Archiv der Kategorie: Privatbereich

Einkünfteerzielungsabsicht bei befristeter Vermietung

Einkünfteerzielungsabsicht bei befristeter Vermietung

Kernproblem

Seit jeher verfolgen Gesetzgebung und Finanzverwaltung ein Prinzip: Gewinne sozialisieren, Verluste privatisieren. Praktische Auswirkungen erfährt dies insbesondere bei der Vermietung von Immobilien: Während Überschüsse stets als steuerpflichtig behandelt werden, betrachtet das Finanzamt Verluste in der Regel skeptisch und verlangt den Nachweis der Absicht, auf Dauer positive Einkünfte zu erzielen. Dabei wird eine innerhalb von 5 Jahren nach der Anschaffung einer Immobilie erfolgte Veräußerung bzw. Selbstnutzung regelmäßig als Indiz gegen die Einkünfteerzielungsabsicht gewertet. Dies ruft eine Prognoserechnung auf den Plan, die häufig negativ ausfällt und in der Folge den Steuervorteil ausschließt. Aber wie verhält es sich, wenn bereits bei dem Erwerb der Immobilie ein befristeter Mietvertrag mit übernommen werden muss? Das zu klären war Aufgabe des Finanzgerichts Köln.

Sachverhalt

Ein Ärzteehepaar erwarb von der Großmutter der Ehefrau entgeltlich eine Immobilie und trat in den bestehenden Mietvertrag ein. Der Vertrag besaß eine Selbstnutzungsklausel und war auf 5 Jahre beschränkt; bei Erwerb des Objekts betrug die Laufzeit noch etwa 3 Jahre. Wegen Zahlungsverzugs der Mieter wurde das Objekt schon vorzeitig geräumt und von dem Ehepaar bezogen. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der beantragten Vermietungsverluste mit Hinweis auf die geplante Selbstnutzung ab. Hiergegen wandten sich die Eheleute und trugen vor, sie hätten als bloße Rechtsnachfolger keinerlei Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltung des Mietvertrags gehabt. Darüber hinaus habe sich die Selbstnutzung allein durch Zahlungsverzug der Mieter ergeben und sei weder geplant noch vorhersehbar gewesen.

Entscheidung

Die Finanzrichter wiesen die Klage ab. Eine weniger als 5 Jahre laufende Vermietung spreche zunächst gegen eine auf Dauer angelegte Vermietung. Hinzu käme die sachverhaltsspezifische Besonderheit, dass sich die Selbstnutzungsklausel des von der Großmutter abgeschlossenen Mietvertrags ausdrücklich auf „eine der beiden Töchter oder eines der Enkelkinder“ bezog. Da weder ein Verzicht hierauf noch eine Weitervermietung erfolgte, habe man sich auch entsprechend der Klausel verhalten. Hierdurch habe das Ehepaar ein weiteres, gegen die dauerhafte Vermietungsabsicht sprechendes Indiz geschaffen, anstatt die Indizwirkung der befristeten Vermietung zu entkräften.

Konsequenz

Befristete Mietverträge können auch dann für eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit sprechen, wenn sie in mehrfacher Verlängerungsabsicht abgeschlossen werden. In solchen Fällen müssen jedoch weitere Umstände hinzutreten, die den Verzicht auf eine Überschussprognose rechtfertigen. Ob dies auch das übernommene Mietverhältnis sein kann, muss der Bundesfinanzhof jetzt klären, denn der Streitfall ist dort anhängig geworden.

