Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Körperschaftsteuer: Bewertung einer verdeckten Gewinnausschüttung – Kosten- oder Vergleichsmiete?

Das Finanzgericht Niedersachsen hat entschieden, dass bei der Bewertung einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) für den Fremdvergleich die Kostenmiete und nicht die Vergleichsmiete maßgeblich ist – selbst wenn die Kapitalgesellschaft neben der an die Gesellschafterin vermieteten Immobilie auch weitere Immobilien vermietet.

Hintergrund

Verdeckte Gewinnausschüttungen entstehen, wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vorteil zuwendet, den ein fremder Dritter unter gleichen Umständen nicht erhalten hätte.
Im Streitfall ging es um die Vermietung einer Immobilie an die Gesellschafterin. Fraglich war, wie der angemessene Mietzins im Fremdvergleich zu ermitteln ist:

  • Kostenmiete: orientiert sich an den tatsächlichen Aufwendungen der Gesellschaft (z. B. Finanzierung, Instandhaltung, Abschreibungen).
  • Vergleichsmiete: orientiert sich an den marktüblichen Mieten vergleichbarer Objekte.

Das FG Niedersachsen entschied, dass die Kostenmiete der richtige Maßstab ist – auch wenn die Gesellschaft mehrere Immobilien vermietet.

Bedeutung der Entscheidung

Die Entscheidung ist von erheblicher praktischer Relevanz, da sie über den Einzelfall hinaus Auswirkungen auf die Bewertung von verdeckten Gewinnausschüttungen haben könnte. Gerade bei Immobiliengesellschaften, die sowohl an Gesellschafter als auch an fremde Dritte vermieten, stellt sich regelmäßig die Frage nach dem angemessenen Mietansatz.

Offene Fragen beim BFH

Die Revision ist beim I. Senat des BFH anhängig. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine Entscheidung des VIII. Senats:

  • Allein die Möglichkeit der privaten Nutzung eines betrieblichen Wirtschaftsguts führt noch nicht zu einer vGA.
  • Zur Bewertung ließ der BFH offen, ob die Vergleichsmiete heranzuziehen ist – das Verfahren wurde an das Hessische FG zurückverwiesen.

Damit bleibt die Frage, ob künftig Kosten- oder Vergleichsmiete der maßgebliche Bewertungsmaßstab ist, weiterhin offen.

Fazit für die Praxis

  • Unternehmen, die Immobilien an Gesellschafter vermieten, sollten die aktuelle Rechtsprechung genau beobachten.
  • Bis zur Klärung durch den BFH empfiehlt es sich, beide Berechnungsmethoden zu dokumentieren und Sachverhalte offen zu halten.
  • Eine klare höchstrichterliche Linie könnte erhebliche Auswirkungen auf die Gestaltung und steuerliche Behandlung von Gesellschafterimmobilien haben.

📌 Praxis-Hinweis: Steuerpflichtige sollten bei Vermietung an Gesellschafter die Mietkalkulation transparent dokumentieren. Nur so lässt sich im Falle einer Betriebsprüfung argumentieren, dass kein unangemessener Vorteil und damit keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt.

Erbschaftsteuer: Zählen Gesellschafter-Vergütungen zur Lohnsumme?

Lohnsummenregelung: BFH muss über Gesellschafter-Vergütungen entscheiden

Das Finanzgericht Münster hat ein für Steuerpflichtige erfreuliches Urteil gefällt: Bei der Berechnung der Lohnsumme nach § 13a Abs. 4 ErbStG sind auch Vergütungen an Gesellschafter einer Personengesellschaft einzubeziehen – selbst wenn diese ertragsteuerlich als Sonderbetriebseinnahmen behandelt werden.

Hintergrund

Die Lohnsummenregelung ist für die steuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer entscheidend. Wird die erforderliche Lohnsumme innerhalb des maßgeblichen Zeitraums unterschritten, droht der Wegfall der Begünstigung.

Streitpunkt war die Frage, ob Vergütungen an Gesellschafter-Geschäftsführer einer Personengesellschaft in die Lohnsumme einfließen dürfen.

  • Auffassung der Finanzverwaltung (ErbStH): Sondervergütungen an Gesellschafter bleiben unberücksichtigt.
  • Urteil des FG Münster: Angemessene Vergütungen sind zu berücksichtigen – maßgeblich ist allein die handelsrechtliche Behandlung als Aufwand.

