Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

VV-GmbH: Sinnvolle Strategie oder teurer Irrweg?

Viele Immobilienanleger stoßen früher oder später auf die „vermögensverwaltende GmbH (VV-GmbH)“. Versprochen wird oft: Nur 15 % Körperschaftsteuer auf Mieteinnahmen! – und schon klingt die GmbH wie die perfekte Rechtsform. Doch die Wahrheit ist komplexer. Eine VV-GmbH ist weder ein „Wundermittel“ noch ein „SCAM“, sondern ein Gestaltungsinstrument mit klaren Vor- und Nachteilen.


Was ist eine VV-GmbH?

  • Eine GmbH ist grundsätzlich eine Kapitalgesellschaft und erzielt damit gewerbliche Einkünfte.
  • Über die erweiterte Gewerbesteuerkürzung (§ 9 Nr. 1 GewStG) können reine Vermietungseinkünfte von der Gewerbesteuer befreit werden.
  • Ergebnis: Nur die Körperschaftsteuer von 15 % (zzgl. Soli) fällt an.

Vorteile der VV-GmbH

Niedriger Steuersatz: 15 % Körperschaftsteuer sind deutlich günstiger als die progressive Einkommensteuer bis zu 45 %.
Reinvestition: Gewinne können günstig in neue Immobilien reinvestiert werden.
Professionelle Struktur: Banken und Investoren sehen eine GmbH oft als seriöse, transparente Organisationsform.
Planungssicherheit bei größeren Beständen: Sinnvoll ab einer gewissen Portfolio-Größe, insbesondere mit Holding-Struktur.


Nachteile und Risiken

Kein steuerfreier Verkauf: Immobilien im Betriebsvermögen sind nicht nach 10 Jahren steuerfrei veräußerbar (§ 23 EStG greift nicht).
Gefahr der gewerblichen Infizierung: Zusatztätigkeiten (z. B. PV-Anlagen, möblierte Vermietung) können die Gewerbesteuerbefreiung kippen.
Kosten & Bürokratie: Jahresabschlüsse, Offenlegung, IHK-Beiträge – das verursacht laufende Kosten.
Doppelbesteuerung: Entnahmen an den Gesellschafter sind als Gewinnausschüttung mit Abgeltungsteuer (25 %) belastet.


Für wen lohnt sich eine VV-GmbH?

  • Ja: Für professionelle Anleger mit größeren Beständen, die Gewinne im Unternehmen belassen und reinvestieren.
  • Nein: Für Privatanleger mit wenigen Objekten, die auf den steuerfreien Verkauf nach 10 Jahren setzen.
  • Optimal: Im Zusammenspiel mit einer Holding-Struktur, wenn ein späterer steuerbegünstigter Verkauf der GmbH-Anteile (Share Deal) geplant ist.

Vorsicht vor „Steuertricks“ mit Vereinen

Immer wieder wird behauptet, Vereine seien die „bessere VV-GmbH“ – angeblich ohne Gewerbesteuer, Bilanzierungspflicht oder steuerpflichtige Verkäufe. In Wahrheit:

  • Vereine dienen ideellen Zwecken und sind für private Immobilieninvestments nicht zulässig.
  • Ein wirtschaftlicher Verein erfordert eine staatliche Genehmigung, die praktisch nicht erteilt wird.
  • Solche „Modelle“ bergen hohe Risiken: Aberkennung der Rechtsfähigkeit, Nachversteuerung, Strafverfahren.

Fazit

Die VV-GmbH ist ein nützliches Steuerwerkzeug, wenn sie in die richtige Strategie eingebettet wird. Für Kleinanleger ist sie meist unpraktisch, für professionelle Investoren dagegen oft unverzichtbar. Wichtig ist, die individuelle Situation und Ziele genau zu analysieren, bevor man sich für oder gegen die VV-GmbH entscheidet.

