Archiv der Kategorie: Privatbereich

Regelmäßige Arbeitsstätte bei längerer Entsendung

Regelmäßige Arbeitsstätte bei längerer Entsendung

Kernaussage
Wird ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber in das Ausland entsandt, kann er nicht in jedem Fall Kosten der doppelten Haushaltsführung geltend machen. Auch sind die Kosten für die Wege zwischen der im Ausland gelegenen Wohnung und der dortigen Arbeitsstätte nicht zwingen nach Reisekostenrecht zu berücksichtigen.

Sachverhalt
Der Kläger wurde von seiner Arbeitgeberin, einer im Inland ansässigen Kapitalgesellschaft, zu einem 3-jährigen Tätigkeit für die ausländische Tochtergesellschaft entsandt. Zu diesem Zweck zog der Kläger mit seiner Ehefrau und seinen Kinder um. Die inländische Wohnung behielt die Familie bei und hielt sich dort ca. 2 bis 3 Wochen im Jahr auf. Die Kosten für die im Ausland belegene Wohnung machte der Kläger als Werbungskosten unter dem Gesichtspunkt doppelter Haushaltsführung geltend. Zudem begehrte er Werbungskostenabzug für die Fahrten zwischen seiner ausländischen Wohnung und der Betriebsstätte der ausländischen Tochtergesellschaft nach den Grundsätzen des Reisekostenrechts. Dies versagte das Finanzamt.

Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf wies die Klage ab. Weder seien die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach Grundsätzen des Reisekostenrechts noch die Miete der ausländischen Wohnung als Kosten doppelter Haushaltsführung abzugsfähig. Eine doppelte Haushaltsführung läge nur vor, wenn der Steuerpflichtige von seiner Familie aufgrund beruflicher Tätigkeit getrennt sei und an seinem Einsatzort eine Wohnung unterhalte. Demgegenüber komme eine doppelte Haushaltsführung nicht in Betracht, wenn auch die Familie des Steuerpflichtigen an den Einsatzort umziehe. Der Lebensmittelpunkt des Steuerpflichtigen verlagere sich dann an seinen Einsatzort. Die Anmietung der ausländischen Wohnung und auch die Beibehaltung der Wohnung im Inland seien vor diesem Hintergrund Kosten der privaten Lebensführung. Auch ein Werbungskostenabzug nach Reisekostengrundsätzen scheide aus. Der Steuerpflichtige sei über mehrere Jahre hinweg im Ausland tätig gewesen. Damit läge eine regelmäßige Arbeitsstätte vor. Daher sei der Werbungskostenabzug nach den Grundsätzen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf die Entfernungspauschale von 0,30 EUR pro Entfernungskilometer begrenzt. Ein weitergehender Abzug scheide aus.

Konsequenz
Wer über einen längeren Zeitraum an einer (anderen) Betriebsstätte des Arbeitgebers arbeitet, begründet dort möglicherweise eine regelmäßige Arbeitsstätte. Fahrtkosten zwischen der Wohnung und dieser Arbeitsstätte können dann nur auf Grundlage der Entfernungspauschale geltend gemacht werden. Zieht der Steuerpflichtige zusammen mit seiner Familie um, verlagert er seinen Lebensmittelpunkt. Ein Abzug für doppelte Haushaltsführung scheidet dann aus.

Rehabilitationsinteresse des Steuerpflichtigen im Steuerstrafverfahren

Rehabilitationsinteresse des Steuerpflichtigen im Steuerstrafverfahren

Kernaussage
Grundsätzlich hat das Auskunftsersuchen der Finanzbehörden keine diskriminierende Wirkung. Rechtswidrig ist aber ein Auskunftsersuchen der Steuerfahndung im steuerlichen Ermittlungsverfahren, durch das der Eindruck erweckt wird, es werde trotz Einstellung des Strafermittlungsverfahrens weiter wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt. Die Rechtswidrigkeit ist insbesondere dann gegeben, wenn hierdurch das Ansehen des Steuerpflichtigen erheblich gefährdet wird und mit einem Auskunftsersuchen durch die Veranlagungsstelle ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden hätte.

