Freie Berufe: Rechtsform- und Beteiligungsregelungen

Gesetzlich vorgeschriebene Kapitalbeteiligungsbeschränkungen dienen der Wahrung der Unabhängigkeit von Finanzinvestoren und anderen Anteilseignern. Für Rechtsanwalts-, Patentanwalts-, Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzleien ist daher gesetzlich vorgeschrieben, dass Gesellschafter Berufsträger (zugelassene Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer) sein müssen (vgl. §§ 59a, 59e, 59f BRAO, §§ 52a, 52e, 52f PAO, § 50a StBerG, § 28 WPO). Eine Kapitalbeteiligung durch Personen, die nicht zu den sozietätsfähigen Berufen gehören, ist nicht möglich.

Im Bereich der Wirtschaftsprüfer wurde mit dem Berufsaufsichtsreformgesetz (BARefG) vom 3. September 200726 die Europäische Gesellschaft (SE) in den Katalog der für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften möglichen Rechtsformen aufgenommen. Zudem kann durch die Aufhebung der Beschränkung der persönlich haftenden Gesellschafter auf natürliche Personen auch die Rechtsform einer GmbH & Co. KG gewählt werden. Darüber hinaus wurden die Beteiligungsregelungen entsprechend den Vorgaben der Abschlussprüferrichtlinie 2006/43/EG gelockert. Es genügt nunmehr, dass die Mehrheit der persönlich haftenden Gesellschafter oder Partner Wirtschaftsprüfer, Prüfungsgesellschaften oder in einem anderen EU-Mitgliedstaat zugelassene Abschlussprüfer bzw. Prüfgesellschaften sind. Darüber hinaus ist es nicht mehr erforderlich, dass alle Mitglieder der Leitungsebene einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Wirtschaftsprüfer sind. Ausreichend ist, dass lediglich die Mehrheit des Verwaltungs- und Leitungsorgans Wirtschaftsprüfer oder EU-Abschlussprüfer sind. Hat die Gesellschaft nur zwei gesetzliche Vertreter, so muss einer von ihnen Wirtschaftsprüfer oder EU-Abschlussprüfer sein.

Auch für Architekten bestehen Beteiligungsregelungen. So muss die Anteilsmehrheit an einer Architektengesellschaft von Mitgliedern der Architektenkammer gehalten werden und die Gesellschaft muss verantwortlich von Architekten geführt werden. Die Regelungen zur Beschränkung von Kapitalbeteiligungen stehen derzeit in der Kritik der Europäischen Kommission, die darin ein Hindernis für die Vollendung des Binnenmarktes für Dienstleistungen sieht. Im Rahmen der Nachfolge-Aktivitäten zur  Dienstleistungsrichtlinie
2006/123/EG werden daher die entsprechenden Regelungen der EU-Mitgliedstaaten untersucht und miteinander verglichen.

Der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung und zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (BT-Drs. 17/10487) sieht für Angehörige Freier Berufe die Möglichkeit vor, sich für eine   Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung zu entscheiden. Hierzu wird im  Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) selbst eine Haftungsbeschränkung geschaffen, die eingreift, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen: Die Partnerschaft muss eine durch Gesetz vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung unterhalten und ihr Name muss den Zusatz „mit beschränkter Berufshaftung“ oder die Abkürzung „mbB“ enthalten. Die Haftungsbeschränkung betrifft aber nur Verbindlichkeiten aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung. Die konkreten Regelungen zur Berufshaftpflichtversicherung und zu eventuellen Pflichten gegenüber Berufskammern sind den jeweiligen Berufsgesetzen vorbehalten. Mit der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung wird den Freien Berufen eine Alternative zur britischen Limited Liability Partnership (LLP) zur Verfügung gestellt.

Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen
Arzneimittelversorgung. Freiberufliche Apotheker bieten die Gewähr dafür, dass unabhängig von Kapitalinteressen eines externen Unternehmers der Apothekenberuf zum Wohl der Allgemeinheit ausgeübt wird. Daraus leitet sich auch das nach dem Apothekengesetz geltende Fremdbesitzverbot ab, das Unternehmen bzw. Nicht-Apothekern verbietet, eine Apotheke zu betreiben. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 19. Mai 200927 bestätigt, dass das europäische Recht dem deutschen Fremdbesitzverbot nicht entgegensteht. Die EU-Mitgliedstaaten könnten souverän darüber entscheiden, wie sie die  Arzneimittelversorgung organisieren. Die Regelung des deutschen Apothekenrechts beschränke zwar die Niederlassungsfreiheit. Dies sei jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, d. h. den Schutz der
Gesundheit und dem Ziel, eine sichere und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung sicherzustellen, gerechtfertigt.