Zum Nachweiserfordernis für die Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer

Zum Nachweiserfordernis für die Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer

Kernproblem

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat bereits 2007 entschieden, dass das in Deutschland bis 2001 geltende Anrechnungsverfahren europarechtswidrig sei. Es gewährte einem Steuerinländer eine Anrechnung der Körperschaftsteuer der ausschüttenden Gesellschaft auf seine inländische Einkommensteuer nämlich nur dann, wenn die Dividende von einer inländischen Körperschaft stammte. Im Jahr 2011 konkretisierte der EuGH sodann zahlreiche verfahrensrechtliche Anschlussfragen, die sich bei der Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer ergeben. Das Finanzgericht (FG) Münster hatte sich nunmehr mit der praktischen Umsetzung des vom EuGH entwickelten Anforderungskatalogs zur Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer zu beschäftigen.

Sachverhalt

Die Kläger erzielten in den Streitjahren 1996 bis 2001 Dividenden aus Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften. Im Rahmen des Klageverfahrens, das ursprünglich aus anderen Gründen geführt wurde, begehrten sie die Anrechnung der auf den Dividenden lastenden ausländischen Körperschaftsteuer. Als Nachweis legten sie Geschäftsberichte und Jahresabschlüsse der ausländischen Kapitalgesellschaften vor. Den jeweils anzurechnenden Körperschaftsteuerbetrag errechneten sie unter Verwendung des jeweils geltenden Körperschaftsteuersatzes selbst. Mit dem Hinweis, dass die vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend seien, verwehrte das veranlagende Finanzamt die Anrechnung der ausländischen Steuer. Die Klage der Steuerpflichtigen vor dem FG Münster blieb erfolglos.

Entscheidung

Nach Auffassung des FG Münster ist der inländische Fiskus befugt, vom Dividendenempfänger die Vorlage solcher Belege zu verlangen, anhand derer sich eindeutig und genau überprüfen lässt, ob die Voraussetzungen für die Körperschaftsteuer-Anrechnung gegeben sind. Diesem Erfordernis wird nicht entsprochen, wenn der Steuerpflichtige – wie vorliegend geschehen – anhand der handelsrechtlichen Jahresabschlüsse die körperschaftsteuerliche Belastung der ausgeschütteten Dividenden selbst berechnet. Vielmehr seien (Steuer-) Bescheinigungen der ausschüttenden Kapitalgesellschaften vorzulegen, aus denen sich die tatsächliche Körperschaftsteuer-Belastung ergebe.

Konsequenz

Das für den Steuerpflichtigen ungünstige Urteil des FG Münsters überrascht nicht, hatte der EuGH die Anforderungen zur Anrechnung ausländischer Körperschaft doch recht hoch angesetzt. Denn vielen Steuerpflichtigen dürfte es in der Praxis schwerfallen, detaillierte Nachweise über die tatsächliche Körperschaftsteuer-Vorbelastung ihrer Dividenden für den relevanten Zeitraum vorzulegen. Vor dem Hintergrund des zwischenzeitlich beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Revisionsverfahrens sollten betroffene Steuerpflichtigen die Veranlagung dennoch offen halten.

Wesentliche Beteiligung: Maßgeblichkeit des Gesamtvertragskonzepts

Wesentliche Beteiligung: Maßgeblichkeit des Gesamtvertragskonzepts

Kernaussage

Nach dem Einkommensteuergesetz stellt die Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften einen steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang dar, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre zu mehr als 1 % beteiligt war. Nach altem Recht bestand eine Steuerpflicht indes erst ab einer Beteiligungsgrenze von 25 % (bis Veranlagungszeitraum 1999) bzw. 10 % (1999-2000). Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte nunmehr zu der Frage Stellung zu nehmen, ob eine Steuerpflicht bereits dann vorliegt, wenn im Rahmen mehrerer hintereinander folgender Anteilsübertragungen und einer damit zusammenhängenden Kapitalerhöhung die Beteiligungsgrenze lediglich kurzfristig überschritten wird.

