Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

BFH: Steuer kann rückwirkend entfallen – Irrtum über Steuerfolgen bei Ehevertrag

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 09. Mai 2025 (Az. IX R 4/23) entschieden, dass eine Übertragung von GmbH-Anteilen im Zugewinnausgleich grundsätzlich einen steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang nach § 17 EStG darstellt. Allerdings kann der daraus entstehende Veräußerungsgewinn rückwirkend entfallen, wenn die Vertragsparteien bei Abschluss des Ehevertrags einem gemeinsamen Irrtum über die steuerlichen Folgen unterlagen und den Vertrag deshalb nachträglich abänderten.


Der Fall

  • Ein Ehepaar vereinbarte Gütertrennung.
  • Der Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau wurde durch Übertragung von GmbH-Anteilen erfüllt.
  • Beide Eheleute gingen (auf Grundlage einer Beratung) davon aus, dass dieser Vorgang steuerfrei sei.
  • Das Finanzamt behandelte die Übertragung jedoch als steuerpflichtige Veräußerung nach § 17 EStG und setzte Einkommensteuer fest.
  • Daraufhin änderten die Eheleute den Ehevertrag: Statt GmbH-Anteilen wurde eine Geldzahlung vereinbart.

Das Finanzgericht und schließlich auch der BFH gaben den Steuerpflichtigen Recht: Der Veräußerungsgewinn entfällt rückwirkend, da der Ehevertrag aufgrund eines gemeinsamen Irrtums über die steuerlichen Folgen geändert wurde.


Kernaussagen des BFH

  • Grundsatz: Übertragung von GmbH-Anteilen im Zugewinnausgleich = steuerpflichtiger Veräußerungsvorgang (§ 17 EStG).
  • Ausnahme: Wird der Vertrag wegen eines gemeinsamen Irrtums über die Steuerfolgen rückabgewickelt, kann die Steuer für die Vergangenheit entfallen.
  • Voraussetzungen:
    • gemeinsamer Irrtum beider Vertragsparteien,
    • Irrtum bereits bei Vertragsabschluss vorhanden,
    • Irrtum betrifft die Geschäftsgrundlage,
    • Rückabwicklung innerhalb der Risikosphäre beider Parteien.
  • Hinweis: Ein ausdrücklicher Vermerk des Irrtums im Vertragstext ist nicht erforderlich.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil zeigt:

  • Vorsicht bei Ehe- und Scheidungsfolgenverträgen mit Unternehmensanteilen. Falsche steuerliche Annahmen können erhebliche Folgen haben.
  • Rückabwicklung ist möglich, aber nur in Ausnahmefällen und unter strengen Voraussetzungen.
  • Steuerliche Beratung im Vorfeld ist unverzichtbar – Irrtümer über die Steuerfolgen lassen sich nicht immer im Nachhinein korrigieren.

Fazit

Die Entscheidung des BFH eröffnet Steuerpflichtigen in vergleichbaren Konstellationen einen engen Ausweg, wenn ein Vertrag auf falschen steuerlichen Annahmen beruhte. Gleichzeitig macht der BFH deutlich, dass dies kein allgemeiner Freibrief für nachträgliche Vertragsänderungen ist.

👉 Wenn Sie einen Ehevertrag oder eine Übertragung von Unternehmensanteilen planen, lassen Sie sich unbedingt im Vorfeld steuerlich beraten. Wir prüfen die steuerlichen Folgen und helfen Ihnen, teure Überraschungen zu vermeiden.

BFH klärt: Ausnahmen vom Progressionsvorbehalt gelten nur eingeschränkt

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21. Mai 2025 (Az. I R 5/22) eine wichtige Frage zur Anwendung des Progressionsvorbehalts entschieden. Das Gericht stellte klar: Die in § 32b Abs. 1 Satz 2 EStG geregelten Ausnahmen greifen nur für Einkünfte, die aufgrund einer abkommensrechtlichen Steuerfreistellung nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG dem Progressionsvorbehalt unterliegen.


Was bedeutet das?

Der Progressionsvorbehalt sorgt dafür, dass bestimmte steuerfreie Einkünfte – etwa ausländische Einkünfte nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder Lohnersatzleistungen wie Elterngeld – den Steuersatz auf das übrige Einkommen erhöhen. Damit bleibt die Steuerfreiheit erhalten, wirkt sich aber dennoch auf die Steuerlast aus.

Der Gesetzgeber hat für einige Fälle Ausnahmen vom Progressionsvorbehalt vorgesehen, um Härten zu vermeiden. Nach Auffassung des BFH sind diese Ausnahmen jedoch eng auszulegen: Sie gelten ausschließlich für die Einkünfte, die aufgrund einer DBA-Freistellung steuerfrei sind und dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG unterfallen.


