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Kinderbetreuungskosten: Auch ein Minijobber darf nicht bar bezahlt werden

Kinderbetreuungskosten: Auch ein Minijobber darf nicht bar bezahlt werden

 Kinderbetreuungskosten sind nur abziehbar, wenn eine Rechnung ausgestellt und diese nicht bar bezahlt wird. Das gilt auch bei Beschäftigung eines Minijobbers.

Die Eltern beschäftigten in den Jahren 2009 und 2010 eine Teilzeitkraft zur Betreuung ihres 3-jährigen Sohnes. Das Gehalt in Höhe von 300 EUR monatlich wurde jeweils bar gezahlt.

Für 2009 und 2010 beantragten die Eltern den Abzug der Kinderbetreuungskosten in Höhe von 2.400 EUR (2/3 von 3.600 EUR). Das Finanzamt lehnte den Abzug unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung ab, da die Zahlung nicht auf das Konto des Empfängers, sondern in bar geleistet wurde. Das Finanzgericht vertrat demgegenüber eine großzügigere Auffassung und gab der Klage statt.

Entscheidung       

Der Bundesfinanzhof vertrat in seiner Entscheidung jedoch einen engen Standpunkt. Er schloss sich der Auffassung des Finanzamts an und wies die Klage ab.

Auch bei einer im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses angestellten Betreuungskraft hängt der Abzug der Betreuungskosten davon ab, dass die Zahlung nicht in bar, sondern über das Konto der Betreuungsperson abgewickelt wird. Dafür sprechen Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Die Vorschrift enthält keine Beschränkung der Nachweiserfordernisse auf bestimmte Arten von Dienstleistungen, sondern macht den Abzug sämtlicher erfasster Aufwendungen von der Erfüllung der Nachweisvoraussetzungen abhängig.

Mit dem bereits in 2006 eingeführten formalisierten Nachweis (Rechnung und unbare Zahlung) sollten Anreize gegeben werden, legale Beschäftigungsverhältnisse in Privathaushalten zu schaffen. Das spricht dafür, dass die unbare Zahlung für alle Arten von Dienstleistungen gelten sollte.

Kinderbetreuungskosten: Zur Abzugsmöglichkeit

Kinderbetreuungskosten: Zur Abzugsmöglichkeit

Kernproblem
Kinderbetreuungskosten werden steuerlich grundsätzlich bis zum 14. Lebensjahr des Kindes mit bis zu 2/3 der Aufwendungen, höchstens jedoch 4.000 EUR je Kind, gefördert. Ab dem Jahr 2012 ist die Unterscheidung zwischen erwerbsbedingten und privaten Betreuungskosten entfallen und ein Abzug nur noch als Sonderausgaben möglich. Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen werden nicht gefördert. Vor dem Jahr 2012 galt im Fall zusammenlebender Ehegatten, dass beide Elternteile einer Erwerbstätigkeit nachgehen mussten. War das nicht der Fall, blieb nur eine Förderung für Kinder im Alter zwischen 3 und 6 Jahren. An den Abzugsbeschränkungen gibt es Kritik, insbesondere beim Vorliegen einer überdurchschnittlichen Kinderzahl in der Familie.

Sachverhalt
Die Eltern beantragten den Abzug von Kinderbetreuungskosten ihrer 3 Kleinkinder (1, 2 und 3 Jahre), die sich aus Beiträgen für Kindergarten und Krabbelgruppe sowie ein beschäftigtes Au-Pair-Mädchen zusammensetzten. Der Vater war selbständig, die Mutter ausgebildete Ärztin, jedoch nicht erwerbstätig. Deswegen wurde der Abzug der Au-Pair-Kosten im Streitjahr 2008 anteilig für die unter 3-jährigen gekürzt. Die Eltern zogen mit dem Antrag des uneingeschränkten Abzugs über die durch Gesetz zugelassene Möglichkeit vor Gericht.

Entscheidung
Die Eltern scheiterten mit ihrem Antrag beim Bundesfinanzhof (BFH), nachdem dieser die Abzugsbeschränkungen als verfassungsgemäß eingeschätzt hatte. In ihrer Begründung wiesen die Richter daraufhin, dass der BFH zwar in einem anderen Verfahren angedeutet habe, dass der Gesetzgeber bei Ausgestaltung der Abzugstatbestände möglicherweise weitere Zwangsläufigkeitsgründe hätte einbeziehen müssen. Das könne insbesondere dann gelten, wenn bei Erwerbstätigkeit des einen Elternteils eine größere Zahl minderjähriger Kinder zu betreuen sei und dies den Bedarf an Fremdbetreuung erfordere. Das sah der BFH aber im Streitfall bei 3 Kindern im Alter von bis zu 3 Jahren als nicht gegeben an, zumal für das älteste der 3 Kinder ein Abzug der Kinderbetreuungskosten verblieb. Zudem verwies der Senat auf andere ausgleichende sozialrechtliche Maßnahmen des Gesetzgebers außerhalb des Steuerrechts (z. B. Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz).

Konsequenz
Im vergleichbaren Fall einer Mutter, die wegen Schwangerschaft und Stillzeit keine Erwerbstätigkeit ausübte, ist bereits eine Verfassungsbeschwerde anhängig. Auch die aktuelle Beurteilung des Gerichts, nach der eine besondere Betreuungssituation bei 3 Kindern nicht vorliege, steht in der Kritik. Daher ist zu empfehlen, Verfahren vor 2012 offen zu halten.

BFH zum Abzug von Kinderbetreuungskosten bei Schwangerschaft der Mutter

“Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 5. Juli 2012 III R 80/09 entschieden, dass die Kosten einer Tagesmutter nicht steuerlich geltend gemacht werden können, wenn ein Elternteil erwerbstätig und der andere Elternteil schwanger ist. Denn eine Schwangerschaft als solche stellt keine Krankheit im Sinne des Gesetzes dar.

Der Kläger ist als selbständiger Rechtsanwalt berufstätig. Die Klägerin befand sich zunächst in der Berufsausbildung, die sie allerdings nach der Geburt ihres ersten Kindes im Jahre 2004 unterbrach und die sie auch im Laufe des Streitjahres 2006 nicht wieder aufnahm. Im August dieses Jahres wurden die Kläger erneut Eltern. Das ältere Kind wurde u.a. in der Zeit der Schwangerschaft von einer Tagesmutter betreut. Die Kosten hierfür machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung geltend.

Im Streitjahr 2006 konnten derartige Kinderbetreuungskosten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 8 Einkommensteuergesetz (EStG) nur bei Vorliegen besonderer persönlicher Abzugsvoraussetzungen steuerlich berücksichtigt werden. Lebten beide Elternteile zusammen, dann musste, wenn einer der Elternteile, wie der Kläger, erwerbstätig war, der andere Teil entweder ebenfalls erwerbstätig sein oder sich in Ausbildung befinden. Auch bei einer mindestens drei Monate andauernden Erkrankung oder einer Behinderung dieses Elternteils war der Abzug der Betreuungskosten zulässig. Lagen solche Gründe nicht vor, etwa weil sich ein Elternteil allein der Erziehung der Kinder widmete (sog. Alleinverdienerehe), dann waren Betreuungskosten – von einer Ausnahmeregelung in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG abgesehen – nicht abziehbar.

