Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Nachträgliche Herstellungskosten auch bei nicht genutzter Fläche

Nachträgliche Herstellungskosten auch bei nicht genutzter Fläche

Kernproblem

Häufig besteht zwischen Steuerpflichtigen und dem Finanzamt Uneinigkeit, ob für bestimmte Baumaßnahmen getätigte Aufwendungen als Herstellungskosten eines Gebäudes oder als (sofort abzugsfähige) Erhaltungsaufwendungen zu behandeln sind. Zu den Herstellungskosten zählen einerseits Aufwendungen, die für die erstmalige Herstellung eines Vermögensgegenstandes anfallen. Andererseits stellen aber auch Kosten, die aufgrund von Erweiterungen oder für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen, (nachträgliche) Herstellungskosten dar. Ob eine Erweiterung auch angenommen werden kann, wenn der zusätzlich geschaffene Raum tatsächlich nicht nutzbar ist, war kürzlich Gegenstand eines Verfahrens.

Sachverhalt

Im Streitfall war an einem vermieteten Einfamilienhaus ein undichtes Flachdach durch ein Satteldach ersetzt worden. In diesem Zusammenhang wurde auch ein Kniestock von 1,3 m Höhe errichtet. Das (weder verputzte noch ausgebaute) Dachgeschoss konnte nur durch eine Zugleiter in der Garage erreicht werden, zudem war aufgrund von Sicherheitsbestimmungen die Nutzung als Wohn- und Aufenthaltsraum untersagt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) teilt die Auffassung der Finanzverwaltung und des Finanzgerichts, wonach allein die Vergrößerung der nutzbaren Fläche zu einer Erweiterung des Gebäudes und damit zu nachträglichen Herstellungskosten führe. Auf die tatsächliche Nutzung komme es dabei ebenso wenig an wie auf den etwa noch erforderlichen finanziellen Aufwand für eine Fertigstellung zu Wohnzwecken.

Konsequenz

Der BFH vertritt eine sehr weitgehende Interpretation des Begriffs der „Herstellungskosten“ und nimmt auf Begleitumstände, praktische Zwänge und tatsächliche Nutzungen keinerlei Rücksicht. Ob eine Erweiterung vorliegt, sei demnach allein durch einen Vergleich der nach und vor der Baumaßnahme zur Verfügung stehenden Flächen zu entscheiden. Diese Abgrenzung dürfte auch auf Baumaßnahmen in einem Betriebsvermögen anzuwenden sein, da der BFH sich in der Begründung ausdrücklich mit der handelsrechtlichen Definition von Herstellungskosten auseinander gesetzt hat.

Betriebsbedingte Kündigung trotz freien Arbeitsplatzes im Ausland?

Betriebsbedingte Kündigung trotz freien Arbeitsplatzes im Ausland?

Kernfrage

Will ein Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen, ist im Rahmen der Sozialauswahl angesichts des sogenannten „ultima ratio Prinzips“ einer Kündigung stets zu fragen, ob nicht ein anderer gleichwertiger bzw. vergleichbarer Arbeitsplatz für den zu kündigenden Arbeitnehmer zur Verfügung steht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob dieser vergleichbare Arbeitsplatz auch im (EU)Ausland liegen könnte.

Sachverhalt

Der beklagte Arbeitgeber, der ein Zweitwerk in einem anderen Mitgliedstaat der EU unterhielt, schloss seine Produktionsstätte in Deutschland und verlagerte die Produktion ins EU-Ausland. Der in der Produktion beschäftigte Kläger machte im Rahmen seiner Kündigungsschutzklage geltend, die betriebsbedingte Kündigung sei unwirksam, weil ihm nicht wenigstens die Gelegenheit gegeben worden sei, über einen Umzug an den anderen ausländischen Standort nachzudenken; insoweit wäre eine Änderungskündigung möglich gewesen.

Entscheidung

Das BAG wies die Klage ab. Zur Begründung führten die Richter aus, dass das Kündigungsschutzgesetz alleine auf Betriebe im Inland Anwendung finde. Der Arbeitgeber hatte aber keine Möglichkeit, den Kläger in einem inländischen Betrieb weiter zu beschäftigen. Insoweit sei der Grundsatz der Änderungskündigung vor Beendigungskündigung dann nicht anzuwenden, wenn der freie Arbeitsplatz im Ausland liege. Ungeklärt ließ das BAG dabei aber die Frage, ob sich die Rechtslage dann ändere, wenn es nicht zu einer Betriebsstilllegung komme, sondern der Betrieb oder ein Teilbetrieb als Ganzes ins Ausland verlagert werden würde, also die Lage mit einem Betriebsübergang vergleichbar sei.

