Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

BFH: Kein Zwischenurteil zur verlängerten Festsetzungsfrist ohne Feststellungen zur Steuerhinterziehung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 09. April 2025 (Az. II R 39/21) entschieden, dass ein Zwischenurteil über die verlängerte Festsetzungsfrist wegen Steuerhinterziehung nur ergehen kann, wenn konkrete Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung vorliegen.


Hintergrund

Grundsätzlich verjähren Steueransprüche nach den allgemeinen Fristen der Abgabenordnung (AO). Bei Steuerhinterziehung verlängert sich die Festsetzungsfrist jedoch auf zehn Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO).

In der Praxis versuchen Finanzgerichte, durch Zwischenurteile (§ 99 Abs. 2 FGO) frühzeitig zu klären, ob eine verlängerte Festsetzungsfrist gilt.


Entscheidung des BFH

Der BFH stellte klar:

  • Ein Zwischenurteil zur Anwendung der verlängerten Festsetzungsfrist ist nicht zulässig, wenn die notwendigen Feststellungen zur Steuerhinterziehung fehlen.
  • Es muss sowohl der objektive Tatbestand (z. B. unzutreffende oder unterlassene Angaben) als auch der subjektive Tatbestand (Vorsatz) nachgewiesen sein.
  • Ohne diese Feststellungen ist eine Vorabentscheidung über die Festsetzungsfrist nicht möglich.

Bedeutung für die Praxis

  • Finanzgerichte müssen die Steuerhinterziehung im Detail prüfen, bevor sie über die verlängerte Festsetzungsfrist entscheiden können.
  • Steuerpflichtige profitieren davon, dass bloße Behauptungen oder Verdachtsmomente der Finanzverwaltung nicht genügen, um ein Verfahren auf zehn Jahre rückwirkend auszuweiten.
  • Berater sollten darauf achten, dass Gerichte die notwendigen Feststellungen treffen, bevor eine verlängerte Verjährung angenommen wird.

Fazit

Das Urteil stärkt die Rechtssicherheit: Die Anwendung der verlängerten Festsetzungsfrist setzt eine gründliche Prüfung der Steuerhinterziehung voraus. Ein Zwischenurteil ohne diese Feststellungen ist unzulässig.

👉 Sie haben Fragen zur steuerlichen Festsetzungsverjährung oder sehen sich mit Vorwürfen einer Steuerhinterziehung konfrontiert? Wir beraten Sie umfassend zu Ihren Verteidigungs- und Gestaltungsmöglichkeiten.

Mehrere kurzfristige Minijobs: So funktioniert die Zusammenrechnung

Ob als Nebenverdienst oder saisonale Aushilfe – kurzfristige Minijobs sind eine beliebte Möglichkeit, flexibel zu arbeiten. Doch was passiert, wenn im gleichen Jahr mehrere solcher Beschäftigungen ausgeübt werden? Hier erklären wir, welche Regeln gelten und wie die Zusammenrechnung funktioniert.


Was ist ein kurzfristiger Minijob?

Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn sie von Anfang an befristet ist und die Tätigkeit höchstens drei Monate oder 70 Arbeitstage im Kalenderjahr umfasst. Dabei gilt:

  • 3 Monate oder
  • 70 Arbeitstage – je nachdem, welche Variante günstiger ist.

Die Höhe des Verdienstes spielt keine Rolle. Verdient der Minijobber jedoch mehr als 556 € pro Monat, muss zusätzlich geprüft werden, ob die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird.


Mehrere kurzfristige Beschäftigungen: Die Grundregel

Arbeitnehmer:innen dürfen im Kalenderjahr mehrere kurzfristige Minijobs haben – auch direkt hintereinander oder parallel.
👉 Wichtig: Alle Beschäftigungszeiten werden zusammengerechnet.

  • Maximal 3 Monate (90 Kalendertage) oder
  • maximal 70 Arbeitstage pro Kalenderjahr.

Wird diese Grenze überschritten, liegt keine kurzfristige Beschäftigung mehr vor.


Wie wird zusammengerechnet?

Variante 1: Arbeitstage

  • Alle Arbeitstage der einzelnen Beschäftigungen werden addiert.
  • Grenze: 70 Arbeitstage pro Jahr.

Variante 2: Monate/Kalendertage

  • Bei der Betrachtung nach Monaten gilt eine Grenze von 90 Kalendertagen.
  • Volle Monate werden mit 30 Tagen angesetzt, Teilmonate mit den tatsächlichen Kalendertagen.

