Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Abschaffung des sog. Rentnerprivilegs im Rahmen der Strukturreform des Versorgungsausgleichs ist verfassungsgemäß

Die Abschaffung des sog. Rentnerprivilegs im Rahmen der zum 1. September 2009 in Kraft getretenen Strukturreform des Versorgungsausgleichs ist verfassungsgemäß. Dies hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit am 16.01.2015 veröffentlichtem Beschluss im Anschluss an einen Beschluss des Ersten Senats vom 06.05.2014 entschieden. Die frühere Rechtslage, nach der die Kürzung der Versorgungsbezüge bei der ausgleichspflichtigen Person an den tatsächlichen Beginn des Rentenbezugs bei der ausgleichsberechtigten Person gekoppelt wurde, war verfassungsrechtlich zwar vertretbar, aber nicht geboten.

Sachverhalt und Verfahrensgang
§ 55c Abs. 1 Satz 2 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung bestimmte, dass Kürzungen des Ruhegehalts des ausgleichspflichtigen Ehegatten aufgrund des Versorgungsausgleichs erst zu dem Zeitpunkt vollzogen wurden, in dem der durch den Versorgungsausgleich berechtigte Ehegatte seinerseits eine Rente bezog und dadurch von dem Versorgungsausgleich real profitierte. In der Zwischenzeit erhielt der ausgleichspflichtige Ehegatte weiterhin sein ungekürztes Ruhegehalt. Entsprechende Regelungen gab es für die gesetzliche Rentenversicherung sowie für Beamte und Richter (sog. Rentnerprivileg). Durch die Strukturreform des Versorgungsausgleichs wurde das sog. Rentnerprivileg zum 1. September 2009 – ausgenommen für Übergangsfälle – abgeschafft.

Der Beschwerdeführer wurde im März 1956 geboren und bezieht seit April 2009 Ruhegehalt nach dem Soldatenversorgungsgesetz. Seine im April 1958 geborene Ehefrau ist als Arzthelferin berufstätig. Die im Februar 1978 geschlossene Ehe des Beschwerdeführers wurde im Jahr 2011 geschieden. Zugleich wurde der Versorgungsausgleich durchgeführt. Jeweils im Wege der internen Teilung wurde zu Lasten des Anrechts der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ein Anrecht für den Beschwerdeführer und zu Lasten des Anrechts des Beschwerdeführers bei der Wehrbereichsverwaltung West ein Anrecht für die Ehefrau begründet. Die Wehrbereichsverwaltung West kürzte das Ruhegehalt des Beschwerdeführers um monatlich 977,76 Euro. Im Hinblick auf den vorgezogenen Ruhestand des Beschwerdeführers und die Tatsache, dass er aus dem ihm übertragenen Anrecht der gesetzlichen Rentenversicherung noch keine Rente erhalten kann, setzte das Amtsgericht die Kürzung der Versorgungsbezüge des Beschwerdeführers gemäß §§ 35 und 36 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) in Höhe von 278,98 Euro teilweise aus. Aufgrund der Verpflichtung des Beschwerdeführers, seiner Ehefrau nachehelichen Unterhalt zu zahlen, setzte das Amtsgericht die Kürzung gemäß §§ 33, 34 VersAusglG ab März 2011 in Höhe von (weiteren) 350,00 Euro monatlich aus, lehnte einen weitergehenden Antrag auf vollständige Aussetzung der Kürzung aber ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Oberlandesgericht zurück. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Verfassungsbeschwerde.

Wesentliche Erwägungen der Kammer
Die Rechtslage, die dem angegriffenen Beschluss des Oberlandesgerichts zugrunde liegt, verstößt nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG.

1. Nach § 55c Abs. 1 Satz 1 SVG in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung sind die Versorgungsbezüge eines ausgleichspflichtigen Ehegatten ab dem Wirksamwerden der familiengerichtlichen Entscheidung zu kürzen. Eine Aussetzung dieser Kürzung ist – von Übergangsfällen abgesehen – nur in den Grenzen der §§ 32 ff. VersAusglG vorgesehen. Der ausgleichspflichtige Ehegatte erhält danach bei Eintritt in den Ruhestand grundsätzlich nur noch um den Versorgungsausgleich gekürzte Ruhestandsbezüge, und zwar unabhängig davon, ob der ausgleichsberechtigte Ehegatte seinerseits schon eine Rente bezieht oder nicht.

2. a) Die Regelungen über den Versorgungsausgleich bestimmen in mit dem Grundgesetz grundsätzlich vereinbarer Weise Inhalt und Schranken des verfassungsrechtlichen Eigentums an Renten und Versorgungsanwartschaften (vgl. Beschluss des Ersten Senats vom 6. Mai 2014 – 1 BvL 9/12 und 1 BvR 1145/13 -). Insbesondere das Prinzip des sofortigen und endgültigen Vollzugs des Versorgungsausgleichs ist verfassungsrechtlich unbedenklich.

b) Auch ist es verfassungsrechtlich zulässig, die Kürzung der Versorgungsbezüge nicht an den tatsächlichen Beginn des Rentenbezugs des ausgleichsberechtigten Ehegatten zu koppeln. Dass der Gesetzgeber das Prinzip des sofortigen und endgültigen Vollzugs des Versorgungsausgleichs mit der Einführung des sog. Rentnerprivilegs zunächst selbst teilweise durchbrochen hatte, war verfassungsrechtlich zwar vertretbar, aber nicht geboten. Der Gedanke, die spürbare Kürzung bei der ausgleichspflichtigen Person müsse sich, um mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar zu sein, für die ausgleichsberechtigte Person angemessen auswirken, steht der Kürzung der Versorgungsbezüge vorliegend nicht entgegen. Anders als beim ungeteilten Anrecht im Falle des Fortbestands der Ehe beginnen die Leistungen an die Geschiedenen aus den geteilten Anrechten je nach Eintritt des Versicherungsfalls zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Dabei kann der Versicherungsfall – wie hier – bei der ausgleichspflichtigen Person eher als bei der ausgleichsberechtigten Person eintreten, so dass die verpflichtete Person eine gekürzte Rente bezieht, während die berechtigte Person aus ihrem Anrecht noch keine Leistungen bezieht. Es kann aber auch umgekehrt der Versicherungsfall bei der ausgleichsberechtigten Person früher als bei der -pflichtigen Person eintreten, so dass die berechtigte Person aus ihrem Anrecht bereits zu einem Zeitpunkt Leistungen erhält, zu dem bei Fortbestand der Ehe noch keine Versicherungsleistungen erfolgt wären. Weder im einen noch im anderen Fall verfehlt die Teilung der Anrechte ihren Zweck, der versorgungsausgleichsberechtigten Person ein eigenständiges Versorgungsanrecht zu verschaffen (vgl. Beschluss des Ersten Senats vom 6. Mai 2014 – 1 BvL 9/12 und 1 BvR 1145/13 -).

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung vom 16.01.2015 zum Beschluss 1 BvR 1485/12 vom 11.12.2014

 

Syndikusanwalt und Rentenversicherung – BRAK diskutiert Eckpunktepapier des BMJV

Die Präsidenten der Rechtsanwaltskammern haben am 15.01.2015 auf ihrer Hauptversammlung die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz erarbeiteten Eckpunkte zur Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte intensiv diskutiert.

Das Papier, das vor wenigen Tagen von Minister Maas vorgestellt wurde, will die durch die Entscheidungen des Bundessozialgerichts aufgeworfene rentenversicherungsrechtliche Problematik der Berufsgruppe durch eine Gesetzesänderung im anwaltlichen Berufsrecht lösen. Die BRAK hatte dazu bereits einen eigenen Vorschlag unterbreitet, der – anders als vom Bundesjustizministerium geplant – eine Lösung im Sozialrecht durch eine Ergänzung des § 6 SGB VI vorsieht. Nach Auffassung der Hauptversammlung sollte ein sozialrechtliches Problem im Sozialrecht gelöst werden und nicht durch eine Statusfeststellung in der Bundesrechtsanwaltsordnung.

„Der BRAK ist an einer zeitnahen Lösung gelegen“, erklärte Präsident Axel C. Filges beim Parlamentarischen Abend der Kammer, an dem auch Minister Maas teilnahm. „Unser zuständiger Ausschuss wird sich daher schon am 6. Februar mit dem Eckpunktepapier befassen und auf der Grundlage der dortigen Diskussion werden die Kammerpräsidenten auf ihrer nächsten Hauptversammlung am 27. Februar eine Stellungnahme erarbeiten. Gleichzeitig erwarten wir aber auch, dass sich die Politik mit derselben Intensität und Sorgfalt mit den Vorschlägen der BRAK auseinandersetzt.“

Die jeweiligen Vorschläge finden Sie auf den Homepages von BRAK bzw. BMJV:

  • BRAK: Gesetzgebungsvorschlag zur Befreiung von Syndici von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht
  • BMJV: Eckpunkte zur Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte

Quelle: BRAK, Pressemitteilung vom 16.01.2015

 

Eckpunkte zur Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte vorgestellt

BMJV, Mitteilung vom 13.01.2015

Bundesjustizminister Heiko Maas hat am 13.01.2015 beim Neujahrsempfang des Deutschen Anwaltvereins in Berlin Eckpunkte zur Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte vorgestellt.

„Wir haben uns entschlossen eine Regelung zur Altersversorgung der Syndikusanwälte auf den Weg zu bringen“, sagte Maas. „Wir werden das Berufsrecht ändern und dadurch Rechtssicherheit schaffen, damit Syndikusanwälte auch künftig Mitglied in den anwaltlichen Versorgungswerken bleiben können.“

Die Eckpunkte zur Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte finden sie auf der Homepage des BMJV.

Quelle: BMJV

Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO)

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom 31. Januar 2014 (BStBl I S. 290), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 3. November 2014 (BStBl I S. 1393) geändert worden ist, mit sofortiger Wirkung wie folgt geändert:

 

  1. Die Nummer 1 des AEAO zu § 18 wird wie folgt gefasst:

 

„1. Die Zuständigkeitsvorschriften des § 18 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 AO gelten für die Fest-stellung von Einheitswerten und Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit. Bei den Einkünften gilt dies sowohl in den Fällen der Beteiligung mehrerer Personen (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a AO) wie auch in den Fällen, in denen der Betriebsort, Ort der Ge-schäftsleitung bzw. Ort der Tätigkeit und der Wohnsitz nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums auseinander fallen (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b AO; vgl. auch AEAO zu § 180, Nr. 2.1). Wegen der gesonderten Feststellung bei Zuständigkeit mehrerer Finanzämter in einer Gemeinde vgl. AEAO zu § 19, Nr. 3.“

 

  1. Die Nummern 2 und 3 des AEAO zu § 19 werden wie folgt gefasst:

 

„2. Nach § 19 Abs. 3 AO ist das Lage-, Betriebs- oder Tätigkeitsfinanzamt auch für die persönlichen Steuern vom Einkommen und Vermögen zuständig, wenn ein Steuer-pflichtiger in einer Gemeinde (Stadt) mit mehreren Finanzämtern einen land- und forstwirtschaftlichen oder gewerblichen Betrieb unterhält bzw. eine freiberufliche Tätigkeit ausübt. In diesen Fällen ist keine gesonderte Feststellung durchzuführen (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b AO); für Gewinnermittlungszeiträume vor Verlegung des Betriebs in den Bezirk des für die Einkommensteuer zuständigen Finanzamts oder des Wohnsitzes in den Bezirk des Betriebsfinanzamts siehe aber AEAO zu § 180, Nr. 2.1.

 

  1. Wenn der Steuerpflichtige außerhalb des Bezirks seines Wohnsitzfinanzamts, aber in den Bezirken mehrerer Finanzämter derselben Wohnsitzgemeinde, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder freiberuflicher Tätigkeit erzielt, können nach § 19 Abs. 3 AO mehrere Finanzämter zuständig sein. In diesen Fällen ist nach § 25 AO zu verfahren. Gesonderte Feststellungen sind dann nur von den Finanzämtern vorzunehmen, die den Steuerpflichtigen nicht zur Einkommensteuer veranlagen (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b AO).“

 

  1. Der AEAO zu § 31b wird wie folgt gefasst:

 

AEAO zu § 31b – Mitteilungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung:

 

  1. Sind der Finanzbehörde Tatsachen bekannt geworden, die darauf hindeuten, dass es sich bei Vermögenswerten, die mit einer Transaktion oder Geschäftsbeziehung im Zusammenhang stehen, um den Gegenstand einer Straftat nach § 261 StGB (Geld-wäsche) handelt oder dass die Vermögenswerte im Zusammenhang mit Terroris-musfinanzierung stehen, hat sie diese nach § 31b Abs. 2 AO unverzüglich der zuständigen Strafverfolgungsbehörde (z. B. Staatsanwaltschaft, Polizei) und gleichzeitig der beim Bundeskriminalamt eingerichteten Zentralstelle für Ver-dachtsmeldungen (Financial Intelligence Unit – FIU -) mitzuteilen. Die maß-geblichen Fakten sollen grundsätzlich in der Verdachtsmeldung selbst wieder-gegeben werden.