Der BFH sah die persönlichen Abzugsvoraussetzungen in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Finanzgerichts nicht als erfüllt an. Seines Erachtens befand sich die Klägerin weder in Ausbildung, da sie diese bereits nach der Geburt des ersten Kindes unterbrochen hatte, noch war sie längerfristig erkrankt. Die Schwangerschaft konnte nicht als Krankheit gewertet werden, weil es sich hierbei nicht um einen regelwidrigen körperlichen Zustand handelt. Krank ist eine Frau nicht, wenn sie schwanger wird, sondern nur dann, wenn sie nicht schwanger werden kann (Empfängnisunfähigkeit). Treten während der Schwangerschaft gesundheitliche Komplikationen auf, dann ist der Krankheitsbegriff jedoch regelmäßig erfüllt. Davon konnte im Streitfall nach den Feststellungen des FG indes nicht ausgegangen werden. Da die Klägerin somit weder aus gesundheitlichen noch aus sonstigen (Erwerbstätigkeit u.ä.) Gründen an der persönlichen Betreuung ihres ältesten Kindes gehindert war, konnten die Kosten der Tagesmutter nach der gesetzlichen Konzeption nicht abgezogen werden.

Die von den Klägern geäußerten Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der einschränkenden Abzugsvoraussetzungen teilte der BFH nicht. Er erachtete sowohl die persönlichen Abzugsvoraussetzungen als auch die Abzugshöchstgrenzen als zulässige Typisierungen des Gesetzgebers. Auch in der Regelung des § 3 Nr. 33 EStG, wonach finanzielle Leistungen des Arbeitgebers zur Betreuung von Kindern seiner Arbeitnehmer steuerfrei sind, vermochte er keine ungerechtfertigte Privilegierung von Arbeitnehmern gegenüber Selbständigen zu erblicken.

In seinem Urteil ging der BFH schließlich kurz auf die aktuelle Rechtslage ein. Seit 2012 können Kinderbetreuungskosten abgezogen werden, ohne dass persönliche Abzugsvoraussetzungen bei den Eltern vorliegen müssen.”

Presseerklärung Nr. 68 des Bundesfinanzhofs (BFH) SEO Titel generieren

BFH-Urteil vom 05.07.2012 – III R 80/09

 

Verfassungsmäßigkeit des Abzugs von Kinderbetreuungskosten

Leitsatz

1. Es ist verfassungsgemäß, den Abzug von Kinderbetreuungskosten vom Vorliegen bestimmter persönlicher Anspruchsvoraussetzungen (Erwerbstätigkeit, Ausbildung, längerfristige Erkrankung u.ä.) abhängig zu machen. Bei der Auswahl der maßgeblichen Gründe kommt dem Gesetzgeber ein Typisierungsspielraum zu, den er mit §§ 4f, 9 Abs. 5 Satz 1 und 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG i.d.F. des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26. April 2006 (BGBl I 2006, 1091 ) noch nicht überschritten hat.

2. Die in diesen Vorschriften enthaltene Beschränkung des Abzugs erwerbsbedingter und privater Kinderbetreuungskosten auf zwei Drittel der Aufwendungen und einen Höchstbetrag von 4.000 € je Kind verstößt nicht gegen das Grundgesetz .

3. Eine Schwangerschaft stellt als solche keine Krankheit dar und berechtigt daher nicht zum Abzug privater Kinderbetreuungskosten.

4. Die Beschränkung der Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 33 EStG auf Arbeitnehmer verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG .

 Gesetze

EStG i.d.F. des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26. April 2006 EStG i.d.F. des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26. April 2006 § 3 Nr. 33
EStG i.d.F. des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26. April 2006 § 4f
EStG i.d.F. des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26. April 2006 § 9 Abs. 5 Satz 1
EStG i.d.F. des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26. April 2006 § 10 Abs. 1 Nr. 8
EStG i.d.F. des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26. April 2006 § 32 Abs. 6

 Instanzenzug

FG Hamburg vom 23. Oktober 2009 6 K 123/09 BFH III R 80/09

BVerfG 20.02.2013 – 2 BvR 2454/12

 Gründe

I.

1  Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatten im Streitjahr 2006 zwei leibliche Kinder, nämlich die 2004 geborene T und die im August des Streitjahres (2006) geborene F.

2  Der Kläger ist als selbständiger Rechtsanwalt berufstätig. Die Klägerin befand sich bis zur Geburt von T in der Ausbildung zur Erzieherin. Die sodann unterbrochene Ausbildung konnte von ihr auch im Laufe des Streitjahres nicht wieder aufgenommen werden. Für die Betreuung ihrer Tochter T bei einer Tagesmutter hatten die Kläger 2.063,79 € zu zahlen.

3  Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) versagte die steuerliche Berücksichtigung dieser Aufwendungen. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