👉 Wir prüfen gemeinsam mit Ihnen, ob die VV-GmbH zu Ihrer Anlagestrategie passt – oder ob andere Rechtsformen für Sie steuerlich sinnvoller sind.

DStV zur neuen KassenSichV: Klarer, einfacher, umsetzbar?

Die Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) steht erneut vor Änderungen. Ziel ist es, die technischen Vorgaben klarer und die Anwendung einfacher zu machen. Doch ganz ohne Hürden geht es nicht: Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) mahnt in seiner Stellungnahme S 07/25 vom 21.08.2025 an, dass keine neuen Rechtsunsicherheiten entstehen und Unternehmen wie Steuerberater nicht durch zusätzliche Kosten oder enge Fristen überlastet werden dürfen.


E-Rechnung soll Belegfunktion übernehmen

Eine wesentliche Neuerung:

  • Kassensysteme, die E-Rechnungen ausstellen können, sollen künftig auf einen separaten Kassenbeleg verzichten dürfen.
  • Damit würde die E-Rechnung nach § 6 KassenSichV die Belegfunktion übernehmen.

Problem:

  • Die europäische CEN-Norm EN 16931 sieht bislang keine Feldbelegung für die nach KassenSichV geforderten Kassendaten vor.
  • Unklarheiten bestehen außerdem bei Rundungsdifferenzen.

👉 Der DStV fordert, die Vorgaben von KassenSichV und E-Rechnung besser aufeinander abzustimmen, um ein praxistaugliches System zu schaffen.


Übergangsregelung beim Zertifizierungsverfahren

Der Änderungsentwurf sieht eine Verlängerung der Zertifizierung bestehender Schutzprofile bis zum 26.02.2027 vor.

  • Vorteil: Mehr Zeit für Anbieter und Unternehmen.
  • Risiko: Wenn die technische Implementierung erst Anfang 2027 erfolgt, fällt die Umsetzung genau in die heiße Phase der Steuererklärungen 2025 – und trifft damit Kanzleien und Unternehmen gleichzeitig mit hohen Arbeitslasten.

👉 Der DStV warnt vor zeitlichen Engpässen und empfiehlt, frühzeitig Handlungsalternativen zu prüfen.


Fazit

Die geplante Änderung der KassenSichV könnte viele Prozesse vereinfachen – insbesondere durch die Nutzung der E-Rechnung als Beleg. Gleichzeitig bleiben technische und organisatorische Unsicherheiten, die dringend geklärt werden müssen.

Für Unternehmen heißt das:

  • Entwicklungen im Blick behalten,
  • rechtzeitig prüfen, ob die eigene Kassen- und Rechnungssoftware anpassungsfähig ist,
  • Übergangsfristen aktiv nutzen, um nicht unter Zeitdruck zu geraten.

👉 Wir begleiten Sie bei der Umsetzung der neuen Vorgaben und beraten, wie Sie Ihre Systeme rechtzeitig fit machen können.

Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung – Missbrauch der Machtstellung durch Geschäftsführer

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat am 09. Juli 2025 (Az. 4 SLa 97/25) entschieden, dass das Arbeitsverhältnis einer Arbeitnehmerin gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von rund 68.000 Euro aufzulösen ist. Grund waren schwerwiegende Pflichtverletzungen des Geschäftsführers, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Klägerin unzumutbar machten.


Hintergrund des Falls

  • Die Klägerin war bei einem Unternehmen beschäftigt, dessen Geschäftsführer zugleich eine private Beziehung zu ihr unterhielt.
  • Nach dem Ende dieser privaten Beziehung kam es zu sexistischen, demütigenden und willkürlichen Äußerungen des Geschäftsführers gegenüber der Klägerin.
  • Zudem drohte der Geschäftsführer mit arbeitsrechtlichen Sanktionen.
  • Die Klägerin entwickelte eine posttraumatische Belastungsstörung, die seit Mai 2024 andauert.

