Einmalzahlung für private Lebensversicherung als Betriebsausgabe (FG)

Abzugsfähigkeit der aus privaten Mitteln entrichteten Einmalzahlung für eine private Lebensversicherung als Betriebsausgabe

 Leitsatz

1. Nachdem die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung durch das Arbeitsverhältnis und damit betrieblich veranlasst sind, ist der umgekehrte Vorgang der Weiterleitung von der Sozialversicherung erstatteter Arbeitgeberbeiträge an den Arbeitnehmer ebenfalls betrieblich veranlasst. Der Erstattungsbetrag steht dem Arbeitnehmer zu. Durch einen Einbehalt würde der Arbeitgeber einen ihm nicht zustehenden Vermögensvorteil erlangen.

2. Als für den Betriebsausgabenabzug unschädlicher abgekürzter Zahlungsweg ist die Leistung des Erstattungsbeitrags der Sozialversicherung zu Gunsten des im Unternehmen angestellten Sohnes anzusehen, wenn der als Betriebseinnahme gebuchte und auf ein privates Konto eingezahlte Betrag nicht direkt an den Sohn ausgezahlt, sondern zum Abschluss einer Lebensversicherung zu dessen Gunsten verwendet wird und dafür vom privaten Konto ein den Erstattungsbetrag in der Höhe nicht übersteigender Betrag gezahlt wird. Die Zahlung an die Lebensversicherung ist dann als Betriebsausgabe abzugsfähig, wenn ein deutlicher zeitlicher Zusammenhang zwischen der Zahlung der Sozialversicherung und der Zahlung an die Lebensversicherung von etwa einem Jahr besteht.

 Gesetze

EStG § 4 Abs. 4
EStG § 12 Nr. 1
SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1

 Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob eine Zahlung in Höhe von EUR 30 092,73 als Betriebsausgabe anzuerkennen ist.

Der Kläger war bis Ende des Jahres 2004 als Bezirksschornsteinfegermeister gewerblich tätig. Seit September 1993 war sein Sohn im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage eines am 30. August 1993 abgeschlossenen Arbeitsvertrages für ihn tätig. Das Gehalt wurde ausweislich der dem Gericht vorliegenden Kontoauszüge regelmäßig überwiesen. Bei einer Außenprüfung, die der Beklagte bei dem Kläger für die Jahre 1997 bis 1999 vorgenommen hatte, war das Anstellungsverhältnis dementsprechend nicht beanstandet worden.

Der Kläger und sein Sohn gingen ursprünglich davon aus, dass der Sohn sozialversicherungspflichtig sei, und führten die entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung ab. Ende 2003 beauftragten sie gemeinschaftlich ein Unternehmen namens C mit der Prüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Sohnes. Es stellte sich heraus, dass hiernach die Tätigkeit des Sohnes nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses stattgefunden und keine Versicherungspflicht bestanden hatte. Am 22. Januar 2004 beantragte der Kläger die Erstattung der zu Unrecht entrichteten Beiträge. Die Landesversicherungsanstalt D setzte mit Bescheid vom 02. Juni 2004 einen Erstattungsbetrag in Höhe von EUR 31 672,35 fest, der – entsprechend den Angaben im Erstattungsantrag – auf ein privates Konto des Klägers geleistet wurde. Der Kläger behandelte den Erstattungsbetrag sowie die darauf entfallenden Zinsen als Betriebseinnahme.

Im Dezember 2004 stellte der Kläger bei der E Lebensversicherung AG einen Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung zugunsten seines Sohnes gegen eine Einmalzahlung in Höhe von EUR 30 092,73. Diesen Betrag überwies der Kläger von seinem privaten Konto; den Aufwand behandelte er als Betriebsausgabe. Ausweislich des Versicherungsscheines vom 25. Februar 2005 betrug die zu leistende Einmalzahlung allerdings nur EUR 26 130,00. Den Differenzbetrag in Höhe von EUR 3 962,73 überwies die E Lebensversicherung AG im März 2005 auf das private Konto des Klägers zurück.

Der Beklagte minderte die Betriebsausgaben des Klägers für das Streitjahr um EUR 30 092,73. Der Einspruch des Klägers dagegen hatte keinen Erfolg.