Beispiel

  • April & Mai: Vollzeitjob → 44 Arbeitstage (60 Kalendertage)
  • Juli & August: 2 Tage pro Woche → 18 Arbeitstage (60 Kalendertage)
  • Gesamt: 62 Arbeitstage (unter 70) → kurzfristig zulässig, auch wenn 120 Kalendertage überschritten werden.

Pausen zwischen den Jobs – nötig?

Nein. Mehrere kurzfristige Minijobs können direkt aufeinander folgen.
Ausnahme: Bei Rahmenvereinbarungen (max. 1 Jahr). Wird danach eine neue Rahmenvereinbarung geschlossen, muss eine Pause von 2 Monaten eingehalten werden.


Elektronische Rückmeldung durch die Minijob-Zentrale

Seit 1. Januar 2022 erhalten Arbeitgeber bei Anmeldung einer kurzfristigen Beschäftigung eine elektronische Rückmeldung, ob bereits andere kurzfristige Minijobs bestehen oder bestanden haben.

  • Die Rückmeldung informiert nur über das Bestehen, nicht über die Dauer.
  • Arbeitgeber müssen die Rückmeldung in ihren Entgeltunterlagen dokumentieren.

Fazit

  • Mehrere kurzfristige Minijobs sind möglich.
  • Entscheidend ist die Zusammenrechnung aller Beschäftigungszeiten im Kalenderjahr.
  • Die Grenze liegt bei 3 Monaten / 90 Kalendertagen oder 70 Arbeitstagen.
  • Arbeitgeber sind verpflichtet, diese Prüfung vor jeder Einstellung vorzunehmen.

👉 Sie beschäftigen regelmäßig Aushilfen oder planen mehrere kurzfristige Minijobs? Wir unterstützen Sie gerne bei der korrekten sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung und bei der Gestaltung Ihrer Lohnabrechnung.

Influencer & Steuern: Was du unbedingt wissen musst

Immer mehr Menschen verdienen auf Instagram, TikTok, YouTube oder Twitch Geld – sei es durch Kooperationen, Produktplatzierungen, Affiliate-Links oder Spenden von Followern. Doch viele vergessen: Diese Einnahmen sind steuerpflichtig. Hier erfährst du, worauf es ankommt.


1. Einnahmen – mehr als nur Geld

Nicht nur Überweisungen zählen: Auch Geschenke, Gutscheine oder kostenlose Produkte sind steuerlich Einnahmen. Entscheidend ist der Wert der Leistung. Typische Einnahmen sind:

  • Sponsorings & Produktplatzierungen
  • Affiliate-Marketing & Rabattcodes
  • Merchandise-Verkäufe
  • Spenden/Donations & Wunschlisten
  • Coachings, Onlinekurse, Webinare
  • Preisgelder (z. B. Gaming)

👉 Faustregel: Alles, was du im Zusammenhang mit deiner Tätigkeit erhältst, ist steuerlich relevant.


2. Einkommensteuer

  • Dein Gewinn = Einnahmen – Ausgaben.
  • Liegt der Gewinn über dem Grundfreibetrag (2025: 12.096 €), fällt Einkommensteuer an.
  • In der Steuererklärung: Anlage G + Anlage EÜR (Einnahmenüberschussrechnung).

Tipp: Typische Betriebsausgaben sind Kamera & Technik, Reisekosten, Studio-/Mietkosten, Software, Steuerberatung.


3. Gewerbesteuer

  • Influencer:innen gelten in der Regel als gewerblich tätig.
  • Gewerbeanmeldung beim Gewerbeamt ist Pflicht.
  • Gewerbesteuer fällt an, wenn dein Gewinn über 24.500 € liegt.

4. Umsatzsteuer

  • Grundsatz: Wer regelmäßig Einnahmen erzielt, ist umsatzsteuerpflichtig.
  • Ausnahme: Kleinunternehmerregelung, wenn dein Umsatz im Vorjahr unter 25.000 € lag und im laufenden Jahr voraussichtlich unter 100.000 € bleibt.
    • Vorteil: Keine Umsatzsteuer auf Rechnungen, weniger Bürokratie.
    • Nachteil: Kein Vorsteuerabzug (z. B. für Kamera, Laptop, Reisekosten).

