Einzelfragen zur Abgeltungsteuer: Ergänzung des BMF-Schreibens vom 9. Oktober 2012

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird das BMF-Schreiben vom 9. Oktober 2012 (BStBl I Seite 953) wie folgt ergänzt:

Randziffer 59 wird wie folgt gefasst:

„Rz. 59
§ 20 Abs. 2 Satz 2 EStG stellt klar, dass als Veräußerung neben der entgeltlichen Übertragung des – zumindest wirtschaftlichen – Eigentums auch die Abtretung einer Forderung, die vorzeitige oder vertragsmäßige Rückzahlung einer Kapitalforderung oder die Endeinlösung einer Forderung oder eines Wertpapiers anzusehen ist. Entsprechendes gilt für die verdeckte Einlage von Wirtschaftsgütern i. S. des § 20 Abs. 2 EStG in eine Kapitalgesellschaft. Die Sicherungsabtretung ist keine Veräußerung i. S. dieser Vorschrift. Eine Veräußerung liegt nicht vor, wenn der Veräußerungspreis die tatsächlichen Transaktionskosten nicht übersteigt. Wird die Höhe der in Rechnung gestellten Transaktionskosten nach Vereinbarung mit dem depotführenden Institut dergestalt begrenzt, dass sich die Transaktionskosten aus dem Veräußerungserlös unter Berücksichtigung eines Abzugsbetrages errechnen, wird zudem ein Veräußerungsverlust nicht berücksichtigt.

Nach Randziffer 66 wird folgende Randziffer 66a eingefügt:

„Rz. 66a
Werden im Rahmen von Umschuldungsmaßnahmen auf Veranlassung des Schuldners/Emittenten die ursprünglich ausgegebenen Wertpapiere durch den Schuldner gegen neue Wertpapiere getauscht, ist als Veräußerungserlös der hingegebenen Wertpapiere und als Anschaffungskosten der erhaltenen Wertpapiere der Börsenkurs der erhaltenen Wertpapiere anzusetzen.“

Randziffer 111 wird wie folgt gefasst:

„d) Zuteilung von Anteilen ohne Gegenleistung (§ 20 Abs. 4a Satz 5 EStG)

Bezug von Bonus-Aktien

Rz. 111
Werden Aktien von einer Aktiengesellschaft oder einem Dritten ohne zusätzliches Entgelt an die Aktionäre ausgegeben und stammen sie nicht aus einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (Bonusaktien oder Freianteile), sind gemäß § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG die Einkünfte aus ihrem Bezug und die Anschaffungskosten mit 0 Euro anzusetzen, wenn die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags nicht möglich ist. Davon ist bei ausländischen Sachverhalten auszugehen, es sei denn dem Anleger steht nach ausländischem Recht (z. B. Niederlande) ein Wahlrecht zwischen Dividende und Freianteilen zu.“

Randziffer 136 wird wie folgt gefasst:

„Rz. 136
Das Verhältnis von nahestehenden Personen liegt vor, wenn die Person auf den Steuerpflichtigen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt der Steuerpflichtige auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Person oder der Steuerpflichtige imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Steuerpflichtigen oder die nahestehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat. Von einem solchen Beherrschungsverhältnis ist auszugehen, wenn der beherrschten Person auf Grund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt (BFH-Urteile vom 29. April 2014, VIII R 9/13, VIII R 35/13, VIII R 44/13, BStBl II S. xxx). Das Abhängigkeitsverhältnis kann wirtschaftlicher oder persönlicher Natur sein.

Randziffer 145 Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„4. Veranlagungswahlrecht (§ 32d Absatz 4 EStG)

Allgemeines

Rz. 145
Dem Steuerpflichtigen steht für Kapitaleinkünfte, die der Kapitalertragsteuer unterlegen haben, ein Wahlrecht zu, diese im Rahmen seiner Veranlagung geltend zu machen, um die gesetzlich geregelten Tatbestände, die beim Kapitalertragsteuerabzug nicht berücksichtigt werden können, wie z. B. ein Verlustvortrag nach § 20 Absatz 6 EStG, steuermindernd geltend zu machen. Ebenso besteht für den Steuerpflichtigen die Möglichkeit, den Steuereinbehalt des Kreditinstituts dem Grund und der Höhe nach überprüfen zu lassen. Der entsprechende Antrag kann bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheides gestellt werden bzw. solange eine Änderung nach den Vorschriften der Abgabenordnung (z. B. § 164 Abs. 2 AO) oder den Einzelsteuergesetzen möglich ist. §§ 177 und 351 Abs. 1 AO sind zu beachten.