Der Kläger trägt vor, dass er zivilrechtlich verpflichtet gewesen sei, seinem Sohn die zu Unrecht abgeführten Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung zu erstatten. Er habe dies in der Weise getan, dass er die Einmalzahlung für die Lebensversicherung zugunsten seines Sohnes übernommen habe. Dabei erkläre sich die Differenz zwischen dem Erstattungsbetrag der Landesversicherungsanstalt D und dem Einmalbeitrag für die Lebensversicherung daraus, dass er mit seinem Sohn vereinbart habe, dass der seinem Sohn herauszugebende Betrag um den Betrag des Honorars für die C in Höhe von EUR 5 511,22 zu verringern sei.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über Einkommensteuer 2004 vom 25. Oktober 2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 07. Februar 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 04. August 2009 sowie den Gewerbesteuermessbescheid 2004 vom 07. Februar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04. August 2009 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um EUR 30 092,73 vermindert wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass der Abschluss der Lebensversicherung durch den Kläger für dessen Sohn privat veranlasst gewesen sei. Es fehle ein Bezug zum Unternehmen des Klägers. Ein Zusammenhang zwischen der Rückzahlung der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und dem Abschluss des Lebensversicherungsvertrages zugunsten des Sohnes des Klägers sei nicht ersichtlich.

 Entscheidungsgründe:

1. Der Senat durfte in der Sache verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war. Der Kläger ist rechtzeitig zum Termin geladen worden; in der Ladung ist ihm mitgeteilt worden, dass im Falle seines Ausbleibens nach § 91a der Finanzgerichtsordnung (FGO) auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

2. Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat den Gewinn des Klägers aus Gewerbebetrieb im Streitjahr zu Unrecht um EUR 30 092,73 erhöht. Lediglich eine Erhöhung um EUR 3 962,73 (EUR 30 092,73 abzüglich als Betriebsausgaben anzuerkennender EUR 26 130,00) war gerechtfertigt.

a) Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) alle Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Aufwendungen für Arbeitslohn für Angestellte des Unternehmens stellen grundsätzlich Betriebsausgaben dar. Das gilt auch für Lohnzahlungen an einen im Betrieb des Steuerpflichtigen mitarbeitenden Angehörigen, wenn dieser aufgrund eines Arbeitsvertrags beschäftigt wird, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt und der Steuerpflichtige seinerseits alle Arbeitgeberpflichten, insbesondere die der Lohnzahlung, erfüllt (Urteil des Bundesfinanzhofes [BFH] vom 01. Dezember 2004 – X R 4/03, Sammlung der Entscheidungen der Bundesfinanzhofs [BFH/NV] 2005, 549, unter II.2.a) der Gründe. Diese Voraussetzungen waren hier gegeben. Dafür spricht, dass der Beklagte das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Sohn bei der Außenprüfung für die Jahre 1997 bis 1999 nicht beanstandet hatte. Der Beklagte hat nicht vorgetragen, dass seine seinerzeitige Einschätzung fehlerhaft gewesen sei; Anhaltspunkte dafür ergeben sich auch nicht aus den Akten.

Zu dem Arbeitslohn eines Arbeitnehmers gehört auch die Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberbeiträge (ebenso FG Münster, Urteil vom 21. März 2012 – 7 K 4640/09 E, juris, Tz. 50 ff.). Die Leistung der Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherung ist durch das Arbeitsverhältnis und nicht privat veranlasst. Zwar handelt es sich dabei nach der Rechtsprechung BFH nicht um Arbeitslohn (BFH-Urteil vom 06. Juni 2002 – VI R 178/97, BStBl II 2003, 34). Gleichwohl hat der BFH in einer neueren Entscheidung angenommen, im Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung liege „ein Beitrag zum Erwerb der Versorgungsanwartschaft vor, der unmittelbar wirtschaftliches Ergebnis der Arbeitsleistung ist” (BFH-Urteil vom 18. November 2009 – X R 45/07, BFH/NV 2010, 421, unter II.2.d)aa)eee) der Gründe). Diese Rechtsprechung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Zahlung von Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung zwar einerseits eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers ist, Rechtsgrund für diese Verpflichtung aber andererseits ausschließlich das Anstellungsverhältnis ist. Denn § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches [SGB VI], wonach versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung solche Personen sind, „die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind”, knüpft an das Beschäftigungsverhältnis an.

