Umsatzsteuer : Die Vermittlung von osteuropäischen Pflegekräften und die Umsatzsteuerpflicht.

Niedersächsisches Finanzgericht 5. Senat, Urteil vom 20.11.2014, 5 K 32/13

§ 4 UStG

Tatbestand

1
Streitig ist die Umsatzsteuerpflicht von Betreuungsleistungen für pflegebedürftige Personen.

2
Die Klägerin betreibt seit 2008 eine „Seniorendienstleistungsagentur“ (Vermittlung von Pflegekräften und Haushaltshilfen) und „Seniorenservice“ (Vermittlung von Begleitpersonen) mit dem Namen „X“. Bei den Pflegekräften/Haushaltshilfen handelt es sich vorwiegend um Frauen mit polnischer Staatsangehörigkeit und Wohnsitz in Polen. Die Klägerin sah diese Pflegekräfte bzw. Haushaltshilfen als selbstständige Gewerbetreibende an. In ihren Umsatzsteuer-Erklärungen waren deshalb lediglich die den Betreuungsbedürftigen berechnete Organisationsgebühren sowie von den Betreuungskräften zu zahlende Servicegebühren (Differenzen zwischen Geldzugängen von den Betreuungsbedürftigen und Auszahlung an die Betreuerinnen) erfasst worden.

3
Die Klägerin gab für die Streitjahre 2008 bis 2010 Umsatzsteuererklärungen ab (am 10. Februar 2010 für 2008, am 26. Oktober 2010 für 2009 und am 31. Oktober 2011 für 2010). Der Beklagte stimmte zunächst den eingereichten Umsatzsteuererklärungen, soweit sie Erstattungsbeträge auswiesen, für die Streitjahre zu. Danach ergaben sich Umsatzfestsetzungen in Höhe von ./.1.057,06 EUR (2008), 11.941,76 EUR (2009) und 14.297,49 EUR (2010).

4
Im Jahr 2011 führte der Beklagte eine Umsatzsteuersonderprüfung bei der Klägerin durch. Gleichzeitig fand eine Lohnsteueraußenprüfung statt. Am 2. März 2011 wurde durch das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung für die Jahre 2008, 2009 und die Voranmeldungszeiträume Januar bis Dezember 2010 sowie wegen des Verdachts der Lohnsteuerhinterziehung für die Anmeldungszeiträume 2008 sowie Januar 2009 – Dezember 2010 eingeleitet. Das Hauptzollamt A – Finanzkontrolle Schwarzarbeit – leitete am 1. September 2010 ein Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin wegen des Verdachts des Vorhaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelten, der gleichzeitigen Beschäftigung von mehr als fünf Ausländern ohne Genehmigung sowie der Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitsgenehmigung/EU ein, was im Rahmen der dortigen Ermittlungen am 18. November 2010 zur Beschlagnahme von Buchführungs- und anderen Unterlagen führte.

5
Der Umsatzsteuersonderprüfer stellte fest, dass die Klägerin vorwiegend mit Frauen zusammenarbeitete, die ihren Wohnsitz in Polen hatten. Der Ablauf ihrer Tätigkeit stellte sich wie folgt dar: Entweder die polnische Frau (Betreuerin bzw. Pflege- oder Betreuungskraft) oder ein Betreuungsbedürftiger bzw. ein Vertreter dieser Person nahm Kontakt zur Agentur der Klägerin auf. Die Agentur suchte oder hatte bereits eine entsprechende Stelle für die Betreuerin bzw. eine passende Betreuerin für den Betreuungsbedürftigen. Es wurden dann drei Verträge geschlossen. Die Klägerin schloss mit dem Betreuungsbedürftigen bzw. dem Vertreter einen sog. Vermittlungsvertrag. Des Weiteren schloss die Klägerin mit der Betreuerin einen sog. Dienstleistungs- und Servicevertrag, der die Vermittlung sowie einen Büroservice beinhaltete. Als dritten Vertrag wurde zwischen der Betreuerin und der betreuungsbedürftigen Person bzw. deren Vertreter einen Vertrag über die Dienstleistungen, die die Betreuerin im Haushalt der Betreuungsbedürftigen zu erbringen hatte (24 Stunden-Betreuung), geschlossen. Der Umsatzsteuersonderprüfer fand in den Unterlagen der Klägerin Musterverträge und einzelne entsprechend abgeschlossene Verträge. Die Vergütungsstruktur hatte danach folgende Ausgestaltung: Die Betreuungsvergütung zahlte die zu betreuende Person an die Klägerin. Ebenso zahlte sie an die Klägerin einmalig eine sog. Organisationsgebühr. Die Klägerin leitete nach Abzug einer laufend zu zahlenden Servicegebühr, die im Dienstleistungs- und Servicevertrag in absoluter Höhe festgelegt und von der Höhe der Betreuungsvergütung unabhängig war, die restliche Betreuungsvergütung an die Betreuungskraft weiter. Der Preis für die Betreuungsleistungen war verhandelbar. Die Vertragsmuster hatten folgenden Inhalt:

6
1. Vertrag zwischen der Betreuungskraft und der Klägerin
7
„Dienstleistungsvertrag

8
zwischen: Frau, ______________ geb. am _______________
9
Legitimation Nr.: ____________

10
folgend Auftraggeber genannt –
11
und: X,

12
folgend Auftragsnehmer genannt –
13
wird im Folgenden vertraglich vereinbart:

14
§ 1 Gegenstand

15
Die Vertragsparteien sind jeweils selbständige, gegenseitig weder Weisungsgebunden noch sonst abhängig voneinander tätig werdende, freie Unternehmer. Nachfolgend wird ausschließlich die Rechtsbeziehung zwischen der X und einzelnen Auftraggebern geregelt. Der Auftragsnehmer handelt für den Auftraggeber nicht als Vertreter, Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfe, außer dies ist gesondert in einer Vollmacht geregelt.

16
§ 2 Vertragsdauer

17
Der Vertrag wird vom __________ bis zum _____________ geschlossen.

18
§ 3 Leistungen

19
1. Bereitstellung von Technik und Personal, alle Sekretariatsarbeiten (z. B. Korrespondenz, Erfassung, Datenpflege, Archiv, Entgegennahmen der Gespräche, Voice-System – Verwaltung) und beratende Tätigkeiten, Betriebsstättennachweis, Rechnungsabwicklung, Herstellung des Kundenkontaktes.
20
§ 4 Gebühren

21
1. Die monatliche Gebühr für den Service beträgt: ( 30 Tage ) Euro zuzüglich 19 % MwSt..
22
2. Fremdgebühren für den Auftraggeber werden gesondert in Rechnung gestellt.
23
3. In der vereinbarten Mindestlaufzeit wird bei vorzeitiger Vertragsbeendigung durch den Auftraggeber, eine Vergütung von 580,00 Euro fällig. (Die Mindestlaufzeit ist dem aktuellen Haushaltshilfe – Betreuungsvertrag zu entnehmen).
24
4. Stellt der Auftragsnehmer eine Übergangsunterkunft, so wird diese ab der zweiten Übernachtung mit 25 Euro berechnet.
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§ 5 Fälligkeit/Zahlungsbedingungen

26
Die monatlichen Grundpreise werden vom Auftraggeber sofort nach Erhalt der Rechnung entrichtet.

27
§ 6 Kündigungsfristen

28
1. Der Vertrag ist fest über die vereinbarte Auftragszeit abgeschlossen. Nach Beendigung des Dienstleistung – Auftrages ist der Auftragsnehmer nicht mehr verpflichtet Nachrichten und Informationen, welche für den Auftraggeber eingehen, an diesen weiterzuleiten. Ein außerordentliches Kündigungsrecht besteht für beide Parteien, grundsätzlich nach erfolgloser vorheriger Abmahnung.
29
2. Da es sich bei der Auftraggeberin um ein selbstständig tätig werdendes Unternehmen handelt, tritt dieses nach Vertragsbeendigung kein Wettbewerbsverbot zu der Auftragnehmerin. Der Auftragsgeberin bleibt es also möglich, nach Vertragsende weiterhin selbstständig tätig zu werden. Das Erfordernis einer Vereinbarung einer Karenzentschädigung entfällt somit ebenfalls.
30
§ 7 Haftung

31
1. Keine Haftung wird übernommen für Leistungen von Partner-Unternehmen, für die der Büroservice lediglich als Mittler auftritt. Hier haften die Partner-Unternehmen gemäß ihren eigenen Vertragsbedingungen und AGB. Im Übrigen haftet der Auftragsnehmer grundsätzlich nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, soweit gesetzlich vorgeschrieben.
32
2. Stellt ein Versicherungsträger oder ein anderer berechtigter Dritter fest, dass eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, wird die Haftung der Auftragsnehmerin auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für Schäden des Auftraggebers begrenzt, die diesem aus dem vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung entstanden sind oder entstehen können.
33
§ 8 Datenschutz und Urheberrechte

34
1. Der Auftraggeber erteilt dem Auftragsnehmer die Erlaubnis, sich im Namen des Auftraggebers und mit dessen Namen zu melden. Insoweit verzichtet der Auftraggeber auf entsprechende Namens- und Urheberrechte.
35
2. Der Auftraggeber erteilt dem Vertragspartner eine Genehmigung, im Rahmen des Büroservice erfasste und bearbeitete Daten an Dritte nach Weisung und Wunsch des Auftraggebers weiterzugeben. Die datenschutzrechtlichen Vorschriften sind zu berücksichtigen. Dies gilt bis zum schriftlichen Widerruf.
36
§ 9 Salvatorische Klausel / Teilnichtigkeit

37
Sollten Bestimmungen dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder des Dienstleistungsvertrages unwirksam, nichtig oder nicht durchführbar sein, soll die unwirksame, nichtige oder nicht durchführbare Bestimmung durch eine dem Auftragszweck am nächsten kommende wirksame Bestimmung ersetzt werden. Die Gültigkeit der Übrigen Bestimmungen bzw. der Übrigen Auftragsbestandteile wird hierdurch nicht berührt.

38
§ 10 Gerichtsstand

39
Für den Dienstleistungsauftrag gilt deutsches Recht. Gerichtsstand in allen Angelegenheiten ist A.

40
Auftragsnehmer Auftraggeber“
41
1. Vertrag zwischen der pflegebedürftigen Person und der Klägerin
42
„Vermittlungsvertrag

43
zwischen

X

44
in folgenden X genannt –
45
und

46
Herrn/Frau
47
im Folgenden kurz „Auftraggeber“ genannt –
§ 1

48
Vorbemerkungen:

49
Die X vermittelt Betreuungspersonal und Haushaltshilfen für die Rund- um – die Uhr-Betreuung im eigenen Heim. Vermittlungsgegenstand ist ein Vertrag über die Betreuung mit freiberuflichen Mitarbeitern, die auf die häusliche Betreuung spezialisiert sind. Bei den Mitarbeitern handelt es sich sowohl um freiberufliche Betreuungskräfte/Pflegekräfte und Haushaltshilfen aus Deutschland als auch um freiberufliche osteuropäische Betreuungskräfte/Haushalshilfen aus EU-Beitragsländern. Die X selbst beschäftigt kein eigenes Personal.

§ 2

50
Gegenstand des Vertrages

51
Der Auftraggeber beauftragt die X mit der Vermittlung einer freiberuflichen deutschen oder einer freiberuflichen osteuropäischen Pflege- bzw. einer Betreuungskraft aus einem EU-Beitrittsland. Aufgrund der Vermittlung will der Auftraggeber mit der X ein Vertragsverhältnis begründen, mit dem Ziel, eine Pflegekraft bzw. Betreuungskraft/Haushaltshilfe für die Rund-um-die-Uhr-Betreuung gestellt zu bekommen, und zwar für folgende Tätigkeitsbereiche:

52
Körperpflege (Hilfe bei Hygiene, Ankleiden, Essen an reichen etc.)
53
Hauswirtschaftliche Versorgung (einkaufen, kochen etc.)
54
Individuelle Betreuung.
55
Die X steht dem Auftraggeber während der gesamten Laufzeit, vom bis zum dieses Vertragsverhältnisses, mit Rat und Tat zur Seite.
56
Bei Verlängerung des Vertrages ab dem                                entsteht eine zusätzliche Gebühr in Höhe von € inkl. 10 % MwSt. Eine Verlängerung dieses Vertrags hat schriftlich, spätestens jedoch bis zum                              , zu erfolgen.
§ 3

57
Vergütung:

58
Bei Vertragsabschluss wird eine Organisationsgebühr in Höhe von Euro (incl. 19 % MwSt.) fällig, die bei Vertragsunterzeichnung gezahlt werden muss. Der Auftraggeber weiß, dass die Betreuungskraft/Haushaltshilfe die X beauftragt hat, fällig werdende Honorare in Empfang zu nehmen.
59
Der Auftraggeber hat somit die aus dem Betreuungsvertrag fällig werdenden Honorare direkt auf das Konto der Agentur zu überweisen.

§ 4

60
Widerrufsrecht:

61
Der Auftraggeber kann seine heutige Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt ohne Angaben von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt mit Erhalt dieser Widerrufsbelehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist  genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs an die X

§ 5

62
Schriftformklausel:

63
Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages sind nur wirksam, wenn sie schriftlich abgeschlossen oder schriftlich wechselseitig bestätigt worden sind.