4  In ihrer Revision legen die Kläger zunächst ausführlich ihre persönliche und berufliche Lebenssituation im Streit- und in den Folgejahren dar. Sie rügen die Verletzung von Bundesrecht, weil das Finanzgericht (FG) eine verfassungskonforme Interpretation der gesetzlichen Regelungen zur Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten (§§ 4f, 9 Abs. 5 Satz 1 und 10 Abs. 1 Nrn. 5 und 8, 35a des Einkommensteuergesetzes —EStG —) unterlassen habe. Die im Streitfall anzuwendenden Vorschriften bzw. deren Umsetzung liefen auf eine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund hinaus und diskriminierten bestimmte Lebensmodelle heutiger Familien. Sie würden schon deshalb in ihren Grundrechten verletzt, weil ein Arbeitnehmer über die Vorschrift des § 3 Nr. 33 EStG unabhängig von sozialer Situation, Leistungsfähigkeit und Berufstätigkeit des Partners Kinderbetreuungskosten im Vorschulalter der Kinder jedenfalls dann unbegrenzt steuerlich freigestellt erhielte, wenn er lediglich den Zahlungsweg über den Arbeitgeber wähle. Ein sachlicher Grund, warum ein Arbeitnehmer die Kinderbetreuung unbegrenzt steuerfrei erhalten könne, ein Selbständiger jedoch nicht, sei nicht erkennbar. Darin liege zugleich eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 12 des Grundgesetzes (GG) . Darüber hinaus würden die gesetzlichen Regelungen zur Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten in Teilbereichen, aber auch in ihrer Gesamtheit den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aufgestellt habe, nicht gerecht werden. Die Gesamtregelung sei schlicht willkürlich. Das zeige schon die wahllose Verteilung der Abzugsmöglichkeiten auf eine Vielzahl verschiedener Tatbestände. Dass die Abziehbarkeit auf zwei Drittel der Aufwendungen und eine Höchstgrenze beschränkt werden könne, sei den Ausführungen des BVerfG an keiner Stelle zu entnehmen. Dieses habe vielmehr schon die Berücksichtigung einer zumutbaren Eigenbelastung als verfassungswidrig angesehen (BVerfG-Beschluss vom 16. März 2005 2 BvL 7/00 , BVerfGE 112, 268 , BGBl I 2005, 1622 ). Die danach gebotene volle Abziehbarkeit der Kosten könne auch nicht durch das Vorhandensein anderer Freibeträge (§ 32 EStG ) gerechtfertigt werden. Soweit der Gesetzgeber für sich in Anspruch nehme, die Kinderbetreuung pauschal und nicht nach den tatsächlichen Kosten zu berücksichtigen, dürfe dies nicht willkürlich erfolgen. Es müssten dann die üblichen Kosten angesetzt werden, die jedenfalls an ihrem Wohnort Hamburg nicht unter 4.560 € im Jahr anzusetzen seien. Auch in der Festlegung der einzelnen Abzugsvoraussetzungen handele der Gesetzgeber willkürlich und halte sich nicht an die Vorgaben des BVerfG. So komme es z.B. in § 4f EStG auf die Frage der Erwerbstätigkeit an, obgleich es hierauf nicht ankommen dürfe. Es sei nicht erkennbar, warum nach den Verwaltungserlassen jede Erwerbstätigkeit, selbst eine geringfügige, ausreiche, auf der anderen Seite aber selbst eine vollzeitige Ausbildung nicht genüge. Der numerus clausus von sozialen Gründen, die nach § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG den Sonderausgabenabzug ermöglichten, sei sachlich nicht begründet. Kinderbetreuungskosten seien danach zwar abziehbar, wenn sie, die Klägerin, sich in Ausbildung befinde, nicht aber, wenn der Kinderbetreuungsplatz schlicht gehalten werden müsse, um die Ausbildung künftig überhaupt fortsetzen zu können. Betreuungskosten seien abziehbar, wenn sie (Klägerin) krank sei, sie seien nicht abziehbar, wenn sie schon Kinder habe, sich nach Schwangerschaft, Geburt und in der Stillzeit schonen müsse und deswegen auf eine Fremdbetreuung angewiesen sei. Der Hinweis des FG, Schwangerschaft sei keine Krankheit, sei zynisch. Auslegungsspielräume beim Merkmal der Krankheit würden von Rechtsprechung und Finanzverwaltung nicht genutzt. So seien die lebensbedrohlichen Umstände bei der Geburt von F nicht berücksichtigt worden. Andere Differenzierungsmöglichkeiten für den Sonderausgabenabzug würden dagegen vom Gesetzgeber nicht gewählt. So spiele z.B. die Anzahl der bereits vorhandenen Kinder und der damit einhergehende Betreuungsaufwand ebenso wenig eine Rolle wie die gesundheitliche und physische Leistungsfähigkeit der Mutter. Nach der Wertung des Art. 6 GG müsse es auch anerkannt werden, wenn Eltern die Fremdbetreuung „lediglich” aus pädagogischen Gründen für sinnvoll hielten. Maßstab für die Abzugsfähigkeit sei die freie Entscheidung der Eltern. Allein der Familie obliege die Bestimmung des Kindeswohls und die Entscheidung über die Kinderbetreuung. Eine Familie würde Kinderbetreuungskosten grundsätzlich nur dann veranlassen, wenn sie es für notwendig erachte. Die Tatsache des Geldeinsatzes indiziere unwiderleglich die Notwendigkeit der Kosten zur Sicherung der familiären Existenz. Dies alles zeige, dass Kinderbetreuungskosten in voller Höhe und unabhängig von bestimmten Gründen steuerlich anerkannt werden müssten, wie es bei Arbeitnehmern über § 3 Nr. 33 EStG geschehe. Bezogen auf ihre konkrete Lebenssituation sei festzustellen, dass das von ihnen gewählte Lebensmodell steuerlich und auch in anderen Rechtsbereichen, z.B. beim Elterngeld, diskriminiert werde.

5  Die Kläger beantragen, den Gerichtsbescheid des FG Hamburg vom 23. Oktober 2009 6 K 123/09 sowie die Einspruchsentscheidung des FA vom 8. Mai 2009 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2006 so zu ändern, dass die Kinderbetreuungskosten vollständig zum Abzug zugelassen werden.

6  Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

7  Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung lässt den Abzug der bei den Klägern angefallenen Kinderbetreuungskosten nicht zu. Das Verfassungsrecht gebietet einen solchen Abzug nicht. Deshalb kommt weder eine Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage der Sache an das BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG in Betracht noch besteht Anlass für eine verfassungskonforme Auslegung.

8  1. Im Streitfall ist kein im Veranlagungszeitraum 2006 geltender Tatbestand des EStG , der den Abzug von Kinderbetreuungskosten ermöglicht, erfüllt.

9  a) § 4f EStG , der den Abzug erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten im Bereich der Gewinneinkunftsarten regelt, ist unanwendbar, weil die zusammenlebenden Kläger nicht beiderseits erwerbstätig waren (§ 4f Satz 2 EStG ).

10  b) § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG ist nicht einschlägig, weil die Kinder der Kläger im Streitjahr nicht zwischen drei und sechs Jahre alt waren.

11  c) Auch der Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG scheidet aus, weil die auf den Steuerpflichtigen bezogenen Abzugsvoraussetzungen nicht vorliegen.

12  aa) Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines haushaltszugehörigen Kindes, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, können dann abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige sich in Ausbildung befindet, körperlich, geistig oder seelisch behindert oder krank ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 EStG ). Erwachsen die Aufwendungen wegen Krankheit des Steuerpflichtigen, muss die Krankheit innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von mindestens drei Monaten bestanden haben, es sei denn, der Krankheitsfall tritt unmittelbar im Anschluss an eine Erwerbstätigkeit oder eine Ausbildung ein (§ 10 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 EStG ). Bei zusammenlebenden Eltern ist der Abzug nur zulässig, wenn bei beiden Elternteilen die Voraussetzungen nach Satz 1 vorliegen oder ein Elternteil erwerbstätig ist und der andere Elternteil sich in Ausbildung befindet, körperlich, geistig oder seelisch behindert oder krank ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 EStG ).

13  bb) Die persönlichen Abzugsvoraussetzungen lagen nur beim erwerbstätigen Kläger, nicht aber bei der Klägerin vor.

14  (1) Das FG ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Klägerin sich nicht —mehr— in Ausbildung befand, als sie diese nach der Geburt der ältesten Tochter unterbrach. Schon der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 EStG stellt mit der Formulierung „sich in Ausbildung befindet” nicht auf ein formales Weiterbestehen eines Ausbildungsverhältnisses ab, sondern darauf, dass auf die Ausbildung gerichtete Maßnahmen tatsächlich durchgeführt werden. Es tritt grundsätzlich dann eine Unterbrechung der Ausbildung ein, sobald es an Maßnahmen fehlt, die geeignet sind, dem Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen im Hinblick auf die Ausübung des angestrebten Berufs zu dienen. Nach der zum Berufsausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ergangenen Senatsrechtsprechung befindet sich daher eine Person nicht in einer Ausbildung, wenn sie diese unterbricht, um ein eigenes Kind zu betreuen (Urteile des Bundesfinanzhofs —BFH—vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02, BFHE 203, 106 , BStBl II 2003, 848; vom 24. September 2009 III R 79/06, BFH/NV 2010, 614 ). Gesichtspunkte für eine abweichende Beurteilung im Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG vermag der Senat nicht zu erkennen. Vielmehr entspricht es dem Zweck dieser Vorschrift, den Abzug der Kinderbetreuungskosten nur in solchen Fällen zuzulassen, in denen die Eltern wegen Erwerbstätigkeit, tatsächlich durchgeführter Ausbildung, längerer Erkrankung oder Behinderung an der persönlichen Betreuung ihres Kindes gehindert sind.