 

Die Verdachtsmeldung ist zu richten an:

 

Bundeskriminalamt

Zentralstelle für Verdachtsmeldungen

– Referat SO 32 –

65173 Wiesbaden

Tel.: 0611/55-18615

Fax: 0611/55-45300

E-Mail: FIU@bka.bund.de

 

Die Meldung soll grundsätzlich per Fax erfolgen. Von der Beifügung umfangreicher Anlagen ist regelmäßig abzusehen.

 

  1. Den Finanzbehörden obliegt die Prüfung im Einzelfall, ob ein meldepflichtiger Verdachtsfall gem. § 31b Abs. 2 AO vorliegt (Beurteilungsspielraum). Für das Vorliegen eines meldepflichtigen Verdachts ist es ausreichend, dass objektiv erkennbare Anhaltspunkte für das Vorliegen von Tatsachen, die auf eine Geld-wäsche-Straftat schließen lassen, sprechen und ein krimineller Hintergrund i.S.d. § 261 StGB nicht ausgeschlossen werden kann. Die zur Verdachtsmeldung ver-pflichtete Finanzbehörde muss nicht das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerk-male des § 261 StGB einschließlich der der Geldwäsche zugrunde liegenden Vortat prüfen. Vielmehr ist der Sachverhalt nach allgemeinen Erfahrungen und beruf-lichem Erfahrungswissen unter dem Blickwinkel seiner Ungewöhnlichkeit und Auffälligkeit im jeweiligen geschäftlichen Kontext zu würdigen. Wenn eine Geldwäsche aufgrund dieser Erfahrungen nahe liegt oder ein Sachverhalt darauf schließen lässt, besteht demnach eine solche Meldepflicht. Hinsichtlich des Vor-tatenkatalogs reicht der Verdacht auf die illegale Herkunft der Gelder schlechthin aus. Die Finanzbehörde muss vor einer Meldung nach § 31b Abs. 2 AO nicht prüfen, ob eine strafrechtliche Verurteilung in Betracht kommt.

 

Diese Grundsätze gelten bei Erkenntnissen über eine Terrorismusfinanzierung ent-sprechend.

 

  1. Tatsachen, die auf eine Ordnungswidrigkeit i. S. d. § 17 GwG durch einen Ver-pflichteten i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 9 bis 13 GwG schließen lassen, sind der zustän-digen Verwaltungsbehörde unverzüglich mitzuteilen (§ 31b Abs. 3 Nr. 1 AO; zur zuständigen Verwaltungsbehörde siehe § 17 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 GwG und das jeweilige Landesrecht). Mitzuteilen sind nur solche Tatsachen, die der Finanzbehörde im Rahmen des Besteuerungsverfahrens, eines Strafverfahrens wegen einer Steuerstraftat oder eines Bußgeldverfahrens wegen einer Steuer-ordnungswidrigkeit und mithilfe der dort geltenden Ermittlungsbefugnisse bekannt geworden sind. Der konkrete Sachverhalt ist dabei nach allgemeinen Erfahrungen und beruflichem Erfahrungswissen unter dem Blickwinkel seiner Ungewöhn-lichkeit und Auffälligkeit im jeweiligen geschäftlichen Kontext zu würdigen. Die Mitteilung entsprechender Tatsachen setzt keinen Anfangsverdacht i.S.v. § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 152 Abs. 2 StPO voraus. Es reicht aus, dass eine Ordnungs-widrigkeit aufgrund dieser Erfahrungen nahe liegt.

 

Es ist nicht zu prüfen, ob eine mögliche Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 17 GwG im Zeitpunkt der beabsichtigten Mitteilung bereits verjährt sein könnte (vgl. den zu § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG ergangenen BFH-Beschluss vom 14.7.2008, VII B 92/08, BStBl II S. 850).

 

  1. Tatsachen, die darauf schließen lassen, dass die Voraussetzungen für das Treffen von Maßnahmen und Anordnungen nach § 16 Abs. 1 GwG gegenüber Verpflich-teten i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 9 bis 13 GwG gegeben sind, sind der zuständigen Aufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen (§ 31b Abs. 3 Nr. 2 AO; zur zustän-digen Aufsichtsbehörde siehe § 16 Abs. 2 Nr. 8a und 9 GwG i.V.m. dem jeweiligen Landesrecht). Nummer 3 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend; die Anhaltspunkte müssen es als hinreichend sicher erscheinen lassen, dass aufsichtsrechtliche Maßnahmen geboten sind.

 

Beispiele für gebotene aufsichtsrechtliche Maßnahmen:

 

– Gewerbeuntersagung nach § 16 Abs. 1 Satz 5 GwG,

 

– Anordnung zur Schaffung interner Sicherungsmaßnahmen und/oder die Bestel-lung eines Geldwäschebeauftragten etwa bei Güterhändlern nach § 9 GwG,

 

– Anordnung und Durchführung von Prüfungen zur Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen oder

 

– Erstattung von Verdachtsmeldungen durch die Aufsichtsbehörden gem. § 14 i.V.m. § 16 Abs. 2 GwG.

 

  1. Die Finanzbehörden haben bei Vorermittlungen und Ermittlungsverfahren der Strafverfolgungsbehörden (einschließlich der Zollfahndung) wegen Geldwäsche-verdachts oder Verdachts der Terrorismusfinanzierung auf deren Anfrage nach § 31b Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Gleiches gilt bei Anfragen der zuständigen Behörden nach § 16 Abs. 2 und § 17 Abs. 3 GwG zur

 

Durchführung von Verwaltungsverfahren nach § 16 Abs. 1 GwG und zur Durch-führung von Bußgeldverfahren nach § 17 GwG gegenüber Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 bis 13 GwG (§ 31b Abs. 1 Nr. 3 und 4 AO).

 

  1. Der Betroffene ist über eine beabsichtigte oder erstattete Meldung oder ein daraufhin eingeleitetes Ermittlungsverfahren nicht zu informieren, da ansonsten dessen Zweck gefährdet würde (analog § 12 GwG).“

 

  1. In der Nummer 2.3 des AEAO zu § 37 werden die Worte „vgl. BMF-Schreiben vom 31.1.2013, BStBl I S. 70“ durch die Worte „vgl. BMF-Schreiben vom 14.1.2015, BStBl I S. XX“ ersetzt.

 

  1. Der dritte Absatz der Nummer 11 des AEAO zu § 53 wird aufgehoben.

 

  1. Die Nummer 3 des AEAO zu § 59 wird wie folgt gefasst:

 

„3. Ein besonderes Anerkennungsverfahren ist im steuerlichen Gemeinnützigkeits-recht nicht vorgesehen. Ob eine Körperschaft steuerbegünstigt ist, entscheidet das Finanzamt im Veranlagungsverfahren durch Steuerbescheid (ggf. Freistel-lungsbescheid). Die Steuerbefreiung soll spätestens alle drei Jahre überprüft werden. Dabei hat das Finanzamt von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer wesentlich sind. Eine Körperschaft, bei der nach dem Ergebnis dieser Prüfung die gesetzlichen Voraussetzungen für die steuerliche Behandlung als steuerbegünstigte Körperschaft vorliegen, muss deshalb auch als solche behandelt werden, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ein ent-sprechender Antrag gestellt worden ist oder nicht. Ein Verzicht auf die Behandlung als steuerbegünstigte Körperschaft ist somit für das Steuerrecht unbeachtlich.“

 

  1. Es wird folgender AEAO zu § 67 neu eingeführt:

 

AEAO zu § 67 – Krankenhäuser:

 

Nach § 2 Nr. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz sind Krankenhäuser Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körper-schäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können. Krankenhausleistungen sind Leistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krank-heit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung der Patienten notwendig sind. Es handelt sich unter anderem um

 

– ärztliche und pflegerische Behandlung oder

– Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im  Krankenhaus notwendig sind, oder

– Unterkunft und Verpflegung.

 

Zu dem Zweckbetrieb Krankenhaus gehören damit alle Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen (BFH-Urteil vom 6.4.2005, I R 85/04, BStBl II S. 545). Darunter fallen auch die an ambulant behandelte Patienten erbrachten Leistungen, soweit diese Bestandteil des Versorgungsauftrages des Krankenhauses sind. Gleiches gilt auch für Einnahmen und Ausgaben, die in Zusammenhang mit der Abgabe von Medikamenten durch Krankenhausärzte an ambulant behandelte Patienten des Krankenhauses zur unmittelbaren Verabreichung im Krankenhaus stehen (BFH-Urteil vom 31.7.2013, I R 82/12, BStBl 2015 II S. XX). Der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses (§ 8 Abs. 1 Satz 4 Krankenhausentgeltgesetz) regelt, welche Leistungen ein Krankenhaus, unabhängig von der Art der Krankenversicherungsträger, erbringen darf. Für die gemeinnützigkeitsrechtliche Beurteilung folgt daraus, dass für Leistungen, die außerhalb des Versorgungsauftrages erbracht werden, eine Zuordnung zum Zweck-betrieb Krankenhaus ausscheidet.

 

Für die Zurechnung der Behandlungsleistungen zum Zweckbetrieb Krankenhaus ist es unbeachtlich, wenn die Behandlungen von Patienten des Krankenhauses durch einen ermächtigten Arzt als Dienstaufgabe innerhalb einer nichtselbstständigen Tätigkeit (Einkünfte nach § 19 EStG) erbracht werden.“

 

  1. Der Nummer 12 des AEAO zu § 67a werden folgende Absätze angefügt:

 

„Indizien für eine Mitgliedschaft, die lediglich darauf gerichtet ist die Nutzung der Sportstätten und Betriebsvorrichtungen eines Vereins zu ermöglichen, sind:

 

– die Zeit der Mitgliedschaft,

– die Höhe der Beiträge, die die Mitglieder zu entrichten haben, oder auch

– zivilrechtlich eingeschränkte Rechte der Mitglieder.

 

Für die Zuordnung der entgeltlichen Überlassung der Sportstätten und Betriebsvor-richtungen an ein Gastmitglied zum Zweckbetrieb ist es daher nicht zu beanstanden, wenn die Gastmitgliedschaft wie eine Vollmitgliedschaft ausgestaltet ist und diese nicht nur für einen kurzen Zeitraum eingegangen wird.

 

Dagegen ist die entgeltliche Überlassung der Sportstätten und Betriebsvorrichtungen an ein Gastmitglied dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen, wenn das Gastmitglied per Satzung nur eingeschränkte Rechte eingeräumt bekommt oder die Mitgliedschaft lediglich für einen kurzen Zeitraum (weniger als sechs Monate) eingegangen wird.“

 

  1. Die Nummer 4.5.1 des AEAO zu § 122 wird wie folgt gefasst:

 

„4.5.1 Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsäch-lich zugegangen ist. Im Fall der Zustellung eines Schriftstücks ist dies der Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Dokument „in die Hand bekommt“ und nicht bereits der Zeitpunkt, zu dem nach dem gewöhnlichen Geschehensablauf mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden konnte (vgl. BFH-Beschluss vom 6.5.2014, GrS 2/13, BStBl II S. 645 zu § 189 ZPO). Im Fall des § 5 Abs. 5 VwZG (Zustellung eines elektronischen Dokuments; vgl. AEAO zu § 122, Nrn. 3.1.3.3 und 3.1.3.5) gilt das Dokument in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat (§ 8 VwZG). Ein Zustellungsmangel ist nach § 8 VwZG auch dann geheilt, wenn durch die Zustellung eine Klagefrist in Lauf gesetzt wird (z.B. in den Fällen der behörd-lich angeordneten förmlichen Zustellung einer Einspruchsentscheidung), ferner auch dann, wenn der Empfänger nachweislich nur eine Fotokopie oder eine Mehrausfertigung des Verwaltungsakts erhalten hat (vgl. BFH-Urteil vom 15.1.1991, VII R 86/89, BFH/NV 1992 S. 81).“

 

  1. Der Absatz 2 der Nummer 1 des AEAO zu § 138 wird wie folgt gefasst:

 

„Die Meldefrist beträgt einen Monat. Gewerbetreibende, die nach § 14 der GewO gegenüber der zuständigen Behörde (Ordnungs- bzw. Gewerbeamt) anzeigepflichtig sind, genügen mit dieser Anzeige gleichzeitig ihrer steuerlichen Anzeigepflicht nach § 138 Abs. 1 AO. Die Anzeige ist auf einem Vordruck zu erstatten, dessen Muster durch die Anlagen 1, 2 und 3 zu § 1 Satz 1 der GewAnzV vom 22.7.2014 (BGBl. I S. 1208) bestimmt worden ist. Steuerpflichtige, die nicht unter die Anzeigepflicht nach der GewO fallen, können die Anzeige formlos erstatten. Sie können sich auch des Vordrucks gem. der GewAnzV bedienen.“

 

  1. In der Nummer 3 des AEAO zu § 141 wird das Klammerzitat „(BMF-Schreiben vom 9.2.2012, BStBl I S. 184)“ durch das Klammerzitat „(BMF-Schreiben vom 3.1.2013, BStBl I S. 59)“ ersetzt.

