Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Keine umsatzsteuerfreie Vermietung an Prostituierte bei weiteren Zusatzleistungen

Mit Urteil vom 4. Juli 2019 (Az. 5 K 2423/17 U) hat der 5. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass die Vermietung von Zimmern an Prostituierte umsatzsteuerpflichtig ist, wenn der Vermieter zusätzliche Leistungen an die Mieterinnen (z. B. Werbung, Teilnahme am „Düsseldorfer Verfahren“ und Videoüberwachung) erbringt.

Die Klägerin vermietete Räume in einem ehemaligen Hotelgebäude ausschließlich an Prostituierte. Die monatliche Miete betrug pro Zimmer (10 m² mit Bad und Dusche) 900 Euro oder – bei kürzerer Mietdauer – 60 Euro täglich. Von der Miete behielt die Klägerin Beträge ein und führte diese an das Finanzamt im sog. „Düsseldorfer Verfahren“ ab. In den schriftlichen Mietverträgen wurden die Mieterinnen teilweise nur mit ihren „Künstlernamen“ bezeichnet. Auf einschlägigen Internetseiten warb die Klägerin für das Haus bzw. für einzelne Prostituierte. Schließlich waren im Eingangsbereich und im Flur des Gebäudes Überwachungskameras angebracht. Während das Finanzamt die Mietumsätze dem Regelsteuersatz unterwarf, ging die Klägerin von einer steuerfreien Grundstücksüberlassung aus.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Der 5. Senat des Finanzgerichts Münster ist im Rahmen einer Würdigung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis gekommen, dass im Streitfall keine reinen Grundstücksvermietungen vorlägen. Vielmehr habe aus Sicht der Mieterinnen die Möglichkeit der Prostitutionsausübung im Vordergrund gestanden. Dass die Klägerin ihr Zimmerangebot ausschließlich an Prostituierte richte, hierfür auf einschlägigen Internetseiten werbe und die Möglichkeit der bloß tageweisen Anmietung der Zimmer einräume, die beträchtliche Höhe der Miete sowie die Beteiligung an der Werbung für die Prostituierten machten aus der Immobilie einen bordellartigen Betrieb. Hierfür spreche auch die Teilnahme am „Düsseldorfer Verfahren“, das ein vereinfachtes Steuervorauszahlungsverfahren für Bordellbetreiber darstelle. Die hierfür erforderliche Anwesenheitskontrolle habe der Geschäftsführer der Klägerin täglich vorgenommen, was bei einer bloßen Grundstücksüberlassung untypisch sei. Ungewöhnlich sei auch die Möglichkeit, dass sich mehrere Mieterinnen ein Zimmer teilen konnten. Zudem habe die Klägerin den Mieterinnen bereits bei Abschluss der Mietverträge unter den „Künstlernamen“ Anonymität gewährt. Schließlich habe die angebrachte Videokamera den Mieterinnen ein Sicherheitsgefühl verschafft, was ebenfalls für einen Bordellbetrieb typisch sei.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.08.2019 zum Urteil 5 K 2423/17 vom 04.07.2019

Keine umsatzsteuerfreie Vermietung an Prostituierte bei weiteren Zusatzleistungen

Mit Urteil vom 4. Juli 2019 (Az. 5 K 2423/17 U) hat der 5. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass die Vermietung von Zimmern an Prostituierte umsatzsteuerpflichtig ist, wenn der Vermieter zusätzliche Leistungen an die Mieterinnen (z. B. Werbung, Teilnahme am „Düsseldorfer Verfahren“ und Videoüberwachung) erbringt.