15  (2) Der Senat pflichtet dem FG auch darin bei, dass eine Schwangerschaft als solche keine Krankheit darstellt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 13. Februar 1975 3 RK 68/73 , BSGE 39, 167; Schütze in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 24b Rz 16, zur Rechtslage im Sozialversicherungsrecht; a.A. Steiner in Lademann, EStG , § 9c Rz 38). Denn der Begriff der Krankheit setzt einen anormalen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand voraus, der den Betroffenen „in der Ausübung normaler psychischer oder körperlicher Funktionen” derart beeinträchtigt, dass er nach herrschender Auffassung einer medizinischen Behandlung bedarf (BFH-Urteil vom 10. Mai 2007 III R 47/05 , BFHE 218, 141 , BStBl II 2007, 871). Anormal ist der körperliche Zustand einer Frau nicht, wenn sie schwanger wird, sondern dann, wenn sie nicht schwanger werden kann (zur Empfängnisunfähigkeit als Krankheit vgl. BFH-Urteil in BFHE 218, 141 , BStBl II 2007, 871). Krank i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG ist eine Schwangere demnach nur in solchen Fällen, in denen während der Schwangerschaft länger als drei Monate andauernde gesundheitliche Komplikationen auftreten (schwangerschaftsbedingte Erkrankung, z.B. wochenlanger Krankenhausaufenthalt oder medizinisch indizierte Schonung zur Vermeidung einer Frühgeburt).

16  Dass die Klägerin, abgesehen von der Schwangerschaft, im Sinne des Gesetzestatbestands mehrmonatig krank gewesen ist, hat das FG als Tatsacheninstanz nicht festgestellt. Verfahrensrügen, etwa einen Verstoß gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO oder gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO , haben die Kläger nicht erhoben. Ihr Revisionsvorbringen, wonach sich an die unter lebensbedrohlichen Umständen erfolgte Geburt von F eine mehrwöchige Erkrankung der Klägerin anschloss, kann daher nicht berücksichtigt werden.

17  d) Eine Steuerermäßigung gemäß § 35a EStG scheidet aus, weil die Dienstleistungen der Tagesmutter nicht im Haushalt der Kläger erbracht wurden (Schmidt/Krüger, EStG , 31. Aufl., § 35a Rz 4 f.).

18  2. Die im EStG vorgesehenen Einschränkungen für den Abzug von Kinderbetreuungskosten verstoßen nicht gegen Grundrechte der Kläger.

19  a) Das GG gebietet die einkommensteuerliche Berücksichtigung des Betreuungsbedarfs eines Kindes nach folgenden Maßstäben:

20  aa) Nach der Rechtsprechung des BVerfG besteht der Betreuungsbedarf eines Kindes als notwendiger Bestandteil des familiären Existenzminimums unabhängig von Krankheit, Behinderung oder Erwerbstätigkeit der Eltern. Die auf diesem Bedarf beruhende Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit muss deswegen bei allen Eltern berücksichtigt werden, ohne dass danach unterschieden werden dürfte, in welcher Weise dieser Bedarf gedeckt wird (BVerfG-Beschluss vom 10. November 1998 2 BvR 1057/91 u.a., BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182; vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 23. November 1999 2 BvR 1455/98 , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 2000, 219 ).

21  Im Hinblick auf erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten hat das BVerfG nach Auffassung des Senats seine Rechtsprechung dahingehend präzisiert, dass das Gebot der horizontalen Steuergleichheit sowie das Benachteiligungsverbot aus Art. 6 Abs. 1 GG es zumindest gebieten, die durch solche Kosten entstandene tatsächliche Minderung der finanziellen Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Denn Kinderlose mit gleichem Einkommen haben eine solche Einbuße an finanzieller Leistungsfähigkeit nicht. Bei der Umsetzung dieser Mindestanforderung steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, ob er solche Aufwendungen wegen ihrer Veranlassung durch die Erwerbstätigkeit den Werbungskosten und Betriebsausgaben zuordnet oder durch eine spezielle Norm, wie z.B. § 33c EStG 1997 , als außergewöhnliche Belastungen fingiert und damit die private (Mit-)Veranlassung —die elterliche Entscheidung für Kinder, die eine Betreuung erst erforderlich macht— systematisch in den Vordergrund stellt.

22  Der Gesetzgeber hat in jedem Fall aber zu beachten, dass Art. 6 Abs. 1 GG die elterliche Entscheidung für Kinder unter besonderen Schutz stellt und verbietet, erwerbstätigen Eltern bei der Einkommensbesteuerung die „Vermeidbarkeit” ihrer Kinder entgegenzuhalten. Erwerbsbedingt notwendige Kinderbetreuungskosten müssen daher zumindest als zwangsläufige Aufwendungen der grundrechtlich geschützten privaten Lebensführung grundsätzlich in realitätsgerechter Höhe abziehbar sein. Der Gesetzgeber ist allerdings berechtigt, mit einer sachgerechten Pauschalierung eine Obergrenze festzulegen und damit zu bestimmen, wieweit die dem Grunde nach zwangsläufigen Kinderbetreuungskosten im typischen Fall auch der Höhe nach zwangsläufig sind (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 112, 268 , BGBl I 2005, 1622 ).

23  Bei der steuerlichen Behandlung von Unterhaltskosten, zu denen auch Aufwendungen für die Kinderbetreuung rechnen, ist schließlich die grundsätzliche Befugnis des Gesetzgebers zur Vereinfachung und Typisierung zu beachten. Diese Befugnis erlaubt es ihm, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 112, 268 , BGBl I 2005, 1622 , m.w.N.).