 

  1. Die Nummer 4 des AEAO zu § 146 wird wie folgt gefasst:

„4. § 146 Abs. 5 AO enthält die gesetzliche Grundlage für die sog. „Offene-Posten-Buchhaltung” sowie für die Führung der Bücher und sonst erforderlichen Auf-zeichnungen auf maschinell lesbaren Datenträgern (z.B. Magnetplatten, Magnet-bänder, CD, DVD, Blu-ray-Disk, Flash-Speicher). Bei einer Buchführung auf maschinell lesbaren Datenträgern (DV-gestützte Buchführung) müssen die Daten unverzüglich lesbar gemacht werden können. Es wird nicht verlangt, dass der Buchungsstoff zu einem bestimmten Zeitpunkt (z.B. zum Ende des Jahres) lesbar gemacht wird. Er muss ganz oder teilweise lesbar gemacht werden, wenn die Finanzbehörde es verlangt (§ 147 Abs. 5 AO). Wer seine Bücher oder sonst erfor-derlichen Aufzeichnungen auf maschinell lesbaren Datenträgern führt, hat die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Auf-zeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff  – GoBD – (BMF-Schreiben vom 14.11.2014, BStBl I S. 1450) zu beachten.“

 

  1. Der AEAO zu § 147 wird wie folgt geändert:

 

  1. a) Die Nummer 2 wird wie folgt gefasst:

 

„2. Den in § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO aufgeführten Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen kommt bei DV-gestützten Buchfüh-rungen besondere Bedeutung zu. Die Dokumentation hat nach Maßgabe der Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff – GoBD – (BMF-Schreiben vom 14.11.2014, BStBl I S. 1450) zu erfolgen.“

 

  1. b) Die Nummer 4 wird wie folgt gefasst:

 

„4. Zur Anwendung des § 147 Abs. 6 AO wird auf die Grundsätze zur ord-nungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff – GoBD – (BMF-Schreiben vom 14.11.2014, BStBl I S. 1450) hingewiesen.“

 

  1. Die Nummer 4 des AEAO zu § 163 wird wie folgt gefasst:

 

„4. Eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO unterliegt keiner eigenen Ver-jährungsfrist, sie löst hinsichtlich des Folgebescheids aber nur dann eine Ab-laufhemmung nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO aus, wenn sie vor Ablauf der Festsetzungsfrist des Folgebescheids bei der für die Billigkeitsmaßnahme zustän-digen Finanzbehörde beantragt worden ist (§ 171 Abs. 10 Satz 2 AO i.d.F. des ZollkodexAnpG vom 22.12.2014, BStBl I S. XX; vgl. auch AEAO zu § 171, Nr. 6.3). Wurde der Antrag erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist des Folge-bescheids gestellt, ist es regelmäßig ermessensgerecht, die beantragte Billig-keitsmaßnahme nach § 163 AO abzulehnen, wenn sie im Folgebescheid wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht berücksichtigt werden könnte; in diesen Fällen ist ggf. zu prüfen, ob ein Erlass nach § 227 AO in Betracht kommt.“

 

  1. Der AEAO zu § 171 wird wie folgt geändert:

 

  1. a) Der Absatz 3 der Nummer 2 wird wie folgt gefasst:

 

„Die Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklärung kann für sich allein eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO grundsätzlich nicht herbei-führen (BFH-Urteil vom 18.6.1991, VIII R 54/89, BStBl 1992 II S. 124, und BFH-Beschluss vom 13.2.1995, V B 95/94, BFH/NV S. 756). Dies gilt hin-sichtlich einer Umsatzsteuererklärung auch dann, wenn mit ihr ein Anspruch auf Auszahlung eines Überschusses geltend gemacht wird (BFH-Urteil vom 28.8.2014, V R 8/14, BStBl II S. XX). Auch in der Kombination von Erklärungs-einreichung und damit im Zusammenhang stehender Antragstellung (auf Durch-führung einer Festsetzung oder Feststellung) kann kein Antrag i.S.d. § 171 Abs. 3 AO gesehen werden (BFH-Urteil vom 15.5.2013, IX R 5/11, BStBl II S. 143).

 

  1. b) Folgende neue Nummer 6.3 wird eingefügt:

 

„6.3 Ein Grundlagenbescheid, der nicht den Vorschriften der Feststellungs-verjährung (§ 181 AO) unterliegt, löst die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO nur dann aus, wenn er vor Ablauf der Festsetzungsfrist des Folgebescheids bei der für den Erlass des Grundlagenbescheids zustän-digen Behörde beantragt worden ist (§ 171 Abs. 10 Satz 2 AO i.d.F. des ZollkodexAnpG vom 22.12.2014, BStBl I S. XX). Hierunter fallen neben Grundlagenbescheiden ressortfremder Behörden (z. B. Bescheinigungen nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG) auch Bescheide über Billigkeitsmaß-nahmen nach § 163 AO, weil auch insoweit die Regelungen der §§ 179 ff. AO nicht gelten. Die Festsetzungsfrist für den Folgebescheid läuft in diesen Fällen nicht ab, solange über den Antrag auf Erlass des Grundlagen-bescheids noch nicht unanfechtbar entschieden worden ist. Die zweijährige Anpassungsfrist nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO beginnt erst mit Bekannt-gabe des Grundlagenbescheids.“

  1. c) Die bisherige Nummer 6.3 wird die neue Nummer 6.4 und wie folgt gefasst:

 

„6.4 Die Festsetzungsfrist für einen Folgebescheid läuft nach § 171 Abs. 10 Satz 3 AO (§ 171 Abs. 10 Satz 2 AO i.d.F. vor Änderung durch das Zoll-kodexAnpG) nicht ab, solange der Ablauf der Festsetzungsfrist des von der Bindungswirkung nicht erfassten Teils der Steuer aufgrund einer Außen-prüfung nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt ist. Diese Regelung ermöglicht es, die Anpassung des Folgebescheids an einen Grundlagenbescheid (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) und die Auswertung der Ergebnisse der Außen-prüfung zusammenzufassen.“

  1. d) Die bisherigen Nummern 6.4 und 6.5 werden ohne inhaltliche Änderung zu den Nummern 6.5 und 6.6.

 

  1. Der AEAO zu § 180 wird wie folgt geändert:

 

  1. a) Die Nummer 2.1 wird wie folgt gefasst:

 

„2.1 Für die Entscheidung, ob eine gesonderte Feststellung durchzuführen ist, sind die Verhältnisse zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums maß-gebend. Bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr oder einem Rumpfwirtschaftsjahr sind die Verhältnisse zum Schluss dieses Zeitraums maßgebend.

 

Spätere Änderungen dieser Verhältnisse sind insoweit unbeachtlich. Eine gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b AO ist daher auch dann durchzuführen, wenn nach Ablauf des Gewinnermittlungs-zeitraums der Betrieb in den Bezirk des Wohnsitzfinanzamts oder der Wohnsitz in den Bezirk des Betriebsfinanzamts verlegt wird.

 

Die Frage, welches Finanzamt in derartigen Fällen für die gesonderte Fest-stellung nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b AO und damit zusam-menhängende Maßnahmen (Außenprüfung, Änderung usw.) zuständig ist, bestimmt sich für Feststellungszeiträume, die nach dem 31.12.2014 begin-nen (Art. 97 § 10b Satz 2 EGAO), jeweils nach den aktuellen Verhältnissen (§ 180 Abs. 1 Satz 2 AO). Für frühere Feststellungszeiträume bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinn-ermittlungszeitraums; § 27 AO bleibt unberührt.“

 

  1. b) Die Nummer 4 wird wie folgt gefasst:

 

„4. Fälle von geringer Bedeutung, in denen eine gesonderte Feststellung entfällt (§ 180 Abs. 3 Nr. 2 AO), sind beispielsweise bei Mieteinkünften von zusammenveranlagten Eheleuten/Lebenspartnern (BFH-Urteil vom 20.1.1976, VIII R 253/71, BStBl II S. 305) und bei dem gemeinschaftlich erzielten Gewinn von Landwirts-Eheleuten/-Lebenspartnern (BFH-Urteil vom 4.7.1985, IV R 136/83, BStBl II S. 576) gegeben, wenn die Einkünfte verhältnismäßig einfach zu ermitteln sind und die Aufteilung feststeht.

 

Auch bei gesonderten Feststellungen nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b und Nr. 3 AO kann in Fällen von geringer Bedeutung auf die Durchführung eines gesonderten Gewinnfeststellungsverfahrens verzichtet werden (§ 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO). Ein Fall von geringer Bedeutung kann z. B. vorliegen, wenn dasselbe Finanzamt auch für die Einkommen-steuer-Veranlagung zuständig ist (bei Verlegung des Betriebs in den Bezirk des Wohnsitzfinanzamts oder des Wohnsitzes in den Bezirk des Betriebs-finanzamts).“

 

  1. Der AEAO zu § 191 wird wie folgt geändert:

 

  1. a) In der Nummer 1 wird das Klammerzitat „(z.B. §§ 25, 128 HGB)“ durch das Klammerzitat „(z.B. §§ 25, 128 HGB oder dem AnfG)“ ersetzt.

 

  1. b) Die Nummer 6 wird wie folgt gefasst:

 

„6.  Ein Duldungsbescheid darf nur erlassen werden, wenn der zugrunde lie-gende Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis festgesetzt, fällig und vollstreckbar ist (BVerwG-Urteil vom 13.2.1987, 8 C 25/85, BStBl 1987 II S. 475). Die nicht bis zum Ende eines Insolvenzverfahrens vom Insolvenz-verwalter geltend gemachten Anfechtungsansprüche können nach Maßgabe des § 18 AnfG verfolgt werden.

 

Ein Duldungsbescheid unterliegt anders als ein Haftungsbescheid keiner eigenständigen Festsetzungsfrist. Ein Duldungsbescheid darf allerdings nicht mehr ergehen, wenn der zugrunde liegende Steueranspruch wegen Festsetzungsverjährung gegenüber dem Steuerschuldner nicht mehr fest-gesetzt werden kann oder wenn der gegenüber dem Steuerschuldner fest-gesetzte Steueranspruch durch Zahlungsverjährung, Tilgung oder Erlass erloschen ist.

Für Korrekturen von Duldungsbescheiden gelten die Nrn. 4 und 5 entsprechend.“

 

  1. Der AEAO zu § 218 wird wie folgt gefasst:

 

AEAO zu § 218 – Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis:

 

  1. Konkretisierung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis

 

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) werden durch Verwal-tungsakt konkretisiert. Der – ggf. materiell-rechtlich unrichtige – Verwaltungsakt beeinflusst zwar nicht die materielle Höhe des Anspruchs aus dem Steuerschuld-verhältnis, solange er jedoch besteht, legt er fest, ob und in welcher Höhe ein Anspruch durchgesetzt werden kann. Maßgebend ist allein der letzte Verwal-tungsakt (z. B. der letzte Änderungsbescheid oder der letzte Abrechnungs-bescheid). Der einheitliche Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis kann des-halb bei – ggf. mehrfacher – Änderung einer Festsetzung nicht in unterschiedliche Zahlungs- und Erstattungsansprüche aufgespalten werden (BFH-Urteil vom 6.2.1996, VII R 50/95, BStBl 1997 II S. 112).

 

Der Verwaltungsakt wirkt konstitutiv, wenn es sich um steuerliche Neben-leistungen handelt, deren Festsetzung in das Ermessen der Finanzbehörde gestellt ist, z. B. beim Verspätungszuschlag (§ 152 AO).

 

  1. Säumniszuschläge

 

Bei Säumniszuschlägen bedarf es keines Leistungsgebotes, wenn sie zusammen mit der Steuer beigetrieben werden (§ 254 Abs. 2 AO).

 

  1. Abrechnungsbescheid

 

Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuer-schuldverhältnis betreffen, entscheiden die Finanzbehörden durch Abrechnungs-bescheid (§ 218 Abs. 2 AO). Als Rechtsbehelf ist der Einspruch gegeben. Die Korrekturmöglichkeiten richten sich nach den §§ 129 bis 131 und § 218 Abs. 3 AO.

 

Eine Verfügung über die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Steuer-vorauszahlungen (Anrechnungsverfügung) ist ein Verwaltungsakt mit Bin-dungswirkung (vgl. BFH-Urteil vom 27.10.2009, VII R 51/08, BStBl 2010 II S. 382). Diese Bindungswirkung muss auch beim Erlass eines Abrechnungs-bescheids beachtet werden. Deshalb kann im Rahmen eines Abrechnungs-bescheids die Steueranrechnung zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflich-tigen nur dann korrigiert werden, wenn eine der Voraussetzungen der §§ 129 bis 131 oder § 218 Abs. 3 AO gegeben ist (vgl. BFH-Urteil vom 15.4.1997, VII R 100/96, BStBl II S. 787).