Praxisrelevanz des Urteils

  • Keine weite Anwendung: Die Ausnahmeregelungen können nicht auf andere Arten progressionsrelevanter Einkünfte (z. B. Lohnersatzleistungen) übertragen werden.
  • Internationale Fälle im Fokus: Besonders relevant ist das Urteil für Steuerpflichtige mit Auslandseinkünften, die nach einem DBA steuerfrei gestellt werden.
  • Klarstellung für Berater: In der Gestaltungspraxis wird die Möglichkeit, über die Ausnahmen eine Progressionswirkung zu vermeiden, deutlich eingeschränkt.

Fazit

Der BFH hat den Anwendungsbereich der Ausnahmen vom Progressionsvorbehalt klar eingegrenzt. Steuerpflichtige mit Auslandseinkünften sollten daher genau prüfen, ob die Voraussetzungen tatsächlich vorliegen. Für andere progressionsrelevante Einkünfte bleibt es bei der regulären Anwendung des Progressionsvorbehalts.

👉 Sie haben Einkünfte aus dem Ausland oder beziehen steuerfreie Leistungen und fragen sich, wie sich das auf Ihre Steuerlast auswirkt? Sprechen Sie uns an – wir prüfen Ihre individuelle Situation und zeigen Ihnen Gestaltungsmöglichkeiten.

Gewerbe- und Grundsteuer 2024: Rekordeinnahmen trotz regionaler Rückgänge

Die Gemeinden in Deutschland haben im Jahr 2024 erneut einen Höchststand bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer erzielt. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) flossen rund 75,3 Milliarden Euro in die Gemeindekassen – ein leichtes Plus von 0,2 % gegenüber dem Vorjahr. Damit steigen die Gewerbesteuereinnahmen bereits im vierten Jahr in Folge, trotz regional sehr unterschiedlicher Entwicklungen.


Gewerbesteuer: Rekord auf Bundesebene – Rückgänge in vielen Ländern

Während die Gesamtentwicklung positiv ist, zeigt sich ein gemischtes Bild auf Landesebene:

  • Starke Zuwächse gab es u. a. in Mecklenburg-Vorpommern (+9,8 %), Rheinland-Pfalz (+9,0 %) und im Stadtstaat Bremen (+13,5 %).
  • Deutliche Rückgänge verzeichneten dagegen Sachsen-Anhalt (-9,9 %), das Saarland (-5,0 %) und Thüringen (-5,0 %). Auch die Stadtstaaten Hamburg (-9,3 %) und Berlin (-3,2 %) nahmen weniger ein.

Für Unternehmen bedeutet das: Die Belastung durch die Gewerbesteuer kann je nach Standort sehr unterschiedlich sein und sollte bei Investitions- und Standortentscheidungen weiterhin genau im Blick behalten werden.


Grundsteuer: Anstieg und Reform im Blick

Auch die Grundsteuereinnahmen legten zu:

  • Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliches Vermögen): 0,4 Mrd. € (+2,9 %).
  • Grundsteuer B (Grundstücke): 15,6 Mrd. € (+3,8 %).

Seit dem 1. Januar 2025 gilt zudem die Grundsteuerreform. Durch die sogenannte Länderöffnungsklausel wenden einzelne Bundesländer bereits eigene Modelle an. Für Eigentümer bedeutet das: Die Belastung hängt künftig stärker vom jeweiligen Bundesland und den neuen Hebesätzen der Gemeinden ab.


Gesamteinnahmen und Hebesätze

  • Insgesamt nahmen die Gemeinden 2024 aus Realsteuern (Gewerbe- und Grundsteuer) rund 91,4 Mrd. Euro ein – ein Plus von 0,8 %.
  • Die durchschnittlichen Hebesätze lagen bei:
    • Gewerbesteuer: 409 % (+2 Prozentpunkte)
    • Grundsteuer A: 362 % (+7 Prozentpunkte)
    • Grundsteuer B: 506 % (+13 Prozentpunkte)

Fazit: Was heißt das für Unternehmer und Eigentümer?

  • Unternehmen sollten die Entwicklung der Hebesätze an ihrem Standort im Blick behalten, da diese maßgeblich über die Höhe der Gewerbesteuerbelastung entscheiden.
  • Immobilienbesitzer müssen ab 2025 mit Veränderungen durch die Grundsteuerreform rechnen. Abhängig von Region und Hebesatz kann die Belastung steigen oder sinken.

👉 Wir empfehlen, frühzeitig zu prüfen, welche Auswirkungen die neuen Regeln auf Ihre persönliche Steuerlast haben können. Gerne unterstützen wir Sie dabei mit einer individuellen Berechnung.

Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV): Transparenz und Fairness bei den Beratungskosten

Einleitung

Steuerberatung ist ein freier Beruf, der auf einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Steuerberater beruht. Neben der klassischen Hilfeleistung in Steuersachen umfasst das Tätigkeitsspektrum häufig auch betriebswirtschaftliche Beratung und individuelle Begleitung bei wichtigen Entscheidungen.
Damit Mandanten jederzeit auf nachvollziehbare und faire Honorare vertrauen können, gilt in Deutschland die Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV). Sie sorgt für einheitliche Qualitäts- und Preisstandards und bildet die Grundlage für die Abrechnung der steuerlichen Leistungen.