5. Organisation ist Pflicht

  • Alles dokumentieren! Einnahmen & Ausgaben mit Belegen festhalten.
  • Fragebogen zur steuerlichen Erfassung beim Finanzamt innerhalb eines Monats nach Start einreichen (online über ELSTER).
  • Jährlich: Einkommensteuererklärung + ggf. Umsatz- und Gewerbesteuererklärungen.

Fazit

Ob als Hobby gestartet oder schon professionell unterwegs: Sobald du mit deinem Content Geld verdienst, bist du Unternehmer:in mit Steuerpflichten. Wer früh die Formalitäten erledigt und Belege sammelt, vermeidet böse Überraschungen wie Steuernachzahlungen oder Bußgelder.

👉 Wir helfen dir dabei, deine Steuerpflichten zu klären, deine Einnahmen korrekt zu versteuern und dabei keine Vorteile zu verschenken.

Digitale Kommunikation mit dem Finanzamt wird ausgeweitet

Die Finanzverwaltung baut ihre digitalen Services weiter aus: Ab sofort können auch Körperschaftsteuerbescheide elektronisch über ELSTER zugestellt werden. Damit ist der Prozess – von der Abgabe der Steuererklärung bis zum Erhalt des Steuerbescheids – erstmals vollständig digital möglich.


Was ist neu?

  • Körperschaftsteuerbescheide: Ab sofort digital abrufbar.
  • Bereits verfügbar: Einkommensteuerbescheide, Gewerbesteuermessbescheide, Zerlegungsbescheide sowie Bescheide zur Feststellung des Gewerbeverlustes.
  • Zukunft: Ab Herbst 2025 sollen weitere Verwaltungsakte und Schreiben in ELSTER elektronisch bereitgestellt werden.

Damit können Unternehmen und Steuerberater die Bescheide medienbruchfrei weiterverarbeiten – ein echter Zeit- und Effizienzgewinn.


Vorteile für Unternehmen und Steuerpflichtige

  • Schneller Zugriff: Bescheide stehen unmittelbar nach Erstellung digital zur Verfügung.
  • Zeitersparnis: Kein Postversand, keine Wartezeiten.
  • Effizienz: Automatisierte Verarbeitung in Kanzlei- und Unternehmenssoftware möglich.
  • Umweltschutz: Papiersparende Abwicklung.

So funktioniert es

  • Aktivierung im ELSTER-Portal unter „Formulare und Leistungen → Einwilligung zur elektronischen Bekanntgabe“.
  • Abruf der Bescheide über das Online-Finanzamt „Mein ELSTER“ oder die App „MeinELSTER+“.
  • Auch Steuerberater und Softwarelösungen können die Bescheide abrufen, sofern der elektronische Bescheidabruf unterstützt wird.

Fazit

Die vollständig digitale Zustellung von Steuerbescheiden ist ein weiterer Schritt hin zu einer modernen, effizienten und papierarmen Steuerverwaltung. Unternehmen, Steuerberater und Privatpersonen profitieren gleichermaßen von mehr Komfort, Zeitersparnis und weniger Bürokratie.

👉 Tipp: Prüfen Sie in Ihrem ELSTER-Konto, ob die elektronische Bekanntgabe bereits aktiviert ist. Gerne unterstützen wir Sie bei der Einrichtung und Integration in Ihre Steuerprozesse.

BFH: Steuer kann rückwirkend entfallen – Irrtum über Steuerfolgen bei Ehevertrag

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 09. Mai 2025 (Az. IX R 4/23) entschieden, dass eine Übertragung von GmbH-Anteilen im Zugewinnausgleich grundsätzlich einen steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang nach § 17 EStG darstellt. Allerdings kann der daraus entstehende Veräußerungsgewinn rückwirkend entfallen, wenn die Vertragsparteien bei Abschluss des Ehevertrags einem gemeinsamen Irrtum über die steuerlichen Folgen unterlagen und den Vertrag deshalb nachträglich abänderten.


Der Fall

  • Ein Ehepaar vereinbarte Gütertrennung.
  • Der Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau wurde durch Übertragung von GmbH-Anteilen erfüllt.
  • Beide Eheleute gingen (auf Grundlage einer Beratung) davon aus, dass dieser Vorgang steuerfrei sei.
  • Das Finanzamt behandelte die Übertragung jedoch als steuerpflichtige Veräußerung nach § 17 EStG und setzte Einkommensteuer fest.
  • Daraufhin änderten die Eheleute den Ehevertrag: Statt GmbH-Anteilen wurde eine Geldzahlung vereinbart.