Bedeutung der Entscheidung

Nach dieser Sichtweise gehören zur Lohnsumme alle Löhne und Gehälter, die als Aufwand in der Handelsbilanz erscheinen – unabhängig von der steuerlichen Qualifikation. Das eröffnet insbesondere bei Personengesellschaften interessante Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Einhaltung der Lohnsummenregelung.

Aber: Verfahren beim BFH anhängig

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Der II. Senat des BFH wird über die Frage abschließend entscheiden. Bis dahin gilt:

  • Steuerpflichtige in vergleichbaren Fällen sollten ihre Bescheide unbedingt offenhalten.
  • Einspruch einlegen und auf das Verfahren beim BFH verweisen.

Fazit

Das Urteil des FG Münster stärkt die Position der Steuerpflichtigen bei der Lohnsummenregelung erheblich. Sollte der BFH die Entscheidung bestätigen, könnten Vergütungen an Gesellschafter-Geschäftsführer künftig lohnsteuerlich anerkannt und erbschaftsteuerlich vorteilhaft berücksichtigt werden.


📌 Praxis-Hinweis: Wer Betriebsvermögen überträgt, sollte die aktuelle Rechtsprechung zur Lohnsummenregelung im Blick behalten. Ein offener Einspruch kann im Erbfall steuerliche Vorteile sichern.

Freiberuflich oder gewerblich: Wann Tätowierer als Künstler gelten

Das Finanzgericht Düsseldorf hat entschieden, dass die Tätigkeit eines Tätowierers künstlerisch und damit freiberuflich sein kann. In diesem Fall unterliegen die erzielten Einkünfte nicht der Gewerbesteuer.

Künstlerische Tätigkeit – wann liegt sie vor?

  • Freiberuflich (künstlerisch): Der Tätowierer gestaltet und entwickelt die Tattoo-Motive selbst. Dabei darf er auch die Vorstellungen des Kunden einbeziehen, selbst wenn er insoweit weisungsgebunden ist. Entscheidend ist, dass er durch die eigene schöpferische Gestaltung ein Unikat schafft.
  • Gewerblich: Der Tätowierer sticht lediglich vorgefertigte Vorlagen ab. In diesem Fall überwiegt der handwerkliche Aspekt. Eine Aufteilung in künstlerisch und gewerblich ist nicht möglich.

Rechtskräftige Entscheidung

Das Finanzgericht Düsseldorf hatte zunächst die Revision zugelassen. Da das Finanzamt diese aber nicht eingelegt hat, ist das Urteil inzwischen rechtskräftig. Tätowierer, die ihre Motive eigenständig entwickeln, können sich somit auf diese Entscheidung berufen.

Parallele zur Künstlersozialversicherung

Auch das Bundessozialgericht hat in einem vergleichbaren Fall entschieden: Tätowierer, die den Entwurf eines individuellen Motivs und dessen Umsetzung in einem Tattoo als Unikat zu einem Gesamtkunstwerk verweben, haben Anspruch auf Zugang zur Künstlersozialversicherung.

Fazit für die Praxis

  • Tätowierer mit eigenständiger künstlerischer Gestaltung gelten als Freiberufler und müssen keine Gewerbesteuer zahlen.
  • Wer hingegen ausschließlich standardisierte Vorlagen nutzt, wird steuerlich als Gewerbetreibender behandelt.
  • Der Einzelfall hängt maßgeblich von der Gestaltungstiefe und Schöpfungshöhe der Arbeit ab.

📌 Hinweis: Für Tätowierer, die ihre Tätigkeit bislang als gewerblich eingestuft haben, kann sich eine Überprüfung lohnen. Ggf. lässt sich die Tätigkeit steuerlich günstiger als freiberuflich einordnen – mit Auswirkungen auf Gewerbesteuer, IHK-Beiträge und die Absicherung über die Künstlersozialkasse.

Freier Beruf oder Gewerbe? Kfz-Sachverständiger braucht ingenieurmäßigen Nachweis

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung klargestellt: Ein Kfz-Meister, der als Kfz-Sachverständiger tätig ist, erzielt nicht automatisch freiberufliche Einkünfte. Entscheidend ist der Nachweis einer ingenieurähnlichen Tätigkeit – und hierfür reicht die bloße Gleichstellung des Meistertitels mit einem Bachelorabschluss nicht aus.