Sachverhalt
Der Kläger erzielte u. a. für seine leitende Tätigkeit im Verein Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Das beklagte Finanzamt leitete gegen ihn ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ein, in dessen Rahmen auch die Vereinsräume durchsucht wurden. Obwohl das Verfahren eingestellt wurde, forderte die Steuerfahndung den Verein schriftlich auf, in dem steuerlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger Auskünfte über die für den Kläger geführten Konten zu erteilen. Gegen dieses Auskunftsersuchen richtet sich die Klage, die zunächst vom Finanzgericht abgewiesen wurde.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hingegen gab dem Kläger Recht, denn das Auskunftsersuchen ist unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig. Ein erheblicher Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Steuerpflichtigen liegt dann vor, wenn das Auskunftsersuchen als Fortsetzung des unzutreffenden Vorwurfs der Steuerhinterziehung verstanden werden kann. Das ist vorliegend der Fall, zumal der Verein davon Kenntnis hatte, dass gegen den Kläger wegen Steuerhinterziehung ermittelt wurde. Die doppelfunktionalen Aufgabenbereiche der Steuerfahndung, Steuerstraftaten zu erforschen und die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, sind dem Rechtsunkundigen nicht geläufig. Verhältnismäßig wäre daher, dass ein Auskunftsersuchen von der Veranlagungsstelle gestellt wird. Vorliegend werden bei dem Verein im Ergebnis Zweifel an der persönlichen Integrität des Klägers begründet.

Konsequenz
Das Urteil des BFH ist zu begrüßen, denn es erteilt der Vorgehensweise der Instrumentalisierung des Strafrechts in Steuerstrafverfahren zum Zwecke der Steuererhebung eine klare Absage. Strafverfahren und Steuerermittlungsverfahren sind danach sauber zu trennen.

Eigenmächtige Gehaltsüberweisungen sind kein Arbeitslohn

Eigenmächtige Gehaltsüberweisungen sind kein Arbeitslohn

Kernaussage
Steuerpflichtiger Arbeitslohn liegt nicht vor, wenn der Mitarbeiter Gelder des Arbeitgebers veruntreut.

Sachverhalt
Die Klägerin führte in den Jahren 2003 bis 2006 Lohnsteuer für ihre Mitarbeiter ab. Nachdem bei einer Sonderprüfung im Jahr 2007 auffiel, dass ein leitender Mitarbeiter sich stets mehr Gehalt ausgezahlt hatte, als vertraglich vereinbart war, begehrte die Klägerin die Änderung der Lohnsteuerbescheide. Zur Begründung führte sie aus, die Auszahlungen an den Mitarbeiter seien nicht in voller Höhe Arbeitslohn. Soweit der Arbeitnehmer sich eigenmächtig Geld ausgezahlt habe, sei dies nicht Arbeitslohn und daher nicht von der Klägerin der Lohnsteuer zu unterwerfen. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Das sodann angerufene saarländische Finanzgericht gab der Klage insoweit statt, als eine Änderung der Lohnsteuerbescheide aus verfahrensrechtlicher Sicht noch möglich war.

Entscheidung
Die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamts blieb ohne Erfolg. Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte dem Finanzgericht. Zu dem vom Arbeitgeber zu versteuernden Lohn gehören alle Vorteile, die für die Beschäftigung gewährt werden. Hierbei ist grundsätzlich unbeachtlich, ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf diese Vorteile hat oder nicht. Hätte also die Klägerin mehr Gehalt ausgezahlt, als arbeitsvertraglich geschuldet war, wäre dies als Lohn zu qualifizieren. Nicht unter die Lohnsteuer fallen demgegenüber Vorteile, die sich der Arbeitnehmer – z. B. durch strafbare Handlungen – selbst verschafft hat. Insoweit wird nämlich nichts vom Arbeitgeber gewährt, sondern vom Arbeitnehmer genommen. Darüber hinaus fehlt es auch an dem Erfordernis des Entgeltwillens. Lohn liegt nämlich immer nur dann vor, wenn der Arbeitgeber mit der Gewährung des Vorteils die Arbeitsleistung belohnen will und der Arbeitnehmer den Vorteil als Entgelt für seine Dienste begreift. An diesen beiden Elementen fehlt es, wenn der Arbeitnehmer sich eigenmächtig mehr überweist, als ihm arbeitsvertraglich zusteht.