Sachverhalt

Der Kläger hielt eine Beteiligung an einer GmbH. Im Rahmen eines notariellen Beurkundungstermins im Jahr 1994 wurden mehrere miteinander verbundene Anteilsübertragungen sowie eine Kapitalerhöhung vereinbart, an deren Ende der Kläger zu genau 25 % an der GmbH beteiligt war. Dies entsprach auch dem Willen der Vertragsparteien. Aus lediglich technischen Gründen hatte der Kläger im Zuge dieser Maßnahmen die Beteiligungsgrenze von 25 % jedoch vorübergehend überschritten. Aufgrund dessen behandelte das Finanzamt die im Streitjahr 1997 erfolgte Veräußerung von Anteilen an der GmbH als steuerpflichtig. Die hiergegen gerichtete Klage des Steuerpflichtigen wurde abgewiesen. Der BFH gab schließlich dem Kläger Recht.

Entscheidung

Der BFH ist – entgegen seiner früheren Rechtsprechung – der Auffassung, dass eine wesentliche Beteiligung i. S. d. einkommensteuerlichen Vorschrift nicht gegeben ist, wenn im Zuge mehraktiger Anteilsübertragungen der Gesellschafter die Beteiligungsgrenze von 25 % (altem Recht) zwar vorübergehend überschritten hat, der Gesellschafter nach dem Gesamtvertragskonzept aber endgültig nur mit 25 % beteiligt werden soll und auch wird. Der Gesellschafter habe vorliegend zu keinem Zeitpunkt eine wirtschaftliche Verfügungsbefugnis über mehr als 25 % der Anteile innegehabt. Der bloße technische Durchgangserwerb von mehr als 25 % führe zu keiner anderen Beurteilung.

Konsequenz

Das Urteil des BFH überrascht, fußt es doch entgegen der früheren eher formal-rechtlichen Rechtsauffassung nunmehr auf einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Aus demselben Grund ist die Entscheidung jedoch auch zu begrüßen. Zwar ist das Urteil noch zur alten Rechtslage (25 %-Grenze) ergangen; es sollte indes auf die aktuelle Beteiligungsschwelle von 1 % entsprechend anzuwenden sein.

Veranlagungszeitraumbezogene Auslegung des Beteiligungsbegriffs i. S. d. EStG

Veranlagungszeitraumbezogene Auslegung des Beteiligungsbegriffs i. S. d. EStG

Kernaussage

Die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die im Privatvermögen gehalten werden, ist nach dem Einkommensteuergesetz steuerpflichtig, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war. Die Schwelle, ab der eine wesentliche Beteiligung angenommen wird, wurde im Zeitablauf immer weiter gesenkt. Die zunächst geltende Grenze von 25 % wurde ab dem Veranlagungszeitraum 1999 auf 10 % gesenkt und beträgt aktuell nur noch 1 %. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob sich die Grenze nach der im Veräußerungsjahr oder nach der für jeden Veranlagungszeitraum geltenden Beteiligungsschwelle bestimmt.

Sachverhalt

Der Antragsteller war an einer AG mit folgenden Beteiligungsquoten beteiligt: Bis zum 28.12.1997 hielt er rund 13 %, ab dem 29.12.1997 hingegen nur noch knapp unter 10 %. Am 1.12.1999 veräußerte der Antragsteller 50.000 Aktien und erzielte hieraus einen Gewinn von knapp 13 Mio. DM. Nach Auffassung des Finanzamts war die Veräußerung grundsätzlich steuerpflichtig, da der Steuerpflichtige die ab dem Jahr 1999 geltende Wesentlichkeitsgrenze von 10 % innerhalb der letzten fünf Jahre überschritten hatte. Dem hielt der Steuerpflichtige entgegen, dass die Frage des Vorliegens einer wesentlichen Beteiligung für jeden Veranlagungszeitraum gesondert anhand der für diesen geltenden Wesentlichkeitsgrenze zu beantworten sei. Die hier vom Steuerpflichtigen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren beantragte Aussetzung der Vollziehung wurde schließlich vom BFH gewährt.