24  bb) Ergänzend zur Rechtsprechung des BVerfG zur Berücksichtigung erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten ist es verfassungsrechtlich nach Auffassung des Senats auch geboten, Kinderbetreuungskosten, die aus anderen Gründen als der Erwerbstätigkeit eines alleinstehenden Elternteils oder der beiderseitigen Erwerbstätigkeit der zusammenlebenden Eltern notwendig sind, als zwangsläufige Aufwendungen der grundrechtlich geschützten privaten Lebensführung grundsätzlich in realitätsgerechter Höhe zum Abzug zuzulassen. Denn auch alleinstehenden kranken oder behinderten Eltern oder zusammenlebenden Eltern, die wegen Erwerbstätigkeit des einen Elternteils und Behinderung, längerer Erkrankung oder Ausbildung des anderen Elternteils den Betreuungsbedarf ihrer Kinder nicht selbst abdecken können, erwachsen beim Fehlen kostenfreier Betreuungsmöglichkeiten (z.B. bei den Großeltern) zwangsläufige Aufwendungen für die Betreuung, die ihre finanzielle Leistungsfähigkeit im Vergleich zu kinderlosen Steuerpflichtigen mindern. Daher sind neben erwerbsbedingten Betreuungskosten unter bestimmten Voraussetzungen auch zwangsläufige „private” Betreuungskosten in realitätsgerechter Höhe zum Abzug zuzulassen (gleicher Auffassung z.B. Schön, Deutsches Steuerrecht —DStR— 1999, 1677; Tiedchen, Betriebs-Berater 1999, 1681; Krömker in Herrmann/ Heuer/Raupach —HHR—, Stand September 2010, § 9c EStG Rz 3; vgl. auch BVerfG-Urteil vom 3. November 1982 1 BvR 620/78 u.a., BVerfGE 61, 319 ).

25  b) Die gesetzlichen Vorschriften zur Berücksichtigung des Betreuungsbedarfs genügten im Streitjahr 2006 den dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen.

26  aa) Dem Betreuungsbedarf von F und T wurde durch den Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung —BEA-Freibetrag— gemäß § 32 Abs. 6 EStG Rechnung getragen. Mit dem BEA-Freibetrag werden auch Fremdbetreuungskosten abgegolten (BFH-Urteile vom 29. Mai 2008 III R 108/07 , BFH/NV 2008, 1822 ; vom 23. April 2009 VI R 60/06, BFHE 225, 28 , BStBl II 2010, 267; BVerfG-Beschluss vom 20. Oktober 2010 2 BvR 2064/08 , HFR 2011, 208 ). Die von den Klägern im Streitjahr aufgewandten Beträge für die Tagesmutter blieben steuerlich demnach nicht unberücksichtigt.

27  bb) Soweit die mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26. April 2006 (BGBl I 2006, 1091 ) eingeführten Tatbestände der §§ 4f , 9 Abs. 5 Satz 1 EStG (erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten) und § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG („private” Kinderbetreuungskosten) den Abzug auf zwei Drittel der Aufwendungen und einen Höchstbetrag beschränken, werden dadurch —entgegen der Meinung der Revision— Grundrechte von Steuerpflichtigen mit unterhaltsberechtigten Kindern nicht verletzt. Ein Abzug der Kosten in der tatsächlich angefallenen Höhe ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Zur näheren Begründung verweist der Senat auf sein Urteil vom 9. Februar 2012 III R 67/09 (zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen, DStR 2012, 1220).

28  cc) Auch die in §§ 4f, 9 Abs. 5 Satz 1 und 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG enthaltenen Beschränkungen des Abzugs dem Grunde nach —und damit der Ausschluss der Kläger von den über den BEA-Freibetrag hinausgehenden Entlastungen— sind verfassungsrechtlich noch hinnehmbar. Der Gesetzgeber war ausgehend von seiner Vereinfachungsbefugnis grundsätzlich berechtigt, den Abzug auf die typischen Fälle zu beschränken, in denen Kinderbetreuungskosten zwangsläufig anfallen. Die mit der Beschränkung verbundene Härte, dass im Einzelfall vom Gesetz nicht erfasste Umstände eintreten können, die eine Fremdbetreuung und die Entstehung entsprechender Aufwendungen ebenso unabweisbar machen, haben die davon betroffenen Steuerpflichtigen hinzunehmen.

29  (1) Bezogen auf die im Streitfall zur Beurteilung anstehende Personengruppe der zusammenlebenden Eltern mit Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ermöglichen die Tatbestände der §§ 4f, 9 Abs. 5 Satz 1 und 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG den Abzug von Kinderbetreuungskosten bei Vorliegen der Zwangsläufigkeitsgründe Erwerbstätigkeit, Ausbildung, längere Erkrankung und Behinderung. In Person eines jeden Elternteils muss mindestens einer der Gründe verwirklicht sein. Liegt in der Person eines Elternteils ein solcher Grund nicht vor, dann geht der Gesetzgeber typisierend davon aus, dass dieser Elternteil die Eigenbetreuung des Kindes übernehmen kann und Aufwendungen für die Kinderbetreuung nicht oder jedenfalls nicht zwangsläufig entstehen (vgl. HHR/Krömker, Stand September 2010, § 9c EStG Rz 3).

30  (2) Der Senat ist der Auffassung, dass sich der Gesetzgeber mit der Auswahl der rechtlich relevanten Zwangsläufigkeitsgründe noch innerhalb der Grenzen seiner Typisierungsbefugnis gehalten hat. Bei sämtlichen im Gesetz genannten Gründen handelt es sich zweifelsohne um Lebenssituationen, in denen eine Fremdbetreuung notwendig werden kann. Der Gesetzgeber knüpfte insoweit an eine längere Gesetzgebungstradition an. So enthielt bereits § 33c EStG i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes 1986/1988 vom 26. Juni 1985 (BGBl I 1985, 1153 ) dieselben „Zwangsläufigkeitsgründe”. Bereits in dieser Fassung war die Berücksichtigung des Krankheitsfalles an die zusätzliche Voraussetzung geknüpft, dass diese innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Monaten bestanden haben muss. Der damit verbundene Ausschluss kürzerer Erkrankungen kann im Einzelfall zwar zu Härten führen, diese sind aber von den Steuerpflichtigen als unvermeidliche Folge jeder Typisierung hinzunehmen. Keine Willkür stellt es —entgegen der Auffassung der Revision— dar, dass der Gesetzgeber Schwangerschaft nicht erfasst hat. Denn die Erwägung, dass gesundheitliche Gründe der Eigenbetreuung bereits vorhandener Kinder durch die schwangere Mutter typischerweise nicht entgegenstehen, ist sachlich noch nachvollziehbar. Denn Schwangere sind, wie oben dargestellt, eben nicht per se krank. Der Gesetzgeber konnte zudem davon ausgehen, dass beim Auftreten von besonderen Erschwernissen und Beschwerden während der Schwangerschaft häufig der Krankheitsbegriff erfüllt sein wird. Allerdings erscheint es dem Senat durchaus zweifelhaft, ob nicht weitere Zwangsläufigkeitsgründe hätten einbezogen werden müssen. Ein Bedarf an Fremdbetreuung kann nämlich insbesondere auch dann unabweisbar entstehen, wenn bei Erwerbstätigkeit des einen Elternteils eine größere Zahl minderjähriger Kinder zu betreuen ist (vgl. Seiler, DStR 2006, 1631). Auch bei dem gesellschaftlich festzustellenden Trend zur Ein- oder Zwei-Kind-Familie dürfte es sich immer noch um einen typischen Lebenssachverhalt handeln. Eine „Hinwegtypisierung” dieser Fälle dürfte zudem mit Art. 6 GG schwerlich zu vereinbaren sein. Im Streitfall war eine solche Situation allerdings nicht gegeben. Vorliegend kumulierten nach dem Revisionsvorbringen der Kläger vielmehr Belastungen verschiedenster Art (Zöliakieerkrankung der älteren Tochter, unzureichende staatliche Betreuungsangebote, Schwangerschaft, Risikogeburt, nicht unbegrenzt zulässige Unterbrechung der Berufsausbildung der Klägerin, hohe berufliche Beanspruchung des Klägers u.ä.) zu einer Gesamtsituation, die die Kläger ohne Inanspruchnahme einer Tagesmutter nicht meistern zu können glaubten. Nach Auffassung des Senats handelte es sich hierbei allerdings um eine Härte des Einzelfalles, die die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes nicht zu begründen vermag.