§ 6

64
Sonstiges:

65
Im Übrigen gelten zwischen den Vertragspartnern die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der X, die auf der Rückseite dieses Vertrages abgedruckt sind und die er Auftraggeber zur Kenntnis genommen hat. , den
66
(SeniorendienstleistungsX) (Auftraggeber)
67
Allgemeine Geschäftsbedingungen

I.

68
Leistungen:

69
Die X vermittelt Betreuungskräfte (Haushaltshilfen) für die Rund-um-die-Uhr-Betreuung im eigenen Heim. Vermittlungsgegenstand ist ein Vertrag über die Betreuung mit freiberuflichen Arbeitskräften die auf die häusliche Betreuung spezialisiert sind. Bei diesen Arbeitskräften handelt es sich um deutsch und polnisch sprechende freiberufliche Betreuungskräfte und Haushaltshilfen aus Deutschland als auch um osteuropäische Arbeitskräfte aus den EU-Beitrittsländern. Die Agentur selbst beschäftigt kein eigenes Betreuungspersonal/Haushaltshilfen.

70
Die Agentur stellt die Kontakte zwischen den deutschen und osteuropäischen freiberuflichen Kräften (Dienstleisterinnen) und den Auftraggeber her. Weiter übernimmt die Agentur die Vertragsverhandlungen zwischen dem Auftraggeber und den ausgesuchten Kräften (Dienstleisterinnen) und steht dem Auftraggeber -soweit gewünscht und notwendig- während der gesamten Laufzeit des begründeten Vertragsverhältnisses freiwillig -ohne, dass dadurch ein Rechtsanspruch begründet wird- mit Rat und Tat zur Seite.

II

71
Vergütung.

72
Für die im Rahmen eines abgeschlossenen Vermittlungsvertrages von der X erbrachten Leistungen hat der Vertragspartner nur die vereinbarte Organisationsgebühr zu zahlen. Weitere Leistungen werden der Agentur, wie vereinbart vom Auftraggeber unmittelbar vergütet.

III.

73
Haftung:

74
Die Agentur vermittelt ausschließlich eine Betreuungskraft/Haushaltshilfe (Dienstleisterinnen). Leistungsstörungen mit den vermittelten Dienstleisterinnen sind von der Agentur nicht zu vertreten.

IV.

75
Beendigung des Vertragsverhältnisses:

76
Der Vermittlungsvertrag wird vom geschlossen. Bei Verlängerung des Vertrages auf unbestimmte Zeit hat der Vertrag dann eine Mindestlaufzeit von 30 Tagen. Die Verlängerung hat als Anhang zum Vertrag schriftlich bis zum zu erfolgen. Der verlängerte Vermittlungsvertrag endet dann durch Kündigung oder durch den Tod des Pflegebedürftigen. Ein Reha- bzw. ein Krankenhausaufenthalt ist kein sofortiger Kündigungsgrund. Die Kündigung hat schriftlich zu erfolgen. Er kann, nach der Mindestlaufzeit von der Vertragspartei mit einer Frist von 14 Tagen zum Monatsende gekündigt werden. Eine sofortige Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt.
V.

77
Pflichten des Auftraggebers:

78
Der Auftraggeber verpflichtet sind, keine von der X vermittelte Kraft abzuwerben, d.h. weder mit einer Kraft direkt einen Betreuungsvertrag abzuschließen, noch nach Beendigung eines Betreuungsvertrages selbst und direkt mit dieser Kraft einen neuen Betreuungsvertrag abzuschließen. Für den Fall der Zuwiderhandlung verpflichtet sich der Auftraggeber eine Vertragsstrafe von 3000,00 € zu zahlen. Die Geltendmachung eines weitergehenden Schadenersatzanspruches bleibt unberührt.

VI.

79
Widerrufsrecht:

80
Der Vertragspartner kann seine schriftliche Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt einer Widerrufsbelehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs an die X.

VII.

81
Gerichtsstand:

82
Als Gerichtsstand wird A vereinbart: Leistungen:

83
3. Vertrag zwischen der pflegebedürftigen Person und der Betreuungskraft

84
„Haushaltshilfe / Betreuungsvertrag

85
zwischen

86
der freiberuflichen Betreuungskraft, ________________

87
-nachstehend kurz Auftragsnehmerin genannt-

88
und

89
________________________

90
-nachstehend kurz Auftraggeber / in genannt-

§ 1

91
Vorbemerkungen:

92
Die Betreuungskraft / Haushaltshilfe ist freiberuflich im Bereich der häuslichen Leistungen und Betreuung tätig. Sie sichert zu, dass in ihrer Person alle arbeitsrechtlichen, sonstigen behördlichen und steuerrechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung der Tätigkeit erfüllt sind. Mit Abschluss dieses Vertrages beauftragt der Auftraggeber die Betreuungskraft die Rund-um-die-Uhr-Betreuung, in dessen Wohnung/Haus bzw. der zur betreuenden Person, vorzunehmen.

§ 2

93
Gegenstand des Vertrages:

94
Der Auftraggeber beauftragt die Betreuungskraft mit seiner Rund-um-die-Uhr-Betreuung und zwar für folgenden Tätigkeitsbereich:

95
Körperpflege (Hilfe bei Hygiene, Ankleiden, Essen an reichen etc.),
96
Hauswirtschaftlicher Versorgung (einkaufen, kochen, waschen, reinigen etc.),
97
Individuelle Betreuung nach Wünschen der zu betreuenden Person – oder nach Wünschen des Auftraggebers / in.

§ 3

98
Ort und Zeit der Dienstleistung:

99
Die Betreuungskraft / Haushaltshilfe hat ab dem im Hause des Auftraggebers ihren Dienst anzutreten. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden. Die tägliche Arbeitszeit soll 8 Stunden, über den Tag verteilt, betragen. Die genauen Dienstzeiten werden im Einzelnen vor Ort zwischen den Vertragsparteien abgestimmt.
100
Der Auftraggeber erkennt an, dass der Betreuungskraft / Haushaltshilfe täglich mindestens 2 Stunden zur freien Verfügung bleiben müssen. Außerdem gelten in der Zeit von 22:00 Uhr bis 06:30 Uhr lediglich eine Ruhebereitschaft und keine Sitznachtwache.

101
Die Betreuungskraft / Haushaltshilfe wohnt in der Wohnung/ im Haus des Auftraggebers. Ihr wird ein eigenes Zimmer mit Schlafgelegenheit als persönlicher Bereich zur Verfügung gestellt.

102
Die Leistungen werden solange erbracht, wie vertraglich vereinbart, bzw. bis eine Vertragspartei das Vertragsverhältnis kündigt oder der Vertrag einvernehmlich aufgehoben wird.

§ 4

103
Vergütung:

104
Für die zu erbringenden Leistungen hat der Auftraggeber ein Honorar nach Maßgabe der folgenden Konditionen für die Betreuungsleistungen / hauswirtschaftliche Tätigkeit inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu entrichten:

105
a) Honorar pro Tag beträgt €,
106
b) Sonderzuschlag für folgende Tage:
Heiligabend, beide Weihnachtsfeiertage, Silvester, Neujahr,
100%
Karfreitag bis Ostermontag,
Pfingstsonntag, Pfingstmontag
 50%
107
Fahrkostenpauschale
108
Die Preise verstehen sich zuzüglich freier Unterkunft im separaten Zimmer und Kost im angemessenen Umfang direkt im Haushalt des Auftraggebers für die Betreuungsperson.

109
Wird das Vertragsverhältnis vor Ablauf von 7 Tagen einvernehmlich aufgehoben oder aber erfolgt innerhalb dieser Zeit durch eine Vertragspartei eine Kündigung aus wichtigem Grunde, so erfolgt die Abrechnung des Vertragsverhältnisses für den gesamten vereinbarten Zeitraum.

110
Anreise- und Abreisetag der Betreuungskraft gelten jeweils als ein Arbeitstag.

111
Zusätzlich ist der Betreuungsperson durch den Auftraggeber ein Haushaltsgeld für die Haushaltsführung zur Verfügung zu stellen, über welches wöchentlich schriftlich unter Vorlage aller Belege abzurechnen ist.

112
In den vorbenannten Honoraren sind keine Sonderwünsche enthalten.

113
Das Honorar ist spätestens 7 Tage nach Erhalt der Rechnung zur Zahlung fällig. Die Zahlungen haben unbar zu erfolgen, und zwar auf das Konto der Firma.

114
Gewünschte Zusatzleistungen werden nach Absprache erbracht und gesondert honoriert. Auch das Honorar für Zusatzleistungen ist auf das vorbenannte Konto der Agentur zu überweisen.

§ 5

115
Dauer des Vertragsverhältnisses:

116
Das Vertragsverhältnis beginnt vom (evtl. Verlängerung bis zu Tagen nicht ausgeschlossen). Diese hat als „Anhang zum Vertrag“ bis zum schriftlich zu erfolgen.
117
Während der Dauer der Befristung kann das Vertragsverhältnis nicht ordnungsgemäß gekündigt werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt für beide Parteien unberührt.
Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die fristlose Kündigung erst nach erfolgter Abmahnung zulässig.

§ 6

118
Pflichten des Auftraggebers:

119
Der Auftraggeber, /der/die zu betreuende Person, verpflichtet sich, keine von der X vermittelten Betreuungskräfte/Haushaltshilfen abzuwerben, d. h. weder mit der Betreuungskraft direkt einen Vertrag abzuschließen, noch nach Beendigung eines Vertrages selbst direkt mit der Kraft einen neuen Vertrag abzuschließen.
Für den Fall der Zuwiderhandlung verpflichtet sich der Auftraggeber, der/die betreute Person – eine Vertragsstrafe von 3.000,00 € zu zahlen. Die Geltendmachung eines weitergehenden Schadensersatzanspruches bleibt unberührt.

120
Sonstiges:

121
Für Rechtsstreitigkeiten aus diesem Vertrag gilt deutsches Recht.

122
Gerichtsstand ist der Ort der Leistungserbringung.

123
Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages sind nur wirksam, wenn sie schriftlich geschlossen oder schriftlich wechselseitig bestätigt worden sind.

124
A, den
125
        (Betreuungskraft) (Auftraggeber)“
126
Des Weiteren stellte der Umsatzsteuersonderprüfer Folgendes fest: Die Betreuungskräfte hatten mit einer Ausnahme stets ein selbständiges Gewerbe angemeldet. Weihnachts- und Urlaubsgeld wurde an die Betreuungskräfte nicht gezahlt. Die Pflegetätigkeit selbst konnten die Betreuungskräfte inhaltlich unabhängig von der Klägerin ausgestalten.

127
Darüber hinaus stellte der Umsatzsteuersonderprüfer fest, dass die jeweilige Betreuerin sich schriftlich auf einem von der Klägerin erstellten Personalbogen um eine Tätigkeit bei der Klägerin beworben hatte. Sie hatte dazu einen entsprechenden Lebenslauf mit Ausbildungsnachweisen bzw. Nachweisen der bisherigen Tätigkeit, möglichem Einsatzbeginn und Verdienstvorstellung pro Monat eingereicht. Es war aber auch vorgekommen, dass sich die Klägerin bei den Betreuungskräften gemeldet und eine entsprechende Tätigkeit angeboten hatte. Die Klägerin hatte sich dann von den Betreuerinnen bevollmächtigen lassen, diese vor Behörden (insbesondere in Bezug auf die An-, Um- und Abmeldung eines Gewerbes vor den Meldebehörden, dem Ausländeramt und dem Finanzamt) umfassend zu vertreten. Die Betreuerinnen verfügten über keinen Betriebssitz und keine Büroausstattung. Sie hatten vielfach keine inländische Bankverbindung. Sie hatten auch keinerlei Werbemaßnahmen für ihre eigenen Tätigkeiten am Markt unternommen. Ebenso hatten sie auch keine Kundenakquise betrieben. Die Rechnungen der Betreuungskräfte waren durch die Klägerin geschrieben worden. Die Klägerin bewahrte diese Rechnungen sowie alle Dokumente/Unterlagen der Betreuerin auf. Die Aufbewahrung der den Betreuerinnen gehörenden Unterlagen erfolgte nach Aussage der Klägerin deshalb bei ihr, weil die Betreuerinnen diese Sachen sowieso verlegen oder wegwerfen würden. Diese Sachen seien aber noch für die Steuererklärungen der Betreuungskräfte benötigt worden.

128
Voraussetzung für eine Zusammenarbeit mit der Klägerin sei gewesen, dass die Betreuerinnen in Deutschland ein Gewerbe anmeldeten. Fast alle im Prüfungszeitraum ermittelten Betreuerinnen hatten jemals zuvor weder im Ausland noch im Inland ein Gewerbe angemeldet. In fast allen Fällen sind die Betreuerinnen von der Klägerin dazu angehalten worden, ein Gewerbe anzumelden. Als Betriebssitz wurde die Adresse der Klägerin oder die Adresse der Betreuungsbedürftigen genannt, in dessen Haushalt die Betreuerin während ihrer Tätigkeit wohnte.