Die Klägerin vermietete Räume in einem ehemaligen Hotelgebäude ausschließlich an Prostituierte. Die monatliche Miete betrug pro Zimmer (10 m² mit Bad und Dusche) 900 Euro oder – bei kürzerer Mietdauer – 60 Euro täglich. Von der Miete behielt die Klägerin Beträge ein und führte diese an das Finanzamt im sog. „Düsseldorfer Verfahren“ ab. In den schriftlichen Mietverträgen wurden die Mieterinnen teilweise nur mit ihren „Künstlernamen“ bezeichnet. Auf einschlägigen Internetseiten warb die Klägerin für das Haus bzw. für einzelne Prostituierte. Schließlich waren im Eingangsbereich und im Flur des Gebäudes Überwachungskameras angebracht. Während das Finanzamt die Mietumsätze dem Regelsteuersatz unterwarf, ging die Klägerin von einer steuerfreien Grundstücksüberlassung aus.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Der 5. Senat des Finanzgerichts Münster ist im Rahmen einer Würdigung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis gekommen, dass im Streitfall keine reinen Grundstücksvermietungen vorlägen. Vielmehr habe aus Sicht der Mieterinnen die Möglichkeit der Prostitutionsausübung im Vordergrund gestanden. Dass die Klägerin ihr Zimmerangebot ausschließlich an Prostituierte richte, hierfür auf einschlägigen Internetseiten werbe und die Möglichkeit der bloß tageweisen Anmietung der Zimmer einräume, die beträchtliche Höhe der Miete sowie die Beteiligung an der Werbung für die Prostituierten machten aus der Immobilie einen bordellartigen Betrieb. Hierfür spreche auch die Teilnahme am „Düsseldorfer Verfahren“, das ein vereinfachtes Steuervorauszahlungsverfahren für Bordellbetreiber darstelle. Die hierfür erforderliche Anwesenheitskontrolle habe der Geschäftsführer der Klägerin täglich vorgenommen, was bei einer bloßen Grundstücksüberlassung untypisch sei. Ungewöhnlich sei auch die Möglichkeit, dass sich mehrere Mieterinnen ein Zimmer teilen konnten. Zudem habe die Klägerin den Mieterinnen bereits bei Abschluss der Mietverträge unter den „Künstlernamen“ Anonymität gewährt. Schließlich habe die angebrachte Videokamera den Mieterinnen ein Sicherheitsgefühl verschafft, was ebenfalls für einen Bordellbetrieb typisch sei.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.08.2019 zum Urteil 5 K 2423/17 vom 04.07.2019

Änderungsbefugnis nach § 174 Abs. 4 Abgabenordnung

Eine Änderung nach § 174 Abs. 4 AO ist auch zulässig, wenn das FA – abweichend von der im Gesetz angelegten Reihenfolge – zuerst den auf § 174 Abs. 4 AO gestützten Steuerbescheid erlässt oder ändert und erst dann die Aufhebung oder Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen durchführt, auf der die Änderung nach § 174 Abs. 4 AO beruht. Dies setzt voraus, dass die Aufhebung oder Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen vor Erlass der Einspruchsentscheidung über den Einspruch gegen den nach § 174 Abs. 4 AO geänderten Steuerbescheid erfolgt ist. Das entschied der 13. Senat des Finanzgerichts mit Urteil vom 9. Februar 2018 (Az. 13 K 89/17). Der Bundesfinanzhof hat die Revision zugelassen (Az. VI R 20/19).

Die Klägerin hatte im Jahr 2007 landwirtschaftlich genutzte Grundstücke veräußert, die zuletzt verpachtet waren. Das beklagte Finanzamt (FA) unterwarf die Veräußerung im Einkommensteuerbescheid 2007 in vollem Umfang der sog. Bodengewinnbesteuerung, weil die Grundstücke bis zur Veräußerung zu einem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen der Klägerin gehört hätten. Nachdem das Finanzgericht in einem Aussetzungsverfahren entschieden hatte, dass der Veräußerungsgewinn je zur Hälfte im Jahr 2007 und im Jahr 2008 zu versteuern sei, änderte das FA die Einkommensteuer 2007 mit Bescheid vom 17. September 2014 zu Gunsten und die Einkommensteuer 2008 mit Bescheid vom 15. September 2014 zu Lasten der Klägerin ab, indem es den Veräußerungsgewinn in den beiden Veranlagungszeiträumen je zur Hälfte erfasste. Die gegen die Änderungsbescheide erhobenen Einsprüche blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidungen vom 18. November 2016 für 2007 und vom 13. Dezember 2016 für 2008). Mit den hiergegen erhobenen Klagen wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Besteuerung des Veräußerungsgewinns. Das Klageverfahren betreffend Einkommensteuer 2007 wurde unter dem Az. 13 K 3773/16 geführt und mit Urteil des Senats vom 9. Februar 2018 entschieden (vgl.Newsletter 2/2019 ). Mit ihrer Klage gegen den nach § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid 2008 bestritt die Klägerin eine Änderungsbefugnis des FA und berief sich auf Festsetzungsverjährung. In der Sache machte sie wie für das Jahr 2007 geltend, die Bodengewinnbesteuerung hätte wegen einer früheren Betriebsaufgabe nicht durchgeführt werden dürfen.