31  (3) Der vom Vorliegen bestimmter Zwangsläufigkeitsgründe unabhängige Abzug von Kinderbetreuungskosten, den die Kläger fordern und der mit Inkrafttreten des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011 (BGBl I 2011, 2131 , BStBl I 2011, 986; vgl. BTDrucks 17/5125, S. 37) Wirklichkeit geworden ist, ist verfassungsrechtlich nicht zwingend geboten. Zwar werden Eltern Aufwendungen für die Kinderbetreuung typischerweise nur dann in nennenswertem Umfang tätigen, wenn dies aus beruflichen, gesundheitlichen, pädagogischen, familiären oder sonstigen Gründen notwendig ist, so dass die ab 2012 geltende Regelung rechtspolitisch begrüßenswert erscheint. Verfassungsrechtlich war der Gesetzgeber jedoch nur gehalten, zwangsläufige Aufwendungen für Kinderbetreuung zum Abzug zuzulassen, und ferner dazu berechtigt, die Zwangsläufigkeitsgründe typisierend und abschließend tatbestandlich zu erfassen.

32  3. Der Senat ist ferner nicht davon überzeugt, dass die Beschränkung der Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 33 EStG auf Arbeitnehmer gegen Verfassungsrecht verstößt.

33  a) Nach § 3 Nr. 33 EStG sind steuerfrei zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen.

34  b) Die Kläger erfüllen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Steuerbefreiungsnorm nicht. Sie sind keine Arbeitnehmer und bezogen im Streitjahr weder Arbeitslohn noch zusätzliche Leistungen für die Betreuung ihrer Kinder von einem Arbeitgeber. Die von ihnen begehrte Steuerbefreiung eines entsprechenden Teils der Einnahmen des Klägers aus freiberuflicher Tätigkeit kann ihnen auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht gewährt werden. Die verfassungskonforme Auslegung einer Norm ist dann geboten, wenn unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck mehrere Deutungen möglich sind, von denen jedenfalls eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt. Grenzen werden der verfassungskonformen Auslegung durch den Wortlaut und den Gesetzeszweck gezogen. Ein Normverständnis, das mit dem Wortlaut nicht mehr in Einklang zu bringen ist, kann durch verfassungskonforme Auslegung ebenso wenig gewonnen werden wie ein solches, das in Widerspruch zu dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes treten würde (z.B. BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 1996 1 BvL 44/92 , 1 BvL 48/92, BVerfGE 95, 64, BGBl I 1997, 549 , m.w.N.). Vorliegend setzt der mögliche Wortsinn der —steuerrechtlich geklärten— Begriffe Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Arbeitslohn der Auslegung klare Grenzen. Der Anwendungsbereich der Norm kann im Auslegungswege nicht auf die Kläger erstreckt werden.

35  c) Der Gesetzgeber war auch nicht von Verfassungs wegen aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG ) verpflichtet, die für die Betreuung der Kinder eingesetzten Teile des vom Kläger erzielten Gewinns aus freiberuflicher Tätigkeit steuerfrei zu belassen.

36  aa) Da mit dem BEA-Freibetrag und den Abzügen gemäß §§ 4f, 9 Abs. 5 Satz 1 und 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG die verfassungsrechtlichen Vorgaben zur steuerlichen Berücksichtigung des Betreuungsbedarfs von Kindern bei allen Steuerpflichtigen —einschließlich derjenigen, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen— bereits erfüllt werden, kommt der Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 33 EStG lediglich eine ergänzende Funktion zu. Mit der Vorschrift wollte der Gesetzgeber erreichen, dass insbesondere Zuschüsse des Arbeitgebers für die Betreuung von Kindern in betriebsfremden Kindergärten —nach damaliger Rechtsprechung steuerpflichtiger Arbeitslohn (BFH-Urteil vom 25. Juli 1986 VI R 203/83 , BFHE 147, 357 , BStBl II 1986, 868)— und der Vorteil aus der kostenlosen Betreuung in Betriebskindergärten —nach früherer Rechtsprechung kein Arbeitslohn (so BFH-Urteil vom 24. Januar 1975 VI R 242/71 , BFHE 114, 496 , BStBl II 1975, 340)— aus Gründen der Gleichbehandlung steuerlich nicht erfasst werden. Er erkannte zwar, dass sich die Gleichbehandlung auch durch Besteuerung erreichen lässt. Doch hielt er die Nichtbesteuerung beider Fallgruppen für eine sachgerechte soziale Maßnahme (BTDrucks 12/1466, S. 1). Demnach verfolgte der Gesetzgeber mit § 3 Nr. 33 EStG keine Fiskalzwecke, sondern Förderungs- und Lenkungszwecke (vgl. Seiler, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2006, 1717; v. Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG , § 3 Nr. 33 Rz B 33/14).

37  bb) Derartige Normen, mit denen der Gesetzgeber ein ihm aus wirtschafts-, sozial-, umwelt- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünschtes Verhalten der Bürger fördern will, müssen gleichheitsgerecht ausgestaltet sein. Der Förderungs- und Lenkungszweck muss zudem von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen sein. Allerdings kommt dem Gesetzgeber insbesondere hinsichtlich der sachgerechten Abgrenzung des Kreises der Begünstigten ein weiter Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum zu (vgl. BVerfG-Urteil vom 20. April 2004 1 BvR 1748/99 , 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 ; BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99 , BVerfGE 116, 164 , BGBl I 2006, 1857 ). Nach der Rechtsprechung des BVerfG erwächst aus Art. 3 Abs. 1 GG aus einer Steuervergünstigung für eine Gruppe grundsätzlich kein Anspruch einer anderen Gruppe auf eine andere Steuervergünstigung, die wirtschaftlich zu einer vergleichbaren Entlastung führt (BVerfG-Urteil in BVerfGE 110, 274 ; BVerfG-Beschluss vom 20. April 2004 1 BvR 610/00 , HFR 2004, 696 ; vgl. auch BFH-Urteil vom 15. September 2011 VI R 6/09 , BFHE 235, 252 , BStBl II 2012, 144).