129
Hinsichtlich der Bezahlung wurde festgestellt, dass die Betreuungsbedürftigen das für den jeweiligen Abrechnungszeitraum zu zahlende Entgelt zu Beginn des Abrechnungszeitraums oder vor Beginn dieses Zeitraums auf ein Konto der Klägerin gezahlt hatten. Dieses war bereits in den Vermittlungsverträgen zwischen den Betreuungsbedürftigen und der Klägerin geregelt.

130
Die Klägerin hat während der Außenprüfung diese Praxis damit begründet, dass die Betreuungsbedürftigen die Gewähr gehabt hätten, bei vorzeitiger Beendigung der Tätigkeit der Betreuerin ihr zu viel gezahltes Geld zurück zu bekommen, bzw. eine andere Betreuerin zu bekommen und die Klägerin selbst hätte die Gewähr gehabt, ihre Servicegebühr von der Betreuerin zu erhalten.

131
Erst nach Erbringen der Leistung durch die jeweilige Betreuerin wurde die an sie zu zahlenden Beträge ausgekehrt, wobei die Klägerin vorher ihre „Servicegebühr“ einbehalten hatte. Zum Teil waren auch Abschläge an die Betreuerinnen ausgezahlt worden, nach Auskunft der Klägerin jedoch immer nur soweit die Leistungen vorher erbracht worden waren. In vielen Fällen hatte die Klägerin Verrechnungen gegenüber den Betreuungsbedürftigen vorgenommen. Dabei ging es vornehmlich darum, dass innerhalb eines bereits vom Betreuungsbedürftigen bezahlten Zeitraums ein Wechsel der Betreuerin erfolgt war. In diesen Fällen wurden die Betreuungsbedürftigen von der Klägerin selbst angeschrieben. Auch wurden Betreuungsleistungen für einen Zeitraum abgerechnet, in dem bei einem Betreuungsbedürftigen mehrere Betreuungskräfte eingesetzt worden waren. Jedoch war aus der Rechnung nicht erkennbar, auf welche Kraft welcher Anteil des Entgelts entfallen war.

132
Die Klägerin hat die Einsätze der Betreuerinnen geleitet, hat die Verfahrensabläufe (z. B. den regelmäßigen Wechsel zweier Betreuerinnen) bestimmt, und hat auch bei Urlaub und Krankheit einer Betreuerin für Ersatz gesorgt. Die Betreuerinnen mussten lediglich die Klägerin entsprechend informieren. Sie brauchten aber nicht selbst für eine Ersatzkraft sorgen.

133
Die Klägerin führte umfangreiche Aufzeichnungen zu den Abrechnungen und erstellte Gewinnermittlungen. Ihr eigentlicher Gewinn resultierte aus den sog. Servicegebühren und der Organisationsgebühr. Diese wurden von ihr selbst bestimmt und betrugen bis zu 45 % der durch die Betreuungsbedürftigen zu zahlende Beträge.

134
Die vereinbarte Arbeitszeit konnte von den Betreuerinnen in gewissem Maße mitbestimmt werden. Es war jedoch nicht möglich einen Auftrag jederzeit selbst abzubrechen oder auszusetzen – es musste immer die Klägerin informiert werden. In den Serviceverträgen war vereinbart, dass die Betreuerinnen bei vorzeitiger Beendigung im ersten Monat eine Strafe von 580 € an die Klägerin zu zahlen hatten. Begründet wurde dies mit dem zusätzlichen Aufwand für die Suche einer anderen Betreuungskraft.

135
Die Abrechnungen gegenüber den Betreuungsbedürftigen bzw. deren Vertreter erfolgte mittels Berechnung von Tagespauschalen. Es wurden immer wieder die gleichen Pauschalen, bezogen auf die jeweiligen Tätigkeiten, berechnet. Die Betreuerinnen gaben in Befragungen des Zolls an, dass die Klägerin den Verdienst der jeweiligen Betreuerin festgelegt habe. Außerdem bekamen die Betreuerinnen nach eigenen Aussagen vorgefertigte Betreuungsverträge, in denen die Arbeitszeit, die Aufenthaltsdauer und die Tagespauschale bereits eingetragen waren.

136
Die Betreuerinnen betrieben selbst keinerlei Werbung. Werbemaßnahmen erfolgten durch die Klägerin unter dem Namen „Y“ in Form von Internetauftritten, Flyern, Visitenkarten und Zeitungsannoncen. Im Flyer und in Zeitungsannoncen hieß es u. a.: „Durch unser erfahrenes deutsches und osteuropäisches Pflege- und Betreuungspersonal …“ oder „Wir stellen ihnen qualifiziertes und zuverlässiges osteuropäisches Betreuungspersonal.“

137
Die Betreuerinnen hatten keinen Anspruch auf Krankengeld oder auf Urlaub. Sobald die zu pflegende Person verstarb oder ins Krankenhaus kam, hatte die Betreuungskraft zunächst kein Einkommen, bis sie eine neue Stelle durch die Agentur zugewiesen bekam.

138
Der Umsatzsteuersonderprüfer wie auch der Zoll und der Lohnsteueraußenprüfer kamen zu dem Ergebnis, dass es sich bei einer Gesamtbetrachtung der Verhältnisse und der tatsächlichen Durchführung der vorgenannten Leistungen nicht um eine Vermittlung, sondern um den Einsatz eigenen Personals gehandelt habe. Die Betreuerinnen seien nicht als Selbstständige anzusehen, sondern Arbeitnehmer der Klägerin. Hiernach ergaben sich nach Ansicht des Umsatzsteuersonderprüfers zusätzlich steuerpflichtige Umsätze in folgender Hohe: 30.850 EUR (2008), 88.431 EUR (2009) und 142.376 EUR (2010).

139
Der Beklagte erließ auf Grund der Prüfungsfeststellungen am 22. Dezember 2011 (für 2008 und 2009) und am 23. Dezember 2011 (für 2010) geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde mit diesen Änderungsbescheiden aufgehoben. Die Umsatzsteuer 2008 wurde auf 4.884,25 EUR, die Umsatzsteuer 2009 auf 28.828,65 EUR und die Umsatzsteuer 2010 auf 41.867,13 EUR festgesetzt. Gegen die Änderungsbescheide legte die Klägerin Einspruch ein, der mit Einspruchsbescheid vom 11. September 2012 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Dagegen erhob die Klägerin Klage.

140
Die Klägerin trägt vor, dass es sich bei den Betreuerinnen um selbstständig tätige Pflegekräfte und Haushaltshilfen handelte. Dafür spreche, dass die Betreuungskräfte gegenüber der Klägerin weder einen Anspruch auf Urlaub, noch einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gehabt hätten. Die Betreuerinnen hätten auch Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko getragen. Der Betreuungsvertrag sei zwischen der Betreuungskraft und der zu betreuenden Person abgeschlossen worden. Die Klägerin sei gerade nicht Vertragspartner geworden. Damit hätten auch nur die zu betreuende Person aus dem Betreuungsvertrag die Leistung von der Betreuungskraft fordern können. Ebenso hätte  aus dem Betreuungsvertrag auch nur für die zu betreuende Person die Zahlungsverpflichtung bestanden, nicht jedoch für die Klägerin. Die Verträge seien nicht nur ordnungsgemäß abgeschlossen worden, sondern auch wie vertraglich vereinbart, ausgeführt worden.

141
Es habe kein persönliches Abhängigkeitsverhältnis der Betreuungskräfte zu der Klägerin bestanden. Die Betreuungskräfte hätten auch eigenständig An- und Abfahrten organisiert. Auch hätten sie vor Ort eigenständig die einzelnen Dienstleistungen und Abläufe mit den zu Betreuenden vereinbart. Hiervon habe die Klägerin keine Kenntnisse gehabt. Gleiches gelte für die Einsatzzeiten. Zusatzleistungen hätten die Betreuungskräfte gesondert in Rechnung stellen können. Die Betreuungskräfte hätten auch selbständig Ersatzkräfte organisieren können. Dies sei auch zum Teil geschehen. Die Vertragsmuster seien nur zur Verfügung gestellt worden. Diese hätten individuell angepasst werden können.

142
Die Betreuungskräfte hätten auch nicht auf Dauer für einen Auftraggeber gearbeitet. Die Personalbögen seien geführt worden, um die Anforderungsprofile der Familie auf die der Betreuungskräfte abzustimmen. Dies sei wegen der sensiblen Situation bei der Pflege und Betreuung erforderlich gewesen. Auch sei die Beanspruchung der Klägerin durch die Betreuungskräfte als Agentur für diverse Bürodienstleistungen der Situation geschuldet, dass bei einer ausländischen Tätigkeit es sich anbiete, einen entsprechend sprach- und behördenkundigen Dienstleister in Anspruch zu nehmen. Von Bedeutung sei auch, dass die Betreuungskräfte vor Ablauf der vereinbarten Zeit aus verschiedenen Gründen vorzeitig die Betreuung beendet hätten.

143
Die Zahlungsmodalitäten (Zahlungen über das Konto der Klägerin) seien dem Interesse der Betreuten geschuldet. Diese hätten nur die Rechnungen bezahlen und nicht – wie die Betreuungskräfte es wünschten -, die Zahlungen in verschiedenen Formen vornehmen müssen (z. B. Zahlung auf ein polnisches Bankkonto, Barzahlung oder Zahlung auf ein deutsches Bankkonto).

144
Die „Strafgebühr“, die bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages mit der betreuten Person im ersten Monat zu zahlen gewesen sei, sei allein deshalb vereinbart worden, damit man auch von dem Vorhandensein der erforderlichen Qualifikationen der Betreuungskräfte ausgehen konnte. Es habe Fälle gegeben, in denen diese Qualifikationen von Anfang an nicht vorhanden waren, so dass das Vertragsverhältnis mit den Betreuten vorzeitig beendet worden sei.

145
Die Klägerin beantragt,

146
die Umsatzsteuerbescheide 2008 und 2009 vom 22. Dezember 2011 und den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 23. Dezember 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. September 2012 aufzuheben.

147
Der Beklagte beantragt,

148
die Klage abzuweisen.

149
Der Beklagte trägt unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung vor, dass es sich bei der Tätigkeit im Rahmen einer Gesamtbetrachtung um einen nichtselbstständige Tätigkeit der Betreuerinnen gehandelt habe.

150
Die Deutsche Rentenversicherung Bund bewertete die osteuropäischen Pflegerinnen als Selbständige. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266 a Strafgesetzbuch – StGB), wurde jedoch durch die Staatsanwaltschaft Hildesheim am 26. April 2012 wegen nicht nachzuweisender Arbeitnehmereigenschaft der osteuropäischen Pflegerinnen eingestellt (s. Az. Staatsanwaltschaft H …).

Entscheidungsgründe

151
I. Die Klage ist im Wesentlichen begründet.

152
Die Umsatzsteuerbescheide 2008 bis 2010 vom 22. Dezember 2011 bzw. vom 23. Dezember 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. September 2012 sind rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO -). Bei den Entgelten für die Betreuung der Pflegebedürftigen, handelt es sich um durchlaufende Posten i. S. v. § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG, die nicht zum steuerpflichtigen Entgelt der Klägerin gehören. Die Betreuerinnen übten ihre Tätigkeit als Betreuungskraft bzw. Haushaltshilfe selbständig aus.

153
Soweit eine Herabsetzung der Vorsteuerbeträge in den Streitjahren beantragt wurde, ist diese nicht vorzunehmen. Die Klägerin hat gegen die Änderungsbescheide aufgrund der Umsatzsteuersonderprüfung wegen der Kürzung der Vorsteuerbeträge keine Einwendungen erhoben.

154
1. Nach § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG gehören Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten) nicht zum steuerpflichtigen Entgelt. Ob ein solcher Fall gegeben ist, hängt bei Dienstleistungen davon ab, ob diese selbständig oder nichtselbständig durchgeführt wurden. Eine berufliche Tätigkeit wird nach der negativen Abgrenzung in § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind. Eine selbständige Tätigkeit liegt dagegen vor, wenn sie auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung ausgeübt wird (z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 9. Oktober 1996 XI R 47/96, BStBl II 1997, 255; Urteil vom 10. März 2005 V R 29/03, BStBl. II 2005, 730). Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend (BFH-Urteil vom 30. Mai 1996 V R 2/95 – Opernsängerin -, BStBl II 1996, 493; vom 9. Oktober 2002 V R 73/01 – Rundfunkermittler -, BFH/NV 2003, 132, jeweils m. w. N.). Besonderes Gewicht hat u. a. das Merkmal des Unternehmerrisikos in der Form des Vergütungsrisikos (z. B. BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BStBl II 1999, 534 m. w. N.; Urteil vom 9. Oktober 2002 V R 73/01 – Rundfunkermittler -, BFH/NV 2003, 132; Urteil vom 17. Oktober 1996 V R 63/94 – Fahrlehrer -, BStBl II 1997, 188; Urteil vom 10. März 2005 V R 29/03, BStBl. II 2005, 730). Wird eine Vergütung für Ausfallzeiten nicht gezahlt, spricht dies für Selbständigkeit (BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BStBl II 1999, 534; Urteil vom 3. August 1978 VI R 212/75, BStBl II 1979, 131, m. w. N.; Urteil vom 10. März 2005 V R 29/03, BStBl. II 2005, 730). Hingegen ist der Steuerpflichtige nichtselbständig tätig, wenn er von einem Vermögensrisiko der Erwerbstätigkeit grundsätzlich freigestellt ist (z. B. BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BStBl II 1999, 534, m. w. N.). Die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Merkmale, die im Einzelfall unterschiedlich gewichtet werden können, sind gegeneinander abzuwägen (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 2000 V R 28/99, BStBl II 2000, 597; Urteil vom 30. Mai 1996 V R 2/95 – Opernsängerin -, BStBl II 1996, 493). Indiz, aber nicht in erster Linie ausschlaggebend kann nach ständiger Rechtsprechung die sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung der Tätigkeit als selbständig oder unselbständig sein (z. B. BFH-Urteil vom 20. April 1988 X R 40/81, BStBl II 1988, 804; Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BStBl II 1999, 534, m. w. N.; BFH-Beschluss vom. 29. Juli 2003 V B 22/03, V S 3/03 (PKH), BFH/NV 2003, 1615; zur Eigenständigkeit des Begriffs „Arbeitnehmer“ auf den verschiedenen Rechtsgebieten vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs – BGH – vom 15. Dezember 1986 StbSt (R) 2/86, NJW 1987, 2751).