Der umgekehrte Vorgang der Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberbeiträge muss dann ebenfalls betrieblich veranlasst sein. Der Erstattungsbetrag steht dem Arbeitgeber, hier also dem Kläger, nicht zu. Gäbe er diesen Betrag nicht an den Arbeitnehmer, hier den Sohn, heraus, erlangte er einen ihm nicht zustehenden Vermögensvorteil. Das steht im Einklang mit der Rechtsprechung der Zivilgerichte, nach der Arbeitnehmer in dieser Situation Anspruch auf die Herausgabe des Erstattungsbetrages haben (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Februar 2008 – I-17 U 103/07, Monatsschrift des Deutschen Rechts [MDR] 2008, 790).

b) Nach diesen Grundsätzen war die Weiterleitung der erstatteten Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung betrieblich veranlasst; sie minderte demzufolge den Gewinn des Klägers.

Der Kläger hat diese Betriebsausgaben in der Weise geleistet, dass er EUR 26 130,00 auf die zugunsten seines Sohnes bestehende Lebensversicherung gezahlt hat. Unerheblich ist insoweit, dass der Kläger diesen Betrag nicht direkt an seinen Sohn ausgezahlt, sondern ihn zum Abschluss der Lebensversicherung zu dessen Gunsten verwendet hat und diese Zahlung von seinem privaten Konto abgeflossen ist. Es handelt sich insoweit um einen unschädlichen abgekürzten Zahlungsweg, der ebenso zu beurteilen ist wie eine Auszahlung an den Sohn und eine nachfolgende Verwendung des gezahlten Betrages in der Weise, wie hier geschehen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten erkennt der Senat hier einen deutlichen – auch zeitlichen – Zusammenhang zwischen der Erkenntnis, dass der Sohn des Klägers nicht sozialversicherungspflichtig war, den entsprechenden Anträgen auf Rückerstattung der überzahlten Beiträge, der Rückerstattung selbst und der Auskehrung zugunsten des Sohnes. Diese Vorgänge haben sich – rechnet man die Beauftragung der C noch dazu – etwa innerhalb eines Jahres, nämlich zwischen dem 18. Dezember 2003 (Auftrag an die C) und dem 27. Dezember 2004 (Antrag auf Abschluss der Lebensversicherung) abgespielt. Dies erscheint gerade unter dem Gesichtspunkt, dass zunächst die Festsetzung und Auszahlung des Erstattungsbetrages Mitte des Jahres 2004 abgewartet worden sein wird, bevor Anlageentscheidungen getroffen wurden, nicht so lang, als dass man meinen könnte, die Geschehnisse seien unabhängig voneinander zu betrachten. Der Geschehensablauf deutet vielmehr darauf hin, dass der Kläger im Einvernehmen mit seinem Sohn die Angelegenheit der Sozialversicherungspflicht und die daraus resultierende Notwendigkeit der Neuordnung der Alterssicherung des Sohnes konsequent vorangetrieben hat.

Mehr als EUR 26 130,00 hat der Kläger allerdings nicht an seinen Sohn weitergeleitet. Denn der Kläger hat selbst vorgetragen, sein Sohn habe im Hinblick auf das angefallene Honorar der C auf weitergehende Zahlungen verzichtet.

c) Soweit in dem Betrag in Höhe von EUR 30 092,73, dessen Abzug der Kläger begehrt, noch ein Teil des Honorars der C enthalten ist, sind dem Kläger zwar eigene sonstige Betriebsausgaben entstanden (ebenso wohl FG Münster, Urteil vom 21. März 2012 – 7 K 4640/09 E, juris, Tz. 41 f, das in der Übernahme derartiger Aufwendungen durch die Arbeitgeberin, einer GmbH, keine verdeckte Gewinnausschüttung sah). Es handelt sich um Beratungskosten in einer betrieblichen Angelegenheit, die ähnlich wie Rechtsanwaltsoder Steuerberatungskosten durch den Betrieb veranlasst sind. Diese sind jedoch nicht – erneut – zum Abzug zuzulassen, da die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung dazu unwidersprochen vorgetragen hat, dass das gesamte Honorar bereits während der Außenprüfung thematisiert und nach eingehender Diskussion mit dem Kläger von dem Prüfer bereits als Betriebsausgaben anerkannt worden sei.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).