Dem folgte das Finanzgericht nicht. Die ursprüngliche Einkommensteuerfestsetzung 2008 hätte zwar mit Ablauf des Jahres 2013 grundsätzlich nicht mehr geändert werden dürfen. Die Einkommensteuerklärung 2008 sei im November 2009 eingereicht worden und die regelmäßige Festsetzungsfrist daher zum Jahresende 2013 abgelaufen (§§ 169 Abs. 2 Nr. 2, 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO). Das FA sei aber nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO zur Änderung der Einkommensteuer 2008 befugt gewesen: Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird (hier der Einkommensteuerbescheid 2007), so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Für den Erlass eines rechtmäßigen Änderungsbescheids nach § 174 Abs. 4 AO reiche es aus, dass die Voraussetzungen für die Änderung – insbesondere die Änderung des Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen – bis zur Entscheidung über den Einspruch gegen den auf § 174 Abs. 4 AO gestützten Änderungsbescheid vorliegen. Das sei hier der Fall.

Das FA sei bei Erlass des geänderten Einkommensteuerbescheids für 2007 zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der streitbefangene Veräußerungsgewinn der Bodenbesteuerung unterliege. Das FA habe aber anfänglich nicht berücksichtigt, dass der Veräußerungsgewinn den Veranlagungszeiträumen 2007 und 2008 jeweils hälftig zuzuordnen sei. Das FA habe den Sachverhalt insoweit i. S. d. § 174 Abs. 4 Satz 1 AO „irrig“ beurteilt. Der Umstand, dass das FA in der Folge bei Erlass der Einkommensteueränderungsbescheide für 2007 vom 17. September 2014 und für 2008 vom 15. September 2014 abweichend von der im Gesetz angelegten Reihenfolge den Änderungsbescheid für 2008 schon vor der Änderung des Bescheids für 2007 erlassen habe, sei unschädlich. Denn für die Rechtmäßigkeit des aufgrund § 174 Abs. 4 AO geänderten Einkommensteuerbescheids 2008 reiche es aus, dass zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung über den Einkommensteuerbescheid 2008 am 13. Dezember 2016 die Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 2007 erfolgt gewesen sei. Es sei also insoweit zulässig, zuerst den zweiten Bescheid zu ändern oder zu erlassen, und erst dann den ersten Bescheid aufgrund des Rechtsbehelfs oder Antrags des Steuerpflichtigen aufzuheben oder zu ändern, vorausgesetzt, dass diese Aufhebung oder Änderung des ersten Bescheids – wie im Streitfall – vor Erlass der Einspruchsentscheidung über den Einspruch gegen den zweiten Bescheid erfolgte.

Der reguläre Ablauf der Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2013 habe der Änderung des Einkommensteuerbescheids 2008 nicht entgegengestanden. Denn nach § 174 Abs. 4 Satz 3 AO ist der Ablauf der Festsetzungsfrist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. Entsprechendes müsse gelten, wenn – wie im Streitfall – die steuerlichen Folgerungen sogar schon zwei Tage vor der Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen würden.

Eine Durchbrechung der Festsetzungsfrist sei im Streitfall auch nicht etwa dadurch ausgeschlossen, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem der später im Einspruchsverfahren geänderte Einkommensteuerbescheid für 2007 erging, die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung für 2008, bei der der Sachverhalt richtigerweise hätte berücksichtigt werden müssen, bereits abgelaufen war (§ 174 Abs. 4 Satz 4 AO) Denn der im Anschluss an die Außenprüfung geänderte Einkommensteuerbescheid für 2007, bei dem der Veräußerungsgewinn zu Unrecht in vollem Umfang angesetzt worden war, wurde am 11.Dezember 2013 erlassen und zu diesem Zeitpunkt war die Festsetzungsfrist für den Einkommensteuerbescheid für 2008 noch nicht abgelaufen. Die Behörde durfte daher die zutreffende Entscheidung später noch so durchsetzen, wie es ihr bei Erlass des angefochtenen Bescheids für 2007 möglich gewesen wäre, hätte sie die richtige Entscheidung bereits in diesem Zeitpunkt getroffen.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 12.08.2019 zum Urteil 13 K 89/17 vom 09.02.2018 (nrkr – BFH-Az.: VI R 20/19)

Kein Betriebsausgabenabzug für Reisekosten der den Steuerberater begleitenden Ehefrau

Aufwendungen für Auslandsreisen zu beruflichen Veranstaltungen eines Steuerberaters, die auf seine ihn begleitende Ehefrau entfallen, sind nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Dies hat der 2. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 14. Mai 2019 (Az. 2 K 2355/18 E) entschieden.