Das Arbeitsgericht Bonn löste das Arbeitsverhältnis nach § 9 KSchG auf und sprach der Klägerin eine Abfindung von 70.000 Euro zu. Das LAG Köln bestätigte die Entscheidung im Wesentlichen, passte die Höhe aber geringfügig auf 68.153,80 Euro an.


Die Entscheidung des LAG Köln

Das Gericht stellte klar:

  • Die Klägerin musste die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht hinnehmen.
  • Die Voraussetzungen für eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG lagen vor.
  • Die außergewöhnlich hohe Abfindung sei gerechtfertigt, weil:
    • die Kündigung sozialwidrig war,
    • die Klägerin erheblich in ihrer Würde verletzt wurde,
    • eine langwierige psychische Erkrankung eingetreten ist,
    • der Geschäftsführer die Situation vorsätzlich durch Missbrauch seiner Machtstellung herbeigeführt hat.

Rechtlicher Hintergrund (§ 9 KSchG)

Ein Gericht kann ein Arbeitsverhältnis auflösen und eine Abfindung zusprechen, wenn:

  • die Kündigung unwirksam ist,
  • aber dem Arbeitnehmer oder dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
    Die Höhe der Abfindung legt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls fest.

Bedeutung für die Praxis

  • Für Arbeitnehmer:innen: Das Urteil zeigt, dass Betroffene von Machtmissbrauch und Diskriminierung nicht schutzlos sind. Auch wenn eine Kündigung unwirksam ist, können Gerichte eine Beendigung gegen Abfindung anordnen.
  • Für Arbeitgeber:innen: Geschäftsführern kommt eine besondere Verantwortung zu. Missbrauch der Machtstellung kann nicht nur arbeitsrechtliche, sondern auch erhebliche finanzielle Folgen für das Unternehmen haben.
  • Für Unternehmen: Prävention durch klare Compliance-Regeln und Schulungen zum respektvollen Umgang sind unverzichtbar.

Fazit

Das LAG Köln hat ein deutliches Signal gesetzt: Missbrauch von Macht und diskriminierendes Verhalten im Arbeitsverhältnis haben schwerwiegende Konsequenzen. Arbeitnehmer:innen müssen in solchen Fällen das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen. Gerichte können die Beendigung anordnen – verbunden mit hohen Abfindungszahlungen.

👉 Sie sind von einer Kündigung betroffen oder sehen sich mit Vorwürfen im Unternehmen konfrontiert? Wir beraten Sie umfassend zu Ihren steuerrechtlichen Möglichkeiten.

Keine Inflationsausgleichsprämie für Leiharbeitnehmerin

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hat mit Urteil vom 06. März 2025 (Az. 5 Sa 222 d/24) entschieden, dass eine Leiharbeitnehmerin keinen Anspruch auf eine Inflationsausgleichsprämie hat, die im Entleiherbetrieb gezahlt wurde. Damit bestätigte das Gericht die erstinstanzliche Entscheidung – das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.


Hintergrund des Falls

  • Die Klägerin war als Leiharbeitnehmerin in einem Betrieb der Metall- und Elektroindustrie eingesetzt.
  • Während die Stammbelegschaft dort im Juni 2023 eine Inflationsausgleichsprämie von 1.000 € erhielt, ging die Klägerin leer aus.
  • Sie machte den Betrag sowie weitere 1.200 € gerichtlich geltend – gestützt auf:
    • eine angebliche Equal-Pay-Vereinbarung (durch einen Fragebogen des Entleihers),
    • sowie den Tarifvertrag Inflationsausgleichsprämie Metall- und Elektroindustrie (TV IAP ME).