Entscheidung

Nach Auffassung der Richter bestehen ernstliche Zweifel daran, ob die im Jahr der Veräußerung geltende Beteiligungsgrenze für den gesamten Fünf-Jahreszeitraum zu prüfen ist oder ob die Beteiligungsgrenze jeweils veranlagungszeitraumbezogen zu prüfen ist.

Konsequenzen

Der BFH wird erst im (bereits anhängigen) Hauptverfahren endgültig über die Rechtsfrage entscheiden können. Es ist davon auszugehen, dass auch dieses Urteil zu Gunsten des Steuerpflichtigen ergehen wird. Entsprechende Verfahren sollten daher offen gehalten werden. Abschließend ist zu beachten, dass das Urteil im Hinblick auf die Absenkung auf die 1 %-Grenze nicht entsprechend angewandt werden kann, da der Wortlaut des aktuelle Rechts – im Gegensatz zur alten Rechtslage – nicht mehr auf das Vorliegen einer wesentlichen Beteiligung abstellt.

Enge Voraussetzungen für Schadensersatzanspruch bei Mobbing

Enge Voraussetzungen für Schadensersatzanspruch bei Mobbing

Rechtslage

In Mobbingfällen stellt sich regelmäßig die Frage, inwieweit der mobbende Kollege oder sogar der Arbeitgeber gegenüber dem gemobbten Kollegen zum Schadensersatz und/oder zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verpflichtet ist. Dabei ist bereits unklar, wann die Grenze des Mobbings überschritten ist bzw. wann es sich nur um eine „normale“ Auseinandersetzung handelt. Allein Einigkeit besteht darüber, dass Mobbing ein gezieltes und systematisches Verhalten über einen längeren Zeitraum hinweg voraussetzt. Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte zu den Voraussetzungen von Ansprüchen wegen Mobbings zu entscheiden.

Sachverhalt

Der Kläger erhob über mehrere Jahre hinweg Mobbing-Vorwürfe gegen seinen unmittelbaren Vorgesetzten, der ihm bei der Bewerbung auf die Vorgesetztenstelle vorgezogen worden war. Zwischenzeitlich war der Kläger in psychiatrischer Behandlung und arbeitsunfähig. Eine zunächst wegen des Mobbings gegen den Arbeitgeber gerichtete Klage wurde im Verfahren durch Vergleich erledigt, der Kläger daraufhin im Betrieb versetzt. Im hier streitigen Verfahren machte er Schmerzensgeldansprüche gegen den mobbenden Vorgesetzten geltend, unterlag jedoch.

Entscheidung

Zwar bestehe die grundsätzliche Möglichkeit eines Schadensersatzanspruches, wenn ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen würde. Im Arbeitsleben übliche Konflikte seien aber, auch wenn sie über einen längeren Zeitraum hinweg andauerten, nicht geeignet, diese strengen Voraussetzungen zu erfüllen. Da im vorliegenden Fall lediglich arbeitstypische Auseinandersetzungen im Raum standen, fehlte es insbesondere an der mobbingtypischen Schaffung eines feindlichen Umfelds.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt, welche, insbesondere im Hinblick auf Beweisfragen, verhältnismäßig hohen Hürden einem Schadensersatz wegen Mobbings im Wege stehen. Gerade die Systematik, mit der Mobbing erfolgen muss, wird regelmäßig schwer nachzuweisen sein.

Anrechnung nicht festgesetzter Steuer nach Verjährung korrigierbar?

Anrechnung nicht festgesetzter Steuer nach Verjährung korrigierbar?

Kernaussage

Das Finanzamt kann versehentlich zu viel angerechnete und an der Steuerpflichtigen erstattete Lohnsteuer nicht mehr zurückfordern, wenn seit dem Erlass des Einkommensteuerbescheides mehr als 5 Jahre vergangen sind. Zu diesem Zeitpunkt entsteht nämlich der Rückforderungsanspruch, der der 5-jährigen Zahlungsverjährungsfrist unterliegt. Auf den Zeitpunkt der Änderung der Anrechungsverfügung kommt es nicht an, denn diese ist ein bloß bestätigender Verwaltungsakt, der keine zusätzlichen Ansprüche begründet.