Konsequenz
Es bleibt festzuhalten, dass Lohn nur sein kann, was vom Arbeitgeber als Entgelt für die Arbeitsleistung gewährt wird. Soweit sich ein Arbeitnehmer darüber hinaus selbst Vorteile „gewährt“, ist dies kein steuerpflichtiger Arbeitslohn. Es bleibt abzuwarten, ob diese Grundsätze auch allgemein gelten und z. B. auf die unerlaubte private Kfz-Nutzung übertragen werden. Hierbei sind dem Arbeitgeber bislang hohe Überwachungspflichten auferlegt, um die Annahme von Lohn zu widerlegen.

Keine fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer ohne Abmahnung

Keine fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer ohne Abmahnung

Kernfrage
Außer in Fällen ganz besonders schwerwiegender Verstöße durch Arbeitnehmer bedarf eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber für ihre Wirksamkeit einer vorherigen Abmahnung. Dies gilt jedenfalls, wenn die fristlose Kündigung wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten ausgesprochen wird. Das Arbeitsgericht Berlin hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob der Grundsatz der Erforderlichkeit einer vorherigen Abmahnung auch für die vom Arbeitnehmererklärte fristlose Kündigung gilt.

Sachverhalt
Im Zusammenhang mit einem Arbeitsplatzwechsel wollte ein Arbeitnehmer freigestellt werden. Zur Begründung führte er die erhebliche Zahl an Überstunden und die Tatsache an, dass er trotz Krankheit gearbeitet habe. Als der Arbeitgeber dem Freistellungsverlangen nicht nachkam, kündigte der Arbeitnehmer fristlos aus wichtigem Grund. Hiergegen klagte der Arbeitgeber.

Entscheidung
Das Arbeitsgericht Berlin gab dem Arbeitgeber Recht. Zwar sei die Heranziehung zu Überstunden in einem ganz erheblichen Ausmaß (rd. 750 Überstunden) geeignet, eine fristlose Kündigung des Arbeitnehmers zu rechtfertigen. Allerdings hätte der Arbeitnehmer vor der Kündigung seinen Arbeitgeber abmahnen müssen. Insoweit fänden auf den Arbeitsvertrag die allgemeinen schuldrechtlichen Regelungen Anwendungen, die vorsehen, dass einer fristlosen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses, gleich von welcher Partei, eine Abmahnung der Gegenseite vorangehen müsse. Daran ändere auch nichts, dass der Arbeitnehmer sein Freistellungsverlangen begründet habe. Wenn dieses Schreiben als Abmahnung gewertet werden sollte, dann hätte es mindestens den Hinweis enthalten müssen, dass im Falle weiterer Überstunden die Kündigung des Arbeitnehmers drohe.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt, dass die Arbeitsgerichte in der Einschätzung des Arbeitsvertrages als Dauerschuldverhältnis konsequent sind. Insbesondere muss auch der Arbeitnehmer die üblichen schuldrechtlichen Regelungen einhalten. Ob der Arbeitnehmer tatsächlich bis zum Ende der Kündigungsfrist gehalten werden konnte, ist allerdings nicht bekannt.

Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Wohnungsleerstand

Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Wohnungsleerstand

Kernproblem
Ist die Vermietung einer Wohnung beabsichtigt und fallen dafür vorher Aufwendungen an, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden. Der Abzug setzt jedoch eine Einkünfteerzielungsabsicht voraus. Bleiben die Einnahmen über mehrere Jahre aus und werden daraufhin fortlaufend Verlust geltend gemacht, zweifelt das Finanzamt häufig diese Absicht an und unterstellt steuerlich eine Liebhaberei. Weil der Vermietungsentschluss eine innere Tatsache ist, kann nur aufgrund äußerlicher Merkmale und Umstände auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden. Hierzu hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Fall einer über Jahre leerstehenden Wohnung einige wichtige Aussagen getroffen.