Die Entscheidung des LAG

Das Gericht wies die Klage ab:

  1. Keine Equal-Pay-Vereinbarung
    • Der vom Entleiher ausgefüllte Fragebogen stellt keine Vertragsänderung dar.
    • Für einen Anspruch nach dem Gleichstellungsgrundsatz (§ 8 Abs. 1 AÜG) hätte die Klägerin einen Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum vorlegen müssen. Ein bloßer Hinweis, dass die Stammbelegschaft eine Prämie erhalten hat, genügt nicht.
  2. Kein Anspruch aus dem TV IAP ME
    • Nach Auslegung des Tarifvertrags entsteht der Anspruch auf die tarifliche Inflationsausgleichsprämie nur in den Auszahlungsmonaten Januar bis November 2024.
    • Voraussetzung: Das Arbeitsverhältnis besteht noch im Auszahlungsmonat.
    • Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin bereits im Juli 2023 endete, bestand kein Anspruch.

Bedeutung für die Praxis

  • Für Leiharbeitnehmer:innen: Ein Anspruch auf Inflationsausgleichsprämien im Entleiherbetrieb besteht nicht automatisch. Er setzt eine saubere Equal-Pay-Prüfung oder eine eindeutige tarifliche Grundlage voraus.
  • Für Verleiher und Entleiher: Das Urteil schafft Rechtssicherheit – die Inflationsausgleichsprämien für Stammbelegschaften übertragen sich nicht automatisch auf Leiharbeitnehmer:innen.
  • Tarifliche Regelungen genau prüfen: Entscheidend ist, ob das Arbeitsverhältnis im Auszahlungsmonat noch besteht.

Fazit

Das LAG Schleswig-Holstein hat klargestellt:

  • Keine automatische Gleichstellung bei Sonderzahlungen wie der Inflationsausgleichsprämie.
  • Tarifliche Ansprüche bestehen nur, wenn das Arbeitsverhältnis im maßgeblichen Auszahlungszeitraum fortbesteht.

👉 Für Unternehmen bedeutet das: Sorgfältige Prüfung von Tarifverträgen und klare Kommunikation gegenüber Leiharbeitnehmer:innen sind wichtig, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

BFH: Einbringungsgeborene Anteile und verrechenbare Verluste

Mit Urteil vom 19. März 2025 (Az. X R 5/22) hat der Bundesfinanzhof (BFH) wichtige Fragen zur Besteuerung von einbringungsgeborenen Anteilen und zur Behandlung von verrechenbaren Verlusten entschieden.


Hintergrund

  • Einbringungsgeborene Anteile entstehen, wenn Betriebsvermögen im Rahmen einer Umwandlung (z. B. von einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft) eingebracht wird.
  • Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 ist bei einer späteren Veräußerung dieser Anteile ein spezieller Gewinnermittlungsmaßstab anzuwenden.
  • Fraglich war, welche Anschaffungskosten maßgeblich sind, insbesondere wenn die sogenannte Zwangsaufstockung (§ 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 1995) bei der Umwandlung versäumt wurde.
  • Zudem ging es um die Frage, ob ein nach § 15a EStG festgestellter verrechenbarer Verlust eines Kommanditisten den Veräußerungsgewinn mindern kann.

Entscheidung des BFH

Der BFH stellte klar:

  1. Anschaffungskosten: Maßgeblich ist stets der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen angesetzt hat – selbst wenn dieser Wert zu niedrig angesetzt wurde, weil die Zwangsaufstockung unterblieb.
  2. Verrechenbare Verluste (§ 15a EStG): Ein auf den Umwandlungsstichtag festgestellter verrechenbarer Verlust mindert nicht den Gewinn aus der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile.

Bedeutung für die Praxis

  • Strenge Bindung an die Werte der Kapitalgesellschaft: Selbst Bewertungsfehler oder Versäumnisse bei der Zwangsaufstockung wirken sich auf die spätere Gewinnermittlung aus.
  • Keine Verrechnungsmöglichkeit: Verrechenbare Verluste nach § 15a EStG können nicht gegen den Veräußerungsgewinn aus einbringungsgeborenen Anteilen gegengerechnet werden.
  • Gestaltungsrelevanz: Bei Umwandlungen ist höchste Sorgfalt bei der Ermittlung der Einbringungswerte geboten, da Fehler dauerhaft steuerliche Nachteile nach sich ziehen können.

