Der Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer von Gebäuden

Immobilienbesitzer und Steuerberater aufgepasst: Eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) bringt mehr Klarheit in die Frage, wie die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes nachgewiesen werden kann. Der BFH hat seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und betont, dass Steuerpflichtige zur Darlegung einer verkürzten Nutzungsdauer eines Gebäudes jede sachverständige Methode verwenden dürfen, die im Einzelfall geeignet erscheint. Ein einfacher Verweis auf die allgemeine Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) genügt jedoch nicht.

Hintergrund der Entscheidung

Bereits im Jahr 2021 entschied der BFH, dass Steuerpflichtige, die ein Gebäude zur Erzielung von Einkünften nutzen, nicht zwingend ein Bausubstanzgutachten vorlegen müssen, um eine verkürzte tatsächliche Nutzungsdauer nachzuweisen. Stattdessen dürfen sie jede Methode verwenden, die im spezifischen Fall zur Führung des Nachweises geeignet ist. Diese Entscheidung wurde damals als steuerzahlerfreundlich begrüßt, was jedoch auch zu Unsicherheiten und Missverständnissen führte.

Klärung durch den BFH

Der jüngste Beschluss des IX. Senats des BFH bekräftigt diese Sichtweise und gibt Gutachtern weiterhin die Freiheit, ihre Bewertungsmethode zu wählen. Allerdings machte der BFH klar: Der einfache Verweis auf die modellhaft ermittelte Gesamt- oder Restnutzungsdauer eines Gebäudes gemäß der ImmoWertV reicht nicht aus, um eine verkürzte Nutzungsdauer erfolgreich darzulegen.

Bedeutung für die Praxis

Für die Praxis bedeutet dies, dass Steuerpflichtige und ihre Berater darauf achten müssen, dass ein fundiertes Gutachten eines qualifizierten Sachverständigen vorliegt. Dieses Gutachten muss sich explizit auf die spezifischen Gegebenheiten des jeweiligen Gebäudes beziehen und darf nicht lediglich auf allgemeine Modelle oder Verordnungen verweisen. Die individuelle Betrachtung des Gebäudes – etwa durch eine genaue Analyse von Bausubstanz, Instandhaltungszustand und Nutzung – ist entscheidend.

Fazit

Die Entscheidung des BFH stärkt die Position der Steuerpflichtigen, indem sie ihnen Flexibilität bei der Wahl der Nachweismethode gewährt. Gleichzeitig stellt sie klar, dass diese Flexibilität nicht missverstanden werden darf: Ein fundiertes, individuell erstelltes Gutachten ist nach wie vor notwendig, um eine verkürzte Nutzungsdauer eines Gebäudes nachzuweisen. Steuerpflichtige sollten daher sicherstellen, dass sie sich an qualifizierte Gutachter wenden, die die spezifischen Umstände des Gebäudes berücksichtigen und nicht nur auf allgemeine Bewertungsmodelle zurückgreifen.

Für Immobilienbesitzer, die von einer verkürzten Nutzungsdauer profitieren möchten, bleibt also die detaillierte, individuelle Begutachtung durch einen Sachverständigen der Schlüssel zum Erfolg.