Was regelt die StBVV?

Die StBVV schreibt vor, wie Steuerberater ihre Leistungen in den sogenannten Vorbehaltsaufgaben (z. B. Steuererklärungen, Buchführung, Jahresabschlüsse, Vertretung vor dem Finanzamt) abrechnen müssen.
Wesentliche Grundsätze:

  • Transparenz: Mandanten sollen die Kosten nachvollziehen können.
  • Fairness: Keine überhöhten Honorare, sondern ein angemessenes Verhältnis von Leistung und Vergütung.
  • Flexibilität: Die Gebührenrahmen ermöglichen, die Besonderheiten des einzelnen Falls zu berücksichtigen.

Gebührenmodelle im Überblick

Die StBVV sieht verschiedene Abrechnungsarten vor:

  • Wertgebühren: orientieren sich am Gegenstandswert (z. B. Höhe der Einkünfte oder Steuerdifferenzen).
  • Zeitgebühren: 16,50 – 41,00 € pro angefangener Viertelstunde (ab 1. Juli 2025 verbindlich im 15-Minuten-Takt).
  • Betragsrahmengebühren: gesetzlich festgelegte Mindest- und Höchstbeträge für bestimmte Tätigkeiten.
  • Auslagenpauschalen: z. B. für Post- und Telekommunikationskosten.

Vergütungsvereinbarungen: Wann sie sinnvoll sind

Neben den gesetzlichen Gebühren können Steuerberater mit ihren Mandanten individuelle Vergütungsvereinbarungen treffen, z. B.:

  • Feste Stundensätze für Beratungen (z. B. 250 € pro Stunde),
  • Pauschalen für wiederkehrende Leistungen,
  • Kombinationen aus gesetzlicher Gebühr und Vereinbarung.

Vorteile:

  • Klare Planbarkeit für beide Seiten,
  • Möglichkeit, höhere Komplexität oder zusätzliche Leistungen angemessen zu honorieren,
  • Sicherheit, dass sich auch kleinere oder besonders zeitintensive Mandate wirtschaftlich abbilden lassen.

Mandantenkommunikation: Transparenz schafft Vertrauen

Für viele Mandanten sind Steuerberaterhonorare schwer greifbar. Daher gilt:

  • Klare Auftragsdefinition: Welche Leistungen sind umfasst, was gehört nicht dazu?
  • Transparente Rechnungstellung: Aufschlüsselung von Tätigkeiten und Gegenstandswerten.
  • Hinweise auf Zusatzleistungen: Mandanten sollten verstehen, welche Arbeiten über die Grundaufgaben hinausgehen (z. B. Digitalisierung, Bescheidprüfung, Zusatzmeldungen).

Eine offene Kommunikation über Honorare trägt wesentlich dazu bei, spätere Missverständnisse zu vermeiden und die Zusammenarbeit zu stärken.


Fazit

Die StBVV schafft Rechtssicherheit und Fairness:

  • Mandanten wissen, dass die Honorare nicht willkürlich festgelegt sind,
  • Steuerberater erhalten eine leistungsgerechte Vergütung,
  • Beide Seiten profitieren von klaren Regeln und Transparenz.

Durch individuelle Vergütungsvereinbarungen lassen sich zudem flexible Lösungen finden, die sowohl den Anforderungen des Mandats als auch den Erwartungen der Mandanten gerecht werden.


👉 Wenn Sie mehr über unsere Honorargestaltung erfahren möchten oder eine individuelle Beratung wünschen, sprechen Sie uns jederzeit gerne an.

Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes


Am 07. August 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) veröffentlicht.

Der Entwurf knüpft inhaltlich an den früheren Entwurf zur Neuregelung beschränkter und unentgeltlicher Hilfeleistung in Steuersachen (BT-Drs. 20/8669) an, der mit dem Ende der letzten Legislaturperiode der Diskontinuität unterlag.


Zentrale Inhalte des Entwurfs

1. Neuregelung der beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen

  • Konkretisierung, wer in welchem Umfang steuerliche Hilfe erbringen darf.
  • Ziel: Rechtssicherheit und Klarheit für nicht-berufsmäßige Helfer.

2. Erweiterung der unentgeltlichen Hilfeleistung

  • Erlaubnis für Tax Law Clinics an Hochschulen oder im Hochschulumfeld.
  • Studierende können unter fachlicher Anleitung praktische Erfahrungen sammeln.

3. Modernisierung der Vorschriften über Lohnsteuerhilfevereine

  • Anpassungen an aktuelle Beratungsrealitäten.
  • Teilweise Modifikationen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf.

4. Wegfall des Leitungserfordernisses bei weiteren Beratungsstellen

  • Steuerberater:innen müssen künftig nicht mehr zwingend persönlich jede Beratungsstelle leiten.
  • Ziel: organisatorische Flexibilisierung.