Fazit

Der BFH bestätigt eine strenge Anwendung der Bewertungsregeln bei einbringungsgeborenen Anteilen:

  • Maßgeblich sind die von der Kapitalgesellschaft angesetzten Werte – auch wenn diese zu niedrig waren.
  • Verrechenbare Verluste eines Kommanditisten mindern den späteren Veräußerungsgewinn nicht.

👉 Für Unternehmer und Berater bedeutet das: Fehler bei der Umwandlung lassen sich später nicht durch Verlustverrechnung korrigieren. Eine präzise steuerliche Planung ist daher unverzichtbar.

BFH: Besteuerungsrecht für Einkünfte eines Orchestermusikers in Luxemburg

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 20. März 2025 (Az. VI R 25/23) entschieden, dass ein bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Großherzogtum Luxemburg angestellter Orchestermusiker als Künstler im Sinne von Art. 16 Abs. 1 DBA-Luxemburg 2012 gilt.


Hintergrund

Bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten entscheidet ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), welchem Staat das Besteuerungsrecht zusteht. Für Künstler und Sportler gelten dabei oft besondere Regeln:

  • Art. 16 DBA-Luxemburg 2012 sieht vor, dass Einkünfte von Künstlern im Tätigkeitsstaat besteuert werden können.
  • Für Angestellte im öffentlichen Dienst gelten hingegen grundsätzlich die Regeln des Art. 19 DBA („Öffentlicher Dienst“).

Im Streitfall war fraglich, ob ein Orchestermusiker im öffentlichen Dienst Luxemburgs unter die Künstlerregelung (Art. 16) oder die Beamtenregelung (Art. 19) fällt.


Entscheidung des BFH

Der BFH stellte klar:

  • Orchestermusiker sind als Künstler im Sinne des DBA einzustufen.
  • Auch wenn die Anstellung bei einer luxemburgischen Körperschaft des öffentlichen Rechts besteht, gilt das Besteuerungsrecht nach Art. 16 DBA-Luxemburg.
  • Damit steht das Besteuerungsrecht Luxemburg zu – nicht Deutschland.

Bedeutung für die Praxis

  • Grenzgänger mit künstlerischen Tätigkeiten sollten genau prüfen, welche DBA-Regelung auf ihre Einkünfte anwendbar ist.
  • Der Fall zeigt, dass selbst eine Anstellung im öffentlichen Dienst nicht automatisch zu einer Anwendung der Beamtenregelung nach Art. 19 DBA führt.
  • Für Künstler (z. B. Musiker, Schauspieler, Tänzer) ist regelmäßig Art. 16 maßgeblich, sodass die Einkünfte im Tätigkeitsstaat zu versteuern sind.

Fazit

Mit seiner Entscheidung stellt der BFH klar: Ein Orchestermusiker im luxemburgischen öffentlichen Dienst ist steuerlich Künstler – und nicht Beamter im Sinne des DBA. Das Besteuerungsrecht liegt daher in Luxemburg.

👉 Wenn Sie im Ausland tätig sind oder Einkünfte in verschiedenen Staaten erzielen, prüfen wir für Sie, welches Land das Besteuerungsrecht hat und wie Doppelbesteuerung vermieden werden kann.

BFH: Kein Zwischenurteil zur verlängerten Festsetzungsfrist ohne Feststellungen zur Steuerhinterziehung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 09. April 2025 (Az. II R 39/21) entschieden, dass ein Zwischenurteil über die verlängerte Festsetzungsfrist wegen Steuerhinterziehung nur ergehen kann, wenn konkrete Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung vorliegen.


