Einzelfragen zur Abgeltungsteuer

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird das BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016 (BStBl I S. 85) wie folgt geändert:

Randnummer 57 wird wie folgt gefasst:

Zertifikate

57 Werden Inhaberschuldverschreibungen veräußert oder eingelöst, die einen Lieferanspruch auf Gold oder einen anderen Rohstoff verbriefen und durch Gold oder einen anderen Rohstoff in physischer Form nicht gedeckt sind, sind die Einnahmen Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 EStG.

Sehen die Vertrags-/Emissionsbedingungen hingegen vor, dass der Emittent das zur Verfügung gestellte Kapital nahezu vollständig in Gold oder einen anderen Rohstoff zu investieren hat und besteht ausschließlich ein Anspruch auf Auslieferung des hinterlegten Rohstoffs oder ein Anspruch auf Auszahlung des Erlöses aus der Veräußerung des Rohstoffs durch den Emittenten, liegt keine Kapitalforderung im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG, sondern ein Sachleistungsanspruch vor (BFH-Urteile vom 12. Mai 2015, VIII R 35/14, BStBl II 2015 S. 834, und vom 16. Juni 2020, VIII R 7/17, BStBl II 2021 S. 9); ggf. kommt eine Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG in Betracht. Für vor dem 1. Januar 2009 angeschaffte Inhaberschuldverschreibungen findet § 52 Absatz 28 Satz 17 EStG Anwendung.“

Randnummer 129a wird wie folgt gefasst:

Negative Einlagezinsen

129a Behält ein Kreditinstitut negative Einlagezinsen für die Überlassung von Kapital ein, stellen diese negativen Einlagezinsen keine Zinsen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG dar, da sie nicht vom Kapitalnehmer an den Kapitalgeber als Entgelt für die Überlassung von Kapital gezahlt werden. Wirtschaftlich gesehen handelt es sich vielmehr um eine Art Verwahr- und Einlagegebühr, die bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als Werbungskosten vom Sparer-Pauschbetrag gemäß § 20 Absatz 9 Satz 1 EStG erfasst sind.

Bei Anlageprodukten mit gestaffelten Zinskomponenten („Staffelzinsen“) ist die Gesamtverzinsung im Zeitpunkt des Zuflusses zu betrachten. Ist die Gesamtverzinsung positiv, so handelt es sich insgesamt um Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG. Eine negative Gesamtverzinsung ist hingegen stets insgesamt als Verwahr- oder Einlagegebühr zu behandeln.

Beispiel:

Die Zinskonditionen für ein Anlageprodukt (Tagesgeld) sind wir folgt ausgestaltet:

  • von 0,00 Euro bis 500.000,00 Euro positiver Zins (0,1 % p. a.)
  • von 500.000,01 Euro bis 1.000.000,00 Euro keine Verzinsung
  • ab 1.000.000,01 Euro negativer Zins (-0,05 % p. a.)

Es werden 1.500.000,00 Euro vom 1.01. – 31.03. angelegt. Die Zinsgutschrift erfolgt am 31.03.

Lösung:

Auf den ersten Teilbetrag in Höhe von 500.000,00 Euro entfällt ein positiver Zins in Höhe von 125,00 Euro (500.000,00 Euro x 0,1 % x 3 Monate). Auf den zweiten Teilbetrag (500.000,01 Euro bis 1.000.000,00 Euro) entfällt kein Zins. Auf den dritten Teilbetrag (1.000.000,01 Euro bis 1.500.000,00 Euro) entfällt ein negativer Zins in Höhe von – 62,50 Euro (500.000,00 Euro x 0,05 % x 3 Monate). Der Besteuerung ist der positive Saldo aus den Zinsen der drei Guthabenbereiche in Höhe von 62,50 Euro zugrunde zu legen (125,00 Euro + 0,00 Euro – 62,50 Euro).“

Randnummer 324 wird wie folgt gefasst:

„XIII. Fundstellennachweis und Anwendungsregelung

324 Für die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne sind die Grundsätze dieses Schreibens auf alle offenen Fälle anzuwenden. Im Übrigen ist dieses Schreiben auf Kapitalerträge, die nach dem 31. Dezember 2008 zufließen, sowie erstmals für den Veranlagungszeitraum 2009 anzuwenden.

Die Änderungen der Rn. 174, 251a bis 251c und 308a in der Fassung des BMF-Schreibens vom 3. Mai 2017 sind erstmals ab dem 1. Januar 2018 anzuwenden.

Die Rn. 26, 34 und 44 in der Fassung des BMF-Schreibens vom 12. April 2018 sind für die Kapitalertragsteuererhebung erstmals ab dem 1. Januar 2018 anzuwenden.

Die Änderung der Rn. 256a in der Fassung des BMF-Schreibens vom 17. Januar 2019 ist erstmals für Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 zufließen.

Es wird nicht beanstandet, wenn die Änderung der Rn. 59 in der Fassung des BMF-Schreibens vom 10. Mai 2019 für die Kapitalertragsteuererhebung erstmals auf Kapitalerträge, die ab dem 1. Januar 2020 zufließen, angewendet wird.

Die Änderung der Rn. 8a in der Fassung des BMF-Schreibens vom 16. September 2019 ist für die Kapitalertragsteuererhebung erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die ab dem 1. Januar 2020 zufließen.

Es wird nicht beanstandet, wenn die Änderung der Rn. 57 in der Fassung des BMF-Schreibens vom 19. Februar 2021 für die Kapitalertragsteuererhebung bereits auf Kapitalerträge, die ab dem 1. Januar 2021 zufließen, angewendet wird.1

1 „Sofern die Rn. 324 in der Fassung dieses Schreibens sich von vorhergehenden Fassungen dadurch unterscheidet, dass Nichtbeanstandungsregelungen zur Kapitalertragsteuererhebung nicht mehr enthalten sind, hat dies ausschließlich redaktionelle Gründe.“

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-2252 / 19 / 10003 :007 vom 19.02.2021