Sachverhalt

Die Kläger sind für das Jahr 1997 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden. Den ursprünglichen Steuerbescheid hatte das Finanzamt 2002 nach einem Einspruchsverfahren geändert und in diesem Zusammenhang eine Anrechnungsverfügung erlassen, die aufgrund eines Eingabefehlers die für die Kläger einbehaltende Lohnsteuer um das zehnfache zu hoch ausrechnete. Dies führte zu einer Rückerstattung an die Kläger in Höhe von 85.000 EUR, die die Kläger stillschweigend vereinnahmten. In 2008 erkannte das Finanzamt seinen Fehler, korrigierte die Anrechnungsverfügung und forderte die Kläger als Gesamtschuldner auf, die zu Unrecht erstatteten Steuern nebst Zinsen zurück zu zahlen. Hiergegen richtet sich die Klage, die vom Finanzgericht abgewiesen wurde.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) gab den Klägern Recht, denn der Rückforderungsanspruch hat seine Grundlage in dem Steuerfestsetzungsbescheid. Sind seit Erlass des Steuerbescheides 5 Jahre abgelaufen, tritt Verjährung ein, denn nach Ablauf dieser Frist soll Rechtssicherheit darüber eintreten, was der Steuerpflichtige aufgrund der ergangenen Steuerfestsetzung noch zu zahlen hat bzw. was an ihn erstattet wird. Nach Ablauf dieser Frist kann weder das Finanzamt Zahlungsansprüche geltend machen, noch kann der Steuerpflichtige verlangen, dass auf die festgesetzte Steuer nachträglich etwas angerechnet und erstattet wird. Auf den Zeitpunkt der Änderungsverfügung kommt es nicht an, zumal diese ein deklaratorischer, bloß bestätigender Verwaltungsakt ist, der keine über den Steuerfestsetzungsbescheid hinausgehenden Ansprüche begründet.

Konsequenz

Dem BFH ist zuzustimmen. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet, dass der Rückforderungsanspruch des Finanzamts ebenso wie der Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen nach 5 Jahren, bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Steuerbescheides, verjährt. Würde auf die Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzung abgestellt, liefe die Verjährungsfrist praktisch ins Leere.

Berechnung der Schadensersatzhöhe bei anrechenbaren Steuervorteilen

Berechnung der Schadensersatzhöhe bei anrechenbaren Steuervorteilen

Kernaussage

Nimmt eine Partei die andere auf Zahlung von Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung bei einer Fondsbeteiligung in Anspruch, ergibt sich der Schadensersatzumfang aus dem Gesetz. Der Geschädigte kann vom Schädiger verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er die Beteiligung nicht gezeichnet. Er hat also grundsätzlich einen Anspruch auf Rückerstattung der von ihm geleisteten Bareinlage nebst Agio gegen Rückübertragung der Beteiligung. Dazu entschied das Frankfurter Oberlandesgericht nun, dass dabei eine Anrechnung von Steuervorteilen im Einzelfall angezeigt sein kann.

Sachverhalt

Im Rahmen einer auf Falschberatung im Zusammenhang mit einer Fondsbeteiligung gestützten Schadensersatzklage hatte das erstinstanzliche Landgericht den beklagten Berater zur Rückzahlung der Einlage nebst Agio und Verzugszinsen Zug-um-Zug gegen Übertragung der Beteiligung. Das Gericht war hierbei der Ansicht, dass Steuervorteile nicht im Wege der Vorteilsausgleichung in Ansatz zu bringen seien, da die Schadensersatzleistung selbst zu versteuern sei. Der Beklagte war anderer Auffassung: der Kläger müsse sich die gezogenen Steuervorteile anrechnen lassen. Dass die nach Abzug der Steuervorteile verbleibende Schadensersatzleistung zu versteuern sei, sei ein zukünftiger Nachteil, den der Kläger über einen Feststellungsantrag abfangen könne, der aber für die Berechnung des Zahlungsantrags außer Betracht zu bleiben habe. Das Oberlandesgericht teilte schließlich die Ansicht des Beraters zur Vorteilsanrechnung.