Hintergrund

Grundsätzlich verjähren Steueransprüche nach den allgemeinen Fristen der Abgabenordnung (AO). Bei Steuerhinterziehung verlängert sich die Festsetzungsfrist jedoch auf zehn Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO).

In der Praxis versuchen Finanzgerichte, durch Zwischenurteile (§ 99 Abs. 2 FGO) frühzeitig zu klären, ob eine verlängerte Festsetzungsfrist gilt.


Entscheidung des BFH

Der BFH stellte klar:

  • Ein Zwischenurteil zur Anwendung der verlängerten Festsetzungsfrist ist nicht zulässig, wenn die notwendigen Feststellungen zur Steuerhinterziehung fehlen.
  • Es muss sowohl der objektive Tatbestand (z. B. unzutreffende oder unterlassene Angaben) als auch der subjektive Tatbestand (Vorsatz) nachgewiesen sein.
  • Ohne diese Feststellungen ist eine Vorabentscheidung über die Festsetzungsfrist nicht möglich.

Bedeutung für die Praxis

  • Finanzgerichte müssen die Steuerhinterziehung im Detail prüfen, bevor sie über die verlängerte Festsetzungsfrist entscheiden können.
  • Steuerpflichtige profitieren davon, dass bloße Behauptungen oder Verdachtsmomente der Finanzverwaltung nicht genügen, um ein Verfahren auf zehn Jahre rückwirkend auszuweiten.
  • Berater sollten darauf achten, dass Gerichte die notwendigen Feststellungen treffen, bevor eine verlängerte Verjährung angenommen wird.

Fazit

Das Urteil stärkt die Rechtssicherheit: Die Anwendung der verlängerten Festsetzungsfrist setzt eine gründliche Prüfung der Steuerhinterziehung voraus. Ein Zwischenurteil ohne diese Feststellungen ist unzulässig.

👉 Sie haben Fragen zur steuerlichen Festsetzungsverjährung oder sehen sich mit Vorwürfen einer Steuerhinterziehung konfrontiert? Wir beraten Sie umfassend zu Ihren Verteidigungs- und Gestaltungsmöglichkeiten.

Mehrere kurzfristige Minijobs: So funktioniert die Zusammenrechnung

Ob als Nebenverdienst oder saisonale Aushilfe – kurzfristige Minijobs sind eine beliebte Möglichkeit, flexibel zu arbeiten. Doch was passiert, wenn im gleichen Jahr mehrere solcher Beschäftigungen ausgeübt werden? Hier erklären wir, welche Regeln gelten und wie die Zusammenrechnung funktioniert.


Was ist ein kurzfristiger Minijob?

Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn sie von Anfang an befristet ist und die Tätigkeit höchstens drei Monate oder 70 Arbeitstage im Kalenderjahr umfasst. Dabei gilt:

  • 3 Monate oder
  • 70 Arbeitstage – je nachdem, welche Variante günstiger ist.

Die Höhe des Verdienstes spielt keine Rolle. Verdient der Minijobber jedoch mehr als 556 € pro Monat, muss zusätzlich geprüft werden, ob die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird.


Mehrere kurzfristige Beschäftigungen: Die Grundregel

Arbeitnehmer:innen dürfen im Kalenderjahr mehrere kurzfristige Minijobs haben – auch direkt hintereinander oder parallel.
👉 Wichtig: Alle Beschäftigungszeiten werden zusammengerechnet.

  • Maximal 3 Monate (90 Kalendertage) oder
  • maximal 70 Arbeitstage pro Kalenderjahr.

Wird diese Grenze überschritten, liegt keine kurzfristige Beschäftigung mehr vor.


Wie wird zusammengerechnet?

Variante 1: Arbeitstage

  • Alle Arbeitstage der einzelnen Beschäftigungen werden addiert.
  • Grenze: 70 Arbeitstage pro Jahr.