155
Die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen ist zwar grundsätzlich für die Umsatzsteuer, die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen (z. B. BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BStBl II 1999, 534; Urteil vom 30. Mai 1996 V R 2/95 – Opernsängerin -, BStBl II 1996, 493). Eine Bindung an die ertragssteuerrechtliche Beurteilung besteht für das Umsatzsteuerrecht jedoch nicht (insofern zu weitgehend Bundesministerium der Finanzen – BMF -, Schreiben vom 23. Dezember 2003, BStBl I 2004, 240, unter A.1).

156
2. Bei Beachtung dieser Grundsätze sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der rechtlichen Verhältnisse und der tatsächlichen Durchführung den Merkmalen, die für eine Selbständigkeit der Tätigkeit stehen, höheres Gewicht beizumessen als den Merkmalen, die für eine unselbständige Tätigkeit sprechen. Insbesondere sind folgende Umstände von besonderem Gewicht für die Selbständigkeit der Tätigkeit der Betreuerinnen:

157
Die Tätigkeit der Betreuungskräfte werden auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung ausgeübt (vgl. z. B. BFH vom 9. Oktober 1996 XI R 47/96, BStBl II 1997, 255; Urteil vom 10. März 2005 V R 29/03, BStBl. II 2005, 730). So haben die Betreuungskräfte selbst mit den Pflegebedürftigen oder deren Vertreter den Betreuungsvertrag abgeschlossen und somit hieraus einen eigenen Anspruch auf Zahlung des „Betreuungsgeldes“. § 1 des Mustervertrages zwischen der Betreuungskraft und der Klägerin zeigt, dass beide Parteien selbständig als freie Unternehmer tätig werden.

158
Des Weiteren tragen die Betreuungskräfte auch das Unternehmerrisiko, dem ein besonderes Gewicht zukommt (z. B. BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BStBl II 1999, 534 m. w. N.; Urteil vom 9. Oktober 2002 V R 73/01 – Rundfunkermittler -, BFH/NV 2003, 132; Urteil vom 17. Oktober 1996 V R 63/94 – Fahrlehrer -, BStBl II 1997, 188; Urteil vom 10. März 2005 V R 29/03, BStBl. II 2005, 730). Dies gilt insbesondere für das Vergütungsrisiko. Sollten die Betreuungsbedürftigen bzw. deren Vertreter nicht das „Betreuungsgeld“ zahlen, tragen die Betreuungskräfte selbst das Ausfallrisiko bzgl dieser Gelder.

159
Auch äußert sich das von den Betreuungskräften zu tragende Unternehmerrisiko darin, dass sie keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Urlaub oder auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hatten. Wurde eine Vergütung für Ausfallzeiten nicht gezahlt, spricht dies nämlich auch für eine Selbständigkeit (BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BStBl II 1999, 534; Urteil vom 30. Mai 1996 V R 2/95, BStBl. II 1996, 493; Urteil vom 3. August 1978 VI R 212/75, BStBl II 1979, 131, m. w. N.; Urteil vom 10. März 2005 V R 29/03, BStBl. II 2005, 730; vgl. auch OLG Frankfurt Beschluss vom 7. März 2014 1 Ws 179/13, juris Rz. 34 zur Strafbarkeit nach § 266 a StGB).

160
Für das von den Betreuerinnen zu tragende Unternehmerrisiko spricht des Weiteren der Vergütungsausfall im Krankheits- oder Todesfall des Betreuungsbedürftigen (vgl. OLG Frankfurt Beschluss vom 7. März 2014 1 Ws 179/13, juris Rz. 34 zur Strafbarkeit nach § 266 a StGB). Wie die Ermittlungen des Hauptzollamtes gezeigt haben (Bp-Akte Bl. 205), hatten die Betreuungskräfte keinen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Entgelts, wenn die zu pflegende Person verstarb oder ins Krankenhaus kam. Erst mit der Vereinbarung eines neuen Betreuungsvertrages erhielten sie wieder ein „Betreuungsgeld“. Zwar mag der Regelfall gewesen sein, dass die Betreuungskräfte im direkten Anschluss an eine solche Situation wieder eine neue Arbeitsstelle erhalten haben; gleichwohl war nicht ausgeschlossen, dass ein Vergütungsausfall eintreten konnte. Für die Annahme eines Unternehmerrisikos spricht weiter, dass die Pflegekräfte im Zusammenhang mit der Erbringung ihrer Arbeitskraft das Risiko des Ausfalls ihres Verdienstes bei „Kundeninsolvenz“ trugen. Zu dem Risiko des Verdienstausfalls bei „Kundeninsolvenz“ tritt – wenn auch in geringerem Umfang und geringer Wahrscheinlichkeit – ein Kapitalrisiko hinzu, weil sich der Einsatz von Reisekosten bei (vorzeitigem) Abbruch des „Einsatzauftrags“, etwa bei Versterben von Kunden oder deren Verlegung ins Krankenhaus oder Heim nicht lohnen konnte (vgl. OLG Frankfurt Beschluss vom 7. März 2014 1 Ws 179/13, juris Rz. 34 zur Strafbarkeit nach § 266 a StGB).

161
Die Betreuungskräfte unterlagen in der alltäglichen Arbeit nicht einer Weisungsgebundenheit bzgl. Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit (BFH-Urteil vom 30. Mai 1996 V R 2/95, BStBl. II 1996, 493). Die Tätigkeit in den Haushalten der Pflegebedürftigen war so gestaltet, dass die Pflegekräfte selbständig den Haushalt führten. Sie trugen allein die Verantwortung bzgl. der einzelnen Tätigkeiten. Die Klägerin hatte keine Kenntnis über die tatsächlichen Abläufe zwischen den Betreuten und den Betreuerinnen. Diese wurden zwischen dem Betreuten und der Betreuungskraft direkt abgesprochen. Der – gerade im Hinblick auf die zeitliche Dimension des „Einsatzauftrags“ (24-Stunden-Service) – auch geforderten Fähigkeit der Pflegekraft zur Reaktion auf die – sich ggf. ständig verändernde – aktuelle Betreuungs- und/oder Pflegesituation steht zwangsläufig eine Flexibilität im Handeln gegenüber, die dieser gerade wegen der Individualität und Einzigartigkeit dieser Situation prinzipiell einen großen Entscheidungsbereich belässt. Solche erheblichen Handlungsspielräume sind jedoch für eine arbeitnehmertypische Leistungspflicht uncharakteristisch (OLG Frankfurt Beschluss vom 7. März 2014 1 Ws 179/13, juris Rz. 27 zur Strafbarkeit nach § 266 a StGB). Weiterhin spricht auch für die Selbständigkeit der Tätigkeit der Betreuungskräfte, dass deren Tätigkeit nicht einer „Kontrolle“ durch die Klägerin unterlag. Sie konnten auch in eigener Entscheidung für Ersatz sorgen. Auch diese Möglichkeit spricht für eine selbständige Tätigkeit (vgl. OLG Frankfurt Beschluss vom 7. März 2014 1 Ws 179/13, juris Rz. 30 zur Strafbarkeit nach § 266 a StGB).

162
Zwar sah die Betreuungsvereinbarung zwischen der Pflegekraft und dem Pflegebedürftigen die Regelung von Arbeitszeiten vor (Rund-um-die-Uhr-Betreuung – 40 Arbeitsstunden pro Woche – 8 Arbeitsstunden pro Tag – s. § 3 des Betreuungsvertrages); jedoch ergibt sich daraus keine feste Arbeitszeit im Sinne der BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 30. Mai 1996 V R 2/95, BStBl. II 1996, 493; Urteil vom 14. Juni 1985 VI R 150-152/82, BStBl. II 1985, 661). Die Betreuungskräfte konnten innerhalb dieser Grenzen weitgehend selbst ihre Arbeitszeit bestimmen (vgl. zum Fall der Opernsängerin, die während der Proben und Aufführungen in dem Theaterbetrieb eingebunden war, BFH-Urteil vom 30. Mai 1996 V R 2/95, BStBl. II 1996, 493).

163
Weiterhin spricht für die Selbständigkeit der Betreuungskräfte, dass sie von der Klägerin sozialrechtlich als Selbständige behandelt wurden. Ihr Gewerbe wurde bei den Gemeinden angemeldet. Die Klägerin hatte auch eine sozialversicherungsrechtliche Anmeldung nicht vorgenommen. Diese sozialrechtliche Behandlung als Selbständige spricht ebenfalls als Indiz für eine selbständige Tätigkeit (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 30. Mai 1996 V R 2/95, BStBl. II 1996, 493; Urteil vom 14. Juni 1985 VI R 150-152/82, BStBl. II 1985, 661; Urteil vom 20. April 1988 X R 40/81, BStBl II 1988, 804; Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BStBl II 1999, 534, m. w. N.; BFH-Beschluss vom 29. Juli 2003 V B 22/03, V S 3/03 (PKH), BFH/NV 2003, 1615).

164
Auch die Gestaltung der Festsetzung der Betreuungsvergütung als eine Leistung, die von der Höhe der Servicegebühr unabhängig war, spricht für die Selbständigkeit. Denn insoweit wird damit eine strenge Trennung zwischen der Betreuungsvergütung aufgrund des Betreuungsvertrages und der Servicegebühr aufgrund des Dienstleistungsvertrages dokumentiert.

165
3. Demgegenüber fallen die Merkmale, die für eine unselbständige Tätigkeit sprechen, nicht ins Gewicht.

166
So kommt den Tatsachen, dass die Klägerin die werbende Tätigkeit ausgeübt hat, die vertraglichen Grundlagen vorgegeben hat, die Zahlung der Betreuerinnenvergütungen durch die Betreuungsbedürftigen über ihr Bankkonto erfolgte, eine untergeordnete Bedeutung zu. Diese Maßnahmen waren der besonderen Situation der Betreuungskräfte geschuldet. Sie beherrschten größtenteils nur eingeschränkt die deutsche Sprache, hatten meistens kein eigenes Bankkonto in Deutschland und kannten sich mit den Rahmenbedingungen einer eigenständigen Tätigkeit in Deutschland nicht aus. Dies erforderte eine unterstützende Leistung, die die Klägerin mit ihrer Agentur erbrachte. Überdies bestand das Interesse der Klägerin – wie sie selbst vorträgt – an der Abwicklung der Zahlungen über ihr eigenes Bankkonto darin, ihre eigenen Zahlungsansprüche (Servicegebühr) gegenüber den Betreuungskräften sicher zu stellen. Auch kann letztlich zurücktreten, dass die Klägerin und nicht die Pflegekräfte selbst eine werbende Tätigkeit entfaltete – Kundenwerbung betrieb – und „Einsatzaufträge“ aquirierte, weil sie Kunden damit lediglich an die jeweiligen Pflegekräfte vermittelte und in diesem Zusammenhang für diese den Kontakt zu den Betreuten herstellte, (vgl. hierzu auch: Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R –, juris; OLG Frankfurt Beschluss vom 7. März 2014 1 Ws 179/13, juris Rz. 36 zur Strafbarkeit nach § 266 a StGB). Diese Leistung wurde mit dem Bezug der „Servicegebühren“ abgegolten.

167
Soweit in Nr. V der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Vermittlungsvertrages vereinbart wurde, dass die pflegebedürftige Person keinen gesonderten Betreuungsvertrag mit der Betreuungskraft bei Zahlung einer Strafe von 3.000 EUR abschließen durfte, so bezweckte diese vertragliche Regelung nur den Schutz der eigenen Ansprüche der Klägerin aus ihren Verträgen mit den Betreuungskräften und den Pflegebedürftigen. Sie ändert aber nichts an der grundsätzlich gewollten selbständig wirksamen vertraglichen Regelung zwischen der pflegbedürftigen Person und der Betreuungskraft, die den Dienstleistungen zunächst zugrundelag.