 

  1. Widerstreitende Anrechnungsverfügungen oder Abrechnungsbescheide

 

4.1 Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag zurückgenommen und ein für den Rechtsbehelfs-führer/Antragsteller günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber ihm, aber auch gegenüber anderen Personen (z. B. Ehegatte oder Lebenspartner des Steuerpflichtigen, Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger), durch Änderung einer Anrechnungsverfügung oder eines Abrechnungsbescheids die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden (§ 218 Abs. 3 Satz 1 AO). War Rechtsbehelfsführer/Antragsteller nicht der Steuerpflichtige, sondern ein Dritter (z. B. ein Abtretungsempfänger oder ein Pfandgläubiger), können die entsprechenden steuerlichen Folgerungen auch gegenüber dem Steuerpflichtigen nach § 218 Abs. 3 Satz 1 AO gezogen werden.

 

4.2 Gegenüber einer Person, die im Ausgangsverfahren nicht Rechtsbehelfs-führer/Antragsteller war, ist eine für sie nachteilige Korrektur ihrer Anrech-nungsverfügung oder ihres Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 3 AO nur dann möglich, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung der fehlerhaften Anrechnungsverfügung bzw. des fehlerhaften Abrechnungsbescheids geführt hat, in entsprechender Anwendung des § 174 Abs. 5 AO beteiligt wurde. Für eine wirksame Beteiligung dieser Person muss ihr auch der Verwaltungsakt bzw. im Einspruchsverfahren die Einspruchsentscheidung bekannt gegeben werden (vgl. BFH-Urteile vom 11.4.1991, V R 40/86, BStBl II S. 605, und vom 5.5.1993, X R 111/91, BStBl II S. 817).

 

Diese Person ist dabei darauf hinzuweisen, dass

 

– ihr die Entscheidung als Beteiligtem bekannt gegeben wird,

– die entsprechenden steuerlichen Folgerungen aus dem maßgeblichen Sach-verhalt in ihrem Besteuerungsverfahren gem. § 218 Abs. 3 i.V.m. § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO gezogen werden und

– Einwendungen gegen die Entscheidung nur mit Anträgen oder Rechtsbehelfen gegen diesen Verwaltungsakt geltend gemacht werden können.

 

4.3 Welches die „entsprechenden steuerlichen Folgerungen“ sind, entscheidet sich dabei verbindlich im Ausgangsverfahren des antragstellenden bzw. einspruchs-führenden Steuerpflichtigen oder Dritten.

 

4.4 Hinsichtlich des Antragstellers oder Rechtsbehelfsführers wird die Zahlungs-verjährung nach § 231 Abs. 1 Satz 1 AO unterbrochen.

 

4.5 Die Zahlungsverjährungsfrist gegenüber einer Person, die im Ausgangsverfahren nicht Rechtsbehelfsführer/Antragsteller war, wird in entsprechender Anwendung des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO unterbrochen, wenn sie vor Eintritt der ihr gegenüber geltenden Zahlungsverjährung beteiligt wurde (vgl. AEAO zu § 218, Nr. 4.2) und ihr gegenüber die entsprechenden steuerlichen Folgen innerhalb eines Jahres nach Korrektur der Anrechnungsverfügung oder des Abrechnungsbescheids im Aus-gangsverfahren gezogen werden.

 

4.6 § 218 Abs. 3 AO gilt ab dem 31.12.2014 für alle zu diesem Zeitpunkt noch nicht zahlungsverjährten Anrechnungsverfügungen und Abrechnungsbescheide (Art. 97 § 13a EGAO).“

 

  1. Der AEAO zu § 235 wird wie folgt geändert:

 

  1. a) Die Nummer 1.2 wird wie folgt gefasst:

 

„1.2 Die Zinspflicht tritt nur ein, wenn der objektive und subjektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO erfüllt und die Tat i. S. d. § 370 Abs. 4 AO vollendet ist. Der Versuch einer Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 2 AO i.V.m. § 23 StGB) reicht zur Begründung einer Zinspflicht ebenso wenig aus wie die leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) oder die übrigen Steuerordnungs-widrigkeiten (§§ 379 ff. AO).“

 

  1. b) Die Nummer 2.1 wird wie folgt gefasst:

 

„2.1 Hinterziehungszinsen sind festzusetzen für

– verkürzte Steuern; darunter fallen auch keine oder zu geringe Steuer-vorauszahlungen und der Solidaritätszuschlag. Landesgesetzlich geregelte Steuern sind nur zu verzinsen, wenn dies im Gesetz ange-ordnet ist.

– ungerechtfertigt erlangte Steuervorteile (z. B. zu Unrecht erlangte Steuervergütungen),

– zu Unrecht erlangte Steuervergünstigungen (z. B. Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen),

– ungerechtfertigt erlangte Prämien und Zulagen, auf die § 370 Abs. 1 bis 4, § 371, § 375 Abs. 1 und § 376 AO entsprechend anzuwenden sind (z. B. Wohnungsbauprämien, Arbeitnehmer-Sparzulagen und Zulagen nach § 83 EStG).

Hinterziehungszinsen sind nicht festzusetzen bei erschlichener Investitions-zulage und Eigenheimzulage, weil insoweit ein Subventionsbetrug und keine Steuerhinterziehung vorliegt.“

 

  1. c) Die Nummer 5.2 wird wie folgt gefasst:

 

„5.2 Zur Vermeidung einer Doppelverzinsung im Hinterziehungsfall sind Zinsen nach § 233a AO, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, anzu-rechnen (§ 235 Abs. 4 AO).“

 

  1. Die bisherige Nummer 5 Absatz 2 Buchstabe f des AEAO zu § 240 wird durch folgende Nummern ersetzt:

 

„f) soweit die angefochtene Steuerfestsetzung später aufgehoben oder zu Gunsten des Steuerpflichtigen geändert wird und der Steuerpflichtige alle außergerichtlichen und gerichtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um die Aussetzung der Vollziehung zu erreichen, diese aber – obwohl möglich und geboten – abgelehnt worden ist. Der Steuerpflichtige ist so zu stellen, als hätte er den gebotenen einst-weiligen Rechtsschutz erlangt, weshalb die betroffenen Säumniszuschläge in voller Höhe zu erlassen sind (vgl. BFH-Urteil vom 24.4.2014, V R 52/13, BStBl II S. XX);

 

  1. g) in sonstigen Fällen sachlicher Unbilligkeit.“

 

 

  1. Der AEAO zu § 251 wird wie folgt geändert:

 

  1. a) Die Nummer 5.2 wird wie folgt gefasst:

 

„5.2  Geltendmachung von Insolvenzforderungen

Insolvenzforderungen sind schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden (§ 174 Abs. 1 InsO). Liegt der Forderung eine Steuerstraftat des Schuldners nach §§ 370, 373 oder 374 AO zugrunde, sind neben dem Grund und dem Betrag der Forderung auch die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung der Finanz-behörde eine entsprechende Steuerstraftat ergibt, anzugeben. Zu diesen Forde-rungen gehören auch die entstandenen Zinsansprüche wie z. B. Hinterziehungs-zinsen (vgl. BFH-Urteil vom 20.3.2012, VII R 12/11, BStBl II S. 491). Im Zeit-punkt der Anmeldung zur Tabelle muss noch keine rechtskräftige Verurteilung wegen einer Steuerstraftat vorliegen. Der Insolvenzverwalter führt eine Tabelle, in die er jede angemeldete Forderung mit den in § 174 Abs. 2, 3 InsO genannten Angaben einzutragen hat (§§ 174, 175 InsO). Nachrangige Insolvenzforderungen sind nur auf besondere Aufforderung durch das Insolvenzgericht hin anzumelden (§ 174 Abs. 3 InsO).“

 

  1. b) In der Nummer 9.1.4 werden im Absatz 4 und im Beispiel 6 die Worte „BMF-Schreiben vom 31.1.2013, BStBl I S. 70“ durch die Worte „BMF-Schreiben vom 14.1.2015, BStBl I S. XX“ ersetzt.

 

  1. Der AEAO zu § 362 wird wie folgt gefasst:

 

AEAO zu § 362 – Rücknahme des Einspruchs:

 

  1. Für die Rücknahme eines Einspruchs gelten die Formvorschriften für einen Einspruch sinngemäß (§ 362 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Rücknahme ist daher schriftlich oder elektronisch oder zur Niederschrift zu erklären. Eine elektronisch erklärte Rücknahme bedarf keiner qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz (vgl. AEAO zu § 357, Nr. 1).

 

  1. Die Rücknahme führt nur zum Verlust des eingelegten Einspruchs, nicht der Einspruchsmöglichkeit schlechthin. Der Einspruch kann daher innerhalb der Einspruchsfrist erneut erhoben werden.

 

  1. Eine Unwirksamkeit der Einspruchsrücknahme ist grundsätzlich innerhalb eines Jahres nach Eingang der Rücknahmeerklärung bei der für die Einlegung des Einspruchs zuständigen Finanzbehörde (§ 362 Abs. 1 Satz 2, § 357 Abs. 2 AO) geltend zu machen. Ein späteres Geltendmachen ist nur in Fällen höherer Gewalt zulässig (§ 362 Abs. 2 Satz 2, § 110 Abs. 3 AO). Nach einem fristgerechten Geltendmachen der Unwirksamkeit der Rücknahme ist das Einspruchsverfahren wieder aufzunehmen und in der Sache zu entscheiden. Sind die vorgetragenen Gründe für die Unwirksamkeit der Einspruchsrücknahme nicht stichhaltig, ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen.“

 

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht. Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 3 – S-0062 / 14 / 10009 vom 14.01.2015

 

 

Ausgeschiedener Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nach deren Formwechsel in eine KG kein Mitunternehmer wegen einer Pensionszusage

Mit Urteil vom 20. November 2014 (Az. 12 K 3758/11 G,F) hat der 12. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass ein ehemaliger Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nach deren Umwandlung in eine KG nicht im Hinblick auf seine Pensionszusage in die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung einzubeziehen ist. Etwaige Korrekturen seien vielmehr im Gesamthandsbereich der KG zu erfassen.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die aus einem Formwechsel einer GmbH im Jahr 2005 hervorgegangen war. Die GmbH hatte ihrem damaligen Gesellschafter-Geschäftsführer im Jahr 1996 eine Pension zugesagt, die dieser ab Vollendung seines 68. Lebensjahres erhalten sollte. Zum Zeitpunkt der Zusage war der Geschäftsführer bereits 57 Jahre alt. Seine Tätigkeit sollte mit Erreichen des 65. Lebensjahres enden.

Bereits für die Jahre 1996 bis 1998 hatte das Finanzamt die Zuführungen zur Pensionsrückstellung als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt, was durch das Finanzgericht Münster und den Bundesfinanzhof bestätigt worden war. Für das Streitjahr 2006 ging das Finanzamt zunächst davon aus, dass dem ehemaligen Gesellschafter die Korrekturen der Pensionsrückstellung als nachträgliche Sonderbetriebseinnahmen zuzurechnen seien und erließ einen entsprechenden Feststellungsbescheid. Diesen Bescheid hob es nach Einspruch des ehemaligen Gesellschafters wieder auf und erließ ihm gegenüber einen negativen Feststellungsbescheid. Die Korrekturen erfasste er stattdessen in der Gesamthandsbilanz der KG.

Die hiergegen von der KG erhobene Klage blieb erfolglos. Das Gericht bestätigte die Ansicht des Finanzamts, dass der ehemalige GmbH-Gesellschafter in den Feststellungsbescheid nicht einzubeziehen sei, da er kein Mitunternehmer der KG geworden sei. Die Pensionszusage sei nicht als betrieblich veranlasst anzusehen. Diesbezüglich sei bereits für frühere Jahre zutreffend eine verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH angenommen worden, weil der Gesellschafter-Geschäftsführer in den zum Zeitpunkt der Zusage verbleibenden ca. 7,5 Jahren seiner Tätigkeit die Pension nicht habe erdienen können. Für den betrieblichen Veranlassungszusammenhang der Zusage sei – ebenso wie bei der Frage der verdeckten Gewinnausschüttung – auf das auslösende Moment der Zusage abzustellen. Der Formwechsel führe auch nicht dazu, einen ehemaligen GmbH-Gesellschafter nunmehr als Mitunternehmer zu behandeln. Die Pensionszahlungen seien bei ihm vielmehr ohne Bindung an den Feststellungsbescheid als Kapitalerträge zu erfassen.

Die vom Senat zugelassene Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IV R 48/14 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.01.2015 zum Urteil 12 K 3758/11 vom 20.11.2014, Newsletter 01/2015

Einlösung einer Inhaberschuldverschreibung Xetra Gold ist nicht steuerbar

Der 10. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 10. Dezember 2014 (Az. 10 K 2030/13 E) entschieden, dass die Einlösung von Xetra Gold Inhaberschuldverschreibungen nicht zu steuerbaren Kapitaleinkünften führt.