Entscheidung

Zwar hatte die Vorinstanz zu Recht eine Schadensersatzpflicht des Beraters wegen einer Aufklärungspflichtverletzung bejaht. Ausnahmsweise war aber eine Anrechnung von Steuervorteilen vorzunehmen, auch wenn diese grundsätzlich selbst dann außer Betracht bleiben muss, wenn die Rückabwicklung des Erwerbs ihrerseits zu einer Besteuerung die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt. Etwas anderes gilt nur, wenn der Schädiger Umstände darlegt, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben oder er gar Verlustzuweisungen erhalten hat, die über seine Einlageleistungen hinausgehen. So auch hier: bedingt durch die Fondsstruktur erhielt der Anleger für 2002 eine Verlustzuweisung, die selbst nach der Korrektur durch das Finanzamt noch ca. 92,02 % der Nominaleinlage betrug, während als Anlagebetrag nur 55 % der Einlage zzgl. 3 % Agio zu leisten waren. Es standen somit anfängliche Verlustzuweisungen von 23.004 EUR einer tatsächlichen Einlageleistung von nur 14.500 EUR inklusive Agio gegenüber. Damit war von außergewöhnlichen Vorteilen auszugehen.

Konsequenz

Das Urteil überzeugt, denn die das zu versteuernde Einkommen senkenden Verlustzuweisungen und die das zu versteuernde Einkommen erhöhende Schadensersatzleistung sollen sich in etwa die Waage halten. Überschreiten die Verlustzuweisungen bezogen auf den Anlagebetrag die 100 %-Grenze, eröffnet dies die Möglichkeit für etwaige dem Anleger abweichend vom Regelfall billigerweise auf die Entschädigungsleistung anzurechnenden außergewöhnlichen Steuervorteile.

Entfernungspauschale für offensichtlich verkehrsgünstigere Verbindung?

Entfernungspauschale für offensichtlich verkehrsgünstigere Verbindung?

Kernproblem

Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte werden mit der Entfernungspauschale abgegolten. Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung maßgebend. Eine längere Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig benutzt wird. In diesen an sich eindeutigen Gesetzestext werden sowohl einschränkende als auch erweiternde Regelungen hineininterpretiert, wenn einmal nicht die kürzeste Entfernung in der Einkommensteuererklärung zum Ansatz kommen soll. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hier mit zwei Entscheidungen für Klarheit gesorgt.

Sachverhalt

In dem einen Streitfall hatte das Finanzamt mit Billigung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz eine tatsächlich genutzte längere verkehrsgünstigere Strecke nicht anerkannt, weil eine willkürlich verlangte Fahrtzeitverkürzung von mindestens zwanzig Minuten nicht erreicht wurde. Dagegen hatte das Finanzgericht Düsseldorf sogar eine längere Strecke toleriert, die den Finanzrichtern zwar offensichtlich verkehrsgünstiger erschien, aber tatsächlich nicht benutzt wurde.

Entscheidung

Es liegt nahe, dass der BFH nur einen der beiden Fälle zugunsten der Steuerzahler entscheiden konnte. Den Streit verloren hat der Arbeitnehmer mit „fiktiver Umwegstrecke“. Hier haben die Richter klargestellt, dass nur eine tatsächlich zurückgelegte Strecke in Betracht kommt. Der Ansatz einer bloß möglichen, aber vom Steuerpflichtigen nicht benutzten Straßenverbindung scheidet kategorisch aus. Dagegen trat der BFH dem Verlangen nach einer mindestens zwanzigminütigen Zeitersparnis entgegen. Hier seien vielmehr alle Umstände des Einzelfalls, wie z. B. die Streckenführung, die Schaltung von Ampeln o. ä. in die Beurteilung einzubeziehen. Eine Straßenverbindung könne auch dann „offensichtlich verkehrsgünstiger“ sein, wenn bei ihrer Benutzung nur eine geringe Zeitersparnis zu erwarten sei.

