkung zum 21.12.2012 ungültig. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt der Gleichbehandlungsgrundsatz, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, sofern eine solche Behandlung objektiv nicht gerechtfertigt ist. Die in der Richtlinie (Art. 5 Abs. 2) vorgesehene Ausnahme von der Gleichberechtigung von Frauen und Männern gestattet den Mitgliedstaaten eine unbefristete Ungleichbehandlung. Die Regelung ist daher mit dem in der Richtlinie verfolgten Ziel der Gleichbehandlung nicht vereinbar.

Konsequenz

Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen diese Entscheidung auf den deutschen Versicherungsmarkt haben wird; insbesondere, ob Prämienerhöhungen zu erwarten sind. Altverträge sind von diesem Urteil jedoch nicht betroffen.

Renten steigen zum 1.7.2011 um rund 1 %

Renten steigen zum 1.7.2011 um rund 1 %

Rentenanstieg zum 1.7.2011 um knapp 1 %

die gesetzliche Rente ist die zentrale Säule der deutschen Alterssicherung. Für die über 20 Mio. Rentnerinnen und Rentner in Deutschland steigt die Rente zum 1.7.2011 um 0,99 %. In diesem Jahr wird erstmals die durch Schutzklauseln verhinderte Rentenminderung der Vergangenheit nachgeholt.

Einzelheiten und Hintergrund

Grundlage der Rentenanpassung ist die Lohnentwicklung. die Bruttolöhne und -gehälter sind in 2010 mit der wirtschaftlichen Erholung wieder deutlich angestiegen. Die für die Rentenanpassung relevante Lohnsteigerung in 2010 beträgt 3,10 % in den alten und 2,55 % in den neuen Bundesländern. Zunächst waren die Durchschnittsgehälter in der Wirtschaftskrise gesunken; in diesen Jahren hätte grundsätzlich eine Rentenkürzung vorgenommen werden müssen. Eine solche Rentenminderung musste aber aufgrund der bestehenden Rentengarantie, sog. Schutzklausel, unterbleiben. Der so entstandene Ausgleichsbedarf ist in den kommenden Jahren durch eine spezielle Rechenformel abzubauen.

Weitere anpassungsdämpfende Faktoren

Neben der Lohnentwicklung ist auch der Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenanpassungsformel relevant, der die Veränderung des Verhältnisses von Rentenbeziehern zu Beitragszahlern auf die Rentenanpassung überträgt. Der ‚Nachhaltigkeitsfaktor wird in 2011 mit 0,46 % anpassungsdämpfend wirken. Auch der sog. Riesterfaktor wirkt in der Rentenanpassung; er spiegelt die Belastung der Beschäftigten beim Aufbau ihrer Altersvorsorge wider: zum einen die steigenden Aufwendungen für die staatlich geförderte zusätzliche Altersvorsorge, und zum anderen etwaige Veränderungen des Beitragssatzes zur Rentenversicherung. Der Riesterfaktor wirkt sich in 2011 dämpfend mit 0,64 % auf die Rentenanpassung aus. Aus diesen Daten ergäbe sich zwar rechnerisch eine Anpassung der Renten in den alten Bundesländern von 1,99 % und in den neuen Bundesländern von 1,41 %. Beginnend mit der diesjährigen Rentenanpassung wird jedoch der Ausgleichsbedarf abgebaut, der durch die Anwendung der Schutzklausel in den vergangenen Jahren entstanden ist.

Aktueller Rentenwert zum 1.7.2011

Zum 1.7.2011 steigt der aktuelle Rentenwert in den alten Bundesländern von 27,20 EUR um 0,99 % auf 27,47 EUR. In den neuen Bundesländern steigt der Rentenwert von 24,13 EUR auf 24,37 EUR.

Wirkung der Bekanntgabe von ErbSt-Bescheiden gegenüber Testamentsvollstrecker

Wirkung der Bekanntgabe von ErbSt-Bescheiden gegenüber Testamentsvollstrecker

Rechtslage

Ist ein Testamentsvollstrecker ernannt, hat dieser für die Erben die steuerlichen Pflichten zu erfüllen; insbesondere gibt er die Erbschaftsteuererklärung ab. Erbschaftsteuerbescheide sind ihm gegenüber verfahrensrechtlich bekannt zu geben. Für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten von Vermächtnisnehmern ist der Testamentsvollstrecker regelmäßig nicht zuständig. Etwas Anderes ergibt sich nur dann, wenn ihn eine Wahrnehmungspflicht trifft oder er die Erbschaftsteuererklärung auch für die Vermächtnisnehmer tatsächlich abgibt. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte über eine Konstellation zu entscheiden, in der sich ein Vermächtnisnehmer auf die Nichtigkeit eines Erbschaftsteuerbescheides berief, weil dieser nicht gegenüber dem Testamentsvollstrecker bekannt gegeben worden war.