Bei einer Xetra Gold Inhaberschuldverschreibung handelt es sich um ein börsenfähiges Wertpapier in Form einer nennwertlosen Anleihe, das einen jederzeitigen Anspruch auf die Lieferung von Gold verbrieft. Die Emittentin hält eine entsprechende Menge Gold in physischer Form und in begrenztem Umfang in Form von Buchgoldansprüchen vor.

Der Kläger hatte im Jahr 2009 Xetra Gold Inhaberschuldverschreibungen erworben und machte im Jahr 2011 von seinem Anspruch Gebrauch, indem er sich 20 Goldbarren à 100g aushändigen ließ. Die Differenz zwischen den Goldwerten 2009 und 2011 führte zu einem Gewinn in Höhe von rund 20.000 Euro, den die Bank des Klägers in ihrer Erträgnisaufstellung bescheinigte. Das Finanzamt behandelte diesen Gewinn – entsprechend einer bundesweit geltenden Verwaltungsanweisung – als Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Das Gericht gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Die Rückgabe der Inhaberschuldverschreibung stelle keine Veräußerung einer Kapitalforderung im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG dar und führe damit nicht zu einem Kapitalertrag. Die Xetra Gold Inhaberschuldverschreibung sei bereits keine Kapitalforderung, weil sie keinen Geldanspruch, sondern einen Anspruch auf eine Sachleistung (Lieferung von Gold) verbriefe. Die Börsenfähigkeit ändere hieran nichts. Zudem liege kein Veräußerungsvorgang vor, da die Rückgabe der Inhaberschuldverschreibung vielmehr zu ihrem Untergang führe. Wegen der Abweichung von der Verwaltungsanweisung hat der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Zum selben Ergebnis war bereits der 12. Senat des Finanzgerichts Münster in seinem Urteil vom 14. März 2014 (Az. 12 K 3284/13 E) gekommen (s. hierzu Pressemitteilung Nr. 8/2014vom 2. Mai 2014).

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.01.2015 zum Urteil 10 K 2030/13 vom 10.12.2014 (nrkr), Newsletter 1/2015

„Exit-Bonus“ führt beim Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nicht zwingend zu einem Veräußerungserlös nach § 17 EStG

Erhält der Geschäftsführer einer GmbH, der zugleich in geringem Umfang an ihr beteiligt ist, neben dem auf seine Anteile entfallenden Veräußerungspreis auch einen sog. „Exit-Bonus“ von anderen veräußernden Gesellschaftern, unterliegt dieser Erlös nicht dem Halbeinkünfteverfahren. Dies hat der 4. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 12. Dezember 2014 (Az. 4 K 1918/13 E) entschieden.

Der Kläger war als Geschäftsführer einer Holding-GmbH tätig. Im Rahmen eines „Management-Buy-Outs“ erwarben Finanzinvestoren im Jahr 2003 (mittelbar) sämtliche Anteile an dieser und beteiligten den Kläger und weitere Geschäftsführer von Tochtergesellschaften als Minderheitsgesellschafter. Nach in diesem Zusammenhang getroffenen Vereinbarungen sollten die beteiligten Manager, darunter der Kläger, im Falle eines Verkaufs der Holding-Anteile am Veräußerungserlös der Finanzinvestoren beteiligt werden. Die Höhe dieses „Exit-Bonus“ richtete sich nach den Ergebnissen derjenigen Gesellschaft, für die der jeweilige Manager tätig war. Im Jahr 2006 veräußerten sowohl die Finanzinvestoren als auch die Minderheitsgesellschafter sämtliche Holding-Anteile an einen Dritten.

Das Finanzamt behandelte den auf die Beteiligung des Klägers entfallenden Erlös als hälftig steuerfreien Veräußerungsgewinn und den „Exit-Bonus“ als Arbeitslohn. Der Kläger vertrat demgegenüber die Ansicht, dass auch der Bonus als „disquotaler Veräußerungsgewinn“ dem Halbeinkünfteverfahren unterliege.

Dem folgte der Senat nicht und wies die Klage weitgehend ab. Der „Exit-Bonus“ stelle einen in vollem Umfang steuerpflichtigen Ertrag und keinen Veräußerungserlös dar. Der Kläger habe diese Zahlung nicht als Veräußerungspreis für seine Beteiligung erhalten, sondern allein wegen der Veräußerung der Anteile der Mehrheitsgesellschafter. Dies ergebe sich aus den Vereinbarungen, wonach für den „Exit-Bonus“ eine Veräußerung der eigenen Beteiligung des Klägers nicht erforderlich gewesen wäre. Ein disquotaler Veräußerungspreis sei zudem gar nicht vorstellbar, weil der Kläger keinen höheren (disquotalen) Anspruch gegen den Erwerber gehabt habe, sondern gegen andere Gesellschafter.

Der Senat ließ offen, ob der „Exit-Bonus“ als Arbeitslohn oder als Einnahme aus sonstiger selbständiger Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu behandeln sei, da in beiden Fällen dieselben steuerlichen Auswirkungen einträten. Der Betrag sei aber als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nach § 34 EStG ermäßigt zu besteuern. Nur insoweit hatte die Klage Erfolg.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.01.2015 zum Urteil 4 K 1918/13 vom 12.12.2014, Newsletter 01/2015

Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO bei der Einkommensteuer

 Erstattungsberechtigung und Reihenfolge der Anrechnung in Nachzahlungsfällen

 

 

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder richtet sich die Ermittlung von Einkommensteuer-Erstattungsansprüchen nach § 37 Abs. 2 AO bzw. die Erstattungsberechtigung – einschließlich der Reihenfolge der Anrechnung – nach folgenden Grundsätzen:

 

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Allgemeines

1.1  Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch

1.2  Einkommensteuer-Erstattungsanspruch

1.3 Annexsteuern

1.4 Lebenspartner und Lebenspartnerschaften

1.5 Getrennte Veranlagung nach § 26a EStG a.F.

  1. Erstattungsberechtigung bei zusammen veranlagten Ehegatten

2.1  Wirkung einer Erstattung nach § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG

2.2  Ausnahmen von § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG

2.3  Ermittlung des Erstattungsberechtigten

2.4  Tilgungsbestimmung

2.5 Zahlungsanweisung

2.6  Bedeutung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen

  1. Aufteilung eines Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs bei Ehegatten

3.1   Steuerabzugsbeträge

3.2   Vorauszahlungen mit Tilgungsbestimmung

3.3   Vorauszahlungen ohne Tilgungsbestimmung

3.4   Sonstige Zahlungen

3.5  Reihenfolge der Anrechnung bei Zusammenveranlagung

3.6  Reihenfolge der Anrechnung bei Einzelveranlagung nach § 26a EStG

3.7 Keine Berücksichtigung der Zeitabfolge von Zahlungen

  1. Zuordnung und Aufteilung von Zahlungen in Trennungsfolgejahren
  2. Vorläufige Zuordnung und Aufteilung von Zahlungen für gemeinsame Rechnung
  3. Änderung von Anrechnungsverfügungen oder Abrechnungsbescheiden nach §  218 Abs. 3 AO
  4. Abstimmungsbedarf

 

  1. Allgemeines

1.1  Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch

 

  • 37 Abs. 2 AO enthält eine allgemeine Umschreibung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, der einem Steuerpflichtigen dadurch erwächst, dass eine Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis ohne rechtlichen Grund erfolgt ist oder der Grund hierfür später wegfällt (vgl. dazu AEAO zu § 37, Nr. 2).

 

1.2  Einkommensteuer-Erstattungsanspruch

 

Im Bereich der Einkommensteuer können sich Erstattungsansprüche nach § 37 Abs. 2 AO insbesondere ergeben

– infolge der Anrechnung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG),

– infolge der Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen (z.B. Lohnsteuer, Kapital-ertragsteuer, vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG) sowie

– im Falle der Aufhebung der Einkommensteuerfestsetzung oder der Durchführung von Änderungs- bzw. Berichtigungsveranlagungen, wenn die ursprünglich festge-setzte Steuer bereits entrichtet war.

 

1.3 Annexsteuern

 

Die Ausführungen dieses Schreibens gelten für Annexsteuern entsprechend.

 

1.4 Lebenspartner und Lebenspartnerschaften

 

Die nachfolgenden Ausführungen gelten bei Lebenspartnern und Lebenspartner-schaften entsprechend (§ 2 Abs. 8 EStG).

 

1.5 Getrennte Veranlagung nach § 26a EStG a.F.

 

Soweit im Folgenden Ausführungen zur Einzelveranlagung nach § 26a EStG gemacht werden, gelten sie bis Veranlagungszeitraum 2012 für getrennte Veranlagungen nach § 26a EStG a.F. entsprechend.

 

  1. Erstattungsberechtigung bei zusammen veranlagten Ehegatten

2.1 Wirkung einer Erstattung nach § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG

 

  • 36 Abs. 4 Satz 3 EStG, wonach die Auszahlung des Erstattungsbetrags (Überschuss im Sinne des § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG) aus der Einkommensteuer-Zusammenveranla-gung an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten wirkt, lässt die materielle Rechtslage hinsichtlich der Erstattungsberechtigung zusammen veranlagter Ehegatten unberührt. In Bezug auf den Erstattungsanspruch sind zusammen veranlagte Ehegatten weder Gesamtgläubiger i. S. d. § 428 BGB noch Mitgläubiger i. S. d. § 432 BGB (BFH-Beschluss vom 17.2.2010, VII R 37/08, BFH/NV S. 1078). Die Regelung, der die Annahme zugrunde liegt, dass bei einer intakten Ehe die Erstattung an einen Ehegatten vom anderen Ehegatten gebilligt wird, will dem Finanzamt für Fälle, in denen diese Annahme zutrifft, Nachforschungen zur Erstattungsberechtigung der Ehe-gatten ersparen (BFH-Urteil vom 5.4.1990,VII R 2/89, BStBl II S. 719). Sie findet ihre Rechtfertigung darin, dass sich Ehegatten, die die Zusammenveranlagung beantragen, durch ihre beiderseitigen Unterschriften auf der Steuererklärung gegenseitig bevoll-mächtigen können, nicht nur den Steuerbescheid, sondern auch einen etwaigen Erstat-tungsbetrag in Empfang zu nehmen. Die Vorschrift des § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG enthält demnach eine widerlegbare gesetzliche Vermutung hinsichtlich einer Einzie-hungsvollmacht.

 

2.2 Ausnahmen von § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG 

2.2.1  Bei zusammen veranlagten Ehegatten kann es trotz der Vorschrift des § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG, wonach die Auszahlung an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten wirkt, erforderlich werden, Entscheidungen zur Erstattungs-berechtigung der beiden Ehegatten zu treffen und ggf. die Höhe des auf jeden entfal-lenden Erstattungsbetrags zu ermitteln. Soweit das Finanzamt nach Aktenlage erkennt oder erkennen musste, dass ein Ehegatte aus beachtlichen Gründen nicht mit der Aus-zahlung des gesamten Erstattungsbetrags an den anderen Ehegatten einverstanden ist, darf es nicht mehr an den anderen Ehegatten auszahlen. Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Ehegatten inzwischen geschieden sind oder getrennt leben oder wenn dem Finanzamt aus sonstigen Umständen bekannt ist, dass ein Ehegatte die Erstattung an den anderen nicht billigt (BFH-Urteile vom 5.4.1990, VII R 2/89, BStBl II S. 719, und vom 8.1.1991, VII R 18/90, BStBl II S. 442).

 

2.2.2  § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG ist aber auch dann nicht anzuwenden,

– wenn das Finanzamt mit Abgabenrückständen eines der beiden Ehegatten aufrech-nen will oder

– wenn der Erstattungsanspruch nur eines der beiden Ehegatten abgetreten, gepfän-det oder verpfändet worden ist.

 

In solchen Fällen muss die materielle Anspruchsberechtigung nach § 37 Abs. 2 AO selbst dann geprüft werden, wenn die Ehegatten übereinstimmend davon ausgehen, dass der steuerliche Erstattungsanspruch ihnen gemeinsam zusteht (BFH-Beschluss vom 12.3.1991, VII S 30/90, BFH/NV 1992 S. 145). Zahlt das Finanzamt bei der Zusammenveranlagung aufgrund des gegenüber einem Ehegatten ergangenen Pfän-dungs- und Überweisungsbeschlusses auch den auf den anderen Ehegatten entfallen-den Erstattungsbetrag an den Pfändungsgläubiger aus, kann es von diesem jedoch die Rückzahlung dieses ohne Rechtsgrund gezahlten Betrages verlangen (BFH-Urteil vom 13.2.1996, VII R 89/95, BStBl II S. 436).