38  cc) Der Gesetzgeber hat seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Die Kläger haben aus Art. 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf eine § 3 Nr. 33 EStG vergleichbare Entlastung. Es ist sachlich vertretbar, diese Steuervergünstigung auf Arbeitnehmer zu beschränken. Arbeitnehmer sind typischerweise in der Festlegung ihrer Arbeitszeiten fremdbestimmt und von daher besonders auf die arbeitsbegleitende Betreuung ihrer Kinder angewiesen. Nach der konkreten Ausgestaltung der Norm werden außerdem nur zusätzliche Arbeitgeberleistungen begünstigt. Mit dieser Regelung soll die Umwandlung von ohnehin geschuldetem Arbeitslohn in steuerfreie Kinderbetreuungszuschüsse ausgeschlossen werden (vgl. BTDrucks 12/5016, S. 85; vgl. auch Urteil des Niedersächsischen FG vom 16. Juni 2011 11 K 192/10, Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 556 , nicht rechtskräftig, Revision VI R 54/11 anhängig). Mit dem Angebot der Steuerfreiheit will der Gesetzgeber also einen Anreiz schaffen, dass der Arbeitgeber derartige arbeitsvertraglich nicht geschuldete Zusatzleistungen —Zuschüsse oder Zurverfügungstellung betrieblicher Betreuungsmöglichkeiten— überhaupt erst gewährt. Die damit beabsichtigte Verhaltenslenkung beim Arbeitgeber, die die Bereitstellung erheblicher Mittel zugunsten der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe „qualifizierte Kinderbetreuung” auslösen soll, ist bei der Gruppe der Selbständigen so nicht erreichbar. Gleichzeitig greift das vom Gesetzgeber gewählte Instrument bei dem sehr großen Personenkreis der abhängig Beschäftigten und lässt die Erwartung nachvollziehbar erscheinen, dass der gewünschte sozial- und bildungspolitische Effekt (Förderung des Kindergartenbesuchs, Einrichtung von Betriebskindergärten durch den Arbeitgeber und Inanspruchnahme dieser Leistung durch den Arbeitnehmer) in der Breite erreicht werden kann. Betrachtet man die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und ihre konkrete tatbestandliche Ausgestaltung, so wird deutlich, dass die Verfolgung dieses sozialen Förderzwecks auf einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung beruht. Unberechtigte Doppelbegünstigungen der Arbeitnehmer, die gegen die Norm ins Feld geführt werden könnten, sind ausgeschlossen. Denn soweit Arbeitnehmer gemäß § 3 Nr. 33 EStG steuerfreien Ersatz ihrer Aufwendungen erhalten, sind sie vom Abzug nach §§ 9 Abs. 5 Satz 1 und 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG ausgeschlossen (Schmidt/Heinicke, EStG , 31. Aufl., § 9c Rz 4; Geserich, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4f Rz A 33).

StB-Verband Köln zur steuerlichen Entlastung für Eltern bei Kinderbetreuungskosten

“Die steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten hat sich aus Sicht der Eltern für 2012 erfreulicherweise verbessert”, darauf weist der Präsident des Steuerberater-Verbandes e.V. Köln, Harald Elster, hin. In der Vergangenheit waren nur erwerbs-, ausbildungs- oder krankheitsbedingte Kinderbetreuungskosten abziehbar. Nunmehr ist der Anlass für die Kinderbetreuung völlig unerheblich. Fallen den Eltern also Kosten für Betreuungsdienstleistungen, Kindergarten oder eine Tagesmutter an, sind die Abzugsvoraussetzungen bereits gegeben. Abziehbar sind zwei Drittel dieser Aufwendungen, jedoch maximal € 4.000,00 pro Kalenderjahr. Ausgeschlossen sind hingegen Kosten für Unterricht oder Freizeitbeschäftigung.

Bei den betreuten Kindern muss es sich um leibliche Kinder oder Pflegekinder handeln, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind. Ältere behinderte Kinder können auch weiterhin berücksichtigt werden, soweit die Behinderung vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist. Formale Voraussetzung für den Abzug ist weiterhin, dass eine Rechnung für die Betreuungsleistung existiert und die Zahlung auf ein Konto der leistenden Person oder Einrichtung erfolgt ist. Zu beachten ist, dass Barzahlungen den Abzug regelmäßig ausschließen.

“Endlich wird Klarheit geschaffen”, so Elster. “Von dieser Entscheidung profitiert ein größerer Kreis von Steuerpflichtigen.” Elster zieht das Fazit, dass ein entscheidender Schritt in Richtung Steuervereinfachung getan ist. Voraussetzung für die Geltendmachung ist allerdings, dass eine entsprechende Einkommensteuererklärung abgegeben werde.

Es sei jedoch zu bemängeln, dass seit Wiedereinführung der steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten im Jahr 2002 die Vorschriften nun zum vierten Mal in ihrer Systematik verändert wurden. Es wäre sowohl für die Steuerbürger als auch für die Finanzverwaltung begrüßenswert, wenn von vornherein stabile Lösungen geschaffen würden. Ferner sei noch auf anhängige Gerichtsverfahren hinzuweisen, die die Abzugsbegrenzung auf zwei Drittel der Kosten zum Streitgegenstand haben.

Steuerberater-Verband e.V. Köln

Neues Recht: Kinderbetreuungskosten ab 2012

Neues Recht: Kinderbetreuungskosten ab 2012

Rückblick

Die steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten wurde ab dem Jahr 2012 gesetzlich neu geregelt. Die Neuregelung ist zwar einfacher, aber nicht unbedingt günstiger. Bisher wurde nach erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten unterschieden. In beiden Fällen konnten 2/3 der Aufwendungen, höchstens 4.000 EUR je Kind und Jahr, abgesetzt werden. Das galt grundsätzlich für Kinder von 0-13 Jahren (oder bei Schwerbehinderung), soweit die Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung und Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers nachgewiesen werden konnten. Als Pferdefuß der Regelung galt, dass im Fall zusammenlebender Ehegatten beide Elternteile einer Erwerbstätigkeit nachgehen mussten, um den Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu ermöglichen. War das nicht der Fall, konnte zumindest für Kinder im „Kindergartenalter“ von 3-5 Jahren ein Abzug als Sonderausgaben erfolgen. Der Sonderausgabenabzug galt dann ebenso für Kinder bis zu 13 Jahren, wenn sich der nicht erwerbstätige oder beide Elternteile in Ausbildung befanden oder längerfristig krank waren oder eine Behinderung vorlag.

Neue Rechtslage

Die Unterscheidung nach erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten entfällt. Auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen bei den Eltern, wie z. B. Erwerbstätigkeit oder Ausbildung, kommt es nicht mehr an. Somit können ab dem Jahr 2012 Kinderbetreuungskosten von Geburt der Kinder an bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres berücksichtigt werden (darüber hinaus wie bisher bei Behinderung). Damit wird der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert. Dafür ist aber nur noch ein Abzug als Sonderausgaben möglich. So wird im Fall von negativen Einkünften die „Vortragsfähigkeit“ der Kinderbetreuungskosten geraubt. Lediglich bei Anwendung außersteuerlicher Rechtsnormen werden Kinderbetreuungskosten weiterhin von den Einkünften abgezogen, soweit an steuerliche Einkommensbegriffe (z. B. Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) angeknüpft wird. Das kann z. B. bei der Berechnung von Wohngeld der Fall sein.