5. Sicherstellung des Fremdbesitzverbots

  • Neue Vorschriften zur Beteiligung von Wirtschaftsprüfungs- und Buchprüfungsgesellschaften an steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften.
  • Klarstellung: Fremdbesitzverbot bleibt gewahrt.

6. Erweiterung der Vollmachtvermutung in der AO

  • Künftig auch Notare und Patentanwälte in die Vollmachtvermutung einbezogen.
  • Vereinfachung bei der Kommunikation mit der Finanzverwaltung.

Bedeutung für die Praxis

  • Für Steuerberater:innen: Mehr Flexibilität bei Niederlassungen, klare Regeln bei Kooperationen mit WP-/Buchprüfungsgesellschaften.
  • Für Hochschulen: Förderung praxisorientierter Ausbildung durch Tax Law Clinics.
  • Für Mandanten: Vereinfachte Verfahren, wenn Notare oder Patentanwälte einbezogen sind.
  • Für Lohnsteuerhilfevereine: Anpassung an moderne Beratungsanforderungen.

Übersicht: Änderungen durch das 9. StBerG-Änderungsgesetz (Entwurf, 07.08.2025)

ThemaBisherige RegelungGeplante Änderung
Beschränkte Hilfeleistung in SteuersachenTeilweise unklare Abgrenzung, wer in welchem Umfang steuerlich beraten darfPräzisierte Befugnisregelungen – klare Vorgaben für zulässige beschränkte Hilfe
Unentgeltliche HilfeleistungNur sehr eingeschränkt möglichErweiterung: Einrichtung von Tax Law Clinics an Hochschulen erlaubt
LohnsteuerhilfevereineRegelungen teilweise veraltetModernisierte Vorschriften, angepasst an aktuelle Beratungsrealitäten
Leitung weiterer BeratungsstellenJede Beratungsstelle musste durch eine/n Steuerberater/in persönlich geleitet werdenWegfall des Leitungserfordernisses – mehr organisatorische Flexibilität
FremdbesitzverbotGefahr von Unklarheiten bei Beteiligungen von WP-/BuchprüfungsgesellschaftenNeue Vorschrift zur Sicherstellung des Fremdbesitzverbots
Vollmachtvermutung (AO)Nur für Steuerberater:innen und RechtsanwälteErweiterung: künftig auch für Notare und Patentanwälte

Fazit

Der Entwurf zur Änderung des StBerG setzt die Modernisierung des Berufsrechts fort. Besonders hervorzuheben sind die Öffnung für neue Ausbildungsformate (Tax Law Clinics), die Flexibilisierung bei Beratungsstellen und die Stärkung des Fremdbesitzverbots.

Damit wird der rechtliche Rahmen für steuerberatende Berufe klarer und zeitgemäßer gestaltet.

👉 Das vollständige Schreiben finden Sie auf der Homepage des BMF.

Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO)


Am 13. August 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Rahmen eines koordinierten Ländererlasses (Az. IV D 1 – S 0062/00119/001/001) Änderungen des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) veröffentlicht.


Betroffene Vorschriften

Der AEAO wurde in folgenden Bereichen angepasst:

  • § 30 AO – Schutz von Steuergeheimnissen
  • § 87a AO – Elektronische Kommunikation
  • § 87d AO – Bekanntgabe elektronischer Dokumente
  • § 122 AO – Bekanntgabe von Verwaltungsakten
  • § 154 AO – Kontenwahrheit und Kontenabruf
  • § 165 AO – Vorläufige Steuerfestsetzung
  • § 172 AO – Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden
  • § 197 AO – Außenprüfung
  • § 219 AO – Säumniszuschläge
  • § 235 AO – Hinterziehungszinsen
  • § 363 AO – Ruhen des Einspruchsverfahrens
  • § 367 AO – Einspruchsentscheidung

Hintergrund

Mit den Änderungen reagiert das BMF auf:

  • aktuelle gesetzliche Anpassungen (z. B. im Bereich elektronische Kommunikation und Bekanntgabe),
  • neue Anforderungen an die Verwaltungspraxis, insbesondere beim Kontenabrufverfahren und bei der Bekanntgabe von Bescheiden,
  • Rechtsprechung des BFH sowie Anpassungsbedarf aus der Finanzverwaltungspraxis.

Praxisrelevanz

Für Steuerpflichtige und Berater ergeben sich insbesondere folgende Konsequenzen:

  • Elektronische Kommunikation: Konkretisierungen bei der Wirksamkeit von elektronischen Bekanntgaben (§§ 87a, 87d, 122 AO).
  • Kontenabrufverfahren: Verschärfte Vorgaben zur Prüfung und Dokumentation (§ 154 AO).
  • Steuerfestsetzung: Neue Klarstellungen zu vorläufigen Bescheiden und zu Änderungsmöglichkeiten (§§ 165, 172 AO).
  • Verfahrensrecht: Präzisierungen zum Ruhen von Einspruchsverfahren und zur Einspruchsentscheidung (§§ 363, 367 AO).

Damit steigt die Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation und der rechtzeitigen Reaktion auf Verwaltungsakte, insbesondere im digitalen Verfahren.