Konsequenz

Die Entscheidung des BAG erleichtert im internationalisierten Geschäft die Frage von Produktionsverlagerungen bei bestehenden Betriebsstätten im In- und Ausland. Abzuwarten bleibt, wie das BAG den Fall einer echten Betriebsverlagerung bei Neueröffnung einer ausländischen Betriebsstätte entscheidet.

Keine Heilung v. Ermessensfehlern bei erstmaliger Ermessenserwägung

Keine Heilung v. Ermessensfehlern bei erstmaliger Ermessenserwägung

Kernaussage

In einem Revisionsverfahren erstmalig angestellte Ermessenserwägungen können nicht mehr berücksichtigt werden.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, deren alleinige Gesellschafterin zugleich Geschäftsführerin war. Durch Geschäftsführervertrag wurde dieser eine Weihnachtsgratifikation zugesagt. Die GmbH behielt sich jedoch das Recht zum Widerruf vor. Im Oktober 2002 hat die Alleingesellschafter-Geschäftsführerin beschlossen, für das Streitjahr 2002 keine Weihnachtsgratifikation zu zahlen, was auch unterblieb. Das beklagte Finanzamt nahm die GmbH mit Haftungsbescheid wegen der auf die Weihnachtsgratifikation entfallenden Lohnsteuer, die von der GmbH nicht einbehalten worden war, in Anspruch. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Während des Revisionsverfahrens hat das Finanzamt den Haftungsbescheid unter gleichzeitigem Erlass eines neuen Bescheides zurückgenommen, da das Auswahlermessen nicht hinreichend dokumentiert war.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Für die vom Arbeitnehmer geschuldete und vom Arbeitgeber einzubehaltende Lohnsteuer kann das Finanzamt die Steuer- oder Haftungsschuld gegenüber Arbeitnehmer oder Arbeitgeber als Gesamtschuldner geltend machen. Hierbei hat es das Auswahlermessen pflichtgemäß auszuüben. Vorliegend unterblieb bei Erlass des ursprünglichen Haftungsbescheids die gebotene Ermessensausübung, denn das Finanzamt war sich dieser Verpflichtung nicht bewusst. Bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens kann das Finanzamt zwar seine Ermessenserwägungen ergänzen. Das setzt aber voraus, dass zumindest ansatzweise zuvor Ermessenserwägungen angestellt worden sind. Diese wurden aber erstmals während des Revisionsverfahrens aufgeführt.

Konsequenz

Die Rechtsfrage, ob ein dem Gesellschafter-Geschäftsführer zugesagtes aber nicht ausgezahltes Weihnachtsgeld als zugeflossen gilt, konnte im Streitfall offen bleiben. Zu der Frage entschied der BFH jedoch in einem Parallelverfahren, dass die Grundsätze über den Zufluss von Einnahmen bei einem beherrschenden Gesellschafter nicht eingreifen, wenn die Zusage vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Sonderzuwendungen einvernehmlich aufgehoben wird.

Arbeitgeber darf Hund im Büro verbieten

Arbeitgeber darf Hund im Büro verbieten

Kernfrage

Im Arbeitsrecht gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz, nach dem miteinander vergleichbare Arbeitnehmer nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werden dürfen. Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz betrifft nicht nur arbeitsvertragliche Konditionen, sondern alle Umstände, die das Arbeitsverhältnis prägen. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hatte jetzt zu einer besondere Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu entscheiden.

Sachverhalt

Eine Werbeagentur gestattete es ihren Mitarbeitern, ihre Hunde mit ins Büro zu bringen. Davon machte eine Mitarbeiterin Gebrauch, die einen schwer traumatisierten Hund aus einem Tierheim aufgenommen hatte. Nachdem sie den Hund zunächst 3 Jahre mit in das Büro gebracht hatte, entzog ihr der Arbeitgeber die Berechtigung hierzu, weil die Traumata des Hundes so stark ausgeprägt gewesen seien, dass er Kollegen, die in das Büro der Mitarbeiterin wollten, anknurrte und aggressiv reagierte.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht Düsseldorf wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Der Arbeitgeber habe zu Recht auch alleine gegenüber der Klägerin die Genehmigung zum Mitbringen ihres Hundes widerrufen können. Angesichts des Verhaltens des Hundes und der Tatsache, dass dadurch die betrieblichen Abläufe nicht unerheblich beeinträchtigt worden seien, sei es gerechtfertigt, das Mitbringen dieses Hundes zu untersagen.