Der Kläger, ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, nahm an internationalen Konferenzen in Delhi, Barcelona und Prag teil, die von einem beruflichen Netzwerk veranstaltet wurden. Auf diesen Reisen begleitete ihn seine Ehefrau, wobei die Eheleute im Anschluss an die Veranstaltungen noch an den jeweiligen Tagungsorten Urlaub machten. Der Kläger machte die gesamten Reisekosten als Betriebsausgaben geltend. Hiervon erkannte das Finanzamt nur die anteilig auf den Kläger entfallenden Kosten für die Konferenztage an.

Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage führte der Kläger aus, dass seine Ehefrau ihn bei seiner Tätigkeit unterstützt habe, insbesondere durch die Kontaktpflege zu Mandanten und Kollegen.

Die Klage ist ganz überwiegend erfolglos geblieben. Die auf die Ehefrau entfallenden Reisekosten seien – so der 2. Senat des Finanzgerichts Münster – nicht zu berücksichtigen, da es sich insgesamt um private Aufwendungen handele. Die Unterstützung der Ehefrau bei der Aufnahme und Pflege von Kontakten zu ausländischen Berufsträgern gehe nicht über das Maß an Unterstützungsleistungen hinaus, die das bürgerliche Recht von Eheleuten verlange. Die Begleitung des Klägers an touristisch attraktive Orte mit hohem Freizeitwert und die Verbindung mit einem privaten Urlaub sei ganz vorrangig durch die Rolle als Ehefrau veranlasst. Eine etwaige berufliche Motivation trete dahinter als unbedeutend zurück.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim Bundesfinanzhof unter dem Az. VIII B 127/19 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.08.2019 zum Urteil 2 K 2355/18 vom 14.05.2019 (nrkr – BFH-Az.: VIII B 127/19)

Leistungsort bei Vermittlung von Sportwetten an eine belgische Gesellschaft

Das Finanzgericht hat mit Urteil vom 9. Mai 2019 (Az. 1 K 412/17) angeblich an belgische Gesellschaften vermittelte Sportwetten der Umsatzsteuer unterworfen. Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass sie ihre Vermittlungsleistungen im Ausland erbracht hat. Gegen das Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az. XI B 50/19).

Die Klägerin betrieb in den Streitjahren 2014 und 2015 in Deutschland Wettannahmestellen und Wettbüros, in denen sie auch Sportwetten vermittelte. Hierfür stand die Klägerin nach ihrem Vortrag in Geschäftsbeziehungen mit einer belgischen Gesellschaft C und ab deren Umfirmierung ab Dezember 2014 mit einer Gesellschaft D. Die Umsatzerlöse für die Vermittlung von Sportwetten wurden von der Klägerin als nicht steuerbare Umsätze erklärt, weil sie davon ausging, dass sich die Wetthalter der vermittelten Wetten im Ausland befänden. Laut den von der Klägerin vorgelegten als Vermittlungsverträge bezeichneten Schriftstücken, verpflichtete sich die Klägerin als sog. Vermittler, Wettangebote für den Abschluss von Sportwetten, die seitens abschlusswilliger Kunden erstellt werden, an die C, dem Wetthalter, weiterzuleiten. Für den Fall der Annahme des jeweiligen Wettangebots komme die Wette mit dem Wetthalter am Sitz des Vermittlers zustande. Der Vermittler (Klägerin) erhalte vom Wetthalter entweder eine fixe Provision von 2.500 Euro oder eine prozentuale Provision aus dem Gewinn (sog. Hold). Auf ein Auskunftsersuchen an die belgische Finanzverwaltung erfuhr das beklagte Finanzamt (FA), dass die D keine Glückspiellizenz in Belgien habe und keine Lotteriesteuer zahle. „Auf den ersten Blick“ übe D ihre Tätigkeit nur in Deutschland aus.

Nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging das FA davon aus, dass C (später D) aufgrund der Auskunft der belgischen Finanzbehörde nur in Deutschland ansässig sei, da sie ihre eigentliche Tätigkeit nur hier ausübe. Die von der Klägerin erbrachten Vermittlungsleistungen seien daher nicht nach § 3a Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Belgien, sondern nach § 3a Abs. 1 am Sitz der Klägerin in Deutschland steuerbar.

Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht ab. Die Frage nach dem Ort, an dem die streitigen Leistungen ausgeführt wurden, ließ der Senat offen. Nach der Vernehmung eines in den Streitjahren für die C (später D) tätigen Zeugen konnte sich das Gericht bereits nicht davon überzeugen, dass die Klägerin die streitigen – von ihr als Vermittlungsleistungen bezeichneten – Leistungen überhaupt erbracht habe. Es kam zu dem Ergebnis, dass ein Empfängerort von (möglichen) Vermittlungsleistungen im Ausland nicht festgestellt werden könne. Das Gericht ging daher davon aus, dass die streitigen Bemessungsgrundlagen das Entgelt für Leistungen gewesen seien, die die Klägerin im Inland ausgeführt habe, etwa indem sie selbst Wetten eingegangen sei. Die Zweifel daran, an welchen Empfänger die Klägerin die von ihr behaupteten Vermittlungsleistungen ausgeführt habe, sei nur mit deren Bemühen zu erklären, den inländischen Behörden vorzuspiegeln, sie selbst habe Sportwetten lediglich „vermittelt“. Jedenfalls müsse sich die Klägerin an der zu ihren Lasten wirkenden Darlegungs- und Beweislastregelung festhalten lassen. Danach hätten die Beteiligten bei Sachverhalten, die sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs der Abgabenordnung, den Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Daraus folge, dass bei Leistungen, bei denen sich der Ort nach dem Empfängerort richte (hier § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG), aus der Nichterweislichkeit eines ausländischen Empfängerorts auf das Vorliegen eines inländischen Empfängerorts zu schließen sei. Denn unter Berücksichtigung der sich aus § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 UStG ergebenden Unterscheidung zwischen In- und Ausland und der Definition des Auslands „als das Gebiet, das … nicht Inland ist“, komme die Annahme einer Leistungserbringung in einem dritten Gebiet, das weder In- noch Ausland ist, nicht in Betracht.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 12.08.2019 zum Urteil 1 K 412/17 vom 09.05.2019 (nrkr – BFH-Az.: XI B 50/19)

Kein Nachweis der fast ausschließlich betrieblichen Nutzung eines Pkw durch nachträglich erstellte Auflistungen

Der 7. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 10. Juli 2019 (Az. 7 K 2862/17 E) entschieden, dass die für Zwecke des § 7g EStG erforderliche fast ausschließliche betriebliche Nutzung eines Pkw nicht durch nachträglich erstellte Unterlagen nachgewiesen werden kann.

Der als Rechtsanwalt tätige Kläger bildete für die geplante Anschaffung von Pkw in den Streitjahren 2009 und 2013 Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 1 EStG. Tatsächlich schaffte er innerhalb der Reinvestitionsfristen jeweils gebrauchte Audi Q5 an. Da er keine Fahrtenbücher führte, ermittelte er die Privatnutzung nach der 1 %-Methode. Aus diesem Grund ging das Finanzamt nicht von einer fast ausschließlich betrieblichen Nutzung der Fahrzeuge aus und versagte die Investitionsabzugsbeträge. Der Kläger reichte zum Nachweis der betrieblichen Fahrten für die Zeiträume ab Anschaffung der Fahrzeuge bis zum Schluss des jeweiligen Folgejahres Aufstellungen seiner betrieblichen Fahrten ein, die eine Mitarbeiterin anhand der Terminkalender nachträglich erstellt hatte. Die gesamten Laufleistungen der Fahrzeuge errechnete der Kläger anhand von Händler- bzw. Werkstattrechnungen sowie einem Foto des Tachostandes. Hiernach ergaben sich rechnerisch betriebliche Anteile von (knapp) über 90 %. Ferner hätten für Privatfahrten weitere Fahrzeuge zur Verfügung gestanden.