Das Finanzgericht und schließlich auch der BFH gaben den Steuerpflichtigen Recht: Der Veräußerungsgewinn entfällt rückwirkend, da der Ehevertrag aufgrund eines gemeinsamen Irrtums über die steuerlichen Folgen geändert wurde.


Kernaussagen des BFH

  • Grundsatz: Übertragung von GmbH-Anteilen im Zugewinnausgleich = steuerpflichtiger Veräußerungsvorgang (§ 17 EStG).
  • Ausnahme: Wird der Vertrag wegen eines gemeinsamen Irrtums über die Steuerfolgen rückabgewickelt, kann die Steuer für die Vergangenheit entfallen.
  • Voraussetzungen:
    • gemeinsamer Irrtum beider Vertragsparteien,
    • Irrtum bereits bei Vertragsabschluss vorhanden,
    • Irrtum betrifft die Geschäftsgrundlage,
    • Rückabwicklung innerhalb der Risikosphäre beider Parteien.
  • Hinweis: Ein ausdrücklicher Vermerk des Irrtums im Vertragstext ist nicht erforderlich.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil zeigt:

  • Vorsicht bei Ehe- und Scheidungsfolgenverträgen mit Unternehmensanteilen. Falsche steuerliche Annahmen können erhebliche Folgen haben.
  • Rückabwicklung ist möglich, aber nur in Ausnahmefällen und unter strengen Voraussetzungen.
  • Steuerliche Beratung im Vorfeld ist unverzichtbar – Irrtümer über die Steuerfolgen lassen sich nicht immer im Nachhinein korrigieren.

Fazit

Die Entscheidung des BFH eröffnet Steuerpflichtigen in vergleichbaren Konstellationen einen engen Ausweg, wenn ein Vertrag auf falschen steuerlichen Annahmen beruhte. Gleichzeitig macht der BFH deutlich, dass dies kein allgemeiner Freibrief für nachträgliche Vertragsänderungen ist.

👉 Wenn Sie einen Ehevertrag oder eine Übertragung von Unternehmensanteilen planen, lassen Sie sich unbedingt im Vorfeld steuerlich beraten. Wir prüfen die steuerlichen Folgen und helfen Ihnen, teure Überraschungen zu vermeiden.

BFH klärt: Ausnahmen vom Progressionsvorbehalt gelten nur eingeschränkt

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21. Mai 2025 (Az. I R 5/22) eine wichtige Frage zur Anwendung des Progressionsvorbehalts entschieden. Das Gericht stellte klar: Die in § 32b Abs. 1 Satz 2 EStG geregelten Ausnahmen greifen nur für Einkünfte, die aufgrund einer abkommensrechtlichen Steuerfreistellung nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG dem Progressionsvorbehalt unterliegen.


Was bedeutet das?

Der Progressionsvorbehalt sorgt dafür, dass bestimmte steuerfreie Einkünfte – etwa ausländische Einkünfte nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder Lohnersatzleistungen wie Elterngeld – den Steuersatz auf das übrige Einkommen erhöhen. Damit bleibt die Steuerfreiheit erhalten, wirkt sich aber dennoch auf die Steuerlast aus.

Der Gesetzgeber hat für einige Fälle Ausnahmen vom Progressionsvorbehalt vorgesehen, um Härten zu vermeiden. Nach Auffassung des BFH sind diese Ausnahmen jedoch eng auszulegen: Sie gelten ausschließlich für die Einkünfte, die aufgrund einer DBA-Freistellung steuerfrei sind und dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG unterfallen.


Praxisrelevanz des Urteils

  • Keine weite Anwendung: Die Ausnahmeregelungen können nicht auf andere Arten progressionsrelevanter Einkünfte (z. B. Lohnersatzleistungen) übertragen werden.
  • Internationale Fälle im Fokus: Besonders relevant ist das Urteil für Steuerpflichtige mit Auslandseinkünften, die nach einem DBA steuerfrei gestellt werden.
  • Klarstellung für Berater: In der Gestaltungspraxis wird die Möglichkeit, über die Ausnahmen eine Progressionswirkung zu vermeiden, deutlich eingeschränkt.