Hintergrund des Falls

Der betroffene Kfz-Meister argumentierte, dass sein Meisterabschluss nach dem Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) und dem Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) einem Bachelorabschluss gleichgestellt sei. Damit sei seine Vorbildung mit einem abgeschlossenen Ingenieurstudium vergleichbar – und seine Tätigkeit als Kfz-Sachverständiger sei somit als freiberufliche, nicht gewerbliche Tätigkeit einzustufen.

Der BFH stellte jedoch klar:

  • Eine freiberufliche Tätigkeit liegt auch dann vor, wenn ein ingenieurähnlicher Beruf ausgeübt wird.
  • Voraussetzung ist die Vergleichbarkeit sowohl der Ausbildung als auch der beruflichen Tätigkeit mit der eines Ingenieurs.
  • Die Ausbildung muss nicht zwingend ein Hochschulstudium sein. Auch Selbststudium oder berufspraktische Erfahrungen können ausreichen – wenn sie zu Kenntnissen in Breite und Tiefe führen, die einem Ingenieurstudium entsprechen.

Kein Automatismus durch Qualifikationsrahmen

Die Einstufung des Kfz-Meisters auf dem Qualifikationsniveau eines Bachelorabschlusses reicht nicht als Nachweis. Diese Zuordnung im EQR/DQR bezieht sich auf die allgemeine Vergleichbarkeit der Niveaustufen – nicht auf die konkrete inhaltliche Breite und Tiefe eines Ingenieurstudiums.

Was bedeutet das für Kfz-Sachverständige?

Wer als Kfz-Sachverständiger freiberuflich eingestuft werden möchte, muss konkret nachweisen, dass:

  • die Ausbildung mit einem Ingenieurstudium vergleichbar ist oder
  • im Rahmen der praktischen Berufsausübung ingenieurmäßige Kenntnisse und Methoden in ähnlicher Breite und Tiefe erworben und angewandt werden.

Dies kann etwa durch folgende Nachweise geschehen:

  • Dokumentation der eigenen Gutachten und Prüfberichte,
  • detaillierte Darstellung der angewandten technischen Methoden,
  • berufliche Fortbildungen oder Spezialisierungen,
  • ggf. Gutachten oder Stellungnahmen Dritter zur Vergleichbarkeit der Tätigkeit.

Fazit

Kfz-Meister, die als Sachverständige tätig sind, sollten nicht automatisch von einer freiberuflichen Einstufung ausgehen. Entscheidend ist der substantielle Nachweis ingenieurähnlicher Kenntnisse und Tätigkeiten. Andernfalls droht die Einstufung als gewerbliche Einkünfte – mit der Folge von Gewerbesteuerpflicht und ggf. IHK-Beiträgen.


📌 Praxis-Hinweis: Wer eine freiberufliche Anerkennung anstrebt, sollte seine Tätigkeit sorgfältig dokumentieren und im Zweifel fachlich prüfen lassen, ob die Voraussetzungen einer ingenieurähnlichen Tätigkeit erfüllt sind.

E-Bilanz: Neue Taxonomie 6.9 und Nichtbeanstandungsregelung für Kontennachweise

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat das Datenschema für die elektronische Bilanz (E-Bilanz) aktualisiert. Mit der Version 6.9 der Taxonomie ergeben sich für Unternehmen und Steuerberater wichtige Änderungen – insbesondere im Hinblick auf die künftig verpflichtende Übermittlung von unverdichteten Kontennachweisen.

Ab wann gilt die neue Taxonomie 6.9?

  • Grundsätzlich ist die Taxonomie für Bilanzen der Wirtschaftsjahre zu verwenden, die nach dem 31.12.2025 beginnen – also ab Wirtschaftsjahr 2026 bzw. 2026/2027.
  • Eine freiwillige Nutzung für das Wirtschaftsjahr 2025 (bzw. 2025/2026) ist zulässig.
  • Testübermittlungen sollen ab November 2025, Echtübermittlungen ab Mai 2026 möglich sein.