Sachverhalt

Über einen Nachlass war Dauertestamentsvollstreckung angeordnet, wobei der Testamentsvollstrecker nicht nur die Erfüllung von Vermächtnissen sicherstellen, sondern die Vermächtnisgegenstände im Rahmen der Dauervollstreckung auch noch verwalten sollte. Die vorzeitige Freigabe aus der Verwaltung war allerdings möglich. Der Kläger war im Zusammenhang mit einem zweiten, selbstständigen Erbfall Vermächtnisnehmer geworden. In diesem zweiten Erbfall gaben die Erben die Erbschaftsteuererklärung selbst ab, in der das Vermächtnis Berücksichtigung im Rahmen der Veranlagung fand. Gegen die gegenüber dem Vermächtnisnehmer unmittelbar festgesetzte Erbschaftsteuerveranlagung, der ein ungünstigeres Verwandtschaftsverhältnis zugrunde lag, legte der Kläger Einspruch ein und beantragte zulässigerweise, dass der Erbschaftsteuerveranlagung das für ihn günstigere Verwandtschaftsverhältnis aus dem ersten Erbfall zugrunde gelegt werden sollte. Der Erbschaftsteuerbescheid sei nichtig, weil er nicht dem Testamentsvollstrecker bekannt gegeben worden sei.

Entscheidung

Der Kläger unterlag vor dem Finanzgericht. Der Testamentsvollstrecker sei (zunächst) nur dann Zugangsvertreter, wenn er die Steuererklärung in Bezug auf diejenigen Personen abgegeben habe, die als Erben am Nachlass teilhaben. Dies gelte in der Regel nicht für die gegen einen Vermächtnisnehmer festzusetzende Erbschaftsteuer. Zwar müsse eine Bekanntgabe an den Testamentsvollstrecker dann erfolgen, wenn die Testamentsvollstreckung nicht nur auf Erfüllung des Vermächtnisses, sondern auch auf dessen Verwaltung gerichtet sei, was vorliegend der Fall war. Dennoch sei der Erbschaftsteuerbescheid im konkreten Fall nicht dem Testamentsvollstrecker bekannt zu geben gewesen. Denn aus dem Gesetz ergebe sich, dass die Regelungen über die Bekanntgabe von Steuerbescheiden gegenüber dem Testamentsvollstrecker nur dann eingreifen, wenn der Testamentsvollstrecker die Erbschaftsteuererklärung entweder tatsächlich abgegeben habe oder zumindest zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung verpflichtet war, was hier nicht der Fall war.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt die verfahrensrechtlichen Fallstricke in der Erbschaftsteuer. Der Vermächtnisnehmer ist verstärkt aufgefordert, sich um seine erbschaftsteuerlichen Angelegenheiten selbst zu kümmern. Allerdings ist die Revision ausdrücklich zugelassen worden.

Pauschale Zuschläge für Sonntags- oder Nachtarbeit nicht steuerfrei

Pauschale Zuschläge für Sonntags- oder Nachtarbeit nicht steuerfrei

Kernaussage

Nach § 3b Abs. 1 EStG sind neben dem Grundlohn gewährte Zuschläge steuerfrei, wenn sie für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist allerdings, dass die Zuschläge neben dem Grundlohn geleistet werden; sie dürfen nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, auch an Sonn- und Feiertagen oder nachts geleistete Tätigkeit sein.

Sachverhalt

Der Kläger ist Flugkapitän. Sein Brutto-Monatsgehalt setzt sich entsprechend einem Kollektivvertrag aus Grundgehalt und einer Flugzulage i. H. v. 36,9 % des Grundgehalts zusammen. Zwischen den Tarifparteien wurde bzgl. der Flugzulage eine Widmung erstellt, in der eine Aufteilung nach Nachtarbeit, Samstagsarbeit, Sonntagsarbeit und für allgemeine Berufserschwernisse erfolgt. Die Zulagenkomponenten werden pauschal im Wege einer monatlich gleichbleibenden Flugzulage abgegolten. In seiner Einkommensteuererklärung erklärte der Kläger einen Teil der Zulage erfolglos als steuerfreie Nacht- und Sonntagsarbeit. Das Finanzgericht wies die gegen die Versagung der Anerkennung durch das beklagte Finanzamt gerichtete Klage zurück.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass der Kläger keine nach § 3b EStG steuerfreien Zuschläge erzielt hat. Er hat neben dem Grundlohn keine Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit bezogen. Die streitige Flugzulage, die auch die Erschwernisse der Nacht- und Sonntagsarbeit entgilt, ist vielmehr Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, auch nachts und sonntags, geleistete Tätigkeit. Im Streitfall steht das monatliche Entgelt des Klägers in keinem Bezug zu seiner tatsächlich erbrachten zuschlagswürdigen Arbeitsleistung. Grundgehalt und Flugzulage werden vielmehr ungeachtet der Einsatzzeiten des Klägers in stets gleicher Höhe geschuldet. Außerdem wird diese monatlich gleichbleibende Pauschale auch im Rahmen der Urlaubs- und Weihnachtssonderzahlung sowie im Krankheitsfall gewährt.

Konsequenz

Zuschläge für Sonntags- und Nachtarbeit sind nur dann und insoweit steuerfrei, als sie den im Einzelnen ermittelten Zuschlägen für tatsächlich geleistete Stunden zu diesen Zeiten entsprechen. Daher sollten diese Zeiten dokumentiert und entsprechend separat abgerechnet werden, um die Steuerfreiheit in Anspruch nehmen zu können.