Konsequenz

Auch wenn die Entscheidung zu einer Nebenfrage eines Arbeitsverhältnisses ergangen ist, zeigt sie doch die Systematik des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Wenn vergleichbare Arbeitnehmer ungleich behandelt werden, dann bedarf dies eines auch objektiv nachzuweisenden wichtigen Grundes.

§ 613a: Freiwerden von Tarifbindung bei Betriebsübergang

§ 613a: Freiwerden von Tarifbindung bei Betriebsübergang

Kernfrage

Kommt es zu einem Betriebsübergang, gilt, dass der übernehmende Arbeitgeber verpflichtet ist, die Arbeitsverhältnisse in der Form zu übernehmen, wie sie zum Zeitpunkt des Übergangs bestanden. Hinzu kommt, dass Tarifverträge ihre Wirksamkeit behalten. Der Europäische Gerichtshof hatte nunmehr in einem britischen Verfahren in diesem Spannungskreis zu entscheiden. Unabhängig von den Fragen der gesetzlichen Tarifbindung galt es, darüber zu befinden, ob arbeitsvertragliche Verweisungsklauseln zur „ewigen“ Anwendbarkeit von Tarifverträgen führen können.

Sachverhalt

Ein Betrieb war von der öffentlichen Hand an ein Privatunternehmen veräußert worden. Die Regelungen zum Betriebsübergang waren anwendbar. Die übergegangenen Arbeitsverträge sahen eine sogenannte dynamische Bezugnahmeklausel vor. Das heißt, aus dem Arbeitsvertrag selber heraus sollte der öffentliche Tarifvertrag in Gestalt seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung finden. Als dieser Tarifvertrag neu geregelt wurde, verweigerte der neue Arbeitgeber dessen Umsetzung mit der Begründung, auf ihn könne kein Tarifvertrag Anwendung finden, wenn er nicht Partei des Tarifvertrages werden könne.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof gab dem Arbeitgeber Recht. Entscheidendes Kriterium für die Anwendung eines vor Betriebsübergang geltenden Tarifvertrages, auf den die Arbeitsverträge dynamisch verweisen, sei, dass auch der neue Arbeitgeber zumindest die Möglichkeit haben müsse, Tarifvertragspartei zu werden. Dies war im konkreten Fall gerade nicht möglich, weil der private neue Eigentümer nicht Partei des öffentlichen Tarifvertrages werden konnte. Es sei dem neuen Arbeitgeber daher verwehrt, an den Verhandlungen über die neuen Tarifvertragskonditionen teilzunehmen.

Konsequenz

Die Entscheidung stärkt die Arbeitgeberposition im Bereich des Betriebsübergangs. Tarifverträge werden, selbst wenn ihre Geltung dynamisch über Arbeitsverträge gesichert ist, nur dann anwendbar, wenn es dem Betriebserwerber möglich ist, Tarifvertragspartei zu werden. Davon unabhängig ist allerdings die Frage, ob der letzte Tarifvertrag, der bei Übergang wirksam war, dauerhaft Bestand hat oder durch einen anderen Tarifvertrag in der Branche, in der der Erwerber tätig ist, ersetzt wird.

Haftung des Alleingesellschafters nach Zustimmung des Finanzamts zum Insolvenzplan

Haftung des Alleingesellschafters nach Zustimmung des Finanzamts zum Insolvenzplan

Kernaussage

Erfüllt ein Alleingesellschafter die Haftungsvoraussetzungen der Abgabenordnung (AO) für Steuern der Gesellschaft dem Grunde und der Höhe nach, steht einer Inanspruchnahme als Haftungsschuldner auch nicht entgegen, dass das Finanzamt dem Insolvenzplan für die Gesellschaft zugestimmt hat.