Sachverhalt
Der Eigentümer eines teilweise selbst bewohnten Zweifamilienhauses erklärte bereits über Jahre hinweg Vermietungsverluste. In den Streitjahren 2004 bis 2006 war eine Wohnung im Obergeschoss seit 6 Jahren leerstehend, nachdem diese zuletzt an die Mutter bis zu deren Tod vermietet war. Ein im Dachgeschoss befindliches Zimmer mit Bad des im Jahr 1983 fertiggestellten Objekts war noch nie vermietet. Über eine überregionale Zeitung hatte der Eigentümer etwa 4 Mal jährlich die im OG befindliche Wohnung möbliert zur Anmietung zu Mieten laut Mietspiegel angeboten. Ein für den Vermieter „geeignet erscheinender Mieter“ konnte aber nicht gefunden werden. Das Zimmer im Dachgeschoss hatte er gelegentlich über Aushänge in der Nachbarschaft angeboten. Finanzamt und Finanzgericht lehnten den Abzug der Kosten wegen fehlender Vermietungsabsicht ab.

Entscheidung
Auch der BFH vermochte keine ernsthaften und nachhaltigen Vermietungsbemühungen zu erkennen. Zwar räumten die Richter ein, dass die Art und Weise der Platzierung eines Mietobjekts am Wohnungsmarkt dem Steuerpflichtigen frei stehe. Für das Zimmer im Dachgeschoß unterstellte der BFH aber erst gar keine Vermietungsabsicht. Auch ein Abzug der Kosten der Wohnung kam für ihn nicht in Betracht, denn der Vermieter hätte sein Verhalten nach den erkennbar erfolglos geschalteten Zeitungsanzeigen anpassen und sowohl geeignetere Wege der Vermarktung suchen als auch seine Vermietungsbemühungen intensivieren müssen. Zudem wären nach Auffassung des BFH Zugeständnisse bei der Miethöhe oder im Hinblick auf die als Mieter akzeptablen Personen zumutbar gewesen. Da das nicht der Fall war, ging der BFH davon aus, dass der Entschluss zur Einkünfteerzielung aufgegeben wurde.

Konsequenz
Der BFH weist daraufhin, dass sich auch spätere Tatsachen und Ereignisse hätten positiv auswirken können (z. B. tatsächliche Vermietung); auch die Einschaltung eines Maklers hätte u. U. ein anders Bild ergeben. Im aufgezeigten Fall scheint es aber tatsächlich so, als hätte man das bewusst nicht gewollt. Die Aussagen des BFH können aber in anderen Fällen weiterhelfen.

Vergünstigtes Jobticket bedeutet geldwerten Vorteil

Vergünstigtes Jobticket bedeutet geldwerten Vorteil

Kernaussage
Räumt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer das Recht zum Erwerb einer vergünstigten Jahreskarte für den Personennahverkehr ein, liegt Arbeitslohn in Form eines geldwerten Vorteils vor. Dieser Vorteil fließt dem Arbeitnehmer erst bei Ausübung dieses Bezugsrechts zu. Auf diesen Zeitpunkt ist der Vorteil aus der Verwertung des Bezugsrechts zu bewerten.

Sachverhalt
Der Arbeitgeber schloss mit 2 Verkehrsbetrieben eine Vereinbarung, nach der alle Arbeitnehmer eine ermäßigte, auf den Namen des Mitarbeiters ausgestellte Jahreskarte erwerben konnten. Der Arbeitgeber leistete hierzu einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 73,62 EUR je Arbeitnehmer. Das Finanzamt sah in der Einräumung dieses Bezugsrechts einen geldwerten Vorteil, der den Arbeitnehmern sofort und in voller Höhe zufließe. Der Auffassung der Klägerin, der geldwerte Vorteil fließe erst bei Ausübung des Bezugsrechts zu, folgte das Finanzgericht (FG) nicht und wies die Klage ab.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hob im Revisionsverfahren die Entscheidung des FG auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück. Der BFH stellte fest, dass zum Arbeitslohn auch Sachbezüge wie Wohnung, Kost, Waren und Dienstleistungen gehörten. Ein Sachbezug läge damit auch dann vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Recht zum Erwerb einer vergünstigten Jahreskarte für einen Verkehrsbetrieb einräumt. Insoweit sei die Entscheidung des FG korrekt. Der geldwerte Vorteil fließe jedoch erst zu, wenn der Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum an dem Vorteil erlangt. Dies sei erst bei Ausübung des Bezugsrecht der Fall. Bei Arbeitnehmern, die überhaupt keine Jahreskarte erworben hatten, führe das Bezugsrecht demzufolge zu keinem geldwerten Vorteil. Bei der Bewertung des geldwerten Vorteils sei schließlich der um übliche Preisnachlässe geminderte übliche Endpreis am Abgabeort zugrunde zu legen. Hierzu hatte das FG keine Feststellungen getroffen und muss diese nachholen.