168
Auch sieht der Senat als nicht maßgeblich an, dass die Rechnungen über die Betreuungsleistungen durch die Klägerin erstellt wurden. Dies war gerade Gegenstand der Leistung der Klägerin gegenüber der Betreuungskraft, wofür diese die Servicegebühr zu zahlen hatte (vgl. OLG Frankfurt Beschluss vom 7. März 2014 1 Ws 179/13, juris Rz. 24 zur Strafbarkeit nach § 266 a StGB).

169
Soweit die Pflegekräfte in der Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden und sie als „ein Teil in der Kette der den jeweiligen Kunden zur Verfügung gestellten Pflegepersonen“ eingegliedert waren und deshalb zu einem „Pool“ von Einsatzkräften gehörten, besagt über deren Eingliederung in das Unternehmen der Klägerin nichts (vgl. zum Status in einem „Personalpool“ BSG – Urteil v. 28. Mai 2008 B 12 KR 13/07 R, juris; OLG Frankfurt Beschl. v. 7. März 2014 1 Ws 179/13, juris Rz. 32 zur Strafbarkeit nach § 266a StGB).

170
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Nebenentscheidungen folgen aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

171
III. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Einkommensteuer: Altenteilsleistungen als Betriebsausgaben

Niedersächsisches Finanzgericht 4. Senat, Urteil vom 28.01.2015, 4 K 233/14

§ 10 Abs 1 Nr 1a EStG, § 12 EStG, § 323 ZPO, § 4 Abs 4 EStG

Tatbestand

1
Streitig ist, ob die vom Kläger aufgrund eines Wirtschaftsüberlassungsvertrags an seine Eltern erbrachten Leistungen als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft abziehbar sind.

2
Der Kläger wohnte im Streitjahr mit seinen Eltern in einem Haushalt und erzielte aus der Bewirtschaftung des im Eigentum seiner Eltern stehenden Hofes Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Den Gewinn ermittelte er durch Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach dem gemäß § 4a Abs. 1 Nr. 1 EStG bestimmten Wirtschaftsjahr. Der Betrieb besteht aus ca. 21 ha Eigenland, ca. 1,5 ha Hof- und Gebäudeflächen und ca. 20 ha Pachtland. Das Entgelt für das Pachtland betrug im Streitjahr ca. 3.350 EUR.

3
Durch Nutzungsüberlassungsvertrag vom 1. Juli 2008 überließen die Eltern dem Kläger als Vorstufe zur Hofübergabe die Bewirtschaftung des zuvor vom Vater des Klägers bewirtschafteten Hofes für die Zeit ab dem 1. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2018. Überlassen wurde die Nutzung des gesamten landwirtschaftlichen Betriebes mit Ausnahme der Wohnung und es wurden die Pachtflächen einschließlich der Zahlungsansprüche unterverpachtet. Gemäß § 7 des Vertrags hatte der Kläger alle auf dem Betrieb ruhenden öffentlichen Abgaben und Lasten und die Versicherungsprämien für alle Gebäude und baulichen Anlagen zu übernehmen. In § 8 des Vertrages war folgende Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung vereinbart:

4
„Der Nutzungsberechtigte übernimmt für die Dauer der Nutzungsüberlassung die Heizungs-, Strom-, Wasser-, Abwasser und Müllabfuhrkosten sowie die Unterhaltungsaufwendungen, die in der von den beiden Berechtigten auf der Hofstelle genutzten Wohnung anfallen. Außerdem werden vom Nutzungsberechtigten die Kosten der Lebenshaltung für die Überlasser übernommen.

5
Außer diesen unbaren Leistungen erhalten der Überlasser und dessen Ehepartner eine monatliche Barleistung in Höhe von 200,00 EUR insgesamt.

6
Der Betrag ist jeweils zum 5. Tag eines Kalendermonats fällig.

7
Ändern sich die wirtschaftlichen und geldlichen Verhältnisse allgemein in dem Maße, dass die Höhe der Barleistung nicht mehr angemessen ist, so kann jede Partei eine Anpassung verlangen.

8
Die Anpassung wird dabei sowohl unter Berücksichtigung der Richtwertdeckungsbeiträge der Landwirtschaftskammer Niedersachsen als auch des Preisindexes für die Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte in Deutschland nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes vorgenommen.

9
Im Übrigen gelten die Bestimmungen des § 323 der Zivilprozessordnung als vereinbart.“

10
Die vereinbarte Barzahlung überwies der Kläger erstmals ab September 2008 als Dauerauftrag mit dem Verwendungszweck „Pacht“ auf ein Konto seiner Mutter. In seiner Buchführung buchte er Entnahmen für die Kosten der Lebenshaltung mit 9.425 EUR (Wj 2008/2009) bzw. 9.805 EUR (Wj 2009/2010). Wegen der Einzelheiten der Ermittlung wird auf die Seiten 9 der Einnahme-Überschussrechnungen verwiesen.

11
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2009 erklärte der Kläger bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft einen Gewinn in Höhe von 18.709 EUR. Bei den Sonderausgaben machte er im Zusammenhang mit der Nutzungsüberlassung zunächst dauernde Lasten in Höhe von insgesamt 3.520 EUR (Barleistungen in Höhe von 2.400 EUR und Sachleistungen in Höhe von 1.120 EUR) geltend. Mit Einkommensteuerbescheid vom … setzte der Beklagte (das Finanzamt – FA -) die Einkommensteuer 2009 zwar unter Ansatz der vom Kläger erklärten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft jedoch ohne Berücksichtigung der dauernden Lasten fest. Es vertrat die Ansicht, dass es sich bei dem Nutzungsüberlassungsvertrag um einen sog. Neuvertrag handele, bei dem die Leistungen nach Rz. 22 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 11. März 2010 (BStBl I 2010, 227) nicht mehr abzugsfähig seien.

12
Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück. Das anschließende Klageverfahren, mit dem der Kläger zunächst weiter den Abzug der dauernden Lasten als Sonderausgaben begehrte, ruhte im Einverständnis der Beteiligten bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Revisionsverfahren X R 16/13. In diesem Verfahren bestätigte der BFH mit Urteil vom 25. Juni 2014 (BFHE 246, 172, BStBl II 2014, 889) die Auffassung des FA, dass nach der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2008 die auf einem Wirtschaftsüberlassungsvertrag beruhenden Leistungen des Nutzungsberechtigten nicht mehr als Sonderausgaben abziehbar seien. Allerdings war der BFH der Ansicht, dass unter Berücksichtigung der Regelung in § 12 EStG noch zu prüfen sei, ob und ggf. in welcher Höhe die Altenteilsleistungen als Betriebsausgaben abziehbar seien.

13
Der Kläger macht geltend, dass die ihm nach § 8 des Nutzungsüberlassungsvertrages entstandenen Aufwendungen nunmehr als Betriebsausgaben abziehbar seien und sich der Gesamtbetrag im Streitjahr auf 8.560 EUR erhöhe, weil noch weitere Leistungen zu berücksichtigen seien. Er sei vertraglich zur Übernahme der Lebenshaltungskosten verpflichtet und deren Wert sei nach den von der OFD Niedersachsen veröffentlichten Nichtbeanstandungsgrenzen für unbare Altenteilsleistungen bei Land- und Forstwirten vom 22. Januar 2014 anzusetzen. Mit dem im Wirtschaftsüberlassungsvertrag verwendeten Begriff „Kosten der Lebenshaltung“ seien die Kosten der täglichen Lebenshaltung, also insbesondere der Beköstigung, gemeint.

14
Zwar seien die nach dem Vertrag geschuldeten Barleistungen für die Monate Juli und August 2008 nicht gezahlt worden; im Rahmen einer Gesamtwürdigung halte der vertraglich vereinbarte Wert der Gegenleistung einem Fremdvergleich aber stand. Der Betrieb werde im Nebenerwerb bewirtschaftet und die Gewinne hätten in den letzten Jahren durchschnittlich 15.000 EUR im Jahr betragen, während sich die dauernden Lasten und sonstigen Abgaben sich auf 6.000 EUR /Jahr beliefen.

15
Der Kläger beantragt,

16

17
Der Beklagte beantragt,

18
die Klage abzuweisen.

19
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die aufgrund des Nutzungsüberlassungsvertrags vom Kläger erbrachten Altenteilsleistungen auch nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden können und führt zur Begründung aus, dass der BFH im Urteil vom 25. Juni 2014 die Frage des Betriebsausgabenabzugs lediglich als hypothetisch in Betracht kommende Möglichkeit erörtert habe. Eine betriebliche Veranlassung der Leistungen sei jedoch nicht ersichtlich. Vielmehr teile man die Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts, das mit Urteil vom 14. September 2005 (12 K 635/00, EFG 2006, 105) entschieden habe, dass bei Wirtschaftsüberlassungsverträgen die vereinbarte Gegenleistung lediglich die Versorgung des Empfängers sicherstellen solle und es damit an einem Pachtzins und folglich an einem Entgelt fehle. Auch im Streitfall sei die Versorgung der Hofeigentümer die im Vordergrund stehende Motivation, weil der Kläger nach dem Vertragsinhalt im Wesentlichen typische Altenteilsleistungen zu erbringen habe. Schon die Verpflichtung zur Zahlung einer monatlichen Barleistung in Höhe von 200 EUR sei unangemessen niedrig, dass diese nicht als Pachtzins qualifiziert werden könne und die Zahlungen unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 EStG fielen.

Entscheidungsgründe

20
I. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Steuerbescheid verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weil das FA die aufgrund des Nutzungsüberlassungsvertrages erbrachten Leistungen des Klägers an seine Eltern zu Recht weder als Betriebsausgaben noch als Sonderausgaben berücksichtigt hat.

21
1. Die vom Kläger aufgrund von § 8 des Nutzungsüberlassungsvertrags geschuldeten und erbrachten Bar- und Sachleistungen stellen dauernde Lasten dar. Dauernde Lasten sind wiederkehrende Leistungen, die auf einem besonderen Verpflichtungsgrund beruhen, aber ungleichmäßig und abänderbar sind und/oder deren Leistungsinhalt nicht zwingend in Geld oder vertretbaren Sachen besteht (Weber-Grellet in Schmidt, EStG 33. Auf. § 22, Rz. 47). Nach § 8 Abs. 1 des Nutzungsüberlassungsvertrages hatte der Kläger für die Übernahme der Bewirtschaftungsmöglichkeit neben der betragsmäßig festgelegten, monatlich zu zahlenden Barleistung weitere in wechselnder Höhe anfallende Verbrauchskosten sowie nicht näher spezifizierte Kosten für Unterhaltungsaufwendungen in der von den Eltern und ihm selbst genutzten Wohnung und die Kosten der Lebenshaltung der Eltern zu übernehmen.

22
2. Die dauernden Lasten sind entgegen der Auffassung des Klägers nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 4 EStG alle Aufwendungen, die durch den Betrieb des Steuerpflichtigen veranlasst sind. Dieser Veranlassungszusammenhang ist nach der neueren Rechtsprechung des BFH auch bei Leistungen aufgrund eines Wirtschaftsüberlassungsvertrags zwar auch gegeben, wenn der Hofeigentümer seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu einem angemessenen – d.h. fremdüblichen – Entgelt an den Wirtschaftsübernehmer überlässt, weil sie dann als Gegenleistung für den Erwerb eines zur Einkünfteerzielung genutzten Wirtschaftsgutes gezahlt werden (BFH-Urteil vom 25. Juni 2014, X R 16/13, BFHE 246, 172, BStBl II 2014, 889, unter II.I. c) dd)). Im Streitfall kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die vereinbarten Leistungen der Höhe nach fremdüblich sind, weil die in § 8 des Nutzungsüberlassungsvertrages getroffenen Regelungen zur Gegenleistung einem Fremdvergleich insgesamt nicht standhalten und die Leistungen des Klägers an seine Eltern als Zuwendungen im Sinne von § 12 Nr. 2 Alt. 2 EStG vom Abzug ausgeschlossen sind.

23
a) Die steuerliche Anerkennung eines wie im Streitfall mit einem nahen Angehörigen geschlossenen Vertrages setzt u.a. voraus, dass das Vereinbarte und die Durchführung einem Fremdvergleich standhalten (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 2008 IX R 78/07, BStBl II 2009, 299; vom 22. Februar 2007 IX R 45/06, BStBl II 2011, 20 m.w.N.). Für Miet- oder Pachtverträge bedeutet dies, dass die in §§ 535, 581 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bestimmten vertraglichen Hauptpflichten der Vertragsparteien, wie das Überlassen einer konkret bestimmten Sache und die Höhe der zu entrichtenden Pacht klar und eindeutig geregelt sein müssen (vgl. zu den insoweit übereinstimmenden Anforderungen an Mietverträge: BFH-Urteile vom 6. August 2013 VIII R 33/11, BFH/NV 2014, 151; vom 20. Oktober 1997 IX R 38/97, BStBl II 1998, 106). Diese an die Anerkennung von Angehörigenverträgen gestellten Anforderungen sind als Anhaltspunkte im Rahmen einer Gesamtbetrachtung bei der Entscheidung, ob die streitigen Aufwendungen in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Erzielen von Einkünften stehen oder dem nicht steuerbaren privaten Bereich (§ 12 EStG) zugehörig sind, zu würdigen (vgl. BFH-Urteil vom 3. März 2004 X R 14/01, BFHE 205, 261, BStBl II 2004, 826). In diesem Zusammenhang sind an den Nachweis eines ernsthaften Vertragsverhältnisses umso strengere Anforderungen zu stellen, je mehr die Umstände auf eine private Veranlassung hindeuten (BFH-Urteil vom 06. August 2013 VIII R 33/11 BFH/NV 2014, 151). Für das Vorhandensein eines steuerrechtlich anzuerkennenden Vertragsverhältnisses als steuermindernde Tatsache trägt der Steuerpflichtige die volle Darlegungs- und Beweislast (vgl. BFH-Urteil vom 13. April 2010, VIII R 27/08 BFH/ NV 2010, 2038 m.w.N.).