Sachverhalt

Der Kläger war alleiniger Anteilseigner und Vorstand einer Aktiengesellschaft (AG). Wegen rückständiger Umsatzsteuer und Säumniszuschlägen der AG nahm das beklagte Finanzamt den Kläger in Februar 2007 in Haftung. In dem über das Vermögen der AG eröffneten Insolvenzverfahren stimmte das beklagte Finanzamt im Juni 2007 einem Insolvenzplan zu, wonach die Gläubiger mit einer Quote von 0,5 % ihrer Forderungen befriedigt werden sollten. An dem Haftungsbescheid hielt das Finanzamt fest. Der Kläger ist der Auffassung, dass der Haftungsbescheid wegen der Zustimmung des Finanzamts zum Insolvenzplan gegen Treu und Glauben verstoße. Durch seine Inanspruchnahme werde die mit dem Insolvenzplan verfolgte Sanierung des Unternehmens unmöglich gemacht. Denn die Gesellschaft sei entscheidend von seiner Person abhängig und daher tatsächlich mit einem Einzelunternehmen gleichzustellen. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung

Entgegen der Auffassung des Klägers steht seiner Inanspruchnahme nicht entgegen, dass das Finanzamt dem Insolvenzplan für die AG zugestimmt hat. Der Insolvenzplan wirkt nur zwischen den Planbeteiligten. Die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Mitschuldner werden durch den Plan nicht berührt. Auch mit einem auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützten Anspruch auf Schutz des Vertrauens des Gesellschafters in den im Insolvenzplan vereinbarten Teilerlass des Finanzamts kann die Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheids nicht begründet werden. Ein solches Vertrauen ist wegen der schuldhaften Verletzung der steuerlichen Pflichten als gesetzlicher Vertreter der AG nicht zu berücksichtigen. Zudem sind die faktischen Auswirkungen der Inanspruchnahme des Alleingesellschafters auf die Sanierung der AG nicht als widersprüchliches Verhalten des Finanzamts zu beanstanden.

Konsequenz

Das Planverfahren kann eine Unternehmensentschuldung ermöglichen. Ansprüche der Gläubiger gegen Dritte, z. B. aus Bürgschaft oder Mitschuld oder wegen Haftung, bleiben unberührt. Das Urteil verdeutlicht, dass eine Freizeichnung der Geschäftsführer bzw. Vorstände bei solchen Fallgestaltungen regelmäßig misslingt.

Wann ist eine GmbH nach Eigenkapitalersatzrecht überlassungsunwürdig?

Wann ist eine GmbH nach Eigenkapitalersatzrecht überlassungsunwürdig?

Rechtslage

Nach früherem Eigenkapitalersatzrecht ist im Fall der eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung von einer Überlassungsunwürdigkeit im Zusammenhang mit der Insolvenzreife die Rede. Hierbei ist zu untersuchen, ob ein vernünftig und wirtschaftlich handelnder Dritter dazu bereit wäre, der Gesellschaft den Gegenstand zu überlassen. Für die Bestimmung der Überlassungsunwürdigkeit ist die Bonität der Gesellschaft entscheidend und nicht, ob der vereinbarte Mietzins für den Vermieter günstig ist.

Sachverhalt

Der Kläger war als alleiniger Gesellschafter über eine GmbH mittelbar an der Schuldnerin, einer weiteren GmbH, beteiligt. Er vermietete der Schuldnerin seit 1994 das ihm gehörende Betriebsgrundstück sowie bewegliches Anlagevermögen. Der Mietzins wurde von der Schuldnerin bis einschließlich April 2005 bezahlt. Im Mai 2005 geriet die Schuldnerin in Insolvenz und der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger verlangt Zahlung der rückständigen Mietzinsen bis Juni 2006. Der Beklagte fordert widerklagend die Rückzahlung der zwischen November 2004 bis April 2005 gezahlten Mietzinsen wegen eigenkapitalersetzender Nutzungsüberlassung. Der Kläger hatte in den ersten beiden Instanzen Erfolg. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.

Entscheidung

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft die Überlassungsunwürdigkeit verneint. Überlassungsunwürdigkeit besteht, wenn ein Dritter einen entsprechenden Nutzungsüberlassungsvertrag über die Betriebseinrichtungen unter den gegebenen Umständen mit der Gesellschaft nicht schließen würde. Für die Bestimmung der Überlassungsunwürdigkeit ist die Bonität der Gesellschaft als Mieter oder Pächter entscheidend und nicht, ob der vereinbarte Miet- oder Pachtzins für den Vermieter oder Verpächter günstig ist, die Vermietung oder Verpachtung demnach vorteilhaft ist. Überlassungsunwürdigkeit liegt nicht vor, wenn die Gesellschaft über die Mittel verfügt oder sich diese im Kapitalmarkt verschaffen kann, um den betreffenden Gegenstand selbst zu erwerben.