Fazit

Der BFH hat den Anwendungsbereich der Ausnahmen vom Progressionsvorbehalt klar eingegrenzt. Steuerpflichtige mit Auslandseinkünften sollten daher genau prüfen, ob die Voraussetzungen tatsächlich vorliegen. Für andere progressionsrelevante Einkünfte bleibt es bei der regulären Anwendung des Progressionsvorbehalts.

👉 Sie haben Einkünfte aus dem Ausland oder beziehen steuerfreie Leistungen und fragen sich, wie sich das auf Ihre Steuerlast auswirkt? Sprechen Sie uns an – wir prüfen Ihre individuelle Situation und zeigen Ihnen Gestaltungsmöglichkeiten.

Gewerbe- und Grundsteuer 2024: Rekordeinnahmen trotz regionaler Rückgänge

Die Gemeinden in Deutschland haben im Jahr 2024 erneut einen Höchststand bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer erzielt. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) flossen rund 75,3 Milliarden Euro in die Gemeindekassen – ein leichtes Plus von 0,2 % gegenüber dem Vorjahr. Damit steigen die Gewerbesteuereinnahmen bereits im vierten Jahr in Folge, trotz regional sehr unterschiedlicher Entwicklungen.


Gewerbesteuer: Rekord auf Bundesebene – Rückgänge in vielen Ländern

Während die Gesamtentwicklung positiv ist, zeigt sich ein gemischtes Bild auf Landesebene:

  • Starke Zuwächse gab es u. a. in Mecklenburg-Vorpommern (+9,8 %), Rheinland-Pfalz (+9,0 %) und im Stadtstaat Bremen (+13,5 %).
  • Deutliche Rückgänge verzeichneten dagegen Sachsen-Anhalt (-9,9 %), das Saarland (-5,0 %) und Thüringen (-5,0 %). Auch die Stadtstaaten Hamburg (-9,3 %) und Berlin (-3,2 %) nahmen weniger ein.

Für Unternehmen bedeutet das: Die Belastung durch die Gewerbesteuer kann je nach Standort sehr unterschiedlich sein und sollte bei Investitions- und Standortentscheidungen weiterhin genau im Blick behalten werden.


Grundsteuer: Anstieg und Reform im Blick

Auch die Grundsteuereinnahmen legten zu:

  • Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliches Vermögen): 0,4 Mrd. € (+2,9 %).
  • Grundsteuer B (Grundstücke): 15,6 Mrd. € (+3,8 %).

Seit dem 1. Januar 2025 gilt zudem die Grundsteuerreform. Durch die sogenannte Länderöffnungsklausel wenden einzelne Bundesländer bereits eigene Modelle an. Für Eigentümer bedeutet das: Die Belastung hängt künftig stärker vom jeweiligen Bundesland und den neuen Hebesätzen der Gemeinden ab.


Gesamteinnahmen und Hebesätze

  • Insgesamt nahmen die Gemeinden 2024 aus Realsteuern (Gewerbe- und Grundsteuer) rund 91,4 Mrd. Euro ein – ein Plus von 0,8 %.
  • Die durchschnittlichen Hebesätze lagen bei:
    • Gewerbesteuer: 409 % (+2 Prozentpunkte)
    • Grundsteuer A: 362 % (+7 Prozentpunkte)
    • Grundsteuer B: 506 % (+13 Prozentpunkte)

Fazit: Was heißt das für Unternehmer und Eigentümer?

  • Unternehmen sollten die Entwicklung der Hebesätze an ihrem Standort im Blick behalten, da diese maßgeblich über die Höhe der Gewerbesteuerbelastung entscheiden.
  • Immobilienbesitzer müssen ab 2025 mit Veränderungen durch die Grundsteuerreform rechnen. Abhängig von Region und Hebesatz kann die Belastung steigen oder sinken.

👉 Wir empfehlen, frühzeitig zu prüfen, welche Auswirkungen die neuen Regeln auf Ihre persönliche Steuerlast haben können. Gerne unterstützen wir Sie dabei mit einer individuellen Berechnung.

Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV): Transparenz und Fairness bei den Beratungskosten

Einleitung

Steuerberatung ist ein freier Beruf, der auf einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Steuerberater beruht. Neben der klassischen Hilfeleistung in Steuersachen umfasst das Tätigkeitsspektrum häufig auch betriebswirtschaftliche Beratung und individuelle Begleitung bei wichtigen Entscheidungen.
Damit Mandanten jederzeit auf nachvollziehbare und faire Honorare vertrauen können, gilt in Deutschland die Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV). Sie sorgt für einheitliche Qualitäts- und Preisstandards und bildet die Grundlage für die Abrechnung der steuerlichen Leistungen.


