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Beschwerde gegen die Insolvenzverfahrenseröffnung nach Eigenantrag?

Beschwerde gegen die Insolvenzverfahrenseröffnung nach Eigenantrag?

Kernaussage

Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen einer natürlichen oder juristischen Person (Privatperson oder z. B. Gesellschaft) wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind der Schuldner selbst und dessen Gläubiger. Gegen die, auf Antrag eines Gläubigers erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Schuldner Beschwerde einlegen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte hierzu aktuell zu entscheiden, ob eine Beschwerde des Schuldners auch dann zulässig ist, wenn der Eröffnungsgrund (Zahlungsunfähigkeit) nachträglich beseitigt wird und neben dem Antrag eines Gläubigers auch ein Eigenantrag des Schuldners existiert.

Sachverhalt

Eine Krankenkasse stellte gegen den Schuldner, einen Rechtsanwalt, wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge einen Insolvenzantrag. Der Rechtsanwalt beantragte daraufhin ebenfalls die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Kurz nach Verfahrenseröffnung durch das Amtsgericht wurden die Beitragsrückstände beglichen; die Krankenkasse und der Rechtsanwalt nahmen jeweils ihre Eröffnungsanträge zurück. Die von dem Rechtsanwalt sodann gegen die Eröffnung eingelegte Beschwerde wurde von allen Instanzen als unzulässig verworfen.

Entscheidung

Wird das Insolvenzverfahren auf Antrag des Schuldners eröffnet, steht ihm gegen diese Entscheidung grundsätzlich kein Beschwerderecht zu, auch dann nicht, wenn neben dem Schuldner ein Gläubiger einen Eröffnungsantrag gestellt hat. So war es auch hier: der Rechtsanwalt war durch den Eröffnungsbeschluss nicht beschwert. Über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Schuldners kann, wenn mehrere Anträge gestellt sind, nur einheitlich entschieden werden; die Insolvenzanträge sind miteinander zu verbinden. Infolge der Verbindung beruht die Eröffnung auch auf dem Antrag des Schuldners. Vorliegend war nicht ersichtlich, dass der Rechtsanwalt das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit durch eine Veränderung der Umstände zwischen Stellung des Eigenantrags und der Verfahrenseröffnung in Frage stellen wollte. Weil der Anwalt selbst einen Eröffnungsantrag gestellt hatte, konnte er sich allenfalls auf einen späteren Wegfall des Eröffnungsgrundes berufen. Er konnte indes nicht geltend machen, es habe von Anfang an kein Eröffnungsgrund vorgelegen. Sind die Eröffnungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung gegeben, kann diese nicht durch den nachträglichen Ausgleich der Forderung des Gläubigers zu Fall gebracht werden.

Konsequenz

Ein bloßer Sinneswandel des Schuldners nach Antragstellung, der nicht zur Rücknahme des Insolvenzantrags vor der Verfahrenseröffnung geführt hat, begründet keine Beschwer.

Insolvenzantrag eines nachrangigen Gläubigers ist zulässig

Insolvenzantrag eines nachrangigen Gläubigers ist zulässig

Einführung

Nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 14 InsO) kann jeder Gläubiger einen Insolvenzantrag stellen, wenn er ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners hat. Streitig war, ob einem Gläubiger aufgrund der Nachrangigkeit und Wertlosigkeit seiner Forderung das Rechtsschutzinteresse abgesprochen werden kann.

Sachverhalt

Der Gläubiger war als stiller Gesellschafter an der Schuldnerin beteiligt. Im Insolvenzfall war der Einlagen-Rückzahlungsanspruch vertragsgemäß nur nachrangig zu befriedigen. Mit Beendigung der stillen Gesellschaft wandelte sich die Forderung des Gläubigers in ein Darlehen um. Für seinen Anspruch hat der Gläubiger einen Insolvenzantrag über das Vermögen der Schuldnerin gestellt. Die Schuldnerin ist dem unter Berufung auf die Wertlosigkeit der nachrangigen Forderung entgegengetreten. Das Amtsgericht hat die vorläufige Verwaltung des Vermögens und Sicherungsmaßnahmen angeordnet. Die Beschwerden der Schuldnerin dagegen blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Der Gläubiger einer nachrangigen Forderung habe, so der BGH, ohne Rücksicht auf tatsächliche Befriedigungsaussichten ein Rechtsschutzinteresse (§ 14 InsO) für einen Insolvenzantrag. Ein Rechtsschutzinteresse bestehe auch dann, wenn der Gläubiger voraussichtlich nicht mit einer Quote rechnen könne. Den Bestimmungen der Insolvenzordnung (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) sei zu entnehmen, dass nachrangig zu befriedigende Gesellschafter ebenfalls zu den Insolvenzgläubigern gehören. Der Gesetzgeber wolle die nachrangigen Gläubiger von Anfang an in das Insolvenzverfahren einbeziehen. Zudem seien nachrangige Forderungen (§ 19 Abs. 2 Satz 2 InsO) bei der Prüfung einer Überschuldung zu berücksichtigen. Ferner hänge das Rechtsschutzinteresse für einen Insolvenzantrag generell nicht davon ab, ob der Gläubiger in dem Verfahren eine Befriedigung erlangen könne. Auch im Falle völliger Masseunzulänglichkeit werde das Rechtsschutzinteresse für einen Eröffnungsantrag nicht berührt. Schließlich würde eine Antragsbeschränkung den allgemeinen Zwecken eines Insolvenzverfahrens zuwiderlaufen.

Konsequenz

Der Berufung auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis bei der Insolvenzantragstellung durch Gläubiger nachrangiger Forderungen hat der BGH eine Absage erteilt. Etwas anderes kann bei der Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts gelten. Solche Forderungen sind weder bei der Zahlungsunfähigkeit noch bei der Überschuldung zu berücksichtigen. Es ist davon auszugehen, dass der BGH in solchen Fällen einem Gläubiger sein Rechtsschutzbedürfnis absprechen würde.