Übersicht der Änderungen im AEAO (Stand 13.08.2025)

Paragraf (AO)Änderung im AEAOPraktische Auswirkung für Steuerpflichtige / Berater
§ 30 AO – SteuergeheimnisPräzisierungen zur DatenweitergabeKlare Vorgaben, wann Finanzämter Daten nutzen oder weitergeben dürfen
§ 87a AO – Elektronische KommunikationAnpassungen an digitale VerfahrenMehr Rechtssicherheit bei elektronischer Kommunikation mit dem Finanzamt
§ 87d AO – Bekanntgabe elektronischer DokumenteNeue Regelungen zur WirksamkeitBekanntgabe über ELSTER & Co. gilt als erfolgt, auch wenn Nachricht nicht abgerufen wird
§ 122 AO – Bekanntgabe von VerwaltungsaktenKonkretisierung elektronischer ZustellungSteuerpflichtige müssen Postfächer regelmäßig prüfen, sonst droht Fristversäumnis
§ 154 AO – Kontenwahrheit / KontenabrufVerschärfte DokumentationspflichtenBanken & Finanzämter prüfen stärker, Steuerpflichtige müssen Angaben nachvollziehbar machen
§ 165 AO – Vorläufige SteuerfestsetzungKlarstellung der AnwendungsfälleSteuerbescheide können häufiger vorläufig ergehen – Bescheide bleiben „offen“
§ 172 AO – Änderung von SteuerbescheidenErweiterung der ÄnderungsmöglichkeitenErhöhte Aufmerksamkeit nötig: Finanzamt kann Bescheide unter Umständen länger ändern
§ 197 AO – AußenprüfungKonkretisierung der PrüfungsanordnungPrüfungsumfang klarer geregelt, aber auch mehr Möglichkeiten für die Finanzverwaltung
§ 219 AO – SäumniszuschlägePräzisierungen zur BerechnungEinheitlichere Handhabung, aber kaum Entlastung für Steuerpflichtige
§ 235 AO – HinterziehungszinsenKlarstellungen zum Beginn der VerzinsungZinsen laufen früher an – Risiko höherer Nachzahlungen
§ 363 AO – Ruhen des EinspruchsPräzisierungen zu VoraussetzungenEinspruchsverfahren können häufiger ruhen, z. B. bei anhängigen Musterverfahren
§ 367 AO – EinspruchsentscheidungKonkretisierung des PrüfungsumfangsFinanzamt muss Einsprüche umfassend prüfen, kann aber auch andere Punkte neu aufrollen

Fazit

Die Änderungen des AEAO zeigen, dass das Steuerverfahrensrecht zunehmend an die digitale Verwaltungspraxis angepasst wird. Für Steuerpflichtige bedeutet dies vor allem:

  • mehr Klarheit, aber auch striktere Regeln bei elektronischer Bekanntgabe,
  • erhöhte Anforderungen an die Mitwirkung und Nachweispflichten,
  • größere Aufmerksamkeit bei Einspruchs- und Änderungsverfahren.

👉 Das vollständige Schreiben finden Sie auf der Homepage des BMF.

Umsatzsteuerliche Behandlung des Handels mit Non-Fungible Token (NFT)

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Mit Urteil vom 10. Juli 2025 (Az. 5 K 26/24, rechtskräftig) hat sich der 5. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts erstmals mit der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Handels mit Non-Fungible Token (NFT) befasst.


Der Streitfall

Der Kläger handelte im Jahr 2021 als Einzelunternehmer mit sogenannten NFT Collectibles, also digitalen Sammelobjekten, die über die Plattform OpenSea vertrieben wurden.

Besonderheiten des Falles:

  • gehandelt wurde nicht die digitale Datei selbst, sondern ein Blockchain-Eintrag (Token)
  • Erwerber waren weltweit verteilt, aber ohne Identifizierung als Unternehmer (keine USt-IdNr.)
  • der Kläger argumentierte, es handele sich um Leistungen an die Plattform OpenSea (USA) oder um nicht steuerbare Umsätze mangels Identifizierbarkeit der Käufer
  • das Finanzamt setzte Umsatzsteuer in voller Höhe mit 19 % fest

Die Entscheidung des FG Niedersachsen

Das Finanzgericht gab der Klage teilweise statt und stellte im Kern fest:

  • Leistungstyp: NFT-Handel stellt sonstige Leistungen i. S. v. § 3 Abs. 9 UStG dar, keine Lieferungen.
  • Leistungsempfänger: sind die Käufer, nicht die Plattform OpenSea. Die Voraussetzungen einer Dienstleistungskommission (§ 3 Abs. 11a UStG) lagen nicht vor.
  • Identifizierbarkeit: die pseudonymisierten Wallet-Adressen stehen einer umsatzsteuerlichen Zurechnung nicht entgegen.
  • Unternehmereigenschaft der Käufer: nicht nachgewiesen, daher sind diese als Nichtunternehmer zu behandeln.
  • Leistungsort: es handelt sich um elektronisch erbrachte sonstige Leistungen (§ 3a Abs. 5 UStG). Mangels ordnungsgemäßer Feststellung der Ansässigkeit der Kunden schätzte das Gericht den Anteil der inländischen Leistungen auf 50 % der Umsätze.
  • Steuerbefreiungen oder ermäßigte Steuersätze kamen nicht in Betracht.
  • Ein strukturelles Vollzugsdefizit bei NFT-Geschäften sah das Gericht nicht.