Was regelt die StBVV?

Die StBVV schreibt vor, wie Steuerberater ihre Leistungen in den sogenannten Vorbehaltsaufgaben (z. B. Steuererklärungen, Buchführung, Jahresabschlüsse, Vertretung vor dem Finanzamt) abrechnen müssen.
Wesentliche Grundsätze:

  • Transparenz: Mandanten sollen die Kosten nachvollziehen können.
  • Fairness: Keine überhöhten Honorare, sondern ein angemessenes Verhältnis von Leistung und Vergütung.
  • Flexibilität: Die Gebührenrahmen ermöglichen, die Besonderheiten des einzelnen Falls zu berücksichtigen.

Gebührenmodelle im Überblick

Die StBVV sieht verschiedene Abrechnungsarten vor:

  • Wertgebühren: orientieren sich am Gegenstandswert (z. B. Höhe der Einkünfte oder Steuerdifferenzen).
  • Zeitgebühren: 16,50 – 41,00 € pro angefangener Viertelstunde (ab 1. Juli 2025 verbindlich im 15-Minuten-Takt).
  • Betragsrahmengebühren: gesetzlich festgelegte Mindest- und Höchstbeträge für bestimmte Tätigkeiten.
  • Auslagenpauschalen: z. B. für Post- und Telekommunikationskosten.

Vergütungsvereinbarungen: Wann sie sinnvoll sind

Neben den gesetzlichen Gebühren können Steuerberater mit ihren Mandanten individuelle Vergütungsvereinbarungen treffen, z. B.:

  • Feste Stundensätze für Beratungen (z. B. 250 € pro Stunde),
  • Pauschalen für wiederkehrende Leistungen,
  • Kombinationen aus gesetzlicher Gebühr und Vereinbarung.

Vorteile:

  • Klare Planbarkeit für beide Seiten,
  • Möglichkeit, höhere Komplexität oder zusätzliche Leistungen angemessen zu honorieren,
  • Sicherheit, dass sich auch kleinere oder besonders zeitintensive Mandate wirtschaftlich abbilden lassen.

Mandantenkommunikation: Transparenz schafft Vertrauen

Für viele Mandanten sind Steuerberaterhonorare schwer greifbar. Daher gilt:

  • Klare Auftragsdefinition: Welche Leistungen sind umfasst, was gehört nicht dazu?
  • Transparente Rechnungstellung: Aufschlüsselung von Tätigkeiten und Gegenstandswerten.
  • Hinweise auf Zusatzleistungen: Mandanten sollten verstehen, welche Arbeiten über die Grundaufgaben hinausgehen (z. B. Digitalisierung, Bescheidprüfung, Zusatzmeldungen).

Eine offene Kommunikation über Honorare trägt wesentlich dazu bei, spätere Missverständnisse zu vermeiden und die Zusammenarbeit zu stärken.


Fazit

Die StBVV schafft Rechtssicherheit und Fairness:

  • Mandanten wissen, dass die Honorare nicht willkürlich festgelegt sind,
  • Steuerberater erhalten eine leistungsgerechte Vergütung,
  • Beide Seiten profitieren von klaren Regeln und Transparenz.

Durch individuelle Vergütungsvereinbarungen lassen sich zudem flexible Lösungen finden, die sowohl den Anforderungen des Mandats als auch den Erwartungen der Mandanten gerecht werden.


👉 Wenn Sie mehr über unsere Honorargestaltung erfahren möchten oder eine individuelle Beratung wünschen, sprechen Sie uns jederzeit gerne an.

Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes


Am 07. August 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) veröffentlicht.

Der Entwurf knüpft inhaltlich an den früheren Entwurf zur Neuregelung beschränkter und unentgeltlicher Hilfeleistung in Steuersachen (BT-Drs. 20/8669) an, der mit dem Ende der letzten Legislaturperiode der Diskontinuität unterlag.


Zentrale Inhalte des Entwurfs

1. Neuregelung der beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen

  • Konkretisierung, wer in welchem Umfang steuerliche Hilfe erbringen darf.
  • Ziel: Rechtssicherheit und Klarheit für nicht-berufsmäßige Helfer.

2. Erweiterung der unentgeltlichen Hilfeleistung

  • Erlaubnis für Tax Law Clinics an Hochschulen oder im Hochschulumfeld.
  • Studierende können unter fachlicher Anleitung praktische Erfahrungen sammeln.