Konsequenz

Zu Recht weist der BFH in seiner Urteilsbegründung darauf hin, dass die Forderung nach einer zwanzigminütigen Zeitersparnis die Erweiterungsmöglichkeit für Arbeitnehmer mit insgesamt geringerer Fahrzeit zur Arbeit komplett ausschließen würde. Dagegen sieht er jedoch in einer geringfügigen Verkürzung von unter 10 % keinen ausschlaggebenden Anreiz für die Wahl einer abweichenden Route. Die 10 %-Grenze sollte daher als Anhaltspunkt dienen und eingehalten werden, um am Ende erfolgreich argumentieren zu können.

Wann sind Steuern „in großem Ausmaß“ hinterzogen?

Wann sind Steuern „in großem Ausmaß“ hinterzogen?

Kernaussage

Wer Steuern hinterzieht und dabei einen „besonders schweren Fall“ verwirklicht, dem droht eine Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Eine Geldstrafe kommt daher bei Steuerverkürzungen im großen Ausmaß nicht mehr in Betracht. Der Bundesgerichtshof (BGH) nahm nun in einem jüngeren Urteil zur Wertgrenze des Merkmals „in großem Ausmaß“ beim Griff in die Staatskasse Stellung.

Sachverhalt

Vor dem Landgericht war der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden. Trotz Revision ließ der BGH das Urteil bestehen, korrigierte jedoch die Ansicht des Landgerichts, die Grenze der Steuerhinterziehung „im großen Ausmaß“ sei stets erst bei einer Verkürzung von 100.000 EUR überschritten. Zudem erteilte der BGH der landgerichtlichen Auffassung, es mache für das Vorliegen einer Steuerhinterziehung in großem Ausmaß einen Unterschied, ob ein durch die Tat erlangtes (scheinbares) Steuerguthaben ausgezahlt oder aber mit anderen Steuerschulden verrechnet werde, eine klare Absage.

Entscheidung

Das gesetzliche Merkmal der Steuerhinterziehung „im großen Ausmaß“ bestimmt sich nach objektiven Maßstäben. Es liegt grundsätzlich dann vor, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 EUR übersteigt. Diese Betragsgrenze kommt dann zur Anwendung, wenn der Täter ungerechtfertigte Zahlungen vom Finanzamt erlangt hat, etwa bei Steuererstattungen durch Umsatzsteuerkarusselle, Kettengeschäfte oder durch Einschaltung von so genannten Serviceunternehmen („Griff in die Kasse“). Bei Überschreiten der Wertgrenze ist das Merkmal erfüllt. Lässt der Täter dagegen lediglich die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis und führt dies nur zu einer Gefährdung des Steueranspruchs, liegt die Wertgrenze zum „großen Ausmaß“ bei 100.000 EUR. Dasselbe gilt, wenn der Steuerpflichtige zwar eine Steuerhinterziehung durch aktives Tun begeht, indem er eine unvollständige Steuererklärung abgibt, er dabei aber lediglich steuerpflichtige Einkünfte oder Umsätze verschweigt und allein dadurch eine Gefährdung des Steueranspruchs herbeiführt. Täuscht der Täter allerdings steuermindernde Umstände vor, indem er z. B. tatsächlich nicht vorhandene Betriebsausgaben vortäuscht oder nicht bestehende Vorsteuerbeträge geltend macht, bleibt es für das gesetzliche Merkmal „in großem Ausmaß“ bei der Wertgrenze von 50.000 EUR. Denn in einem solchen Fall beschränkt sich das Verhalten des Täters nicht darauf, den bestehenden Steueranspruch durch bloßes Verschweigen von Einkünften oder Umsätzen zu gefährden. Vielmehr unternimmt er einen „Griff in die Staatskasse“, weil die Tat zu einer Erstattung eines (tatsächlich nicht bestehenden) Steuerguthabens oder zum (scheinbaren) Erlöschen einer bestehenden Steuerforderung führen soll.