24
b) Unter Beachtung dieser Grundsätze hält der zivilrechtlich wirksam zustande gekommene Nutzungsüberlassungsvertrag vom 1. Juli 2009 in Bezug auf den in § 8 des Vertrages vereinbarten Vertragsinhalt einem Fremdvergleich nicht stand.

25
aa) Schon die ausdrückliche Vereinbarung der Abänderbarkeit der Gegenleistung unter den Voraussetzungen des § 323 ZPO (in der im Streitjahr geltenden Fassung -a.F.-) ist nur unter nahen Angehörigen vorstellbar und muss deshalb als fremdunüblich angesehen werden. Die Abänderung vertraglich vereinbarter Altenteilsleistungen ist bei einer erheblichen Veränderung der für ihre Festsetzung maßgebend gewesenen allgemeinen Verhältnisse zulässig und dies gilt auch dann, wenn die Veränderung lediglich in den persönlichen Verhältnissen der Beteiligten eingetreten ist (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 8. Oktober 1957, V BLw 12/57, BGHZ 25, 293, NJW 1957, 1798). Bei einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO ist nicht nur das (gestiegene) Versorgungsbedürfnis des Vermögensübergebers, sondern auch die (ggf. verminderte) Leistungsfähigkeit des Vermögensübernehmers zu berücksichtigen (BFH-Beschluss vom 9. Mai 2007, X B 162/06 BFH/NV 2007, 1501 unter 1d)).

26
Die Möglichkeit der Abänderung nach § 323 ZPO a.F. trägt damit nicht nur den allgemeinen, von den Verhältnissen der Vertragsparteien unabhängigen Veränderungen in der Vertragsbeziehung Rechnung, sondern soll gerade der individuellen Entwicklung der Verhältnisse einer jeden Vertragspartei Rechnung tragen. Es ist im Geschäftsleben nur schwer vorstellbar, dass ein fremder Vermieter oder Verpächter eine Entgeltminderung aus allein in der Person des Mieters/Pächters liegenden Gründen akzeptieren würde, ebenso wenig würde sich ein Mieter/Pächter mit einer Miet- oder Pachterhöhung einverstanden erklären, weil z.B. der Vermieter/Verpächter aus allein in seiner Person liegenden Gründen mehr Geld benötigt.

27
bb) Auch die weiteren, in § 8 des Nutzungsüberlassungsvertrages getroffenen Regelungen werden den Anforderungen, die im Rahmen eines Fremdvergleichs gestellt werden, nicht gerecht, weil diesen nicht entnommen werden kann, welche Sachleistungen der Kläger überhaupt zu erbringen hat. Als vertragstypische Hauptpflicht ist nach den zivilrechtlichen Regelungen (z.B. § 535 Abs. 2, § 581 Abs. 1 S. 2 BGB) jedoch vorgesehen, dass die vereinbarte Gegenleistung entrichtet wird. Den vertraglichen Regelungen lässt sich nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit entnehmen, welche Höhe die Gegenleistung, die der Kläger für die Nutzungsüberlassung zu erbringen hat, haben soll. Auch wenn es für die Anerkennung eines Vertrages generell unschädlich ist, wenn neben den Barzahlungen auch Sachleistungen vereinbart werden, weil diese ebenfalls zu den Entgelten im Sinne von § 21 EStG rechnen (BFH-Urteil vom 6. August 2013 VIII R 33/11 BFH/NV 2014, 151), müssen doch auch die Sachleistungen so genau bestimmbar sein, dass für die Vertragspartner feststellbar ist, welchen Geldwert diese haben, da anderenfalls die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung nicht überprüft werden kann.

28
Soweit als Gegenleistung die Übernahme der Hausneben- und Energiekosten vereinbart ist, können die vom Kläger insoweit zu übernehmenden Kosten im Rahmen einer Aufteilung der Gesamtkosten nach der Kopfzahl der im Haushalt lebenden Personen (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 31. März 2010 4 K 18/08, EFG 2010, 1610) noch bestimmt werden. Dagegen lässt sich die Höhe bzw. der Umfang der vom Kläger zu übernehmenden „Kosten der Lebenshaltung“ nicht ansatzweise ermitteln. Es bleibt schon unklar, welche Kostenfaktoren die Vertragsparteien dem Begriff „Kosten der Lebenshaltung“ überhaupt zugerechnet haben. Der Klägervertreter hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er selbst hierunter lediglich die Kosten der täglichen Lebenshaltung, also insbesondere der Beköstigung, versteht. Demgegenüber gehören zu den Lebenshaltungskosten nach allgemeiner Ansicht und dem Inhalt des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Warenkorbs nicht nur die Ausgaben für Nahrungsmittel, sondern auch die Ausgaben für Wohnen, Bekleidung, Gesundheit, Freizeit und Unterhaltung, Bildung und Kultur und Kommunikation (www.destatis.de). Da nicht geregelt ist, welche der oben aufgeführten Kostenfaktoren überhaupt Bestandteil der Regelung sind, bleibt auch offen, mit welchem Wert die vom Kläger insoweit zu erbringenden Gegenleistung zu bewerten ist. Selbst wenn man unterstellt, dass der Kläger gegenüber seinen Eltern für sämtliche Kosten, die vom Statistischen Bundesamt den Kosten der Lebenshaltung zugerechnet werden, aufkommen wollte, sind diese dennoch nicht von vornherein der Höhe nach bestimmbar, weil diese darüber hinaus wesentlich von dem Ausgabeverhalten der Eltern abhängen und damit regelmäßige Wertschwankungen nach oben wie auch nach unten möglich sind. Die Eltern konnten allein durch ihr Ausgabeverhalten nach Belieben die Höhe der vom Kläger für die Nutzungsüberlassung an sie zu leistenden Aufwendungen und im Ergebnis die Höhe der Gegenleistung beeinflussen. Der Senat ist davon überzeugt, dass sich kein fremder Dritter auf eine derart unklare Regelung, die dem Nutzungsberechtigten in Bezug auf die Höhe der zu erbringenden Gegenleistung so gut wie keine Planungssicherheit bietet, eingelassen hätte.

29
Da der Kläger zudem auch nach § 1601 BGB seinen Eltern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet ist, sind die aufgrund des Vertrages an seine Eltern geleisteten Zuwendungen als Zuwendungen im Sinne des § 12 Nr. 2 EStG vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen.

30
2. Die Aufwendungen des Klägers sind nach der Entscheidung des BFH im Urteil vom 25. Juni 2014 (X R 16/13, BFHE 246, 172, BStBl II 2014, 889) auch nicht mehr als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar. Der Senat folgt dieser Auffassung und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des BFH-Urteils vom 25. Juni 2014. Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

31
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger nach § 135 Abs. 1 FGO zu tragen. Die Revision wird zugelassen, weil die Frage, inwieweit die Vereinbarung der Abänderung nach § 323 ZPO im Rahmen eines Überlassungsvertrages der Annahme von Betriebsausgaben entgegensteht, nicht höchstrichterlich geklärt ist.

Aufwendungen für ein Dienstjubiläum als Werbungskosten

Niedersächsisches Finanzgericht 4. Senat, Urteil vom 03.12.2014, 4 K 28/14

§ 12 Nr 1 S 2 EStG, § 19 EStG, § 19 Abs 1 EStG, § 9 Abs 1 S 1 EStG

Tatbestand

1
Streitig ist, ob der Kläger die Aufwendungen, die ihm im Zusammenhang mit der Ausrichtung einer Feier anlässlich seines 40-jährigen Dienstjubiläums entstanden sind, als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 des Einkommen-steuergesetzes [EStG]) abziehen kann.

2
Der Kläger war Beamter des Landes B. Im Streitjahr war er als Sachgebietsleiter für Vollstreckung und Steuerfahndung sowie als Vertreter des ständigen Vertreters des Vorstehers beim Finanzamt A eingesetzt und wurde bei diesem auch zur Einkommensteuer veranlagt. Neben den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit erzielte er Einkünfte aus anderen nicht streitbefangenen Einkunftsarten.

3
Im April 2006 beging er sein 40-jähriges Dienstjubiläum und lud aus diesem Anlass an einem Montag für die Zeit von 11 bis 13 Uhr zu einer Feier in den Sozialraum des Finanzamtes A ein. Die Einladung richtete er per E-Mail an alle Amtsangehörigen des Finanzamts A sowie an die in dem Amtsgebäude ebenfalls tätigen Bediensteten des Finanzamts für Großbetriebsprüfung. Wegen des Inhalts der Einladung wird auf das als Anlage K 1 eingereichte Einladungsschreiben verwiesen. Zur Bewirtung der Gäste bestellte er für 50 Personen Häppchen und kaufte Wein und Sekt ein. Die ihm durch die Feier entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 830 EUR machte er für das Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend.

4
Das Finanzamt A erkannte die Aufwendungen nicht als Werbungskosten an und setzte zunächst mit Einkommensteuerbescheid vom … und später mit geändertem Einkommensteuerbescheid vom … 2007 die Einkommensteuer fest. Gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und führte zur Begründung an, dass die im Einkommensteuerbescheid maschinell angebrachten Vorläufigkeitsvermerke rechtswidrig seien. Da wegen dieser Frage ein Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig war, ließ das Finanzamt A das Einspruchsverfahren mit Zustimmung des Klägers bis zum Abschluss des Revisionsverfahrens ruhen.

5
Der Kläger verzog unterdessen in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Nach Beendigung des beim BFH anhängigen Revisionsverfahrens nahm der Beklagte das Einspruchsverfahren wieder auf. Nunmehr beantragte der Kläger im Juni 2013 den Abzug der bislang nicht anerkannten Aufwendungen für die Jubiläumsfeier als Werbungskosten. Er trug hierzu vor, dass er der einzige Veranstalter gewesen sei und bis auf eine Person nur Kolleginnen und Kollegen aus dem Finanzamt A sowie der im Gebäude untergebrachten Dienststelle des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung anwesend gewesen seien. Er habe eine Genehmigung durch den Vorsteher und die Geschäftsstelle erhalten. Eine Gästeliste habe es nicht gegeben, da er alle im Gebäude tätigen Personen eingeladen habe. Teilgenommen hätten bis auf einen kurz zuvor pensionierten Kollegen nur aktive Kolleginnen und Kollegen. Abgesehen von einem örtlichen Funktionsträger der Deutschen Steuergewerkschaft seien andere Personengruppen, wie z.B. Steuerberater, die örtliche Stadtverwaltung oder die Presse, nicht eingeladen worden. Er sei seit vielen Jahren Vertreter des ständigen Vertreters des Vorstehers und Schwerbehindertenvertreter gewesen und habe an Sitzungen des Personalrats teilgenommen, so dass diese Veranstaltung für ihn einen rein beruflichen Charakter gehabt habe. Hierfür spreche auch, dass keine Angehörigen und Freunde teilgenommen hätten. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 6. März 2008, VI R 68/06, BFH/NV 2008, 1316) stehe dieser beruflichen Veranlassung von Bewirtungsauf-wendungen auch nicht entgegen, dass er keine erfolgsabhängigen Einnahmen erziele.

6
Im Rahmen der Einspruchsbearbeitung stellte der Beklagte bei der Überprüfung der Werbungskosten fest, dass ein Betrag in Höhe von 126 EUR, der für die Anschaffung eines Samsung Drucker erklärt war, tatsächlich auf die Anschaffung einer Digitalkamera mit Wechselobjektiv entfiel. Der Beklagte war der Auffassung, dass diese Aufwendungen nicht beruflich veranlasst seien, setzte nach Androhung der Verböserung die Einkommensteuer entsprechend herauf und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

7
Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass ein Werbungskostenabzug wegen der Regelung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ausgeschlossen sei, da die Aufwendungen die Lebensführung des Klägers beträfen und durch seine gesellschaftliche Stellung bedingt seien. Die Abgrenzung der beruflichen und privaten Veranlassung sei anhand einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen. Der Anlass der betreffenden Veranstaltung sei ein Indiz. Aufwendungen für die Bewirtung von Gästen aus Anlass eines in der privaten Sphäre des Einladenden liegenden persönlichen Ereignisses seien grundsätzlich als nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung zu bewerten. Das Dienstjubiläum sei so ein Ereignis. Darüber sei auch von Bedeutung, wer als Gastgeber aufgetreten sei, wer die Gästeliste bestimmt habe und ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter des Steuerpflichtigen oder Arbeitgebers, um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen gehandelt habe. Ebenso werde berücksichtigt, in wessen Räumlichkeiten bzw. an welchem Ort die Veranstaltung stattgefunden habe. Ein starkes Indiz für die berufliche Veranlassung der Bewirtung liege vor, wenn der Arbeitgeber die Veranstaltung ohne Mitspracherecht des betroffenen Beschäftigten organisiere und ausrichte. Im Gegensatz hierzu habe der Kläger seine Kollegen bewirtet und die Feier nach eigenem Ermessen und mit eigener Entscheidungsbefugnis ohne Einflussnahme durch den Dienstvorgesetzten ausrichten können und auch die Gästeliste selbst bestimmt.