Konsequenz
Der BFH stellt klar, dass die Einräumung eines Bezugsrechts für einen geldwerten Vorteil noch nicht den Besteuerungstatbestand eines Sachbezugs auslöst. Entscheidend für die Bestimmung des Besteuerungszeitpunkts ist einzig die Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums an dem entsprechenden Vorteil.

Höhe des Erwerbs bei Verzicht auf Vorbehaltsnießbrauch an GmbH-Anteil

Höhe des Erwerbs bei Verzicht auf Vorbehaltsnießbrauch an GmbH-Anteil

Kernfrage
Nach altem Erbschaftsteuerrecht verhielt es sich so, dass der Kapitalwert eines Vorbehaltsnießbrauchs nicht abzugsfähig war. Vielmehr wurde zunächst die Steuerbelastung ermittelt, die sich unter Berücksichtigung des Nießbrauchs errechnete; sodann wurde die auf den Nießbrauch entfallende Steuerbelastung gestundet. Handelte es sich bei dem Vermögen, das unter Vorbehaltsnießbrauch übertragen wurde um Betriebsvermögen, wurde bei der Berechnung der zu stundenden Erbschaftsteuer noch einmal eine Kürzung des Nießbrauchs vorgenommen; und zwar um den Teil des Nießbrauchs, der auf das erbschaftsteuerlich betriebsvermögensprivilegierte Betriebsvermögen entfiel. Das Finanzgericht Münster hat nun in einem Fall, in dem auf einen solchen Vorbehaltsnießbrauch verzichtet wurde, zum Konkurrenzverhältnis zwischen Stundungs- und Abzugsregelungen entschieden.

Sachverhalt
Der Kläger hatte Betriebsvermögen unter Nießbrauchsvorbehalt auf seinen Sohn übertragen. Das Finanzamt ermittelte zunächst den erbschaftsteuerprivilegierten Anteil der Übertragung. Um diesen Anteil kürzte das Finanzamt die auf den Nießbrauch entfallende Steuer und stundete sie. Als der Kläger später auf den Nießbrauch verzichtete und die hierauf entfallende Schenkungsteuer übernehmen wollte, erhöhte das Finanzamt den erklärten Steuerwert dergestalt, dass es vom Wert des Nießbrauchs im Zeitpunkt des Verzichts den Wert des gestundeten Nießbrauchs abzog. Damit war der Kläger nicht einverstanden.

Entscheidung
Der Auffassung des Finanzamts folgte aber auch das Finanzgericht Münster, ließ jedoch die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zu. In seiner Begründung führte das Finanzgericht aus, dass die Besteuerung lediglich an die Nettobereicherung anknüpfen dürfe. Damit verbiete sich eine doppelte Erfassung des gleichen Vermögenszuwachses. Soweit die auf den Nießbrauch entfallende Steuer zunächst gestundet worden sei, müsse dies bei einem späteren Verzicht auf den Nießbrauch wieder korrigiert werden und die Bemessungsgrundlage des späteren Verzichts entsprechend erhöht werden.

Konsequenz
Die Entscheidung des Finanzgerichts ist nicht rechtskräftig; letztlich wird der BFH entscheiden müssen. Wie weit sich die Entscheidung aber noch auswirken kann, ist fraglich. Seit der Erbschaftsteuerreform zum 1.1.2009 ist der Nießbrauch in vollem Umfang abzugsfähig und mindert den steuerpflichtigen Erwerb. Die bisherigen Stundungsregelungen sind ersatzlos weggefallen.