 

2.3 Ermittlung des Erstattungsberechtigten

 

Der Erstattungsanspruch steht demjenigen Ehegatten zu, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 30.9.2008, VII R 18/08, BStBl 2009 II S. 38 m.w.N.). Unerheblich ist dagegen, welcher der Ehegatten den Steuer-ermäßigungstatbestand verwirklicht hat, der im Rahmen des Veranlagungsverfahrens zu der Steuererstattung geführt hat. Dies gilt auch in Fällen des Verlustabzugs nach § 10d EStG (BFH-Urteile vom 19.10.1982, VII R 55/80, BStBl II S. 162, und vom 18.9.1990, VII R 99/89, BStBl 1991 II S. 47). Unerheblich ist auch, auf wessen Ein-künften die festgesetzten Steuern (Vorauszahlungen und Jahressteuer) beruhen.

 

2.4  Tilgungsbestimmung

 

2.4.1 Liegen keine Anhaltspunkte oder ausdrücklichen Absichtsbekundungen für eine Til-gungsbestimmung vor, kann das Finanzamt als Zahlungsempfänger, solange die Ehe besteht und die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben (§ 26 Abs. 1 EStG), aufgrund der zwischen ihnen bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft allerdings da-von ausgehen, dass derjenige Ehegatte, der auf die gemeinsame Steuerschuld zahlt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will (vgl. BFH-Urteil vom 15.11.2005, VII R 16/05, BStBl 2006 II S. 453, m.w.N.); das gilt grundsätzlich auch dann, wenn über das Vermögen des an-deren Ehegatten das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (BFH-Urteil vom 30.9.2008, VII R 18/08, BStBl 2009 II S. 38).

Ob die Ehegatten sich später trennen oder einer der Ehegatten nachträglich die Einzel-veranlagung nach § 26a EStG beantragt, ist für die Beurteilung der Tilgungsabsicht nicht maßgeblich, denn es kommt nur darauf an, wie sich die Umstände dem Finanz-amt zum Zeitpunkt der Zahlung darstellten (vgl. BFH-Urteil vom 26.6.2007, VII R 35/06, BStBl II S. 742). Haben sich die Ehegatten vor der Zahlung getrennt, war dies dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Zahlung aber noch nicht bekannt, kann das Finanz-amt weiterhin davon ausgehen, dass der Ehegatte, der ohne individuelle Tilgungsbe-stimmung auf die gemeinsame Steuerschuld (Vorauszahlungsschuld) gezahlt hat, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen Ehegatten begleichen wollte.

 

2.4.2 Die Angabe einer Tilgungsbestimmung muss dabei nicht „ausdrücklich“ erfolgen, sondern kann sich aus den Umständen des Einzelfalls ergeben (als Indiz z.B. Angabe des eigenen Namens im Feld „Verwendungszweck“ einer Überweisung; vgl. BFH-Urteil vom 25.7.1989, VII R 118/87, BStBl 1990 II S. 41). Eine spätere „Interpreta-tion“ (d. h. eine nachträglich geltend gemachte Tilgungsbestimmung) durch den zah-lenden Ehegatten kann keine Berücksichtigung finden.

 

Rechnet ein Ehegatte mit einem ihm allein zustehenden Erstattungsanspruch gegen die gemeinsame ESt-Schuld auf, kann das Finanzamt davon ausgehen, dass der Ehegatte, der ohne individuelle Tilgungsbestimmung auf die gemeinsame Steuerschuld geleistet hat, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen Ehegatten begleichen wollte. Im Fall der Aufrechnung durch das Finanzamt ergibt sich die Tilgungsbestim-mung wegen der nach § 387 BGB erforderlichen Gegenseitigkeit dagegen nach der in-dividuellen Gläubigerschaft des Steuererstattungsanspruchs.

Bei Zahlungen im Wege des Lastschrifteinzugs ist das Finanzamt gesondert über den Tilgungswillen zu informieren. Wird ein Verrechnungsvertrag geschlossen (vgl. AEAO zu § 226, Nr. 5), ergibt sich die Tilgungsbestimmung aus den vertraglichen Vereinbarungen.

 

2.4.3 Die von einem Ehegatten im Vollstreckungsweg beigetriebene Steuerforderung kann nicht als eine auch auf Rechnung des anderen Ehegatten bewirkte Zahlung angesehen werden (vgl. BFH-Beschluss v. 18.4.2013, VII B 66/12, BFH/NV S. 1217). Sie ist wie eine Zahlung mit individueller Tilgungsbestimmung zugunsten des Vollstreckungs-schuldners zu behandeln.

 

2.5 Zahlungsanweisung

 

Bitten die Ehegatten zu einem späteren Zeitpunkt, zum Beispiel bei Abgabe der Steuererklärung, um Überweisung des Erstattungsanspruchs an einen bestimmten Zahlungsempfänger, liegt lediglich eine Zahlungsanweisung vor, die den materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch unberührt lässt. Die auf Wunsch eines der Ehegatten erfolgte Auszahlung des ihm materiell-rechtlich zustehenden Erstattungsanspruchs an den anderen Ehegatten oder einen Dritten führt ihm gegenüber zum Erlöschen seines Erstattungsanspruchs. Denn auch in einem derartigen Fall erbringt die Finanzbehörde ihre Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegenüber dem Rechtsinhaber zu erfül-len.

 

2.6 Bedeutung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen

 

Einkommensteuer-Vorauszahlungen sind nach § 37 Abs. 1 EStG – unabhängig davon, wer sie zahlt oder von wessen Konto sie abgebucht werden – auf die für den laufenden Veranlagungszeitraum voraussichtlich geschuldete Einkommensteuer zu entrichten. Bei Vorauszahlungen ohne Tilgungsbestimmung ist davon auszugehen, dass sich der Ehegatte, der auf einen an ihn und seinen Ehegatten gerichteten Vorauszahlungsbe-scheid leistet, nicht nur bewusst ist, dass seine Zahlungen in Höhe der später festge-setzten Einkommensteuer endgültig beim Fiskus verbleiben sollen, sondern dass er die – wenn auch unmittelbar zur Erfüllung der Gesamtschuld aus dem Vorauszahlungsbe-scheid entrichteten – Zahlungen auch leistet, um damit die zu erwartende Einkom-mensteuer beider Ehegatten zu tilgen. Ist die im Zeitpunkt der Vorauszahlungen nach Kenntnisstand des Finanzamts noch bestehende Wirtschaftsgemeinschaft hinreichen-der Anknüpfungspunkt dafür, die Vorauszahlungen als für Rechnung beider Ehegatten geleistet zu unterstellen, dann ist daraus auch der in diesem Zeitpunkt übereinstim-mende Wille abzuleiten, dass diese Vorauszahlungen später dafür verwendet werden sollen, die auf beide Ehegatten später entfallenden Steuerschulden auszugleichen (vgl. BFH-Urteil vom 22.3.2011, VII R 42/10, BStBl II S. 607).

 

  1. Aufteilung eines Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs bei Ehegatten

 

Übersteigen die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, die geleisteten Vorauszahlun-gen und die sonstigen Zahlungen der Ehegatten die Summe der gegen die beiden Ehe-gatten insgesamt (im Wege der Zusammenveranlagung oder im Wege der Einzelver-anlagung nach § 26a EStG) festgesetzten Steuern, ist wie folgt zu verfahren:

 

Zunächst sind für jeden Ehegatten die bei ihm anzurechnenden Steuerabzugsbeträge sowie seine mit individueller Tilgungsbestimmung geleisteten Vorauszahlungen und sonstigen Zahlungen zu ermitteln. Daneben sind alle übrigen Zahlungen zu ermitteln, die beiden Ehegatten gemeinsam zuzurechnen sind. Die auf diese Weise ermittelten Zahlungen sind dem jeweiligen Ehegatten gemäß den Nrn. 3.1 bis 3.4 an Hand der materiellen Erstattungsberechtigung zuzuordnen.

 

Bei der weiteren Bearbeitung ist zwischen der Zusammenveranlagung (Nr. 3.5) und der Einzelveranlagung nach § 26a EStG (Nr. 3.6) zu unterscheiden.

 

3.1 Steuerabzugsbeträge

 

Hinsichtlich einbehaltener Steuerabzugsbeträge (insbesondere Lohnsteuer, Kapital-ertragsteuer) ist derjenige Ehegatte erstattungsberechtigt, von dessen Einnahmen (z. B. Arbeitslohn oder Kapitaleinnahme) die Abzugssteuer einbehalten wurde (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.1982, VII R 55/80, BStBl 1983 II S. 162); denn diese Steuer ist für seine Rechnung an das Finanzamt abgeführt worden (BFH-Urteil vom 5.4.1990, VII R 2/89, BStBl II S. 719). Wurden für beide Ehegatten Steuerabzugsbeträge einbehalten und wurden keine Vorauszahlungen geleistet, ist die Aufteilung des Erstattungs-anspruchs im Verhältnis des jeweiligen Steuerabzugs des Ehegatten zum Gesamtabzug durchzuführen (vgl. BFH-Urteil vom 1.3.1990, VII R 103/88, BStBl II S. 520).

 

3.2 Vorauszahlungen mit Tilgungsbestimmung

 

Hat der zahlende Ehegatte im Zeitpunkt einer Vorauszahlung kenntlich gemacht, dass er nur seine eigene Steuerschuld tilgen will, ist er im Falle der Erstattung dieses Be-trags allein erstattungsberechtigt.

 

 

Erfolgt eine Vorauszahlung aufgrund eines an beide Ehegatten gemeinsam gerichteten Vorauszahlungsbescheids durch einen Ehegatten ab dem Zeitpunkt, zu dem das dau-ernde Getrenntleben der Ehegatten dem Finanzamt bekannt geworden ist, ist davon auszugehen, dass der Zahlende nur auf eigene Rechnung leisten will. Im Falle einer Erstattung einer solchen Zahlung ist er allein erstattungsberechtigt (BFH-Urteil vom 25.7.1989, a.a.O.).

 

3.3 Vorauszahlungen ohne Tilgungsbestimmung

 

Vorauszahlungen aufgrund eines an beide Ehegatten gemeinsam gerichteten Voraus-zahlungsbescheids ohne individuelle Tilgungsbestimmung sind unabhängig davon, ob die Ehegatten später zusammen oder nach § 26a EStG einzeln veranlagt werden, zu-nächst auf die festgesetzten Steuern beider Ehegatten anzurechnen (BFH-Urteil vom 22.3.2011, VII R 42/10, BStBl II, S. 607). Daher ist nur ein nach der Anrechnung der „gemeinsamen“ Vorauszahlungen verbleibender Überschuss nach Köpfen an die Ehe-gatten auszukehren.

 

Vorauszahlungen ohne individuelle Tilgungsbestimmung aufgrund eines nur an einen Ehegatten gerichteten Vorauszahlungsbescheids sind nur diesem Ehegatten zuzurech-nen (zur Wirkung siehe Nr. 3.2).

 

3.4 Sonstige Zahlungen

 

Für sonstige Zahlungen (z. B. Abschlusszahlungen) gelten Nrn. 3.2 und 3.3 entspre-chend.

 

3.5 Reihenfolge der Anrechnung bei Zusammenveranlagung

 

Übersteigt die Summe der im Rahmen einer Zusammenveranlagung anzurechnenden Steuerabzugsbeträge (Nr. 3.1), geleisteten Vorauszahlungen (Nrn. 3.2 und 3.3) und sonstigen Zahlungen (Nr. 3.4) der Ehegatten die festgesetzte Steuer und ist die Auf-teilung des Erstattungsbetrages erforderlich (vgl. Nr. 2.2), ist wie folgt zu verfahren:

 

Zunächst sind für jeden Ehegatten die bei ihm anzurechnenden Steuerabzugsbeträge sowie seine mit individueller Tilgungsbestimmung geleisteten Vorauszahlungen und sonstigen Zahlungen zu ermitteln. Daneben sind alle übrigen Zahlungen zu ermitteln, die beiden Ehegatten gemeinsam zuzurechnen sind.

 

Anschließend sind in Abhängigkeit von der Fallgestaltung folgende Ermittlungen und Berechnungen anzustellen:

  1. a) Wurden ausschließlich Steuerabzugsbeträge einbehalten und Zahlungen geleistet, die individuell zuzurechnen sind, ist die Aufteilung des Erstattungsanspruchs im Verhältnis der Summe der jeweiligen Steuerabzugsbeträge und Zahlungen jedes Ehegatten zur Summe der Steuerabzugsbeträge und Zahlungen beider Ehegatten durchzuführen.

 

  1. b) Wurden ausschließlich Vorauszahlungen aufgrund eines an beide Ehegatten gemeinsam gerichteten Vorauszahlungsbescheids ohne Tilgungsbestimmungen geleistet, ist die Aufteilung des Erstattungsanspruchs nach Köpfen durchzuführen.