Konsequenz

Die Entscheidung bezieht sich auf Altfälle, in denen das Insolvenzverfahren vor dem 23.10.2008 eröffnet worden ist. Insolvenzreife, d. h. Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung und Kredit- bzw. Überlassungsunwürdigkeit sind eigenständige Tatbestände der Krise im Sinne des Eigenkapitalersatzrechts, welches durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) entfallen ist.

Fahrergestellung führt zu lohnsteuerrechtlich erheblichem Vorteil

Fahrergestellung führt zu lohnsteuerrechtlich erheblichem Vorteil

Kernproblem

Wird einem Arbeitnehmer ein Dienstwagen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, entsteht ein geldwerter Vorteil, der zu versteuern ist. Fehlt ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, bemisst sich der Vorteil mit 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer im Kalendermonat. Ist darüber hinaus eine Privatnutzung möglich, kommt die 1 %-Regel dazu. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in der jüngsten Vergangenheit einige Kernaussagen gemacht, die für die Bemessung des Sachbezugs einer Pkw-Gestellung von Bedeutung sind. So kann der Arbeitnehmer nur noch eine regelmäßige Arbeitsstätte haben, d. h. Fahrten zu einer „anderen“ Arbeitsstätte sind Reisekosten und kein geldwerter Vorteil. Zudem kann die monatliche 0,03 %-Pauschale gekürzt werden, falls der Pkw nicht arbeitstäglich genutzt wird. Wird der Dienstwagen nur für eine Teilstrecke der täglichen Fahrt verwendet (z. B. wegen „Park and ride“), kann sich das günstiger auf die Bemessung der Entfernungskilometer auswirken. Noch unklar war die Frage, wie sich eine Fahrergestellung auf die Ermittlung des Sachbezugs auswirkt. Der BFH selbst hatte im Jahr 2011 Zweifel geäußert, ob an der Annahme eines „erheblichen Vorteils“ weiter festzuhalten sei.

Sachverhalt

Einem Landrat wurde ein Dienstfahrzeug mit Fahrer für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt. Der Landkreis hatte als Arbeitgeber auf eine Besteuerung verzichtet, weil das Fahrzeug dem allgemeinen Fuhrpark angehört habe und hierin auch andere Dienstpflichten der Kreisverwaltung erfüllt worden seien. Das Finanzamt setzte entsprechend seiner Verwaltungsanweisung den Wert der Fahrergestellung mit 50 % der pauschalen 0,03 %-Zuschlagsregelung an. Mit seiner Klage beim Finanzgericht scheiterte der Landkreis und legte Revision beim BFH ein.

Entscheidung

Der BFH hält die in seinem Urteil im Jahre 2011 geäußerten Zweifel nicht mehr für durchgreifend und führte aus, dass es für die Annahme eines Vorteils nicht darauf ankomme, ob der Arbeitnehmer in dem mit Fahrer überlassenen Fahrzeug bereits auf dem Weg zur regelmäßigen Arbeitsstätte büromäßige Tätigkeiten tatsächlich ausübe oder ausüben könne. Entscheidend sei vielmehr, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer in dessen Angelegenheit eine Dienstleistung in Form der Personalüberlassung zur Verfügung stelle, die für sich betrachtet einen Wert habe. Der Vorteil bemesse sich grundsätzlich nach dem üblichen Endpreis am Abgabeort einer vergleichbaren, von fremden Dritten erbrachten Leistung.

Konsequenz

Der BFH hält den Listenpreis des gefahrenen Fahrzeugs für eine Schätzung des geldwerten Vorteils für nicht sachgerecht. Der Maßstab zur Bewertung könne den zeitanteiligen Personalkosten des Arbeitgebers entsprechen; er müsse es aber nicht. Insoweit ist zu wünschen, dass die Verwaltung zum Zwecke einer einheitlichen Auslegung ihre Verwaltungsanweisungen überarbeitet.

Voraussetzungen für Einfirmenvertreterschaft

Voraussetzungen für Einfirmenvertreterschaft

Kernaussage

Ein selbstständiger Handelsvertreter, dem verboten ist, für Konkurrenzunternehmen tätig zu sein und der eine anderweitige Tätigkeit frühestens 21 Tage nach Eingang seiner Anzeige über diese Tätigkeit aufnehmen darf, ist kein so genannter „Einfirmenvertreter“ im Sinne der entsprechenden Bestimmung des Handelsgesetzbuches (§ 92 a HGB).