Das Urteil ist rechtskräftig. Die Revision zum BFH wurde zugelassen, aber nicht eingelegt.


Bedeutung für die Praxis

  1. NFT-Handel ist umsatzsteuerpflichtig
    Der Verkauf von NFT Collectibles unterliegt grundsätzlich der Umsatzsteuer.
  2. Leistungsort entscheidend
    Bei Verkäufen an Nichtunternehmer sind die Umsätze dort steuerbar, wo der Kunde ansässig ist. Ohne belastbare Nachweise kann das Finanzamt eine Schätzung zulasten des Unternehmers vornehmen.
  3. Mitwirkungspflichten beachten
    Händler von NFT müssen verstärkt prüfen und dokumentieren, wo ihre Kunden ansässig sind. Dies erfordert gegebenenfalls ergänzende Abfragen oder Plausibilitätsprüfungen.
  4. Kein strukturelles Vollzugsdefizit
    Ein Verweis auf die praktische Schwierigkeit der Kontrolle führt nicht zur Umsatzsteuerfreiheit.

Fazit

Das Urteil des FG Niedersachsen zeigt: NFT-Verkäufe sind keine „Grauzone“ mehr, sondern klar steuerbar. Unternehmer, die NFT handeln, müssen sich auf erweiterte Aufzeichnungs- und Mitwirkungspflichten einstellen und das Risiko einer Schätzung durch das Finanzamt vermeiden.

Die Finanzverwaltung und die Gerichte sehen im NFT-Handel eine steuerbare, umsatzsteuerpflichtige Leistung – ein strukturelles Vollzugsdefizit liegt nicht vor.

Checkliste: NFT-Handel & Umsatzsteuer – 5 Punkte, die Sie beachten müssen

  1. Unternehmerstatus prüfen
    • Wer regelmäßig NFT handelt, gilt steuerlich als Unternehmer.
    • Gewinne aus dem Handel sind nicht nur einkommensteuerpflichtig, sondern auch umsatzsteuerlich relevant.
  2. Leistung richtig einordnen
    • NFT-Verkäufe sind keine „Lieferungen“, sondern sonstige Leistungen (§ 3 Abs. 9 UStG).
    • Regelsteuersatz: derzeit 19 %.
  3. Leistungsort feststellen
    • Verkäufe an Unternehmer (B2B) → Leistungsort im Sitzstaat des Käufers (§ 3a Abs. 2 UStG).
    • Verkäufe an Privatpersonen (B2C) → Leistungsort im Sitzstaat des Kunden (§ 3a Abs. 5 UStG).
    • Ohne Nachweise (z. B. Wohnsitzbestätigung, IP-/Zahlungsdaten) droht eine Schätzung durch das Finanzamt.
  4. Dokumentations- und Mitwirkungspflichten
    • Wallet-Adressen allein reichen nicht aus.
    • Prüfen Sie, ob ergänzende Daten erhoben werden können (E-Mail, Zahlungsdienstleister, Geolocation).
    • Dokumentation mindestens 10 Jahre aufbewahren.
  5. Steuerliche Risiken vermeiden
    • Kein Verlass auf „Steuerfreiheit wegen Anonymität“.
    • Schätzungen können zu hohen Steuernachzahlungen führen.
    • Frühzeitig steuerliche Beratung einholen und Buchhaltungssystem auf digitale Assets anpassen.

💡 Tipp: Wenn Sie NFT nicht nur privat, sondern regelmäßig handeln, sollten Sie prüfen, ob Sie die Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) nutzen können oder ob eine Umsatzsteuer-Registrierung im EU-Ausland (OSS-Verfahren) notwendig wird.

Verordnung zum Abruf von Kindergelddaten durch Sozialleistungsträger


Am 08. August 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Referentenentwurf einer neuen Verordnung zum Abruf von Kindergelddaten durch Sozialleistungsträger (SozKiGAbV) veröffentlicht.

Ziel ist es, Verwaltungsverfahren für Familienleistungen zu vereinfachen und unnötige Mehrfachangaben durch Eltern zu vermeiden.


Hintergrund

Die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit verwaltet die Kindergeldakten. Diese enthalten sensible Daten, die bisher dem Steuergeheimnis unterlagen und deshalb nicht ohne Weiteres für andere Sozialleistungen genutzt werden durften.

Durch die Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage in § 68 Abs. 5 EStG ist nun ein rechtssicherer Datenaustausch möglich. Damit steht dem Abruf durch Sozialleistungsträger das Steuergeheimnis nicht mehr entgegen.