 

  1. c) Wurden für die Ehegatten sowohl Steuerabzugsbeträge einbehalten und/oder Zah-lungen geleistet, die individuell zuzurechnen sind, als auch Vorauszahlungen auf-grund eines an beide Ehegatten gemeinsam gerichteten Vorauszahlungsbescheids ohne Tilgungsbestimmungen geleistet, ist

 

– zunächst für jeden Ehegatten die Summe der bei ihm anzurechnenden Zah-lungen zu ermitteln (Steuerabzugsbeträge nach Nr. 3.1, direkt zuzuordnende Zahlungen nach Nrn. 3.2 und 3.4 und nach Köpfen ermittelter Anteil an Zah-lungen im Sinne der Nrn. 3.3 und 3.4) und anschließend

 

– der Erstattungsanspruch der Ehegatten im Verhältnis der Summe der bei dem einzelnen Ehegatten zuzurechnenden Zahlungen zur Summe aller Zahlungen aufzuteilen.

 

Beispiel zu Fallgruppe c)

Gegen die Ehegatten M und F hatte das Finanzamt gemeinsam Einkommensteuer-Vorauszahlungen in Höhe von insgesamt 14.000 € festgesetzt. Hierauf wurden 8.000 € ohne Tilgungsbestimmung entrichtet. In Höhe von 5.000 € hat M Vorauszahlungen mit individueller Tilgungsbestimmung geleistet. F hat in Höhe von 1.000 € Voraus-zahlungen mit individueller Tilgungsbestimmung geleistet.

 

Vom Arbeitslohn des M wurden 10.000 € Lohnsteuer einbehalten. Vom Arbeitslohn der F wurden 5.000 € Lohnsteuer einbehalten.

 

Im Rahmen einer Zusammenveranlagung wurde gegen die Ehegatten Einkommen-steuer in Höhe von 20.000 € festgesetzt. Aufgrund der anzurechnenden Lohnsteuer-beträge (10.000 € + 5.000 € = 15.000 €) und der geleisteten Vorauszahlungen (8.000 € + 5.000 € + 1.000 € = 14.000 €) ergibt sich ein Erstattungsanspruch von insgesamt 9.000 €.

 

Lösung:

Die individuellen Erstattungsansprüche der Ehegatten M und F sind wie folgt zu er-mitteln:

 

(1)  individuelle Ermittlung der bei den Ehegatten nach Nr. 3.1 jeweils anzurechnen-den Steuerabzugsbeträge:

 

 

(2)  individuelle Ermittlung der bei den Ehegatten nach Nr. 3.2 jeweils anzurechnen-den Zahlungen mit individueller Tilgungsbestimmung:

 

 

(3)  hälftige Aufteilung der „gemeinsamen“ Zahlungen i. S. d. Nr. 3.3 und Zurechnung des jeweiligen Anteils wie eine Zahlung i. S. d. Nr. 3.2:

 

 

(4)  für jeden Ehegatten sind die nach (1) bis (3) ermittelten Anrechnungsbeträge jeweils zu addieren:

 

 

(5)  Die Aufteilung des Erstattungsanspruchs (9.000€) auf die Ehegatten erfolgt im Verhältnis der Summe der dem einzelnen Ehegatten zuzurechnenden Zahlungen zur Summe aller Zahlungen:

 

 

3.6  Reihenfolge der Anrechnung bei Einzelveranlagung nach § 26a EStG 

3.6.1  Erstattungsüberhang

 

Übersteigen die im Rahmen von Einzelveranlagungen nach § 26a EStG anzurechnen-den Steuerabzugsbeträge (Nr. 3.1), geleisteten Vorauszahlungen (Nrn. 3.2 und 3.3) und sonstigen Zahlungen (Nr. 3.4) der Ehegatten die Summe der gegen beide Ehegat-ten individuell festgesetzten Steuern, ist wie folgt zu verfahren:

 

  1. a) Wurden ausschließlich Steuerabzugsbeträge einbehalten und Zahlungen geleistet, die individuell zuzurechnen sind, sind bei jedem Ehegatten die jeweiligen Steuer-abzugsbeträge und Zahlungen anzurechnen.

 

  1. b) Wurden ausschließlich Vorauszahlungen aufgrund eines an beide Ehegatten ge-meinsam gerichteten Vorauszahlungsbescheids ohne Tilgungsbestimmung ge-leistet und übersteigt deren Summe die Summe der in den Einzelveranlagungen nach § 26a EStG festgesetzten Einkommensteuerbeträge, ist der die Summe der in den Einzelveranlagungen individuell festgesetzten Einkommensteuerbeträge über-steigende Erstattungsbetrag nach Köpfen aufzuteilen.

 

  1. c) Wurden für die Ehegatten sowohl Steuerabzugsbeträge einbehalten und/oder Zah-lungen geleistet, die individuell zuzurechnen sind, als auch Vorauszahlungen auf-grund eines an beide Ehegatten gemeinsam gerichteten Vorauszahlungsbescheids ohne Tilgungsbestimmungen geleistet, ist wie folgt zu verfahren:

 

– Zuerst sind von den gegen die Ehegatten jeweils individuell festgesetzten Einkommensteuerbeträgen jeweils die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge (Nr. 3.1) abzuziehen (Zwischensumme I = Soll);

 

– danach sind von diesen Sollbeträgen (Zwischensumme I) jeweils die (Voraus-)Zahlungen abzuziehen, die der einzelne Ehegatte mit individueller Tilgungsbestimmung geleistet hat (Nr. 3.2), und die für jeden Ehegatten danach individuell verbleibenden Beträge zu ermitteln (Zwischensumme II);

 

– die (aufgrund eines gegen beide Ehegatten gerichteten Vorauszahlungs-bescheids) geleisteten „gemeinsamen“ Vorauszahlungen ohne individuelle Tilgungsbestimmung (Nr. 3.3) werden nun zunächst auf die Steuern beider Ehegatten maximal bis zum vollständigen „Verbrauch“ der jeweiligen (posi-tiven) Zwischensumme II aufgeteilt, der danach verbleibende Restbetrag ist nach Köpfen auszukehren.

 

Beispiel:

Die Ehegatten M und F haben die gegen sie gemeinsam festgesetzten Vorauszahlun-gen (4 x 4.000 € = 16.000 €) ohne individuelle Tilgungsbestimmung entrichtet. Vom Arbeitslohn wurden jeweils folgende Lohnsteuerbeträge einbehalten:

 

 

Es werden Einzelveranlagungen nach § 26a EStG durchgeführt:

 

 

 

Lösung:

 

Der Betrag von 2.000 € ist nach Köpfen auszukehren.

 

Die Zurechnung erfolgt wie folgt:

 

(1)  Bei jedem Ehegatten sind von den festgesetzten Einkommensteuerbeträgen zu-nächst jeweils die anzurechnenden Lohnsteuerbeträge abzuziehen (= Sollbeträge):

 

 

(2)  Im zweiten Schritt werden – mangels Zahlungen mit individueller Tilgungsbestim-mung i. S. d. Nr. 3.2 – die gemeinsamen Vorauszahlungen nun jeweils bis zur Höhe der Sollbeträge (hier identisch mit Zwischensumme II) bei M und F aufge-teilt, der danach verbleibende Restbetrag (2.000€) ist jedem Ehegatten zur Hälfte zuzurechnen:

 

 

 

(3)  Im dritten Schritt werden die nicht verbrauchten gemeinsamen Vorauszahlungen nach Köpfen zugerechnet:

 

 

(4)  Die Abrechnungsverfügungen der Steuerbescheide sehen wie folgt aus:

 

 

3.6.2 Nachzahlungsüberhang

 

Werden Ehegatten nach § 26a EStG einzeln zur Einkommensteuer veranlagt und ist die Summe der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und (Voraus-)Zahlungen gerin-ger als die Summe der individuell festgesetzten Steuern, sind aufgrund eines gegen beide Ehegatten gerichteten Vorauszahlungsbescheids geleistete Vorauszahlungen ohne individuelle Tilgungsbestimmung (Nr. 3.3) wie folgt aufzuteilen und zuzuord-nen:

 

– Zuerst sind von den gegen die Ehegatten individuell festgesetzten Einkommen-steuerbeträgen jeweils die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge (Nr. 3.1) abzu-ziehen (Zwischensumme I = Soll);

 

– danach sind von diesen Sollbeträgen (Zwischensumme I) jeweils die  (Voraus-)Zahlungen abzuziehen, die der einzelne Ehegatte mit individueller Tilgungsbestimmung geleistet hat (Nr. 3.2), und die für jeden Ehegatten danach individuell verbleibenden Beträge zu ermitteln (Zwischensumme II);

 

– die (aufgrund eines gegen beide Ehegatten gerichteten Vorauszahlungsbescheids) geleisteten „gemeinsamen“ Vorauszahlungen ohne individuelle Tilgungsbestim-mung (Nr. 3.3) werden nun nach Köpfen – allerdings maximal bis zum vollständi-gen „Verbrauch“ der jeweiligen (positiven) Zwischensumme II – aufgeteilt, ein danach verbleibender Restbetrag ist dem Ehegatten mit der höheren Zwischen-summe II allein zuzurechnen.

 

Beispiel:

Die Ehegatten M und F haben die gegen sie gemeinsam festgesetzten Vorauszahlun-gen (4 x 2.500 € = 10.000 €) ohne individuelle Tilgungsbestimmung entrichtet.

 

Vom Arbeitslohn wurden jeweils folgende Lohnsteuerbeträge einbehalten:

 

 

Es werden Einzelveranlagungen nach § 26a EStG durchgeführt:

 

 

Lösung:

(1) Von den gegen die Ehegatten festgesetzten Einkommensteuerbeträgen sind zu-nächst jeweils die anzurechnenden Lohnsteuerbeträge abzuziehen (= Sollbeträge):

 

 

(2)  Im zweiten Schritt werden – mangels Zahlungen mit individueller Tilgungsbestim-mung i. S. d. Nr. 3.2 – die gemeinsamen Vorauszahlungen nun nach Köpfen – allerdings maximal bis zur Höhe des jeweiligen Sollbetrags (hier identisch mit Zwischensumme II) – aufgeteilt, der danach verbleibende Restbetrag ist dem Ehe-gatten mit dem höheren Soll allein zuzurechnen:

 

 

 

(3)  Die Abrechnungsverfügungen der Steuerbescheide sehen wie folgt aus:

 

 

 

3.7 Keine Berücksichtigung der Zeitabfolge von Zahlungen

 

Bei der Zuordnung und Aufteilung von Zahlungen auf die Steuerschuld ist der jewei-lige Zahlungszeitpunkt unbeachtlich. Alle bis zum Abrechnungsstichtag geleisteten Zahlungen (Vorauszahlungen, Abschlagszahlungen oder sonstige Zahlungen) sind nach den vorstehenden Grundsätzen zuzuordnen und aufzuteilen. Dies hat zum Bei-spiel zur Folge, dass für die Zuordnung und Aufteilung eines Erstattungsanspruchs, der sich aus einer Änderung einer Einkommensteuerfestsetzung zugunsten des/der Steuerpflichtigen ergibt, die Abschlusszahlung nicht vorrangig zu berücksichtigen ist. Vielmehr ist die Zuordnung und Aufteilung von Zahlungen im Wege einer Gesamt-aufrollung neu vorzunehmen.

 

Beispiel:

Im Rahmen einer Zusammenveranlagung wurde gegen die Ehegatten M und F Ein-kommensteuer in Höhe von 10.000 € festgesetzt. Nach Anrechnung der vom Arbeits-lohn des Ehemannes einbehaltenen Lohnsteuer von 6.000 € ergab sich eine Abschluss-zahlung von 4.000 €, die von den Eheleuten für beider Rechnung entrichtet wurde.

 

Später wird die Einkommensteuerfestsetzung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert und die Einkommensteuer auf 9.000 € herabgesetzt. Es ergibt sich somit ein Erstattungsanspruch von 1.000 €.

 

Lösung:

Die individuellen Erstattungsansprüche der Ehegatten M und F sind wie folgt zu er-mitteln:

 

 

(1) individuelle Ermittlung der bei den Ehegatten nach Nr. 3.1 jeweils anzurechnen-den Steuerabzugsbeträge:

 

 

(2)  mangels Zahlungen mit individueller Tilgungsbestimmung i. S. d. Nr. 3.2 hälftige Aufteilung der „gemeinsamen“ Zahlungen i. S. d. Nr. 3.3 und Zurechnung des je-weiligen Anteils wie eine Zahlung i. S. d. Nr. 3.2:

 

 

(3)  für jeden Ehegatten sind die nach (1) und (2) ermittelten Anrechnungsbeträge je-weils zu addieren:

 

 

(4)  Die Aufteilung des Erstattungsanspruchs (1.000€) auf die Ehegatten erfolgt im Verhältnis der Summe der dem einzelnen Ehegatten zuzurechnenden Zahlungen zur Summe aller Zahlungen:

 

 

  1. Zuordnung und Aufteilung von Zahlungen in Trennungsfolgejahren

 

Für die Zuordnung und Aufteilung von Zahlungen, denen eine an beide Ehegatten als Gesamtschuldner gerichtete Vorauszahlungsfestsetzung für Trennungsfolgejahre zu-grunde liegt, gelten die Regelungen in Nummern 2.3 bis 2.5 entsprechend. War dem Finanzamt die Trennung im Zahlungszeitpunkt noch nicht bekannt und lag zu diesem Zeitpunkt auch keine individuelle Tilgungsbestimmung vor, sind die Zahlungen des-halb genauso als Zahlungen für gemeinsame Rechnung zu behandeln wie im Fall von Einzelveranlagungen nach § 26a EStG (vgl. Nr. 3.6).