Hintergrund: Neue Pflicht zur Übermittlung von Kontennachweisen

Das Jahressteuergesetz 2024 sieht vor, dass bereits für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2024 beginnen, neben der Bilanz und GuV auch die unverdichteten Kontennachweise mit Kontensalden elektronisch übermittelt werden müssen.

Bisher erhielt die Finanzverwaltung nur verdichtete Salden auf Basis der E-Bilanz-Taxonomie. Künftig müssen die Sachkonten mit Kontonummer, Kontenbezeichnung, Kontosaldo und zugehöriger E-Bilanz-Position übertragen werden. Eine Übermittlung der Nebenbücher (z. B. Personenkonten, Einzelbuchungen) ist hingegen nicht erforderlich.

Dies betrifft alle Bilanzarten – also neben Jahresabschlüssen auch Eröffnungs-, Umwandlungs- und Aufgabebilanzen. Bei Personengesellschaften sind auch Sonder- und Ergänzungsbilanzen einzubeziehen.

Nichtbeanstandungsregelung: Übergang für Kontennachweise

Da die Umsetzung in der Praxis mit erheblichem Aufwand verbunden ist, gibt es eine Nichtbeanstandungsregelung:

  • Wird die E-Bilanz nach Taxonomie 6.9 zunächst ohne Kontennachweise übermittelt, beanstandet dies die Finanzverwaltung nicht.
  • Allerdings müssen die Kontennachweise auf anderem Weg (z. B. als PDF oder Excel) beim Finanzamt eingereicht werden.
  • In der Taxonomie ist ein Feld vorgesehen, in dem die Gründe für die fehlende elektronische Übermittlung anzugeben sind.

Damit erhalten Unternehmen und Steuerberater mehr Zeit für die notwendige Software-Umstellung und Prozessanpassung.

Weitere Ausweitungen ab 2028

Die Kontennachweise sind nur der Anfang: Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2027 beginnen, müssen zusätzlich elektronisch übermittelt werden:

  • Anlagenspiegel und Anlagenverzeichnis
  • Anhang, Lagebericht und Prüfungsbericht (sofern vorhanden)
  • Verzeichnis steuerlich abweichend bewerteter Wirtschaftsgüter
  • Verzeichnis der Anlagegüter

Die Finanzverwaltung verspricht sich hiervon mehr Effizienz und weniger Rückfragen. Kritiker – u. a. der Deutsche Steuerberaterverband – sehen jedoch einen erheblichen Bürokratieaufwand und Risiken für die Vertraulichkeit.

Fazit: Was Unternehmen jetzt tun sollten

  • Software und Prozesse anpassen: Prüfen Sie frühzeitig, ob Ihre Buchhaltungs- und Abschlusssysteme die Anforderungen der Taxonomie 6.9 erfüllen.
  • Kontennachweise vorbereiten: Auch wenn die Nichtbeanstandungsregelung gilt, sollten Unternehmen sicherstellen, dass sie die unverdichteten Kontensalden vollständig und prüfbar bereitstellen können.
  • Vergütungsvereinbarungen anpassen: Steuerberater sollten die erhöhten Compliance-Anforderungen in ihrer Honorarstruktur berücksichtigen.
  • Entwicklung im Blick behalten: Insbesondere die Ausweitung ab 2028 erfordert rechtzeitige organisatorische Vorkehrungen.

📌 Praxis-Tipp: Nutzen Sie die Übergangsregelung, um Ihre Systeme rechtzeitig fit für die erweiterten E-Bilanz-Pflichten zu machen. Wer erst im Echtbetrieb anpasst, riskiert Verzögerungen und unnötige Rückfragen durch das Finanzamt.

Muster für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung 2026 veröffentlicht

Am 29. August 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Schreiben IV C 5 – S 2533/00123/007/007 das Muster für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2026 veröffentlicht. Grundlage ist § 51 Abs. 4 Nr. 1 EStG, der das BMF ermächtigt, ein amtliches Muster zu bestimmen.