Vorweggenommenen Erbfolge: Abzug von Versorgungsleistungen

Vorweggenommenen Erbfolge: Abzug von Versorgungsleistungen

Kernfrage
Kindergeld wird nur gewährt, wenn das Kind keine eigenen Einkünfte oberhalb der jeweils geltende gesetzlichen Verdienstgrenze erzielt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Rahmen eines Streits über die Bezugsberechtigung von Kindergeld darüber zu entscheiden, ob Versorgungsleistungen an den Schenker im Rahmen einer Vermögensübergabe einkünftemindernd berücksichtigt werden können oder nicht.

Sachverhalt
Der Kläger ist der Vater einer Studentin, für die in den Streitjahren kein Kindergeld mehr gezahlt wurde. Hintergrund war, dass die Tochter Vermietungseinkünfte erzielte; und zwar aus einer Wohnung, die ihr im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge von der Großmutter übertragen worden war. Gleichzeitig war die Studentin aber verpflichtet, an die Großmutter eine dem Grunde nach als Sonderausgabe einkommensteuerlich berücksichtigungsfähige monatliche dauernde Last zu zahlen. Je nachdem ob diese dauernde Last einkünftemindernd berücksichtigt werden konnte oder nicht, hielt die Studentin die gesetzliche Einkommensgrenze ein oder eben nicht.

Entscheidung
Der BFH entschied in letzter Instanz, dass die auf die Studentin entfallende dauernde Last im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte für den Kindergeldbezug mindernd zu berücksichtigen ist. Da die Vermögensübergabe im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolgegestaltung erfolgt sei, müsse man die dauernde Last, die an die Großmutter zu zahlen gewesen sei, so beurteilen, dass die Großmutter sich Teile des übertragenen Vermögens vorbehalten habe, der Wert des übertragenen Vermögens also geschmälert sei. Dem entsprechend standen die Einkünfte, soweit sie durch die dauernde Last aufgebraucht wurden, nicht für Zwecke des Unterhalts zur Verfügung und durften damit für Zwecke der Kindergeldbezuges nicht berücksichtigt werden.

Konsequenz
Bei einer vorweggenommenen Erbfolge auf Kinder, für die noch Kindergeld bezogen wird, wirken sich die Gegenleistungen im Hinblick auf die Einhaltung der Verdienstgrenzen positiv aus.

Tierarzt-Hausbesuch ist keine haushaltsnahe Dienstleistung

Tierarzt-Hausbesuch ist keine haushaltsnahe Dienstleistung

Kernaussage
Im Haushalt des Steuerpflichtigen erbrachte Leistungen eines Tierarztes sind nicht als haushaltsnahe Dienstleistung berücksichtigungsfähig. Es können lediglich Aufwendungen für Tätigkeiten in Abzug gebracht werden, die üblicherweise durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen.

Sachverhalt
Die klagenden Eheleute hielten auf Ihrem Anwesen mehrere Pferde. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung machten sie Tierarztkosten in Höhe von 328 EUR geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Kosten mit der Begründung ab, haushaltsnahe Dienstleistungen würden gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erbracht und fielen in regelmäßigen Abständen an. Tätigkeiten ohne hauswirtschaftlichen Bezug seien indes überhaupt nicht berücksichtigungsfähig.

Entscheidung
Das Finanzgericht Nürnberg (FG) teilte die Auffassung des Finanzamts. Tätigkeiten, die typischerweise ein zugelassener Tierarzt aufgrund seiner fachlichen Kenntnisse sowie seiner Ausstattung mit Tiermedizintechnik und Medikamenten erbringt, stellen keine haushaltsnahe Dienstleistung dar. Unabhängig von der Tatsache, dass sich die Kläger im Laufe der Jahre als Pferdehalter ein praktisches Basiswissen angeeignet hatten, würden bei Bedarf anfallende qualifizierte Untersuchungen nicht typischerweise durch den Steuerpflichtigen selbst oder andere Haushaltsangehörige erbracht. Im Übrigen seien die Kosten auch nicht als Handwerkerleistung zu berücksichtigen, da ein Tierarzt freiberuflich tätig sei und die Handwerksordnung auf seine Tätigkeit keine Anwendung finde.