Hinweise des Bundesfinanzministeriums

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat zur Neuregelung bereits ein Anwendungsschreiben erlassen. An den bisherigen allgemeinen Auslegungen der Finanzverwaltung hat sich bis auf die Aufnahme neuerer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nichts Wesentliches geändert. Fallstricke können sich hier insbesondere für unverheiratete Elternteile ergeben. Zwar können diese grundsätzlich eine einvernehmliche Aufteilung der Abzugsbeträge gegenüber dem Finanzamt erklären. Wenn jedoch nur ein Elternteil den Kinderbetreuungsvertrag (z. B. mit der Kindertagesstätte) abschließt und das Entgelt von seinem Konto zahlt, kann der Abzugsbetrag weder vollständig noch anteilig dem anderen Elternteil als von ihm getragener Aufwand zugerechnet werden. Das sollte bereits bei Abschluss des Betreuungsvertrags oder spätestens der Zahlung bedacht werden, um den höchsten Steuervorteil auszuschöpfen.

Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten bei zukünftiger Tätigkeit

Kernproblem

Das Steuervereinfachungsgesetz hat seinem Namen (ausnahmsweise) in Teilbereichen Rechnung getragen. Das gilt zumindest für die Neuregelung des Abzugs von Kinderbetreuungskosten, wenngleich das neue Recht wegen des alleinigen Sonderausgabenabzugs (anstatt Werbungskosten/Betriebsausgaben) nicht unbedingt günstiger ist. Einfacher wird es jedoch ab 2012 durch Wegfall der persönlichen Anspruchsvoraussetzungen der Eltern. War nämlich nach altem Recht das Kind dem Kindergartenalter entwachsen, mussten bei Zusammenleben der Eltern beide einer Erwerbstätigkeit nachgehen.

Sachverhalt

Vor dem Finanzgericht Düsseldorf klagten Eheleute, von denen die Ehefrau von Januar bis September des Streitjahrs arbeitslos gemeldet war. Die Kinder wurden in einer Offenen Ganztagsschule betreut. Der Betreuungsvertrag war nur zum Schuljahresende kündbar und die Eltern hatten die Anmeldung erstmals im Vorjahr vorgenommen, als die Mutter noch in einem Arbeitsverhältnis stand. Trotz nachgewiesener Bemühungen fand die Mutter erst ab Oktober eine neue Arbeitsstelle. Als die Eheleute den Abzug der Kinderbetreuungskosten für das gesamte Jahr beantragten, wollte das Finanzamt zunächst den kompletten Zeitraum der Arbeitslosigkeit unberücksichtigt lassen, ließ dann jedoch zumindest wegen Unterbrechung der Berufstätigkeit einen Zeitraum von 4 Monaten zu Beginn des Jahres zu. Aber war das nicht zu wenig?

Entscheidung

Für das Finanzgericht war entscheidend, dass die Aufwendungen im Hinblick auf die zukünftige Aufnahme einer Tätigkeit verausgabt wurden. So konnten sich die Eltern über den 12-monatigen steuerlichen Abzug der Kosten freuen, denn nach Auffassung der Richter ist ein objektiver tatsächlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang auch gegeben, wenn ein Steuerpflichtiger aktuell keine berufliche Tätigkeit ausübt, die Aufwendungen aber im Hinblick auf eine angestrebte Tätigkeit anfallen. Hätten nämlich die Eltern den Betreuungsvertrag gekündigt, wäre eine Betreuung im Fall der Wiederaufnahme der Berufstätigkeit nicht sichergestellt gewesen.

Konsequenz

Das familienfreundliche Urteil des Finanzgerichts hat in Altfällen insbesondere für solche Eltern Bedeutung, die sich im Hinblick auf die geplante Erwerbstätigkeit bereits im Vorfeld um eine Betreuung bemühen. Von praktischer Relevanz ist z. B. ein Auseinanderfallen von Kindergartenjahr und Arbeitsaufnahme. Wird dem Urteil gefolgt, kann der Kindergartenbeitrag auch schon vor Arbeitsaufnahme steuerlich berücksichtigt werden.

Zurechnung von Kinderbetreuungskosten bei Unverheirateten

Zurechnung von Kinderbetreuungskosten bei Unverheirateten

Kernaussage

Steuerpflichtige, die Einkünfte erzielen, können 2/3 der wegen ihrer Erwerbstätigkeit anfallenden Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zu ihrem Haushalt gehörenden und noch nicht 14 Jahre alten Kindes wie Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehen, sofern die Voraussetzungen (Vorlage Rechnung und Zahlungsnachweis) dafür erfüllt sind. Ausgaben, die Dritte geleistet haben (sog. Drittaufwand) können grundsätzlich nur beim Dritten berücksichtigt werden. Lediglich in Fällen der sog. Abkürzung des Zahlungsweges tilgt der Dritte im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen dessen Schuld, so dass die Zahlungen dem Steuerpflichtigen zugerechnet werden können.

Sachverhalt

Der nichtselbstständig tätige Kläger lebt mit seiner ebenfalls nichtselbstständig tätigen Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind in einem Haushalt zusammen. Beide tragen zu den Aufwendungen des Haushalts bei. Das gemeinsame Kind wurde in einer Kindertagesstätte betreut. Die Lebensgefährtin hatte den Betreuungsvertrag mit der Kindertagesstätte unterschrieben und das Entgelt von ihrem Konto gezahlt. Das Finanzamt lehnte es ab, 2/3 dieser Betreuungskosten als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten des Klägers wie Werbungskosten zu berücksichtigen, weil die Betreuungskosten nicht vom Kläger, sondern von der Mutter getragen worden seien. Die hiergegen gerichtet Klage hatte vor dem Finanzgericht Erfolg. Die Richter entschieden, dass die Eltern über die Aufteilung der Aufwendungen entscheiden können. Das Urteil hatte jedoch keinen Bestand, der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab.

Entscheidung

Nach Ansicht des BFH hat der Kläger selbst keine Kinderbetreuungskosten getragen. Die Zahlung vom Konto der Lebensgefährtin kann ihm weder vollständig noch anteilig zugerechnet werden. Denn die Lebensgefährtin hat die Zahlung allein auf ihre eigene Verbindlichkeit geleistet: nur sie hatte den Vertrag mit der Kindertagesstätte unterzeichnet. Somit scheidet auch der sog. Drittaufwand als Möglichkeit einer Zurechnung beim Kläger aus.

Konsequenz

Sofern beabsichtigt ist, dass sich die Eltern die Kinderbetreuungskosten teilen, sollte die Vereinbarung mit der Kindertagesstätte von beiden Eltern abgeschlossen werden, damit Kinderbetreuungskosten beiden Eltern zugerechnet werden können. Ob im vorliegenden die von einem Gemeinschaftskonto gezahlten Entgelte teilweise dem Kläger zuzurechnen wären, obwohl nur die Lebensgefährtin der Kindertagesstätte zivilrechtlich verpflichtet war, ist nicht geklärt. Dies ist wohl eher zu verneinen, da es wohl in erster Linie auf die Zurechnung der Verpflichtung ankommt.