Wesentliche Inhalte des BMF-Schreibens

  • Der Ausdruck hat das Format DIN A4.
  • Abweichungen vom amtlichen Muster sind zulässig, wenn alle Angaben in gleicher Reihenfolge enthalten sind und Format sowie Aufbau dem Muster entsprechen.
  • Bei der Ausstellung sind die Vorgaben des BMF-Schreibens vom 5. September 2024 (BStBl I 2024, S. 1255) einzuhalten.
  • Neu ist, dass bei den vom Arbeitgeber berücksichtigten Lohnsteuerabzugsmerkmalen zwar weiterhin die Beiträge zur Kranken- und Pflege-Pflichtversicherung bescheinigt werden, die Bescheinigung des bislang unter Nummer 28 ausgewiesenen Teilbetrags der Vorsorgepauschale für private Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung jedoch entfällt.

Bedeutung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass die Lohnbuchhaltungssysteme rechtzeitig auf das neue Muster angepasst werden müssen. Arbeitnehmer sollten darauf achten, dass die Lohnsteuerbescheinigung 2026 dem aktuellen Muster entspricht, da diese Angaben Grundlage für die Erstellung der Einkommensteuererklärung sind.

Wo finde ich das Muster?

Das Muster für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung 2026 steht auf der Homepage des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zur Verfügung.

📌 Quelle: Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 29.08.2025

Gesetzliche Neuregelungen im September 2025

Bundesregierung, Pressemitteilung vom 28.08.2025

Im September 2025 treten verschiedene gesetzliche Änderungen und wichtige Regelungen in Kraft. Von der Datennutzung bei smarten Geräten über den Ausbau erneuerbarer Energien bis hin zu Naturschutzauflagen – ein Überblick über die wichtigsten Neuerungen:


EU-Data-Act gilt ab 12. September 2025: Mehr Kontrolle über Gerätedaten

Ab dem 12. September 2025 tritt der EU-Data-Act in Kraft. Er soll Nutzerinnen und Nutzern von vernetzten Geräten wie Autos, E-Bikes, Smart-TVs oder Kühlschränken mehr Kontrolle über die erhobenen Daten geben.

Hersteller müssen künftig transparent darlegen,

  • welche Daten gesammelt werden,
  • wie diese verwendet werden und
  • wie Nutzerinnen und Nutzer Zugriff auf ihre Daten erhalten können.

Damit wird ein einheitlicher Rechtsrahmen in der EU geschaffen, der die Datenhoheit der Verbraucherinnen und Verbraucher stärkt.


Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien werden beschleunigt

Zur Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien werden die immissionsschutzrechtlichen und wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren für Anlagen wie Wind- und Solaranlagen, Geothermie oder Wärmepumpen vereinfacht und digitalisiert.

Ein Kernpunkt ist die Einführung sogenannter Beschleunigungsgebiete für Windenergieanlagen an Land. Dort gelten vereinfachte Verfahren, auch für Energiespeicher am gleichen Standort. Trotz der Beschleunigung bleiben die Anforderungen des Umwelt- und Naturschutzes bestehen.


Heckenschnitt erst wieder ab 1. Oktober erlaubt

Noch bis zum 30. September 2025 gilt das jährliche Verbot für den radikalen Schnitt oder die Entfernung von Bäumen, Hecken, Gebüschen und anderen Gehölzen. Hintergrund ist der Schutz brütender Vögel und ihres Nachwuchses.

  • Erlaubt sind in dieser Zeit lediglich schonende Pflege- und Formschnitte.
  • Grundlage ist § 39 Abs. 5 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG).

Ab dem 1. Oktober 2025 dürfen umfassendere Schnittmaßnahmen wieder vorgenommen werden.


Bundesweiter Warntag am 11. September 2025

Am 11. September 2025 findet der jährliche bundesweite Warntag statt. Um 11:00 Uhr wird eine Probewarnung über alle verfügbaren Warnsysteme ausgelöst, um 11:45 Uhr folgt die Entwarnung.

Der Aktionstag ist eine Gemeinschaftsinitiative von Bund, Ländern und Kommunen. Ziel ist es, die Funktionsfähigkeit der Warnsysteme zu prüfen und die Bevölkerung für Notlagen zu sensibilisieren.


Fazit

Der September 2025 bringt Neuerungen, die sowohl Verbraucherinnen und Verbraucher als auch Unternehmen betreffen:

  • mehr Transparenz bei der Datennutzung,
  • schnellere Verfahren für den Ausbau erneuerbarer Energien,
  • Naturschutz durch Schnittverbote bis Monatsende,
  • sowie den jährlichen Testlauf der Warnsysteme.

