Einkommensteuer: Anrufung des BVerfG bezüglich der Verfassungsmäßigkeit des Rechnungszinsfußes von Pensionsrückstellungen

Es kommt Bewegung in die Diskussion um die Höhe des Abzinsungssatzes bei Pensionsrückstellungen. So hält der 10. Senat des Finanzgerichts Köln den Rechnungszinsfuß von 6 % zur Ermittlung von Pensionsrückstellungen in § 6a EStG im Veranlagungsjahr 2015 für überhöht und somit verfassungswidrig. Aus diesem Grund beschloss er am 12.10.2017, das Klageverfahren 10 K 977/17 auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) über die Verfassungsmäßigkeit des Abzinsungssatzes einzuholen (vgl. Pressemitteilung des FG Köln vom 16.10.2017).

Rückstellungen werden grundsätzlich abgezinst, weil die zukünftige Schuld nicht zu einem unmittelbaren Liquiditätsabfluss führt. Zudem belasten zukünftige Zahlungen die Unternehmen weniger als aktuell anstehende Zahlungen. Es gilt, je höher der gewählte Rechnungszinsfuß ist, desto geringer wird die Verbindlichkeit in der Bilanz ausgewiesen und die steuerliche Belastung der Unternehmen steigt.

In der Praxis wurde in jüngerer Vergangenheit insbesondere vor dem Zinsumfeld der letzten Jahre die Höhe des Abzinsungssatzes kritisiert. So forderte der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) in seinen Positionen zur Bundestagswahl 2017, dass der steuerliche Abzinsungssatz für Pensionsrückstellungen von derzeit 6 % angemessen an das derzeitige Zinsniveau angepasst wird.

Diese Einschätzung vertritt nun auch der 10. Senat. Er hat im Rahmen seiner Entscheidungsverkündung erläutert, dass der Gesetzgeber befugt sei, den Rechnungszinsfuß zu typisieren. Es sollte jedoch der Zinssatz in regelmäßigen Abständen dahingehend überprüft werden, ob die Typisierung noch realitätsgerecht sei. Im Fall der Pensionsrückstellungen fand die letzte Anpassung 1982 statt. Die fehlende Überprüfung und Anpassung führt nach Auffassung des 10. Senats zur Verfassungswidrigkeit.

Mit Spannung wird derzeit die schriftliche Begründung des Vorlagebeschlusses erwartet. Sobald der Vorlagebeschluss den Beteiligten zugestellt ist, wird er auf der Homepage des Finanzgerichts Köln veröffentlicht.

Praxistipp

Der weitere Verfahrensgang sollte weiter intensiv beobachtet werden. Derzeit ist dieses Verfahren noch nicht vor dem BVerfG anhängig. Sofern die Anhängigkeit besteht, sollten alle offenen Fälle ab dem Veranlagungszeitpunkt 2015 offengehalten werden. Hierfür muss ein Einspruch eingelegt und ein Antrag auf Ruhen des Verfahrens gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO unter Verweis auf das noch zu vergebende BVerfG Aktenzeichen gestellt werden.

In Fällen, die in der Praxis aktuell kurz vor der Finalisierung stehen, sollte wenigstens ein Einspruch und ein Antrag nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO auf Ruhen des Verfahrens aus wichtigen Gründen gestellt werden. In diesem sollte auf das Aktenzeichen des FG Köln sowie die zeitnah zu erwartende BVerfG-Anhängigkeit verwiesen werden. Die Aussicht auf Erfolg ist aber ungewiss, da diese vom Ermessen des jeweiligen Finanzamts abhängt.

 Quelle: DStV, Mitteilung vom 16.11.2017