3. Modernisierung der Vorschriften über Lohnsteuerhilfevereine

  • Anpassungen an aktuelle Beratungsrealitäten.
  • Teilweise Modifikationen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf.

4. Wegfall des Leitungserfordernisses bei weiteren Beratungsstellen

  • Steuerberater:innen müssen künftig nicht mehr zwingend persönlich jede Beratungsstelle leiten.
  • Ziel: organisatorische Flexibilisierung.

5. Sicherstellung des Fremdbesitzverbots

  • Neue Vorschriften zur Beteiligung von Wirtschaftsprüfungs- und Buchprüfungsgesellschaften an steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften.
  • Klarstellung: Fremdbesitzverbot bleibt gewahrt.

6. Erweiterung der Vollmachtvermutung in der AO

  • Künftig auch Notare und Patentanwälte in die Vollmachtvermutung einbezogen.
  • Vereinfachung bei der Kommunikation mit der Finanzverwaltung.

Bedeutung für die Praxis

  • Für Steuerberater:innen: Mehr Flexibilität bei Niederlassungen, klare Regeln bei Kooperationen mit WP-/Buchprüfungsgesellschaften.
  • Für Hochschulen: Förderung praxisorientierter Ausbildung durch Tax Law Clinics.
  • Für Mandanten: Vereinfachte Verfahren, wenn Notare oder Patentanwälte einbezogen sind.
  • Für Lohnsteuerhilfevereine: Anpassung an moderne Beratungsanforderungen.

Übersicht: Änderungen durch das 9. StBerG-Änderungsgesetz (Entwurf, 07.08.2025)

ThemaBisherige RegelungGeplante Änderung
Beschränkte Hilfeleistung in SteuersachenTeilweise unklare Abgrenzung, wer in welchem Umfang steuerlich beraten darfPräzisierte Befugnisregelungen – klare Vorgaben für zulässige beschränkte Hilfe
Unentgeltliche HilfeleistungNur sehr eingeschränkt möglichErweiterung: Einrichtung von Tax Law Clinics an Hochschulen erlaubt
LohnsteuerhilfevereineRegelungen teilweise veraltetModernisierte Vorschriften, angepasst an aktuelle Beratungsrealitäten
Leitung weiterer BeratungsstellenJede Beratungsstelle musste durch eine/n Steuerberater/in persönlich geleitet werdenWegfall des Leitungserfordernisses – mehr organisatorische Flexibilität
FremdbesitzverbotGefahr von Unklarheiten bei Beteiligungen von WP-/BuchprüfungsgesellschaftenNeue Vorschrift zur Sicherstellung des Fremdbesitzverbots
Vollmachtvermutung (AO)Nur für Steuerberater:innen und RechtsanwälteErweiterung: künftig auch für Notare und Patentanwälte

Fazit

Der Entwurf zur Änderung des StBerG setzt die Modernisierung des Berufsrechts fort. Besonders hervorzuheben sind die Öffnung für neue Ausbildungsformate (Tax Law Clinics), die Flexibilisierung bei Beratungsstellen und die Stärkung des Fremdbesitzverbots.

Damit wird der rechtliche Rahmen für steuerberatende Berufe klarer und zeitgemäßer gestaltet.

👉 Das vollständige Schreiben finden Sie auf der Homepage des BMF.

Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO)


Am 13. August 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Rahmen eines koordinierten Ländererlasses (Az. IV D 1 – S 0062/00119/001/001) Änderungen des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) veröffentlicht.


Betroffene Vorschriften

Der AEAO wurde in folgenden Bereichen angepasst:

  • § 30 AO – Schutz von Steuergeheimnissen
  • § 87a AO – Elektronische Kommunikation
  • § 87d AO – Bekanntgabe elektronischer Dokumente
  • § 122 AO – Bekanntgabe von Verwaltungsakten
  • § 154 AO – Kontenwahrheit und Kontenabruf
  • § 165 AO – Vorläufige Steuerfestsetzung
  • § 172 AO – Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden
  • § 197 AO – Außenprüfung
  • § 219 AO – Säumniszuschläge
  • § 235 AO – Hinterziehungszinsen
  • § 363 AO – Ruhen des Einspruchsverfahrens
  • § 367 AO – Einspruchsentscheidung

Hintergrund

Mit den Änderungen reagiert das BMF auf:

  • aktuelle gesetzliche Anpassungen (z. B. im Bereich elektronische Kommunikation und Bekanntgabe),
  • neue Anforderungen an die Verwaltungspraxis, insbesondere beim Kontenabrufverfahren und bei der Bekanntgabe von Bescheiden,
  • Rechtsprechung des BFH sowie Anpassungsbedarf aus der Finanzverwaltungspraxis.