BFH: Verlustnutzung nach Anwachsung einer zweigliedrigen KG auf eine GmbH

BFH, Urteil vom 19.03.2025 – XI R 2/23

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil klargestellt, dass Verluste einer zweigliedrigen Kommanditgesellschaft (KG), die durch Anwachsung auf eine GmbH beendet wird, weiterhin nutzbar bleiben. Damit stärkt das Gericht die steuerliche Planungssicherheit bei Umstrukturierungen.


Der Fall

  • Eine KG bestand aus zwei Gesellschaftern, darunter eine GmbH als Kommanditistin.
  • Mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters wuchs die KG auf die GmbH an – die Gesellschaft wurde damit beendet.
  • Streitpunkt war, ob die bis dahin festgestellten Verluste steuerlich auch in der GmbH nutzbar bleiben.

Die Entscheidung des BFH

Der BFH hat zugunsten der GmbH entschieden:

  1. § 15a EStG – verrechenbare Verluste
    • Der beim Kommanditisten festgestellte verrechenbare Verlust (§ 15a Abs. 4 EStG) geht auf die GmbH über.
    • Er kann mit zukünftigen Gewinnen der GmbH verrechnet werden.
    • Eine Umqualifizierung von „verrechenbar“ in „ausgleichsfähig“ findet nicht statt.
  2. § 10a GewStG – gewerbesteuerliche Verluste
    • Auch der bei der KG festgestellte gewerbesteuerliche Verlustvortrag bleibt erhalten.
    • Die GmbH kann diesen Verlust nach der Anwachsung nutzen.
  3. Unternehmenskontinuität
    • Der gewerbesteuerliche Grundsatz der Unternehmenskontinuität erfordert keine vollständige Fortführung der bisherigen Tätigkeit.
    • Entscheidend ist, dass die Tätigkeit der KG zum Zeitpunkt der Anwachsung nicht völlig eingestellt war.

Bedeutung für die Praxis

  • Gestaltungssicherheit: Bei Anwachsungen einer KG auf eine GmbH bleibt die Verlustnutzung möglich – sowohl einkommensteuerlich (§ 15a EStG) als auch gewerbesteuerlich (§ 10a GewStG).
  • Kein Verlust der Verlustvorträge: Weder durch Gesamtrechtsnachfolge noch durch Rechtsformwechsel werden die Verluste entwertet.
  • Wichtiger Hinweis für Umstrukturierungen: Dieses Urteil erleichtert steuerneutrale Gestaltungen, insbesondere bei Unternehmensnachfolge und -konsolidierung.

Fazit

Der BFH bestätigt: Verlustvorträge sind auch nach der Anwachsung einer zweigliedrigen KG auf eine GmbH nutzbar. Für die steuerliche Praxis bedeutet dies, dass Unternehmensumstrukturierungen in dieser Konstellation ohne Verlust von Steuersubstrat möglich sind – sofern die Tätigkeit der KG nicht vollständig beendet wurde.


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BFH: Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen eines Präventions- und Persönlichkeitstrainers

BFH, Urteil vom 30.04.2025 – XI R 5/24

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die Leistungen eines Präventions- und Persönlichkeitstrainers unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit sein können. Damit konkretisiert das Gericht die Anwendung der Umsatzsteuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL).


Hintergrund

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL sind bestimmte Leistungen im Bereich der Erziehung von Kindern und Jugendlichen von der Umsatzsteuer befreit. In Deutschland wird diese Regelung eng ausgelegt, sodass oft nur staatlich anerkannte Einrichtungen oder Schulen in den Genuss der Steuerbefreiung kommen.

Im Streitfall ging es um einen selbständigen Trainer, der Kurse zur Prävention, Persönlichkeitsentwicklung und sozialen Kompetenzförderung für Kinder und Jugendliche anbot. Fraglich war, ob diese Leistungen steuerfrei sind.