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt ein Finanzdienstleistungsunternehmen. Der Beklagte war für sie als Handelsvertreter tätig. Die Klägerin verlangt von ihm die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen sowie die Rückzahlung eines Darlehens. Nach dem geschlossenen Handelsvertretervertrag muss der Handelsvertreter die Ausübung einer anderen Erwerbstätigkeit anzeigen und darf diese erst 21 Tage später aufnehmen. Im Übrigen ist ihm nicht erlaubt, für Konkurrenzunternehmen parallel tätig zu werden. Das Landgericht hat der Klage nahezu vollumfänglich stattgegeben. Der beklagte Handelsvertreter ist der Auffassung, der Rechtsweg sei nicht zur ordentlichen Gerichtsbarkeit, sondern zu den Arbeitsgerichten eröffnet. Nach einem Vorabverfahren (§ 17a GVG) vor dem Berufungsgericht, in dem der ordentliche Rechtsweg für eröffnet erklärt wurde, hat der Beklagte hiergegen Rechtsbeschwerde eingelegt.

Entscheidung

Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hatte die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte würde sich nur dann ergeben, wenn der Beklagte so genannter „Einfirmenvertreter“ ist. Voraussetzung dafür ist, dass der Handelsvertreter zu der Personengruppe gehört, für die nach dem HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann und wenn der Handelsvertreter in den letzten 6 Monaten im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 EUR bezogen hat. Erstere Voraussetzung ist gegeben, wenn der Handelsvertreter nicht für andere Unternehmer tätig werden darf. Das vorliegende Konkurrenzverbot reicht hierfür jedoch nicht aus, da der Handelsvertreter in anderen Wirtschaftszweigen für Nicht-Konkurrenzunternehmen tätig werden durfte. Durch die 21-Tage-Wartefrist wurde die Tätigkeit für andere Unternehmen nur erschwert, nicht jedoch ausgeschlossen.

Konsequenz

Dem Handelsvertreter ist es nicht gelungen, die Streitigkeit vor die Arbeitsgerichtsbarkeit zu bringen. Die Entscheidung zeigt, dass hier trotz großer Abhängigkeit zu dem Finanzdienstleistungsunternehmen keine Einfirmenvertreterschaft besteht.

Grunderwerbsteuer: Rohbaukauf mit anschließendem Innenausbau

Grunderwerbsteuer: Rohbaukauf mit anschließendem Innenausbau

Kernaussage

Für einen objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen Grundstückskauf- und Bauvertrag ist es nicht erforderlich, dass das Angebot in einem einheitlichen Schriftstück zu einem einheitlichen Preis unterbreitet wird.

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb für 524.850 EUR ein Grundstück inkl. Rohbau von einer GmbH. Die weiteren Ausbaukosten in Höhe von 180.000 EUR wurden vom Finanzamt in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer miteinbezogen, da man sich mit dem von der GmbH vorgeschlagenen Bauleitungsbüro vor Abschluss des Grundstückkaufvertrags geeinigt hatte. Das Bauleitungsbüro sei bei fast allen Rohbauprojekten der GmbH eingeschaltet worden und habe damit im Ergebnis ein bezugsfertiges Haus erstellt, was wirtschaftlich auch gewollt gewesen sei. Gegen die entsprechend erhöhte Grunderwerbsteuer von 18.369 EUR auf 24.669 EUR klagte die Klägerin.

Entscheidung

Das Finanzgericht hielt die Klage für unbegründet. Grundsätzlich wird die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer aus dem Vertrag über das Grundstück entnommen. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit dem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich die Grunderwerbsteuer auf den gesamten Erwerbsgegenstand. Dies war hier der Fall. Denn für einen objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag ist es nicht erforderlich, dass das Angebot der Veräußererseite in einem einheitlichen Schriftstück und zu einem einheitlichen Gesamtpreis unterbreitet wird. Ausreichend ist, dass die Veräußererseite das Angebot zur Bebauung des Grundstücks bis zum Abschluss des Grundstückskaufvertrags vorlegt und der Erwerber dieses Angebot im Wesentlichen auch annimmt. Auch die verschiedenen Personen auf der Veräußererseite sind unschädlich, da die GmbH und das Bauleitungsbüro hier wirtschaftlich eng verbunden waren.

Konsequenz

Die versuchte Ersparnis eines Teils der Grunderwerbsteuer ist hier misslungen. Es hat sich gezeigt, dass es darauf ankommt, ob ein objektiv sachlicher Zusammenhang gegeben ist, der anhand von Indizien bestimmt werden kann.