8
Mit der Klage begehrt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus dem Vorverfahren den Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten. Er ist der Ansicht, dass er selbst nicht als Gastgeber aufgetreten sei, weil er lediglich die ihm von seinem Arbeitgeber geboten Möglichkeiten genutzt habe. Die Gästeliste habe er nicht selbst bestimmt, weil die Einladung ohne Ausnahme an alle im Amtsgebäude tätigen Bediensteten gerichtet worden sei. Aus dem privaten Umfeld sei lediglich der Sohn seiner verstorbenen Partnerin bei dem Jubiläum anwesend gewesen, wobei dieser auch erst nach Ablauf der offiziellen Zeit erschienen sei. Soweit das Finanzamt darauf abstelle, dass alle Begegnungen der Pflege der persönlichen Beziehungen zu Mitarbeitern und Kollegen gedient hätten, könne dies kein Einfluss auf die Beurteilung der Abzugsfähigkeit der Kosten haben.

9
Soweit der BFH im Beschluss vom 24. September 2013 (Az. VI R 35/11, BFH/NV 2014, 500) die Versagung des Werbungskostenabzugs bei einem Priester bestätigt habe, sei dem entgegenzuhalten, dass der diesem Beschluss zugrunde liegende Sachverhalt in wesentlichen Punkten anders gelagert sei als sein Fall. So habe der Priester kein Dienstjubiläum, sondern den „Jahrestag des Empfangs der Priesterweihe“ begangen, welcher im Gegensatz zu seinem Dienstjubiläum ein höchstpersönliches Ereignis sei. Außerdem habe der Kläger im Gegensatz zu ihm die Feier nicht im Dienstgebäude durchgeführt, und diese sei nicht wie seine Veranstaltung auf zwei Stunden begrenzt gewesen, sondern habe 2 Tage gedauert. Schließlich seien die Gäste in dem Entscheidungsfall besonders ausgewählt worden und habe sich die Einladung auch an private Gäste sowie Familienmitglieder gerichtet, während er sich auf alle in dem Amtsgebäude tätigen Bediensteten beschränkt habe. Da er alle Amtsangehörigen eingeladen habe, habe er keine eigene Auswahl der Gäste getroffen, und der Umstand, dass es sich bei den Gästen um eine homogene Gruppe gehandelt habe und weder Person des öffentlichen Lebens, Steuerberater, Oberbehörden usw. noch Freunde und Familie eingeladen gewesen seien, belege die berufliche Veranlassung seiner Feier.

10
Der Beklagte hält unter Bezugnahme auf seine Begründung im Einspruchsbescheid an seiner im Vorverfahren vertretenden Auffassung fest und trägt ergänzend vor, dass insbesondere der Umstand, dass nicht die vorgesetzte Dienstbehörde, sondern der Kläger selbst die Kollegen, die er als Gäste bewirtet habe, bestimmt und eingeladen habe, ohne insoweit durch Anweisungen oder Vorgaben seines Dienstherrn eingeschränkt gewesen zu sein, ein Indiz für die private Veranlassung der Jubiläumsfeier sei. Wenn Angestellte und Beamte auf eigene Initiative und Kosten für Kollegen eine Feier organisierten, spreche vieles dafür, dass die privaten Gründe in den Vordergrund getreten seien, weil dann die Pflege der persönlichen Beziehungen zu Mitarbeitern und Kollegen einen hohen Stellenwert einnehme.

Entscheidungsgründe

11
Die Klage ist unbegründet.

12
I. Der angefochtene Bescheid verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weil der Beklagte es zu Recht abgelehnt hat, die Aufwendungen für die Jubiläumsfeier als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

13
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung und zuletzt im Beschluss vom 24. September 2013 VI R 325/11, BFH NV 2014, 500, ausgeführt, dass Werbungskosten vorliegen,

14
wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. Davon ist auszugehen, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind, d. h. wenn sie wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit stehen. Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die – wertende – Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments“, zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbsfähre. Dabei bilden die Gründe die den Steuerpflichtigen zu den Aufwendungen bewogen haben das auslösende Moment. Ergibt die Prüfung, dass die Aufwendungen nicht oder nur in unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung der Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen beruhen, so sind sie als Werbungskosten grundsätzlich abzuziehen. Beruhen die Aufwendungen hingegen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf beruflichen Umständen, so sind sie nicht abziehbar.“

15
Der Senat teilt diese Auffassung und folgt der Rechtsprechung des BFH. Dementsprechend ist die Entscheidung, ob der Arbeitnehmer Aufwendungen aus beruflichem Anlass erbringt oder ob es sich um Aufwendungen für die Lebensführung handelt, anhand einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen (BFH-Urteil vom 6. März 2008, VI R 68/06, BFH/NV 2008, 1316). Nach diesen Maßstäben sind die Aufwendungen des Klägers für die Feier des Dienstjubiläums nicht als beruflich veranlasst zu beurteilen, weil die private Veranlassung der Feier bei weitem überwiegt.

16
Die private Veranlassung der Feier ergibt sich zunächst aus deren Anlass. Der Kläger hat anlässlich seines 40-jährigen Dienstjubiläums hierzu eingeladen. Nach der vom Senat ebenfalls geteilten Rechtsprechung des BFH stellt ein Dienstjubiläum ein persönliches, durch die private Sphäre des Arbeitnehmers veranlasstes Ereignis dar, so dass die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen regelmäßig als durch seine gesellschaftliche Stellung veranlasst beurteilt werden (BFH-Beschluss vom 24. September 2013, Az. VI R 325/11, BFH/NV 2014, 500 m.w.N.) Entgegen der Auffassung des Klägers gilt dies grund-sätzlich, und es kommt insbesondere im öffentlichen Dienst nicht darauf an, welcher Berufsgruppe ein Jubilar angehört, weil in allen Fällen der Dienstherr lediglich die Ableistung einer bestimmten Anzahl von Dienstjahren (25, 40 oder 50 Jahre) honoriert. Die Errechnung dieser Dienstjahre erfolgt in der Regel jedoch unter Berücksichtigung vielfältiger persönlicher und nicht betriebsbezogener Faktoren. Hieraus folgt, dass im Ergebnis die persönliche Ehrung einer Lebensleistung und nicht die Ehrung der konkret ausgeübten Berufstätigkeit im Vordergrund steht. Dieses rechtfertigt es, die mit der Feier eines Dienstjubiläums in Zusammenhang stehenden Kosten grundsätzlich als nicht abziehbare Kosten der Lebensführung zu bewerten.

17
Die Feier war auch nicht mittelbar durch die vom Kläger konkret ausgeübte Tätigkeit als Sachgebietsleiter veranlasst. Er war unstreitig nicht verpflichtet, aus Anlass seines Dienstjubiläums eine solche Feier auszurichten, sondern hätte vielmehr wie andere Kollegen auf diese verzichten können. Sie diente auch nicht dem Zweck, das Finanzamt A in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Letzteres folgert der Senat aus dem Umstand, dass die Feier im Sozialraum ohne Teilnahme amtsfremder Personen und damit im Ergebnis unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat. Dass der Dienstherr sich nicht an den Kosten der Jubiläumsfeier beteiligt hat, ist in diesem Zusammenhang ein weiterer Aspekt, der gegen die berufliche Veranlassung spricht.

18
Der Umstand, dass die Gästeliste ausschließlich durch die Entscheidung des Klägers bestimmt worden ist, ist ebenfalls ein Aspekt, der gegen die berufliche Veranlassung der Jubiläumsfeier spricht. Eine berufliche Veranlassung kann vorliegen, wenn die Zusammensetzung der Gästeliste durch den Vorgesetzten oder die vorgesetzte Dienstbehörde (mit-)getroffen wird. Der Kläger konnte aber allein ohne objektiv bestehende Einschränkungen darüber befinden, welche Gäste eingeladen werden. So wie er entscheiden konnte, alle Amtsangehörigen einzuladen, hätte er die Einladung auch auf ausgewählte Kollegen beschränken oder zu den Kollegen auch Freunde und Familie einladen können. Insoweit unterscheidet sich seine Feier von anderen Veranstaltungen, die zum Beispiel von Behördenleitern anlässlich ihres Eintritts in den Ruhestand oder aus anderen Anlässen ausgerichtet werden und bei denen die vorgesetzte Dienstbehörde konkrete Vorgaben für die Zusammensetzung der Gästeliste macht.

19
Die Einladung war an alle im Amtsgebäude tätigen Bediensteten gerichtet und somit auch an Personen, gegenüber denen der Kläger keine Weisungsbefugnis ausübte. Letzteres spricht für die Annahme, dass der Kläger mit der Feier ausschließlich die ihm nach seiner persönlichen Einschätzung obliegenden Repräsentationspflichten erfüllen wollte. Es ist zwar nachvollziehbar, dass sich der Kläger aufgrund der von ihm bekleideten Ämter verpflichtet gefühlt hat, die Einladung an alle Amtsangehörigen zu richten, und dass er dieses als Indiz für die berufliche Veranlassung wertet. Allerdings kann die subjektiv gefühlte Verpflichtung nicht als Abgrenzungskriterium für die Unterscheidung nach beruflicher oder privater Veranlassung herangezogen werden, weil die Abgrenzung nach objektiv feststellbaren Kriterien zu erfolgen hat.

20
Nach Würdigung der objektiv feststellbaren Gesamtumstände ist der Senat der Überzeugung, dass die Feier vorrangig der Kontaktpflege zu den Kollegen gedient hat und das Repräsentationsbedürfnis des Klägers bei der Entscheidung zur Durchführung der Feier im Vordergrund gestanden hat. Beides belegt den privaten Anlass der Feier, so dass die Klage abzuweisen ist.

21
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger als unterlegende Partei nach § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung zu tragen.

Kürzung des Erholungsurlaubs wegen Elternzeit

Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub wegen Elternzeit nicht mehr kürzen. Die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG, wonach der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann, setzt voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat. Die bisherige Rechtsprechung zur Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beruhte auf der vom Senat vollständig aufgegebenen Surrogatstheorie. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Geldanspruch. Dieser verdankt seine Entstehung zwar urlaubsrechtlichen Vorschriften. Ist der Abgeltungsanspruch entstanden, bildet er jedoch einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers und unterscheidet sich in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber.

Die Klägerin war ab April 2007 gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 2.000,00 Euro im Seniorenheim der Beklagten als Ergotherapeutin beschäftigt. Bei einer Fünftagewoche standen ihr im Kalenderjahr 36 Urlaubstage zu. Die Klägerin befand sich nach der Geburt ihres Sohnes im Dezember 2010 ab Mitte Februar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 15. Mai 2012 in Elternzeit. Mit Anwaltsschreiben vom 24. Mai 2012 verlangte sie von der Beklagten ohne Erfolg die Abrechnung und Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012. Im September 2012 erklärte die Beklagte die Kürzung des Erholungsurlaubs der Klägerin wegen der Elternzeit.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert, die nachträgliche Kürzung des Erholungsurlaubs der Klägerin für unwirksam erachtet und dieser deshalb Urlaubsabgeltung i. H. v. 3.822,00 Euro brutto zugesprochen.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Beklagte konnte nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15. Mai 2012 mit ihrer Kürzungserklärung im September 2012 den Anspruch der Klägerin auf Erholungsurlaub wegen der Elternzeit nicht mehr verringern. Auf die Beantwortung der vom Landesarbeitsgericht bejahten Frage, ob die in § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG geregelte Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers mit dem Unionsrecht vereinbar ist, kam es nicht an.

Quelle: BAG, Pressemitteilung vom 19.05.2015 zum Urteil 9 AZR 725/13 vom 19.05.2015

 

Neue Geldwäsche-Richtlinie – Gegen Steuervergehen und Terrorfinanzierung

Die Endeigentümer von Unternehmen und Trusts sollen in öffentliche EU-Register aufgenommen werden, die Behörden und Personen mit „berechtigtem Interesse“, wie zum Beispiel investigative Journalisten, einsehen dürfen. Einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Rat haben die Abgeordneten am 20.05.2015 zugestimmt. Mit dieser neuen Anti-Geldwäsche-Richtlinie sollen Terrorismusfinanzierung und Steuerstraftaten wirksamer bekämpft werden.

Neue Vorschriften für eine bessere Rückverfolgbarkeit von Geldtransfers wurden ebenfalls verabschiedet.