Praxisrelevanz

Für Steuerpflichtige und Berater ergeben sich insbesondere folgende Konsequenzen:

  • Elektronische Kommunikation: Konkretisierungen bei der Wirksamkeit von elektronischen Bekanntgaben (§§ 87a, 87d, 122 AO).
  • Kontenabrufverfahren: Verschärfte Vorgaben zur Prüfung und Dokumentation (§ 154 AO).
  • Steuerfestsetzung: Neue Klarstellungen zu vorläufigen Bescheiden und zu Änderungsmöglichkeiten (§§ 165, 172 AO).
  • Verfahrensrecht: Präzisierungen zum Ruhen von Einspruchsverfahren und zur Einspruchsentscheidung (§§ 363, 367 AO).

Damit steigt die Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation und der rechtzeitigen Reaktion auf Verwaltungsakte, insbesondere im digitalen Verfahren.

Übersicht der Änderungen im AEAO (Stand 13.08.2025)

Paragraf (AO)Änderung im AEAOPraktische Auswirkung für Steuerpflichtige / Berater
§ 30 AO – SteuergeheimnisPräzisierungen zur DatenweitergabeKlare Vorgaben, wann Finanzämter Daten nutzen oder weitergeben dürfen
§ 87a AO – Elektronische KommunikationAnpassungen an digitale VerfahrenMehr Rechtssicherheit bei elektronischer Kommunikation mit dem Finanzamt
§ 87d AO – Bekanntgabe elektronischer DokumenteNeue Regelungen zur WirksamkeitBekanntgabe über ELSTER & Co. gilt als erfolgt, auch wenn Nachricht nicht abgerufen wird
§ 122 AO – Bekanntgabe von VerwaltungsaktenKonkretisierung elektronischer ZustellungSteuerpflichtige müssen Postfächer regelmäßig prüfen, sonst droht Fristversäumnis
§ 154 AO – Kontenwahrheit / KontenabrufVerschärfte DokumentationspflichtenBanken & Finanzämter prüfen stärker, Steuerpflichtige müssen Angaben nachvollziehbar machen
§ 165 AO – Vorläufige SteuerfestsetzungKlarstellung der AnwendungsfälleSteuerbescheide können häufiger vorläufig ergehen – Bescheide bleiben „offen“
§ 172 AO – Änderung von SteuerbescheidenErweiterung der ÄnderungsmöglichkeitenErhöhte Aufmerksamkeit nötig: Finanzamt kann Bescheide unter Umständen länger ändern
§ 197 AO – AußenprüfungKonkretisierung der PrüfungsanordnungPrüfungsumfang klarer geregelt, aber auch mehr Möglichkeiten für die Finanzverwaltung
§ 219 AO – SäumniszuschlägePräzisierungen zur BerechnungEinheitlichere Handhabung, aber kaum Entlastung für Steuerpflichtige
§ 235 AO – HinterziehungszinsenKlarstellungen zum Beginn der VerzinsungZinsen laufen früher an – Risiko höherer Nachzahlungen
§ 363 AO – Ruhen des EinspruchsPräzisierungen zu VoraussetzungenEinspruchsverfahren können häufiger ruhen, z. B. bei anhängigen Musterverfahren
§ 367 AO – EinspruchsentscheidungKonkretisierung des PrüfungsumfangsFinanzamt muss Einsprüche umfassend prüfen, kann aber auch andere Punkte neu aufrollen

Fazit

Die Änderungen des AEAO zeigen, dass das Steuerverfahrensrecht zunehmend an die digitale Verwaltungspraxis angepasst wird. Für Steuerpflichtige bedeutet dies vor allem:

  • mehr Klarheit, aber auch striktere Regeln bei elektronischer Bekanntgabe,
  • erhöhte Anforderungen an die Mitwirkung und Nachweispflichten,
  • größere Aufmerksamkeit bei Einspruchs- und Änderungsverfahren.

👉 Das vollständige Schreiben finden Sie auf der Homepage des BMF.