Der 7. Senat hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger eine fast ausschließlich betriebliche Nutzung der Fahrzeuge nicht nachgewiesen habe. Die eingereichten Aufstellungen genügten nicht den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Selbst wenn man der Auffassung folge, dass dieser Nachweis auch durch andere Unterlagen erbracht werden könne, sei dieser nicht gelungen. Der Kläger habe bereits die Gesamtfahrleistungen für die maßgeblichen Zeiträume nicht nachgewiesen. Angesichts der nach den eigenen Berechnungen des Klägers nur geringfügigen Unterschreitung der 10 %-Grenze seien strenge Maßstäbe an den Nachweis anzulegen. Aus den eingereichten Auflistungen ergebe sich nicht zwingend der Umfang der betrieblichen Fahrten des Klägers. Da seine Mitarbeiterin diese nachträglich anhand der Terminkalender erstellt habe, sei nicht sichergestellt, dass der Kläger für alle im Kalender enthaltenen Termine den jeweils fraglichen Audi Q5, ein anderes Fahrzeug oder öffentliche Verkehrsmittel genutzt habe. Schließlich könne der Umstand, dass weitere Fahrzeuge für Privatfahrten zur Verfügung gestanden hätten, lediglich den für die Privatnutzung eines Fahrzeugs bestehenden Anscheinsbeweis erschüttern, nicht aber einen Nachweis für den Umfang betrieblicher Fahrten ersetzen.

Die Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII R 24/19 anhängig.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 15.08.2019 zum Urteil 7 K 2862/17 vom 10.07.2019 (nrkr – BFH-Az.: VIII R 24/19)

Besteuerung von Optionsgeschäften

Die Bundesregierung hält an ihrer Auffassung fest, Gewinne aus Optionsgeschäften zu besteuern, Verluste allerdings steuerlich nicht anzuerkennen. In der Antwort ( 19/11387 ) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion ( 19/10976 ) heißt es, bei Optionsgeschäften handele es sich um hochspekulative Geschäfte, die aufgrund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs steuerlich günstiger behandelt würden als dies im Unternehmensteuerreformgesetz 2008 bezweckt gewesen sei. Mit einer Gesetzesänderung solle jetzt der ursprüngliche Gesetzeszweck wiederhergestellt werden, so die Bundesregierung. Wenn der Steuerpflichtige das hochspekulative Risiko eines Optionsgeschäfts eingehe und hieraus Wertzuwächse erzielt würden, seien diese der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass Kapitalerträge über Gestaltungen mit diesen Derivaten der Besteuerung entzogen werden könnten. Der Gesetzgeber sei allerdings beim Verfall einer Option nicht gezwungen, die Allgemeinheit mit den Kosten des Steuerpflichtigen für seine Risikogeschäfte zu belasten, wenn die Spekulation nicht aufgehe. In der Antwort wird außerdem auf die Anwendung verschiedener Urteile des Bundesfinanzhofs eingegangen.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 02.08.2019

BFH: Keine Rückstellung für Aufbewahrungskosten von Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum

Die Kosten einer 10-jährigen Aufbewahrung von Mandantendaten und Handakten im DATEV-Rechenzentrum sind bei einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft nicht rückstellungsfähig. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. Februar 2019 XI R 42/17 fehlt es an einer öffentlich-rechtlichen wie auch an einer zivilrechtlichen Verpflichtung zur Datenaufbewahrung.

Die klagende GmbH hatte in ihrem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2010 eine Rückstellung für Aufbewahrungsverpflichtungen angesetzt. Diese bezogen sich auf Aufwendungen im Zusammenhang mit der Aufbewahrung von sog. Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum. Für die „Mandantendatenarchivierung“ legte sie je Mandant das pauschal an die DATEV eG zu zahlende Entgelt zugrunde. Bei der Ermittlung berücksichtigte sie Abschläge für Mandanten, die ihre Daten auf einer Speicher-DVD sichern ließen, wie auch für Mandatsbeendigungen innerhalb des 10-jährigen Aufbewahrungszeitraums. Die Klägerin machte geltend, dass die zu zahlenden Beträge mit den Mandantenhonoraren für die laufende Buchführung oder für die Erstellung des Jahresabschlusses abgegolten seien. Sie könnten nach der Steuerberatervergütungsverordnung nicht gesondert berechnet werden.