Welche Leistungen sind betroffen?

Die Kindergelddaten können künftig auch für folgende Leistungen genutzt werden:

  • Leistungen der Arbeitsförderung nach § 19 SGB I
  • Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 19a SGB I
  • Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz
  • Leistungen für Bildung und Teilhabe
  • Elterngeld nach § 25 SGB I
  • Leistungen der Sozialhilfe nach § 28 SGB I
  • Unterhaltsvorschuss nach dem Unterhaltsvorschussgesetz

Vorteile für Eltern und Verwaltung

  • Eltern müssen den Kindergeldbezug nicht erneut nachweisen, wenn sie zusätzliche Leistungen beantragen.
  • Doppelarbeit und Medienbrüche in den Antragsverfahren werden reduziert.
  • Verwaltungsvorgänge werden schneller und effizienter, was sowohl Familien als auch die Behörden entlastet.

Abgrenzung zum Kinderzuschlag

Die Nachnutzung der Kindergelddaten für den Kinderzuschlag ist bereits seit 2023 in einer separaten Verordnung geregelt (BGBl. 2023 I Nr. 376). Diese bleibt bestehen und wird von der neuen Verordnung nicht berührt.

Übersicht: Nutzung der Kindergelddaten ab 2025

LeistungBisher: Eltern mussten …Künftig: durch Datenaustausch …
Arbeitsförderung (§ 19 SGB I)Kindergeldbescheinigung einreichenDaten werden automatisch von der Familienkasse bereitgestellt
Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 19a SGB I)Nachweise über Kindergeldbezug beilegenKeine zusätzlichen Nachweise mehr erforderlich
Kindergeld (BKGG)Eigenständige Angaben erneut eintragenDaten liegen bereits vor, Doppelangaben entfallen
Bildung und TeilhabeKindergeldnachweis als Anspruchsgrundlage vorlegenDaten werden automatisiert abgerufen
Elterngeld (§ 25 SGB I)Kindergeldbezug separat nachweisenFamilienkasse stellt Daten direkt zur Verfügung
Sozialhilfe (§ 28 SGB I)Kindergeldbescheid mit Antrag einreichenAutomatischer Zugriff durch Sozialämter
Unterhaltsvorschuss (UVG)Anspruch durch Kindergeldbescheinigung belegenDirekter Abruf durch die zuständige Stelle

Fazit

Die geplante SozKiGAbV ist ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung und Entbürokratisierung der Sozialverwaltung. Eltern profitieren von weniger Aufwand bei der Antragstellung, während die Behörden durch den automatisierten Datenaustausch entlastet werden.

Es bleibt abzuwarten, wie schnell die technische Umsetzung erfolgt – für betroffene Familien bedeutet die Verordnung jedenfalls eine spürbare Erleichterung im Alltag.

Muster der Lohnsteuer-Anmeldung 2026

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Mit Schreiben vom 14. August 2025 (Az. IV C 5 – S 2533/00120/006/009) hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) das neue Muster der Lohnsteuer-Anmeldung 2026 bekannt gemacht.

Die Lohnsteuer-Anmeldung ist für Arbeitgeber ein zentrales Instrument, um die einbehaltene Lohnsteuer fristgerecht an das Finanzamt abzuführen. Änderungen im Vordruck wirken sich unmittelbar auf die monatlichen oder vierteljährlichen Meldungen aus.


Wesentliche Inhalte des BMF-Schreibens

  • Geltung ab Januar 2026
    Das neue Vordruckmuster gilt für Lohnsteuer-Anmeldungszeiträume ab 1. Januar 2026.
  • Maßgeblichkeit für elektronische Formulare
    Das Vordruckmuster ist auch für die Gestaltung der elektronischen Vordrucke maßgebend. Softwarehersteller müssen ihre Programme entsprechend anpassen.
  • Neues Freitextfeld zu Kennzahl 23
    Abweichend vom Vordruckmuster wird in den elektronischen Formularen zusätzlich ein Freitextfeld für die Kennzahl 23 vorgesehen.
  • Neue Kennzahl 21 (§ 19a Abs. 4a EStG)
    Arbeitgeber haben künftig die Möglichkeit, über Kennzahl 21 eine Erklärung abzugeben, wenn im Zusammenhang mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bei Vermögensbeteiligungen eine Haftungserklärung nach § 19a Abs. 4a Satz 1 EStG abgegeben wird.
    → Falls zutreffend, ist in das Feld eine „1“ einzutragen.
  • Trennung nach Kalenderjahren (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG)
    Die Lohnsteuer ist getrennt nach Kalenderjahren anzugeben. Diese Regelung ist insbesondere relevant, wenn Lohnzahlungen über den Jahreswechsel hinausgehen oder als im Vorjahr bezogen gelten.
    → Die erforderlichen Kennzahlen und weitere Informationen finden Sie unter www.elster.de.
  • Hinweis zu Korrekturen
    Eintragungen zur Lohnsteuer des Vor- oder Folgejahres dienen ausschließlich der Zuordnung zum jeweiligen Kalenderjahr. In Korrekturfällen müssen die betroffenen Lohnsteuer-Anmeldungen geändert werden – eine nachträgliche Umbuchung in anderen Formularen ist nicht zulässig.