 

  1. Vorläufige Zuordnung und Aufteilung von Zahlungen für gemeinsame Rechnung

 

5.1 Kann in den Fällen der Nummer 3.6 nur einer der Ehegatten bereits zur Einkommen-steuer veranlagt werden (sei es auf Antrag oder wegen Veranlagungspflicht), während bei dem anderen Ehegatten, der von Amts wegen zu veranlagen ist, die Veranlagung noch nicht erfolgen kann (z. B. weil die Erklärungsfrist noch nicht abgelaufen ist, so dass auch noch keine Steuerfestsetzung im Wege einer Schätzung möglich ist), kann für Zwecke der vorläufigen Aufteilung der Vorauszahlungen hinsichtlich des Ehegat-ten, für den keine Veranlagung erfolgen kann, eine fiktive Veranlagung auf der Grund-lage der vorliegenden bzw. der Vorauszahlungsfestsetzung zugrunde gelegten Besteu-erungsgrundlagen durchgeführt werden.

 

5.2 Kann in den Fällen der Nummer 4 zunächst nur einer der Ehegatten zur Einkommen-steuer veranlagt werden, während bei dem anderen Ehegatten zu diesem Zeitpunkt weder die Voraussetzungen für eine Veranlagung von Amts wegen noch für eine An-tragsveranlagung vorliegen, ist für Zwecke der vorläufigen Aufteilung der für gemein-same Rechnung der Ehegatten geleisteter Vorauszahlungen hinsichtlich des Ehegatten, für den (noch) keine Veranlagung erfolgen kann, eine fiktive Veranlagung auf der Grundlage der dem Finanzamt vorliegenden bzw. der Vorauszahlungsfestsetzung zu-grunde gelegten Besteuerungsgrundlagen durchzuführen.

 

5.3 Bei dem Ehegatten, für den nur eine fiktive Veranlagung durchgeführt wird, ergeht in beiden vorgenannten Fällen (noch) kein Einkommensteuerbescheid, vielmehr bleibt der Vorauszahlungsbescheid ihm gegenüber wirksam, bis ein Einkommensteuer-bescheid oder ein Nichtveranlagungsbescheid ergangen ist.

 

5.4 In den Fällen der Nummern 5.1 oder 5.2 ist die bereits für einen Ehegatten durchge-führte Anrechnung von Zahlungen für gemeinsame Rechnung nach Ergehen des noch ausstehenden Einkommensteuerbescheides oder eines Nichtveranlagungsbescheids des anderen Ehegatten zu korrigieren (§ 130 i. V. m. § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO). Unter den Voraussetzungen des § 218 Abs. 3 AO kann die Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO auch zur Beseitigung einer widerstrei-tenden Anrechnung von Zahlungen geändert werden (vgl. Nr. 6).

 

  1. Änderung von Anrechnungsverfügungen oder Abrechnungsbescheiden nach § 218 Abs. 3 AO

 

6.1 Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) zur Einkommensteuer auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag eines Ehegatten oder eines Dritten zurückgenommen und ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlas-sen, können nachträglich gegenüber beiden Ehegatten durch Änderung der Anrech-nungsverfügungen oder von Abrechnungsbescheiden die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden (§ 218 Abs. 3 Satz 1 AO). § 174 Abs. 4 und 5 AO gilt in diesen Fällen entsprechend (§ 218 Abs. 3 Satz 2 AO). Vgl. im Übrigen auch AEAO zu § 218, Nr. 4.

6.2 Gegenüber dem anderen Ehegatten ist nur dann eine für ihn nachteilige Korrektur sei-ner Anrechnungsverfügung oder seines Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 3 AO möglich, wenn er an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung der fehler-haften Anrechnungsverfügung bzw. des fehlerhaften Abrechnungsbescheids des ande-ren Ehegatten geführt hat, beteiligt wurde.

 

6.3 § 218 Abs. 3 AO gilt ab dem 31. Dezember 2014 für alle zu diesem Zeitpunkt noch nicht zahlungsverjährten Anrechnungsverfügungen und Abrechnungsbescheide (Art. 97 § 13a EGAO). Die Regelung gilt damit auch in den Fällen, in denen Anrech-nungsverfügungen bislang unter Widerrufsvorbehalt ergangen sind, soweit noch keine Zahlungsverjährung eingetreten ist.

 

  1. Abstimmungsbedarf

Sind in Fällen der Ehegattenveranlagung mehrere Finanzämter für die Veranlagungen zuständig, haben sich diese – auch länderübergreifend – abzustimmen.

Dieses Schreiben tritt mit sofortiger Wirkung an die Stelle des BMF-Schreibens vom 31. Januar 2013 – IV A 3 – S 0160/11/10001 – (BStBl I S. 70) und wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 3 – S-0160 / 11 / 10001 vom 14.01.2015

 

Steuerjahr 2015: Das ändert sich für Steuerzahler

Der BdSt erklärt die wichtigsten Neuregelungen

Mindestlohn, Rentenbesteuerung, Betriebsveranstaltungen: Um gut durch das neue Steuerjahr zu kommen, sollten sich Steuerzahler mit den Neuerungen 2015 befassen. Durch Gesetzesänderungen, neue Rechtsprechung oder aktuelle Verwaltungsanweisungen ergeben sich steuerliche Änderungen. Hier die wichtigsten Neuregelungen.

Altersvorsorgeaufwendungen: Vorsorgeaufwendungen für das Alter können steuerlich besser abgesetzt werden. Dazu gehören die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder zu den berufsständischen Versorgungswerken. Für die Berücksichtigung der Sonderausgaben gilt ein neuer Höchstbetrag von 22.172 Euro (2014: 20.000 Euro). Maximal können in diesem Jahr 80 Prozent (2014: 78 Prozent) abgesetzt werden. Das heißt, Alleinstehende können jetzt 17.738 Euro und Ehepaare/eingetragene Lebenspartner 35.476 Euro steuerlich geltend machen.

Betriebsveranstaltungen: Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Mitarbeiter bei einer Betriebsveranstaltung gehören nicht zum Arbeitslohn, wenn die Veranstaltung im überwiegenden betrieblichen Interesse stattfindet. Aufwendungen bis zu 110 Euro je Veranstaltung bleiben steuer- und sozialversicherungsfrei. Aber: Aus der bisherigen Freigrenze wird ein Freibetrag! Dies ist für die Steuerzahler günstiger: Wird der Betrag von 110 Euro überschritten, so wird künftig nicht mehr der komplette Betrag steuerpflichtig. Vielmehr unterliegt nur der Teil, der den Freibetrag übersteigt, der Besteuerung.

Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Bestimmte Leistungen, die der Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbringt, können steuerfrei bleiben. Ab dem Jahr 2015 gilt dies auch für zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers für die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen. Dabei muss es sich um Betreuungsaufwand handeln, der kurzfristig und aus beruflichen Gründen entstanden ist. Dies kann zum Beispiel der Betreuungsbedarf bei einer plötzlichen Erkrankung eines Kindes sein. Maximal 600 Euro können im Jahr steuerfrei bleiben.

Geschenke an Mitarbeiter: Aufmerksamkeiten an Arbeitnehmer zu besonderen Anlässen – wie zum Geburtstag – können bis zu einem Betrag von 60 Euro pro Geschenk steuerfrei bleiben. Bisher galt eine Höchstgrenze von 40 Euro.

Mindestlohn: Ab dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde. Nur wenige Branchen, Minderjährige und Auszubildende sind von dieser Regelung ausgenommen. Der Mindestlohn gilt auch für Minijobs. Ab Januar 2015 kann ein Minijobber nur noch rund 52 Stunden pro Monat arbeiten, wenn der Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde gezahlt wird. Ist der Minijobber in einem Unternehmen tätig, müssen Arbeitsbeginn, Arbeitsende und Dauer der Tätigkeit aufgezeichnet werden. Wird die Minijobgrenze von 450 Euro durch den neuen Mindestlohn überschritten, entsteht ab dem 1. Januar 2015 ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer muss bei der Minijobzentrale ab- und bei der Krankenkasse angemeldet werden.

Rentenbesteuerung: Bei der Rentenbesteuerung erhöht sich 2015 der steuerpflichtige Rentenanteil von 68 auf 70 Prozent. Somit bleiben nur noch 30 Prozent der ersten vollen Bruttojahresrente steuerfrei. Dieser Anteil gilt im Jahr 2015 für neu hinzukommende Rentnerjahrgänge. Bei Bestandsrenten bleibt der festgesetzte steuerfreie Rentenanteil bestehen.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 13.01.2015

 

Hinweis der WPK zu den neuen HGB-Schwellenwerten nach BilRUG

Am 7. Januar 2015 hat die Bundesregierung den Entwurf für ein Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz zur Umsetzung der Anforderungen der Richtlinie 2013/34/EU in deutsches Recht beschlossen.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht unter anderem eine Anhebung der Schwellenwerte sowie eine Änderung der Definition der Umsatzerlöse vor. Diese Änderungen dürfen bereits auf Abschlüsse für das nach dem 31. Dezember 2013 beginnende Geschäftsjahr angewendet werden, jedoch nur insgesamt (Unternehmenswahlrecht; vgl. Artikel 2 des Regierungsentwurfs, dort Abs. 2 Satz 1 des derzeit noch unbezifferten Artikels des EGHGB-E).

Die erhöhten Schwellenwerte und die Erstanwendungsvorschriften werden mit Inkrafttreten des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz und somit voraussichtlich Mitte 2015 wirksam werden. Vor diesem Hintergrund befasst sich der nachfolgend zur Verfügung stehende Hinweis der WPK insbesondere mit der Frage, welche Auswirkungen die rückwirkende Anhebung der Schwellenwerte auf den Prüfungsvertrag hat, wenn eine mittelgroße Kapitalgesellschaft / Personenhandelsgesellschaft im Sinne von § 264a HGB aufgrund der Ausübung des Wahlrechts zu einer kleinen Kapitalgesellschaft / Personenhandelsgesellschaft im Sinne von § 264a HGB wird.

Die WPK berichtete zuletzt über den Gesetzentwurf unter „Neu auf WPK.de“ vom 9. Januar 2015.

Den Hinweis finden Sie auf der Homepage der WPK.

Quelle: WPK, Mitteilung vom 13.01.2015

 

Kein erhöhtes BAföG für bei den Eltern wohnenden Studierenden

Ein bei seinen Eltern wohnender Auszubildender hat keinen Anspruch auf einen erhöhten Mietzuschuss beim BAföG-Bezug, auch wenn die Eltern Sozialleistungen beziehen. Dies hat das Verwaltungsgericht Mainz entschieden.

Einem Studierenden der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wurden Ausbildungsförderungsleistungen bewilligt. Für die Unterkunftskosten wurden ihm unter Hinweis darauf, dass er bei seiner Mutter wohne, pauschal nur 49 Euro zugesprochen. Dagegen wendet sich der Studierende mit seiner Klage und macht geltend, er habe Anspruch auf einen erhöhten Unterkunftsbetrag über 224 Euro. Er wohne zusammen mit seiner Mutter in einer Mietwohnung, müsse aber anteilig die Miet- und Nebenkosten der Wohnung mittragen. Außerdem beziehe seine Mutter nur Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II.

Den für die Klage gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe lehnte das Verwaltungsgericht mangels hinreichender Aussicht der Klage auf Erfolg ab. Die einschlägige BAföG-Regelung differenziere hinsichtlich der Höhe des zu gewährenden Unterkunftszuschusses nur danach, ob der Auszubildende bei den Eltern wohne – dann erhalte er die niedrigere Pauschale – oder ob er nicht bei den Eltern wohne – dann erhalte er die höhere Pauschale. Der Gesetzgeber gehe generalisierend davon aus, dass das gemeinsame Wohnen kostengünstiger sei, weil es auch von Zuwendungen der Eltern an den Auszubildenden geprägt sei und anteilige Kosten für Gemeinschaftsräume nur einmal anfielen. Diese typisierende Betrachtung ohne Beachtung des konkreten Einzelfalles sei im Bereich der staatlichen Leistungsgewährung zulässig. Deshalb komme es im Fall des Klägers nicht darauf an, ob es sich um eine Mietwohnung handele, an deren Kosten er sich beteilige, und ob die Eltern, mit denen er zusammenwohne, eigene Einkünfte erzielten.

Quelle: VG Mainz, Pressemitteilung vom 14.01.2015 zum Beschluss vom 08.01.2015