Variante 2: Monate/Kalendertage

  • Bei der Betrachtung nach Monaten gilt eine Grenze von 90 Kalendertagen.
  • Volle Monate werden mit 30 Tagen angesetzt, Teilmonate mit den tatsächlichen Kalendertagen.

Beispiel

  • April & Mai: Vollzeitjob → 44 Arbeitstage (60 Kalendertage)
  • Juli & August: 2 Tage pro Woche → 18 Arbeitstage (60 Kalendertage)
  • Gesamt: 62 Arbeitstage (unter 70) → kurzfristig zulässig, auch wenn 120 Kalendertage überschritten werden.

Pausen zwischen den Jobs – nötig?

Nein. Mehrere kurzfristige Minijobs können direkt aufeinander folgen.
Ausnahme: Bei Rahmenvereinbarungen (max. 1 Jahr). Wird danach eine neue Rahmenvereinbarung geschlossen, muss eine Pause von 2 Monaten eingehalten werden.


Elektronische Rückmeldung durch die Minijob-Zentrale

Seit 1. Januar 2022 erhalten Arbeitgeber bei Anmeldung einer kurzfristigen Beschäftigung eine elektronische Rückmeldung, ob bereits andere kurzfristige Minijobs bestehen oder bestanden haben.

  • Die Rückmeldung informiert nur über das Bestehen, nicht über die Dauer.
  • Arbeitgeber müssen die Rückmeldung in ihren Entgeltunterlagen dokumentieren.

Fazit

  • Mehrere kurzfristige Minijobs sind möglich.
  • Entscheidend ist die Zusammenrechnung aller Beschäftigungszeiten im Kalenderjahr.
  • Die Grenze liegt bei 3 Monaten / 90 Kalendertagen oder 70 Arbeitstagen.
  • Arbeitgeber sind verpflichtet, diese Prüfung vor jeder Einstellung vorzunehmen.

👉 Sie beschäftigen regelmäßig Aushilfen oder planen mehrere kurzfristige Minijobs? Wir unterstützen Sie gerne bei der korrekten sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung und bei der Gestaltung Ihrer Lohnabrechnung.

Influencer & Steuern: Was du unbedingt wissen musst

Immer mehr Menschen verdienen auf Instagram, TikTok, YouTube oder Twitch Geld – sei es durch Kooperationen, Produktplatzierungen, Affiliate-Links oder Spenden von Followern. Doch viele vergessen: Diese Einnahmen sind steuerpflichtig. Hier erfährst du, worauf es ankommt.


1. Einnahmen – mehr als nur Geld

Nicht nur Überweisungen zählen: Auch Geschenke, Gutscheine oder kostenlose Produkte sind steuerlich Einnahmen. Entscheidend ist der Wert der Leistung. Typische Einnahmen sind:

  • Sponsorings & Produktplatzierungen
  • Affiliate-Marketing & Rabattcodes
  • Merchandise-Verkäufe
  • Spenden/Donations & Wunschlisten
  • Coachings, Onlinekurse, Webinare
  • Preisgelder (z. B. Gaming)

👉 Faustregel: Alles, was du im Zusammenhang mit deiner Tätigkeit erhältst, ist steuerlich relevant.


2. Einkommensteuer

  • Dein Gewinn = Einnahmen – Ausgaben.
  • Liegt der Gewinn über dem Grundfreibetrag (2025: 12.096 €), fällt Einkommensteuer an.
  • In der Steuererklärung: Anlage G + Anlage EÜR (Einnahmenüberschussrechnung).

Tipp: Typische Betriebsausgaben sind Kamera & Technik, Reisekosten, Studio-/Mietkosten, Software, Steuerberatung.


3. Gewerbesteuer

  • Influencer:innen gelten in der Regel als gewerblich tätig.
  • Gewerbeanmeldung beim Gewerbeamt ist Pflicht.
  • Gewerbesteuer fällt an, wenn dein Gewinn über 24.500 € liegt.