Randziffer 149 wird wie folgt gefasst:

„6. Günstigerprüfung (§ 32d Absatz 6 EStG)

Allgemeines

Rz. 149
§ 32d Abs. 6 EStG regelt die Wahlmöglichkeit des Steuerpflichtigen, seine Einkünfte aus Kapitalvermögen abweichend von § 32d Abs. 1 EStG den allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Regelungen zur Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer zu unterwerfen. Damit wird für Steuerpflichtige, deren Belastung mit der tariflichen Einkommensteuer auf Kapitaleinkünfte niedriger ist als der Abgeltungsteuersatz in Höhe von 25 %, die Möglichkeit geschaffen, dass ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen diesem niedrigeren Steuersatz unterworfen werden. Der Steuerpflichtige hat diese Wahlmöglichkeit im Rahmen seiner Veranlagung geltend zu machen. Zusammenveranlagte Ehegatten können das Wahlrecht nur gemeinsam ausüben. Der Antrag auf Günstigerprüfung kann bis zur Unanfechtbarkeit des betreffenden Einkommensteuerbescheides gestellt werden bzw. solange eine Änderung nach den Vorschriften der Abgabenordnung (z. B. § 164 Abs. 2 AO) oder den Einzelsteuergesetzen möglich ist. §§ 177 und 351 Abs. 1 AO sind zu beachten.

Randziffer 150 Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„Rz. 150
Das Finanzamt prüft im Rahmen der Steuerfestsetzung von Amts wegen, ob die Anwendung der allgemeinen Regelungen (insbesondere unter Berücksichtigung des Grundfreibetragesund des Altersentlastungsbetrages) zu einer niedrigeren Steuerfestsetzung führt (Günstigerprüfung). Sollte dies nicht der Fall sein, gilt der Antrag als nicht gestellt.“

Vor Randziffer 152 wird folgende Randziffer 151a eingefügt:

„IV. Kapitalerträge mit Steuerabzug (§ 43 EStG)

Rz. 151a
Aufgrund der Systematik der Abgeltungsteuer haben die Kreditinstitute als Organe der Steuererhebung die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung hinsichtlich des Kapitalertragsteuereinbehaltes anzuwenden (vgl. BT-Drs. 17/3549 S. 6). Nur so kann verhindert werden, dass der Umfang der Steuererhebung davon abhängig ist, bei welchem Institut der Steuerpflichtige sein Kapital anlegt.“

Randziffer 165 wird wie folgt gefasst:

„Übertragung von Depots aus Anlass von Erbfällen (§ 43 Abs. 1 Satz 5 EStG)/Übertragungen für Zwecke der Begründung eines Treuhandverhältnisses

Rz. 165
Kommt es in Erbfällen zu einem Depotübertrag auf einen anderen Gläubiger, ist von einem unentgeltlichen Depotübertrag i. S. des § 43 Abs. 1 Satz 5 EStG auszugehen. Da in diesen Fällen dem Grunde nach eine Verpflichtung zur Anzeige unmittelbar an das zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt nach § 33 ErbStG besteht, ist eine Meldung nach § 43 Abs. 1 Satz 6 EStG nicht erforderlich.

In den Fällen, in denen sowohl der Treuhänder als auch der Treugeber bekannt sind (offene Treuhand) und eine Übertragung zwischen Treugeber und Treuhänder erfolgt, ist eine Meldung nicht erforderlich.“

Die Überschrift zu Randziffer 193 wird wie folgt gefasst:

„Übermittlung der Anschaffungsdaten bei Übertrag ohne Gläubigerwechsel von einem ausländischen Institut“
Randziffer 227 wird wie folgt gefasst:

„Rz. 227
Die Kreditinstitute haben im Hinblick auf die Veranlagung die aufgelaufenen Verluste zu berücksichtigen (z. B. in einem sog. fiktiven Verlusttopf oder durch anderweitige Verrechnung positiver und negativer Erträge während der NV-Phase). Die nicht angerechnete Quellensteuer ist dem Steuerpflichtigen jährlich zu bescheinigen. Nach Fristablauf der NV-Bescheinigung oder falls das Kreditinstitut vom Widerruf der NV-Bescheinigung Kenntnis erlangt, darf ein verbleibender Verlust- oder Quellensteuersaldo nicht mit später zufließenden steuerpflichtigen Erträgen verrechnet oder in das Folgejahr übertragen werden. Wird ein fiktiver Verlust- oder Quellensteuertopf geführt, ist dieser zu schließen. Ein während der NV-Phase entstandener Verlustüberhang ist zu bescheinigen.

