Genehmigung der Ist-Besteuerung für freiwillig buchführende Freiberufler: Aktueller Stand und Praxistipps

Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg hat in einem Urteil vom 9. Juli 2024 (Az. 9 K 86/24) entschieden, dass freiwillig buchführende Freiberufler keinen Anspruch auf die Ist-Besteuerung nach § 20 Satz 1 Nr. 3 UStG haben. Die Entscheidung stützt sich auf die herrschende Meinung und die Auffassung der Finanzverwaltung. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen – die Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) ist anhängig (Az. V R 16/24).


Kernaussagen des Urteils

Nach Auffassung des FG Baden-Württemberg würde eine freiwillige Buchführung Freiberuflern eine „zweckwidrige Begünstigung“ verschaffen, wenn sie gleichzeitig die Ist-Besteuerung in Anspruch nehmen dürften. Das FG argumentiert, dass das Gesetz diese Möglichkeit nicht vorsieht, obwohl der Wortlaut des § 20 Satz 1 Nr. 3 UStG dies nicht ausdrücklich ausschließt.

Die Folge: Auch wenn Freiberufler freiwillig Bücher führen, wird ihnen die Genehmigung der Ist-Besteuerung nach § 20 Satz 1 Nr. 3 UStG versagt.


Praxistipp: Nutzen für die Finanzbehörde

Das FG weist darauf hin, dass die einheitliche Anwendung des Sollprinzips sowohl bei der Einkommensteuer als auch bei der Umsatzsteuer für die Finanzbehörden vorteilhaft ist:

  • Die zeitliche Übereinstimmung von Umsätzen erleichtert die Überprüfung der erklärten Besteuerungsgrundlagen.
  • Überschussrechnungen nach § 4 Abs. 3 EStG sind bei freiwilliger Buchführung nicht zulässig, was die Einkünfteermittlung und Umsatzsteuerabrechnung vereinheitlicht.

Allerdings besteht auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG eine Aufzeichnungspflicht (z. B. gemäß § 22 UStG), sodass eine gewisse Buchführung ohnehin erforderlich ist. Diese Aufzeichnungen schließen die Genehmigung der Ist-Besteuerung nicht aus, wie in der Literatur (z. B. Mrosek, UStG-Kommentar, 2024) vertreten wird.


Praxistipps für Steuerberater und Freiberufler

  1. Antrag auf Ist-Besteuerung dennoch stellen:
    Auch wenn die Finanzverwaltung die Genehmigung bei freiwilliger Buchführung ablehnen könnte, sollten steuerliche Berater den Antrag auf Ist-Besteuerung für Freiberufler weiterhin stellen.
  2. Einspruch einlegen:
    Bei Ablehnung des Antrags empfiehlt es sich, unter Verweis auf das anhängige Revisionsverfahren beim BFH Einspruch einzulegen.
  3. Höchstgerichtliche Klärung abwarten:
    Das Revisionsverfahren vor dem BFH (Az. V R 16/24) könnte eine wegweisende Entscheidung bringen, die mehr Rechtssicherheit schafft.

Fazit: Chancen nutzen und dranbleiben

Die Genehmigung der Ist-Besteuerung für freiwillig buchführende Freiberufler bleibt umstritten. Steuerberater sollten jedoch proaktiv handeln, Anträge stellen und im Falle einer Ablehnung Einspruch einlegen. Die laufende Revision beim BFH bietet die Möglichkeit, die Rechtslage zugunsten der Freiberufler zu klären.

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