Die Entscheidung des BFH

Der BFH stellte klar:

  1. Begriff der „Erziehung“
    • Erziehung umfasst die planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und sittlichen Formung junger Menschen zu tüchtigen und mündigen Menschen.
    • Dazu können auch Maßnahmen gehören, die auf Prävention und Persönlichkeitsbildung abzielen.
  2. Keine zwingende förmliche Anerkennung
    • Auch ohne staatlich geregeltes Anerkennungsverfahren kann eine Einrichtung als begünstigt gelten, wenn sie inhaltlich auf die Erziehung von Kindern und Jugendlichen ausgerichtet ist.
  3. Gesamtzielsetzung entscheidend
    • Maßgeblich ist, ob die Gesamttätigkeit des Unternehmers objektiv auf Erziehungsziele ausgerichtet ist.

Bedeutung für die Praxis

  • Trainer und Coaches, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, können sich unter Umständen auf die Umsatzsteuerbefreiung berufen.
  • Entscheidend sind die pädagogischen Inhalte und die Zielrichtung der Leistungen – nicht allein eine formale Anerkennung.
  • Für Einrichtungen ohne formale Zulassung bietet das Urteil die Chance, dennoch als „Einrichtung gleicher Zielsetzung“ anerkannt zu werden.

Fazit

Das BFH-Urteil weitet die Möglichkeiten für die Umsatzsteuerbefreiung im Bildungs- und Erziehungsbereich aus. Präventions- und Persönlichkeitstrainer, die schwerpunktmäßig mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, sollten prüfen, ob ihre Leistungen künftig steuerfrei gestellt werden können.


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BFH zur Restschuldbefreiung und Nachhaftung bei Umsatzsteuerschulden im Insolvenzverfahren

BFH, Urteil vom 14.05.2025 – XI R 23/22

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat wichtige Grundsätze zur Restschuldbefreiung (§ 301 InsO) und zur Nachhaftung des Schuldners für Umsatzsteuerschulden nach Einstellung eines Insolvenzverfahrens (§ 211 InsO) bestätigt und konkretisiert.


Hintergrund

  • Im Insolvenzverfahren entstehen häufig Umsatzsteuerschulden als Masseverbindlichkeiten durch Handlungen des Insolvenzverwalters (z. B. Verwertung von Vermögenswerten).
  • Strittig war, ob der Schuldner nach Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens für solche Schulden mit seinem insolvenzfreien Vermögen nachhaftet – insbesondere dann, wenn Restschuldbefreiung erteilt wurde.

Kernaussagen des BFH

  1. Keine Restschuldbefreiung für Masseverbindlichkeiten
    • Masseverbindlichkeiten fallen nicht unter die Restschuldbefreiung (§ 301 Abs. 1 InsO).
  2. Zahlung ohne Rechtsgrund möglich
    • Eine Steuerzahlung ist auch dann „ohne rechtlichen Grund“ geleistet, wenn sie unter Protest erfolgt und der Steuerforderung eine dauerhafte Einrede entgegensteht.
  3. Keine persönliche Haftung während des Verfahrens
    • Beruhen Umsatzsteuerschulden ausschließlich auf Handlungen des Insolvenzverwalters, haftet der Schuldner nicht mit seinem insolvenzfreien Vermögen.
  4. Fortgeltung der Haftungsbeschränkung nach § 211 InsO
    • Wird das Verfahren wegen Masseunzulänglichkeit eingestellt (§ 211 InsO) und dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt, gilt die Haftungsbeschränkung fort.
    • Damit bleibt der Schuldner auch nach Einstellung des Verfahrens vor einer persönlichen Inanspruchnahme geschützt.

Bedeutung für die Praxis

  • Für Schuldner: Umsatzsteuerschulden, die allein auf Handlungen des Insolvenzverwalters beruhen, bleiben nach Restschuldbefreiung dauerhaft von der persönlichen Haftung ausgenommen.
  • Für Insolvenzverwalter: Die korrekte Behandlung von Umsatzsteuerforderungen als Masseverbindlichkeiten bleibt entscheidend.
  • Für die Finanzverwaltung: Grenzen für die Durchsetzung von Steuerforderungen gegen den Schuldner sind erneut bestätigt worden.

Fazit

Der BFH stärkt die Rechtssicherheit für Insolvenzschuldner: Auch nach Einstellung wegen Masseunzulänglichkeit und erteilter Restschuldbefreiung besteht keine persönliche Haftung für Umsatzsteuerschulden, die auf Handlungen des Insolvenzverwalters beruhen. Damit bleibt der Zweck der Restschuldbefreiung – ein wirtschaftlicher Neuanfang – gewahrt.


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