Randziffer 228 wird wie folgt gefasst:

„Verrechnung von Aktienverlusten (Aktientopf)

Rz. 228
Da Verluste aus Aktienverkäufen nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden dürfen (§ 43a Abs. 3 Satz 2 i. V. mit § 20 Abs. 6 Satz 5), muss ein zusätzlicher Verrechnungstopf eingerichtet werden. Verluste aus der Veräußerung von ADRs und GDRs sind in diesen Verlusttopf einzustellen (vgl. Randziffer 123). Verluste aus Veräußerungen von Teilrechten und von Bezugsrechten auf Aktien sind nicht in diesen Verlusttopf einzustellen und ohne Einschränkung verrechenbar. Gewinne aus der Veräußerung von Teilrechten und Bezugsrechten können nicht mit Aktienverlusten verrechnet werden.

Randziffer 244 und 245 werden aufgehoben.

Randziffer 300a wird wie folgt gefasst:

„Rz. 300a
Ist in den Fällen des § 44a Abs. 7, 8 und 10 Nummer 3 und 4 EStG ein Steuerabzug vom Kapitalertrag deswegen vorgenommen worden, weil dem Schuldner der Kapitalerträge oder der auszahlenden Stelle die Bescheinigung i. S. des § 44a Abs. 7 Satz 2 EStG bzw. § 44a Abs. 8 Satz 2 EStG nicht vorlag, und hat der Schuldner der Kapitalerträge oder die auszahlende Stelle von der Möglichkeit der Änderung der Steueranmeldung nach § 44b Abs. 5 EStG keinen Gebrauch gemacht, wird zur Vermeidung von Härten zugelassen, dass die Kapitalertragsteuer auf Antrag der betroffenen Körperschaft in der gesetzlich zulässigen Höhe von dem Finanzamt, an das die Kapitalertragsteuer abgeführt wurde, erstattet wird.“

Randziffer 300b wird wie folgt gefasst:

„Rz. 300b
Ist in Fällen, in denen eine Institution i. S. des § 44a Abs. 7 oder 8 EStG als Erbe eingesetzt worden ist, ein Steuerabzug vom Kapitalertrag vorgenommen worden, weil dem Schuldner der Kapitalerträge oder der auszahlenden Stelle die Bescheinigung i. S. des § 44a Abs. 7 oder § 44a Abs. 8 EStG nicht oder erst verspätet vorgelegt werden konnte und hat der Schuldner der Kapitalerträge oder die auszahlende Stelle von der Möglichkeit der Änderung der Steueranmeldung nach § 44b Abs. 5 EStG keinen Gebrauch gemacht, so erstattet auf Antrag der betroffenen Körperschaft das Finanzamt, an das die Kapitalertragsteuer abgeführt worden ist, die Kapitalertragsteuer unter den Voraussetzungen des § 44a Abs. 4, 7, 8 oder Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 und 4 EStG in dem dort beschriebenen Umfang. Dem Antrag ist die Bescheinigung i. S. des § 44a Abs. 7 oder § 44a Abs. 8 EStG, die Steuerbescheinigung im Original und ein Nachweis über die Rechtsnachfolge beizufügen. Das Finanzamt, an das die Kapitalertragsteuer abgeführt wurde, erstattet auch die Kapitalertragsteuer auf Kapitalerträge, die einer Institution i. S. des § 44a Abs. 7 oder 8 EStG vor dem 1. Januar 2013 zugeflossen sind. Die Erstattung erfolgt nicht über das Sammelantragsverfahren beim Bundeszentralamt für Steuern nach § 45b Abs. 2a EStG.

Randziffer 322 wird wie folgt ergänzt:

„5. Depotgebühren für 2008, die in 2009 gezahlt werden (§ 52a Abs. 10 Satz 10 EStG)

Rz. 322
Werbungskosten sind in dem Jahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind (Abflussprinzip, § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG). Werden Ausgaben in 2009 geleistet, fallen sie auch dann unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG, wenn sie mit Kapitalerträgen der Vorjahre zusammenhängen (BFH-Urteil vom 1. Juli 2014, BStBl II S. xxx). Hiervon unberührt ist die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG.“

Randziffer 324 Absatz 1 wird wie folgt ergänzt:

„Rz. 324
Es wird nicht beanstandet, wenn Randziffer 66a für die Kapitalertragsteuererhebung erst ab dem 1. März 2015 berücksichtigt werden und die Änderung der Randziffer 227 i. d. Fassung des BMF-Schreibens vom 9. Dezember 2014 (BStBl I S. …) erst zum 1. Januar 2016 angewendet wird.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-2252 / 08 / 10004 vom 09.12.2014