Konsequenz
Die Entscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH. Unverständlich ist, warum die Einkunftsart der Tätigkeit des Leistungserbringers Einfluss auf die Berücksichtigungsfähigkeit als Handwerkerleistung haben soll. Das vorliegende Urteil des Finanzgerichts ist als Abgrenzung zu einer Entscheidung des Finanzgerichts Münster aus dem Jahr 2012 zu verstehen. Die Münsteraner Richter hatten entschieden, dass die Kosten für die Betreuung und Versorgung eines Hundes grundsätzlich haushaltsnah seien, da das Füttern, die Fellpflege und das Ausführen regelmäßig und typischerweise durch den Steuerpflichtigen selbst oder andere Haushaltsangehörige erledigt würden. Hier müssen Steuerpflichtige aber darauf achten, dass ihr Hundesitter beim Gassi-Gehen nicht die Grundstücksgrenzen verlässt!

Keine Einkommensteuer auf Zahlung wegen vor Erbfalleintritt erklärter Verzichte

Keine Einkommensteuer auf Zahlung wegen vor Erbfalleintritt erklärter Verzichte

Kernfrage
Insbesondere bei Unternehmensübertragungen auf die Kinder kommt es vor, dass ein Kind das Unternehmen und dass die anderen Kinder laufende monatliche Zahlungen vom Unternehmenserwerber erhalten. Wird das Unternehmen in vorweggenommener Erbfolge übertragen, erfolgen regelmäßig Pflichtteilsverzichte um die gewollte Unternehmensnachfolge nicht zu gefährden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob in einer solchen Situation gezahlte „Renten“ des Betriebsübernehmers beim Rentenberechtigten der Einkommensteuer unterworfen werden können oder nicht.

Sachverhalt
Die Klägerin erhielt von ihrem Bruder eine monatliche Rente. Hintergrund war, dass beide Kinder im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolgeregelung, in der der Bruder das Unternehmen erhalten hatte, Pflichtteilsverzichte erklärt hatten. Dabei war Teil der Unternehmensübergabe eine monatliche Versorgungsleistung, die der Bruder – errechnet aus einem Basisbetrag anhand der Lebenserwartung – an seine Schwester zu zahlen hatte. Das Finanzamt sah die Zahlung an die Schwester als dauernde Last und setzte hierauf in vollem Umfang Einkommensteuer fest. Das Finanzgericht bewertete die Versorgungsleistung dagegen als Rente und unterwarf sie mit dem sogenannten Zinsanteil der Einkommensteuer.

Entscheidung
Der BFH urteilte in letzter Instanz, dass die an die Schwester zu leistenden Versorgungsleistungen überhaupt nicht der Einkommensteuer unterworfen werden können. Sie stellen ein sogenanntes Gleichstellungsgeld im Rahmen einer erbrechtlichen Gestaltung dar. Dabei sei insbesondere der Pflichtteilsverzicht ein privatrechtlich wie steuerrechtlich als unentgeltlich anzusehender Vertrag. Das an die Klägerin gezahlte Entgelt sei zudem an einer bestimmten Basisgröße ausgerichtet, die Bezug zur erbrechtlichen Gestaltung habe. Deshalb könne kein Versorgungscharakter unterstellt, sondern müsse eine gewollte Gleichstellung angenommen werden.

Konsequenz
Die Entscheidung ist zu begrüßen. Sie zeigt aber auch, dass bei der Gestaltung von vorweggenommenen Erbfolgemaßnahmen besonderes Augenmerk auf die Formulierung und Ausgestaltung der Leistungen an sogenannte „weichende“ Erben gelegt werden muss. dies insbesondere deshalb, um zu vermeiden, dass die Finanzverwaltung in die Lage versetzt wird, zu argumentieren, eigentlich als Gleichstellungsgeld gedachte Leistungen hätten Versorgungscharakter.