Praxis-Hinweis für Arbeitgeber

Arbeitgeber sollten rechtzeitig prüfen, ob:

  • die eingesetzte Lohnsoftware die neuen Vorgaben ab Januar 2026 berücksichtigt,
  • interne Prozesse zur Abgabe der Lohnsteuer-Anmeldung angepasst werden müssen,
  • die Finanzbuchhaltung auf die neuen Kennzahlen (insbesondere Kennzahl 21) vorbereitet ist.

Gerade bei Vermögensbeteiligungen und bei Zahlungen, die Jahresgrenzen überschreiten, empfiehlt sich eine enge Abstimmung mit der Lohnbuchhaltung und ggf. dem Steuerberater.


Fazit

Das Muster der Lohnsteuer-Anmeldung 2026 bringt keine grundlegende Umstellung, wohl aber einige präzise Anpassungen im Detail – vor allem durch die neue Kennzahl 21 und das zusätzliche Freitextfeld bei Kennzahl 23. Arbeitgeber sollten die Neuerungen frühzeitig in ihre Systeme und Abläufe integrieren, um eine reibungslose Abgabe sicherzustellen.

Vorsorgepauschale im Lohnsteuerabzugsverfahren ab 2026

Am 14. August 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) das Schreiben IV C 5 – S 2367/00012/004/033 veröffentlicht. Es handelt sich um einen koordinierten Ländererlass, der ab dem 1. Januar 2026 gilt und das BMF-Schreiben vom 26. November 2013 ersetzt.

Hintergrund

Die Vorsorgepauschale ist ein steuerlicher Pauschalbetrag, der im Lohnsteuerabzugsverfahren automatisch berücksichtigt wird, um die wichtigsten Vorsorgeaufwendungen von Arbeitnehmer:innen (z. B. Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung) steuerlich zu erfassen. Mit den Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2020, das Jahressteuergesetz 2022 sowie das Kreditzweitmarktförderungsgesetz 2023 wurde die Berechnung und Systematik der Vorsorgepauschale angepasst.

Ab 2026 gilt nun ein aktualisiertes Verfahren, das im neuen BMF-Schreiben detailliert geregelt ist.

Wesentliche Inhalte des neuen BMF-Schreibens

1. Allgemeines

  • Die Vorsorgepauschale wird ausschließlich im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt (§ 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 EStG).
  • Sie gilt in allen Steuerklassen.
  • Darüber hinausgehende individuelle Vorsorgeaufwendungen können erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung geltend gemacht werden.

2. Bemessungsgrundlage

Die Berechnung der Vorsorgepauschale stützt sich auf das Bruttoarbeitsentgelt, wobei bestimmte Höchstbeträge und Prozentsätze Anwendung finden.

3. Teilbeträge der Vorsorgepauschale

Die Vorsorgepauschale setzt sich ab 2026 aus mehreren Teilbeträgen zusammen:

  • Rentenversicherung (§ 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. a EStG)
  • Gesetzliche Krankenversicherung (§ 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. b EStG)
  • Soziale Pflegeversicherung (§ 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. c EStG)
  • Private Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung (§ 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. d EStG)
  • Arbeitslosenversicherung (§ 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. e EStG)

4. Neue Bescheinigungspflichten

  • Arbeitgeber müssen künftig bestimmte Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung des Arbeitnehmers in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b EStG) ausweisen.

5. Wegfall der Mindestvorsorgepauschale

Ab 2026 entfällt die bisherige Mindestvorsorgepauschale.

6. Weitere Änderungen

  • Anpassungen im Bereich des Lohnsteuer-Jahresausgleichs (§ 42b EStG).
  • Überarbeitete Lohnsteuertabellen für die manuelle Berechnung (§ 51 Abs. 4 Nr. 1a EStG).
  • Auswirkungen auf die Pauschalierung der Lohnsteuer in besonderen Fällen (§ 40 Abs. 1 EStG).

Praxisrelevanz für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

  • Arbeitgeber müssen ihre Lohnabrechnungsprogramme rechtzeitig an die neuen Vorgaben anpassen, da die Vorsorgepauschale direkt in der monatlichen Lohnabrechnung wirkt.
  • Arbeitnehmer:innen profitieren von einer realistischeren Berücksichtigung ihrer Vorsorgeaufwendungen, müssen aber beachten, dass zusätzliche Beiträge (z. B. private Zusatzversicherungen) weiterhin nur in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden können.
  • Steuerberater:innen sollten ihre Mandanten frühzeitig informieren, insbesondere zu den neuen Bescheinigungspflichten und dem Wegfall der Mindestvorsorgepauschale.

Quelle: Bundesministerium der Finanzen – BMF-Schreiben vom 14.08.2025, IV C 5 – S 2367/00012/004/033.