KMU bei Modernisierung des Unternehmensteuerrechts nicht vernachlässigen!

Der Koalitionsausschuss der CDU/CSU und SPD hat die Einführung einer Veranlagungsoption für Personengesellschaften zur Körperschaftsteuer beschlossen. Damit soll die Wirtschaft gestärkt und Anreize für private Investitionen gesetzt werden. DStV-Präsident Elster sieht KMU benachteiligt. Er wirbt in einem Brandbrief gegenüber den maßgeblichen politischen Entscheidungsträgern stattdessen für eine Stärkung der Thesaurierungsbegünstigung.

Die Flüchtlingssituation an den Grenzen Europas spitzt sich zu. Das Coronavirus fegt über die Welt hinweg und stellt nicht nur die Gesundheitssysteme, sondern auch die Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger vor immense Herausforderungen. Das Wirtschaftswachstum flaut ab.

CDU/CSU und SPD legen Lösungsvorschläge vor

Der Koalitionsausschuss der CDU/CSU und SPD geht die aktuellen Krisen mit den am 08.03.2020 gefassten Beschlüssen kraftvoll an (vgl. CDU-Zusammenfassung der Ergebnisse des Koalitionsausschusses vom 08.03.2020). Die Große Koalition (GroKo) verständigte sich unter anderem darauf, das Wirtschaftswachstum Deutschlands durch steuerpolitische Maßnahmen zu steigern. Dieses Ziel möchte die Koalition etwa mit der Einführung einer „Veranlagungsoption“ für Personengesellschaften zur Körperschaftsteuer erreichen. Die unterschiedlichen Besteuerungsformen könnten heute zu einer höheren Steuer für Personenunternehmer führen. Dies solle künftig vermieden werden – so der Koalitionsausschuss.

Steuerliche Maßnahmen aus Sicht des DStV teilweise nicht zeitgemäß

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) erachtet viele der Beschlüsse in den gegenwärtig unsicheren Zeiten als gute erste Schritte. Die GroKo sendet damit wichtige Signale an Deutschlands Bürgerinnen und Bürger. Die geplante Einführung der „Veranlagungsoption“ für Personengesellschaften sieht der DStV hingegen äußerst kritisch.

In einem Brandbrief an die maßgeblichen politischen Entscheidungsträger begründete DStV-Präsident StB/WP Harald Elster seine Bedenken. Er gab in dem Schreiben deutlich zu verstehen, dass er von der Wirksamkeit der Maßnahme nicht überzeugt sei. Deutlich zielführender wäre es aus seiner Sicht, sich auf eine Stärkung der bestehenden Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG und deren Öffnung für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) zu verständigen.

Benachteiligung von KMU

DStV-Präsident Elster warnte in dem Schreiben vor der Gefahr, dass die „Veranlagungsoption“ – wenn überhaupt – nur eine Stütze für große Personengesellschaften bieten würde. Die Vielzahl von KMU würden so nicht gestärkt.

Die Überlegungen zur „Veranlagungsoption“ dürften auf dem „Optionsmodell“ des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) fußen (vgl. IDW-Positionspapier zum Einstieg in eine rechtsformneutrale Besteuerung („Optionsmodell“) – Stand: 13.11.2019). Bereits die Vorbemerkung des Papiers deute an, dass KMU die Option möglicherweise nicht nutzen würden, weil sie ihnen unpraktikabel erscheint – so Elster.

Als Vertreter von kleinen und mittleren Steuerberatungskanzleien hat der DStV-Präsident die Einschätzung des IDW zu KMU auf ein Gros des Berufsstands übertragen: Die Ausgangsidee des Optionsmodells – die Fiktion einer Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nach dem Umwandlungssteuergesetz – zähle nicht zum alltäglichen Beratungsfeld kleiner und mittlerer Kanzleien. Elster warf die Frage auf: Wie solle die „Veranlagungsoption“ so in der Breite der Unternehmerschaft ankommen? Zumal das Modell Einzelunternehmen explizit ausschließe.

Aus der Vergangenheit lernen

Elster gab in dem Brandbrief darüber hinaus zu bedenken: Bereits der erste Aufschlag zur Einführung eines Optionsmodells im Entwurf des Steuersenkungsgesetzes aus 2000 sei gescheitert – inpraktikabel für die Mehrheit der KMU und zu kompliziert (BR-Drs. 289/1/00). Mit entschiedenem Widerstand hätten die Bundesländer zudem beklagt, dass das Modell administrativ nicht umsetzbar sei (BR-Plenarprotokoll 752 vom 09.06.2000).

Das aktuell diskutierte „Optionsmodell“ mag die damalige Kritik zwar teilweise aufgegriffen haben. Verfolge man die gegenwärtige fachliche Diskussion, seien aber noch längst nicht alle grundlegenden Fragen geklärt, hob der DStV-Präsident hervor.

Ihn hätten hingegen die Tendenzen der letzten Zeit erfreut. Das Bundesland Nordrhein-Westfalen habe die Modernisierung des Instruments schon 2018 mit einem Antrag in die Erörterungen des Bundesrats eingebracht (BR-Drs. 310/18). Sehr vielversprechend seien zudem die Verlautbarungen von Vertretern des Bundesfinanzministeriums, des Bundeswirtschaftsministeriums und nicht zuletzt der Bundestagsfraktion der Union (vgl. Positionspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Modernisierung der Unternehmensbesteuerung vom 05.11.2019) in den letzten Monaten gewesen. Danach schien es so, als gingen die gesetzgeberischen Überlegungen endlich in die Richtung der vom DStV und Vertretern der Wirtschaft seit Jahren angeregten Maßnahmen.

Öffnung der Thesaurierungsbegünstigung für KMU gefordert

Elster forderte in seinem Schreiben: Statt ein unausgereiftes „Optionsmodell“ mit neuen Unsicherheiten für die Praxis in Gesetzesform zu gießen, solle der Gesetzgeber die 2008 eingeführte und in der Praxis erprobte Thesaurierungsbegünstigung fortentwickeln. Es müssten nur die hinlänglich bekannten Stellschrauben gesetzlich nachjustiert werden: die Absenkung des Nachversteuerungssatzes zur Öffnung des Instruments für KMU, die Flexibilisierung der Verwendungsreihenfolge, die Einbeziehung der Ertragsteuern in die Begünstigungsfähigkeit und der Abbau von Umstrukturierungshemmnissen.

Mit diesen Schritten gelänge eine echte Stütze für alle Unternehmen. Die Eigenkapitalquote aller Unternehmen würde gestärkt. Deren Investitionsfähigkeit würde spürbar verbessert.

Der DStV-Präsident bat die maßgeblichen Entscheidungsträger in dem Brandbrief daher dringend, den Beschluss des Koalitionsausschusses in puncto Einführung einer „Veranlagungsoption“ zu überdenken. Stattdessen sollten sie sich einer Stärkung der bestehenden Thesaurierungsbegünstigung zuwenden.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 19.03.2020