4. Umsatzsteuer

  • Grundsatz: Wer regelmäßig Einnahmen erzielt, ist umsatzsteuerpflichtig.
  • Ausnahme: Kleinunternehmerregelung, wenn dein Umsatz im Vorjahr unter 25.000 € lag und im laufenden Jahr voraussichtlich unter 100.000 € bleibt.
    • Vorteil: Keine Umsatzsteuer auf Rechnungen, weniger Bürokratie.
    • Nachteil: Kein Vorsteuerabzug (z. B. für Kamera, Laptop, Reisekosten).

5. Organisation ist Pflicht

  • Alles dokumentieren! Einnahmen & Ausgaben mit Belegen festhalten.
  • Fragebogen zur steuerlichen Erfassung beim Finanzamt innerhalb eines Monats nach Start einreichen (online über ELSTER).
  • Jährlich: Einkommensteuererklärung + ggf. Umsatz- und Gewerbesteuererklärungen.

Fazit

Ob als Hobby gestartet oder schon professionell unterwegs: Sobald du mit deinem Content Geld verdienst, bist du Unternehmer:in mit Steuerpflichten. Wer früh die Formalitäten erledigt und Belege sammelt, vermeidet böse Überraschungen wie Steuernachzahlungen oder Bußgelder.

👉 Wir helfen dir dabei, deine Steuerpflichten zu klären, deine Einnahmen korrekt zu versteuern und dabei keine Vorteile zu verschenken.

Digitale Kommunikation mit dem Finanzamt wird ausgeweitet

Die Finanzverwaltung baut ihre digitalen Services weiter aus: Ab sofort können auch Körperschaftsteuerbescheide elektronisch über ELSTER zugestellt werden. Damit ist der Prozess – von der Abgabe der Steuererklärung bis zum Erhalt des Steuerbescheids – erstmals vollständig digital möglich.


Was ist neu?

  • Körperschaftsteuerbescheide: Ab sofort digital abrufbar.
  • Bereits verfügbar: Einkommensteuerbescheide, Gewerbesteuermessbescheide, Zerlegungsbescheide sowie Bescheide zur Feststellung des Gewerbeverlustes.
  • Zukunft: Ab Herbst 2025 sollen weitere Verwaltungsakte und Schreiben in ELSTER elektronisch bereitgestellt werden.

Damit können Unternehmen und Steuerberater die Bescheide medienbruchfrei weiterverarbeiten – ein echter Zeit- und Effizienzgewinn.


Vorteile für Unternehmen und Steuerpflichtige

  • Schneller Zugriff: Bescheide stehen unmittelbar nach Erstellung digital zur Verfügung.
  • Zeitersparnis: Kein Postversand, keine Wartezeiten.
  • Effizienz: Automatisierte Verarbeitung in Kanzlei- und Unternehmenssoftware möglich.
  • Umweltschutz: Papiersparende Abwicklung.

So funktioniert es

  • Aktivierung im ELSTER-Portal unter „Formulare und Leistungen → Einwilligung zur elektronischen Bekanntgabe“.
  • Abruf der Bescheide über das Online-Finanzamt „Mein ELSTER“ oder die App „MeinELSTER+“.
  • Auch Steuerberater und Softwarelösungen können die Bescheide abrufen, sofern der elektronische Bescheidabruf unterstützt wird.

Fazit

Die vollständig digitale Zustellung von Steuerbescheiden ist ein weiterer Schritt hin zu einer modernen, effizienten und papierarmen Steuerverwaltung. Unternehmen, Steuerberater und Privatpersonen profitieren gleichermaßen von mehr Komfort, Zeitersparnis und weniger Bürokratie.

👉 Tipp: Prüfen Sie in Ihrem ELSTER-Konto, ob die elektronische Bekanntgabe bereits aktiviert ist. Gerne unterstützen wir Sie bei der Einrichtung und Integration in Ihre Steuerprozesse.