Die Erbschaftsteuer erfreut sich in Deutschland breiter politischer und gesellschaftlicher Unterstützung. Doch hinter der vermeintlich gerechten Vermögensumverteilung verbergen sich schwerwiegende Nebenwirkungen, die oft übersehen werden. Wir beleuchten die Hintergründe und beantworten die wichtigsten Fragen rund um die Erbschaftsteuer.
Ungerechtigkeit im System?
Obwohl die Erbschaftsteuer als Instrument zur Vermögensumverteilung gerecht erscheinen mag, halten viele Bürger sie für unfair. Besonders die steuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen wird kritisiert. Dabei wird jedoch oft übersehen, dass diese Begünstigung nur für produktiv eingesetztes Betriebsvermögen gilt und nicht für Verwaltungsvermögen. Zudem wird auch Betriebsvermögen voll besteuert, wenn bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Verdrängung privater Vermieter
Ein oft übersehener Effekt der Erbschaftsteuer ist die Verdrängung privater Vermieter vom Markt. Große Wohnungsunternehmen müssen keine Erbschaftsteuer auf vermietete Wohnimmobilien zahlen – Privatpersonen hingegen schon. Viele private Vermieter sehen sich daher gezwungen, ihre Immobilien zu verkaufen, um die Steuerlast zu decken. Insbesondere sozial eingestellte private Vermieter werden verdrängt, während große Wohnungsunternehmen und Immobilienfonds ihre Marktanteile ausbauen.
Wohnungsneubau ausgebremst
Auch der private Wohnungsneubau wird durch die Erbschaftsteuer ausgebremst. Die Steuer wird häufig bereits bei der Kalkulation privater Immobilieninvestitionen berücksichtigt, was die ohnehin niedrigen Renditen weiter schmälert und potenzielle Bauherren abschreckt. Im Gegensatz zu liquiden Anlagen wie Aktien haben Immobilienbesitzer zudem weniger Möglichkeiten, die Steuerlast durch Schenkungen zu Lebzeiten zu reduzieren.
Ungleichbehandlung der Erben
Ein weiterer Kritikpunkt an der Erbschaftsteuer ist die Ungleichbehandlung von Kindern. Während Kinder, die in die geerbte Wohnung der Eltern einziehen, keine Erbschaftsteuer zahlen müssen, müssen diejenigen, die diese Wohnung gemietet haben, die Steuer entrichten. Diese Regelung führt zu Ungerechtigkeiten, die für viele Betroffene schwer verständlich sind.
Eigentumsverlust und finanzielle Unsicherheit
Die Erbschaftsteuer kann Erben dazu zwingen, ihr Wohneigentum zu verkaufen, um die Steuerschulden zu begleichen. Da die Steuer oft die Erträge der geerbten Immobilie übersteigt, müssen viele Erben Kredite aufnehmen oder verkaufen. Dies führt nicht nur zu Eigentumsverlust, sondern auch zu finanzieller Unsicherheit im Alter.
Doppelbesteuerung und Steuerflucht
Ein weiteres Problem stellt die doppelte Substanzbesteuerung von Immobilien dar. Neben der Erbschaftsteuer fällt jährlich auch Grundsteuer auf Immobilien an. Die geplante Erhöhung der Grundsteuer könnte diese Doppelbesteuerung für Immobilienbesitzer künftig noch verschärfen.
Zudem führt die hohe Erbschaftsteuer dazu, dass Vermögen zunehmend in gemeinnützige Stiftungen fließt, um Steuern zu sparen. Dies mag für die Erben vorteilhaft sein, doch der Staat verliert dadurch wichtige Steuerzahler, insbesondere im Bereich der Ertragsteuern.
Internationaler Vergleich
In vielen europäischen Ländern, darunter Österreich, Schweden, Norwegen und Tschechien, gibt es keine Erbschaftsteuer. Deutsche Erben sind international benachteiligt, was langfristig zu Wohlstandsverlust führen kann.
Fazit
Die Erbschaftsteuer mag als Instrument zur Vermögensumverteilung gerecht erscheinen, doch ihre Nebenwirkungen sind schwerwiegend. Von der Verdrängung privater Vermieter bis zur doppelten Substanzbesteuerung – die Erbschaftsteuer hat weitreichende negative Folgen, die oft übersehen werden.