Der BFH folgte dem – ebenso wie das zuvor angerufene Finanzgericht (FG) – nicht. Nach dem Urteil des BFH ist eine Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit nicht einkommensmindernd anzusetzen. Für sog. Arbeitsergebnisse, die die Klägerin im Rahmen ihrer vertraglichen Verpflichtung als Steuerberaterin erstellt hat und die mit der Bezahlung der dafür vereinbarten Vergütung Eigentum des jeweiligen Mandanten geworden sind, folgt aus § 66 des Steuerberatungsgesetzes keine (öffentlich-rechtliche) Verpflichtung zur Aufbewahrung durch den Berufsträger. Sollte die Klägerin eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des jeweiligen Mandanten erfüllt haben, erlaubt auch dies keine Rückstellungsbildung. Darüber hinaus hatte sich die Klägerin nach den Feststellungen des FG auch nicht zivilrechtlich gegenüber ihren Mandanten zur Aufbewahrung verpflichtet.

Das Urteil des BFH berührt die Frage der Abzugsfähigkeit der Archivierungsaufwendungen als Betriebsausgaben nicht. Der BFH versagt vielmehr die Möglichkeit, die Aufwendungen in einem Betrag (als Summe eines 10 Jahre betreffenden Aufwands) über den Weg der Rückstellung wegen einer ungewissen Verbindlichkeit sofort einkommensmindernd geltend zu machen.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 49/19 vom 08.08.2019 zum Urteil XI R 42/17 vom 13.02.2019

Zoll kann verdeckte Ermittler einsetzen

Berlin: (hib/HLE) Die Befugnisse des Zollfahndungsdienstes sollen ausgeweitet werden. Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Neustrukturierung des Zollfahndungsdienstgesetzes (19/12088) sieht unter anderem die Möglichkeit zum Einsatz verdeckter Ermittler sowie eine Befugnis zur Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und Telekommunikationsendgeräten vor. Mit dem Gesetz werden außerdem die Auskunftspflichten von Betroffenen und Dritten erweitert.

Der Einsatz verdeckter Ermittler sei zur Abwehr schwerwiegender Gefahren für die zu schützenden Rechtsgüter im Zuständigkeitsbereich des Zollfahndungsdienstes unerlässlich, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Dies gelte gerade vor dem Hintergrund, dass Gruppierungen der organisierten Kriminalität zunehmend konspirativ und unter größter Abschottung agieren würden.

Außerdem darf das Zollkriminalamt in Zukunft Gerätenummern von Telekommunikationsendgeräten und die Kartennummern der verwendeten Karten sowie die Standorte von Telekommunikationsendgeräten ermitteln. Diese Befugnis sei angesichts der technischen Entwicklung im Telekommunikationsbereich erforderlich. Bei der Vorbereitung und Begehung von Straftaten gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz oder von unerlaubten Handlungen im Außenwirtschaftsverkehr würden zunehmend Telekommunikationsendgeräte eingesetzt, deren Rufnummern oder Kennungen dem Zollkriminalamt oftmals nicht bekannt seien. Wie in der polizeilichen Praxis soll das Zollkriminalamt daher sogenannte IMSI-Catcher oder WLAN-Catcher zur Gefahrenabwehr einsetzen dürfen.

Außerdem werden mit dem Gesetzentwurf Vorgaben aus zwei Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zum Datenschutz sowie eine EU-Richtlinie umgesetzt. Insbesondere sei eine Stärkung des Kernbereichsschutzes während und nach der Datenerhebung durch erweiterte richterliche Kontrollbefugnisse vorgesehen, heißt es in dem Entwurf.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 09.08.2019

Besteuerung von Versicherungserträgen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG

Ändereung des BMF-Schreibens vom 1. Oktober 2009 (BStBl I S. 1172) unter Berücksichtigung der Änderungen durch die BMF-Schreiben vom 6. März 2012 (BStBl I S. 238) und vom 29. September 2017 (BStBl I S. 1314)

 

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird das BMF-Schreiben vom 1. Oktober 2009 (BStBl I S. 1172) wie folgt geändert:

Rz. 85 wird wie folgt gefasst:

„Bemessungsgrundlage ist im Regelfall der Unterschiedsbetrag.“

Die Änderung der Rz. 85 ist erstmals ab dem 1. Januar 2018 anzuwenden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-2252 / 19 / 10011 :004 vom 09.08.2019