Konsequenz

Eine nachträgliche „Schadenswiedergutmachung“ hat für die Frage, ob eine Steuerhinterziehung „in großem Ausmaß“ vorliegt, keine Bedeutung. Die Höhe des auf Dauer beim Fiskus verbleibenden „Steuerschadens“ ist ein Umstand, der nur als Erwägung in die Strafzumessung einbezogen werden kann.

Beschwerde gegen die Insolvenzverfahrenseröffnung nach Eigenantrag?

Beschwerde gegen die Insolvenzverfahrenseröffnung nach Eigenantrag?

Kernaussage

Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen einer natürlichen oder juristischen Person (Privatperson oder z. B. Gesellschaft) wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind der Schuldner selbst und dessen Gläubiger. Gegen die, auf Antrag eines Gläubigers erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Schuldner Beschwerde einlegen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte hierzu aktuell zu entscheiden, ob eine Beschwerde des Schuldners auch dann zulässig ist, wenn der Eröffnungsgrund (Zahlungsunfähigkeit) nachträglich beseitigt wird und neben dem Antrag eines Gläubigers auch ein Eigenantrag des Schuldners existiert.

Sachverhalt

Eine Krankenkasse stellte gegen den Schuldner, einen Rechtsanwalt, wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge einen Insolvenzantrag. Der Rechtsanwalt beantragte daraufhin ebenfalls die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Kurz nach Verfahrenseröffnung durch das Amtsgericht wurden die Beitragsrückstände beglichen; die Krankenkasse und der Rechtsanwalt nahmen jeweils ihre Eröffnungsanträge zurück. Die von dem Rechtsanwalt sodann gegen die Eröffnung eingelegte Beschwerde wurde von allen Instanzen als unzulässig verworfen.

Entscheidung

Wird das Insolvenzverfahren auf Antrag des Schuldners eröffnet, steht ihm gegen diese Entscheidung grundsätzlich kein Beschwerderecht zu, auch dann nicht, wenn neben dem Schuldner ein Gläubiger einen Eröffnungsantrag gestellt hat. So war es auch hier: der Rechtsanwalt war durch den Eröffnungsbeschluss nicht beschwert. Über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Schuldners kann, wenn mehrere Anträge gestellt sind, nur einheitlich entschieden werden; die Insolvenzanträge sind miteinander zu verbinden. Infolge der Verbindung beruht die Eröffnung auch auf dem Antrag des Schuldners. Vorliegend war nicht ersichtlich, dass der Rechtsanwalt das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit durch eine Veränderung der Umstände zwischen Stellung des Eigenantrags und der Verfahrenseröffnung in Frage stellen wollte. Weil der Anwalt selbst einen Eröffnungsantrag gestellt hatte, konnte er sich allenfalls auf einen späteren Wegfall des Eröffnungsgrundes berufen. Er konnte indes nicht geltend machen, es habe von Anfang an kein Eröffnungsgrund vorgelegen. Sind die Eröffnungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung gegeben, kann diese nicht durch den nachträglichen Ausgleich der Forderung des Gläubigers zu Fall gebracht werden.

Konsequenz

Ein bloßer Sinneswandel des Schuldners nach Antragstellung, der nicht zur Rücknahme des Insolvenzantrags vor der Verfahrenseröffnung geführt hat, begründet keine Beschwer.