Mit der 4. Anti-Geldwäsche-Richtlinie werden die EU-Mitglieder erstmals dazu verpflichtet, zentrale Register mit Angaben zu den Nutznießern („wirtschaftlich Berechtigte“) von Unternehmen, Trusts und anderen Rechtspersonen einzurichten. Die Abgeordneten konnten diese Vorschrift, die in dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission nicht enthalten war, in den Verhandlungen mit dem Rat erfolgreich durchsetzen.

Der Gesetzentwurf enthält auch besondere Berichtspflichten für Banken, Rechnungsprüfer, Rechtsanwälte, Immobilienmakler oder Spielcasinos (unter anderem) hinsichtlich „verdächtiger Transaktionen“ ihrer Kunden.

„Legitimes Interesse“ Voraussetzung für den Zugang zu den Registern
Die zentralen Register müssen für die zuständigen Behörden und die zentralen Meldestellen, für „Verpflichtete“ (wie z. B. Banken im Rahmen der Erfüllung der Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden) und alle Personen oder Organisationen, die ein „berechtigtes Interesse“ nachweisen können (kann allerdings einer Online-Registrierung und der Zahlung einer Gebühr unterliegen), ohne Einschränkung zugänglich sein.

Um Zugang zu einem Register zu erhalten, muss eine Person oder Organisation (z.B. investigative Journalisten oder Nichtregierungsorganisationen) ein legitimes Interesse im Zusammenhang mit Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und damit zusammenhängende Vortaten – wie Bestechung, Steuerstraftaten und Betrug – nachweisen können.

Diese Personen oder Organisationen haben Zugang mindestens zum Namen, Monat und Jahr der Geburt, der Staatsangehörigkeit und dem Wohnsitzland des wirtschaftlichen Eigentümers sowie Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses. Auf der Grundlage „einer Einzelfallprüfung unter außergewöhnlichen Umständen“ kann der Zugang zu den Informationen verwehrt werden.

Im Fall von Trusts bleiben die Informationen eines Zentralregisters den Behörden und den „Verpflichteten“ vorbehalten.

Sondermaßnahmen für „politisch exponierte“ Personen
Der Text enthält auch klarere Regeln bezüglich „politisch exponierter“ Personen, bei denen aufgrund der Ämter, die sie bekleiden, ein erhöhtes Korruptionsrisiko besteht, wie beispielsweise Staats- und Regierungschefs, Regierungsmitglieder, hohe Richter, Parlamentsabgeordnete sowie ihre Familienmitglieder.

Bei risikoreichen Geschäftsbeziehungen mit erwähnten Personen können angemessene Maßnahmen ergriffen werden, um die Herkunft des Vermögens und der eingesetzten Gelder zu bestimmen.

Mehr Transparenz bei Geldtransfers
Die Abgeordneten haben auch über die „Geldtransfer-Verordnung“ abgestimmt, mit der die Rückverfolgbarkeit von Zahlern und Empfängern sowie ihrer Vermögenswerte verbessert werden soll.

Die nächsten Schritte
Die Mitgliedstaaten müssen die Geldwäsche-Richtlinie binnen zwei Jahren in nationales Recht umsetzen. Die Geldtransfer-Verordnung tritt 20 Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in allen Mitgliedstaaten in Kraft.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des EU-Parlaments.

Quelle: EU-Parlament, Pressemitteilung vom 20.05.2015

 

Anwendungsfragen zu § 55 Abs. 4 InsO

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

I. Allgemeines
Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 wurde § 55 InsO um folgenden Abs. 4 erweitert:

„(4) Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit.“

Diese neue Regelung ist auf alle Insolvenzverfahren anzuwenden, deren Eröffnung ab dem 1. Januar 2011 beantragt wurde.

Im Folgenden erläutert das BMF ausführlich die Konsequenzen, die sich aus dieser neuen Bestimmung ergeben. Es geht im Einzelnen auf folgende Punkte ein:

II. Anwendung
II.1 Betroffene Personen
II.2 Steuerrechtliche Stellung des vorläufigen Insolvenzverwalters
II.3 Verbindlichkeiten / Forderungen
II.4 Betroffene Steuerarten und steuerliche Nebenleistungen
II.4.1 Umsatzsteuer
II.4.1.1 Umsatzsteuerverbindlichkeiten aufgrund ausgeführter Lieferungen und sonstiger
II.4.1.2 Umsatzberichtigung wegen Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen (BFH-Urteil vom 24.09.2014 – V R 48/13)
II.4.1.3 Forderungseinzug bei der Besteuerung nach vereinbarten und nach vereinnahmten Entgelten im vorläufigen Insolvenzverfahren
II.4.1.4 Vorsteuerrückforderungsansprüche nach § 17 UStG
II.4.1.5 Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG
II.4.1.6 Verwertung von Sicherungsgut
II.4.2 Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer
II.4.3 Lohnsteuer

III. Verfahrensrechtliche Fragen
III.1 Steuererklärungspflichten
III.2 Entstehung der Masseverbindlichkeiten
III.3 Zuordnung und Geltendmachung von Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO bei der Umsatzsteuer
III.3.1 Berechnung und Verteilung von Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO bei der Umsatzsteuer
III.3.2 Geltendmachung von Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO bei der Umsatzsteuer
III.4 Geltendmachung von Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO bei Ertragsteuern
III.4.1 Bekanntgabe
III.4.2 Leistungsgebot
III.4.3 Geltendmachung von Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO bei der Lohnsteuer
III.5 Einwendungen gegen die Zuordnung als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO
III.6 Aufrechnung gegen Steuererstattungsansprüche

IV. Anfechtung

Dieses Schreiben tritt mit sofortiger Wirkung an die Stelle des BMF-Schreibens vom 17.01.2012 – IV A 3 – S-0550 / 10 / 10020 – 05.

Das Schreiben im Volltext finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 3 – S-0550 / 10 / 10020-05 vom 20.05.2015

Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften in Fällen der rückwirkenden Verlängerung der Veräußerungsfrist bei Spekulationsgeschäften von 2 auf 10 Jahre

Mit Urteil vom 6. Mai 2014, IX R 39/13, hat der BFH abweichend von der Vereinfachungsregelung in Ziffer II.1 des BMF-Schreibens vom 20. Dezember 2010 (BStBl I 2011 S. 14) entschieden, dass Abschreibungen, die in der Zeit bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 am 31. März 1999 in Anspruch genommen worden sind, nicht dem steuerbaren Zeitraum zuzuordnen sind.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird Ziffer II. 1 des BMF-Schreibens vom 20. Dezember 2010 wie folgt gefasst:

„II.1. Vereinfachungsregelung

Regelmäßig ist der Umfang des steuerbaren Wertzuwachses entsprechend dem Verhältnis der Besitzzeit nach dem 31. März 1999 im Vergleich zur Gesamtbesitzzeit linear (monatsweise) zu ermitteln. Angefangene Monate der Gesamtbesitzzeit werden aus Vereinfachungsgründen aufgerundet. Angefangene Monate der Besitzzeit nach dem 31. März 1999 werden abgerun-det.
Seite 2
Beispiel 1:
Anschaffung eines unbebauten Grundstückes mit notariellem Kaufvertrag vom 15. Januar 1997 für 100.000 DM. Veräußerung mit notariellem Kaufvertrag am 3. August 1999 für 150.000 DM.
Lösung:
Die Gesamtbesitzzeit für das unbebaute Grundstück beträgt 30 volle und 1 angefangenen Monat = aufgerundet 31 Monate. Auf den Zeitraum 31. März 1999 bis 3. August 1999 entfallen 4 volle Monate und ein angefangener Monat = abgerundet 4 volle Monate. Der Wertzuwachs von 50.000 DM für das unbebaute Grundstück ist zu einem Anteil von 4/31 = 6.452 DM bei der Einkommensteuerfestsetzung zu berücksichtigen.
Sonderabschreibungen, erhöhte Absetzungen für Abnutzungen (AfA) sowie lineare und degressive AfA nach § 7 Absatz 4 und Absatz 5 EStG sind dem Zeitraum zuzuordnen, in dem sie steuerlich berücksichtigt worden sind.
Beispiel 2:
Anschaffung eines bebauten Grundstücks im Fördergebiet mit notariellem Kaufvertrag vom 4. Dezember 1996 für umgerechnet 180.000 Euro (Grund und Boden 20.000 Euro, Altbau 40.000 Euro, Sanierung 120.000 Euro). Die Sanierung ist am 31. August 1997 abgeschlossen worden (zugleich Übergang von Lasten und Nutzen). Das ausschließlich zu Vermietungs-zwecken genutzte Grundstück wird am 18. September 2003 für 200.000 Euro veräußert. Die Gesamtbesitzzeit für das bebaute Grundstück beträgt 81 volle Monate und 1 angefangener Monat; aufgerundet 82 Monate.
1997
40 % von 120.000 Euro 48.000 Euro Sonderabschreibung (§§ 3, 4 FördG)
2 % von 120.000 Euro x 4/12 800 Euro lineare AfA für die Sanierung (§ 7a Absatz 4
EStG)
2 % von 40.000 Euro x 4/12 266 Euro lineare AfA für den Altbau (§ 7 Absatz 4 EStG)
1998
1/9 von 71.200 Euro 7.911 Euro Restwert-AfA (§§ 3, 4 FördG)
2 % von 40.000 Euro 800 Euro lineare AfA für den Altbau (§ 7 Absatz 4 EStG)
Seite 3
1. Januar 1999 – 31. März 1999
1/9 von 71.200 Euro x 3/12 1.977 Euro Restwert-AfA (§§ 3, 4 FördG)
2 % von 40.000 Euro x 3/12 200 Euro lineare AfA für den Altbau (§ 7 Absatz 4 EStG)
1. April 1999 – 31. Dezember 1999
1/9 von 71.200 Euro x 9/12 5.934 Euro Restwert-AfA (§§ 3, 4 FördG)
2 % von 40.000 Euro x 9/12 600 Euro lineare AfA für den Altbau (§ 7 Absatz 4 EStG)
Gesamt 6.534 Euro
2000 – 2002
jährlich 1/9 von 71.200 Euro 7.911 Euro Restwert-AfA (§§ 3, 4 FördG)
jährlich 2 % von 40.000 Euro 800 Euro lineare AfA für den Altbau (§ 7 Absatz 4 EStG)
Gesamt 3 x 8.711 Euro
1. Januar 2003 – 18. September 2003
1/9 von 71.200 Euro x 9/12 5.934 Euro Restwert-AfA (§§ 3, 4 FördG)
2 % von 40.000 Euro x 9/12 600 Euro lineare AfA für den Altbau (§ 7 Absatz 4 EStG)
Gesamt 6.534 Euro
Lösung:
Ermittlung des Veräußerungsgewinns:
Veräußerungserlös 200.000 Euro
./. Anschaffungskosten ./. 180.000 Euro
= Wertzuwachs 20.000 Euro
Davon entfallen anteilig auf die Zeit ab 1. April 1999 53 volle Monate und 1 angefangener Monat = auf volle Monate abgerundet: 20.000 Euro x 53/82 = 12.926 Euro.
als Veräußerungserlös zu berücksichtigen 12.926 Euro
+ Rückgängigmachung der ab 1. April 1999 gewährten AfA:
1. April – 31. Dezember 1999 + 6.534 Euro
2000 – 2002 + 26.133 Euro
2003 + 6.534 Euro
steuerbarer Veräußerungsgewinn 52.127 Euro
Seite 4
Einer anteiligen Zuordnung der nach § 23 Absatz 3 Satz 1 EStG bei der Ermittlung der Ein-künfte aus Veräußerungsgeschäften abziehbaren Werbungskosten bedarf es nicht. Diese sind in vollem Umfang vom steuerbaren Veräußerungserlös abzuziehen.“
Dieses Schreiben ist auf alle offenen Fälle anzuwenden.
Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Im Auftrag
Dieses Dokument wurde elektronisch versandt und ist nur im Entwurf gezeichnet.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-2256 / 07 / 10001 :009 vom 18.05.2015, Anwendung des BFH-Urteils vom 6. Mai 2014, IX R 39/13

Steuerliche Behandlung von Arbeitgeberdarlehen

Das BMF-Schreiben aktualisiert die Verwaltungsregelungen zur steuerlichen Behandlung von Arbeitgeberdarlehen. Zudem wird klargestellt, dass die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 16. Mai 2013 (BStBl I Seite 729) auch für den Bereich der Arbeitgeberdarlehen gelten. Das Schreiben ersetzt die BMF-Schreiben vom 15. April 1993, BStBl I Seite 339 sowie vom 1. Oktober 2008, BStBl I Seite 892, und ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

1. Anwendungsbereich

2. Ermittlung des Zinsvorteils
2.1 Bewertung nach § 8 Absatz 2 EStG
2.1.1 Allgemeine Grundsätze
2.1.2 Ermittlung des Zinsvorteils
2.1.3 Einzelanfragen zur Ermittlung des Maßstabszinssatzes
2.2 Bewertung nach § 8 Absatz 3 EStG
2.2.1 Allgemeine Grundsätze
2.2.2 Ermittlung des Zinsvorteils
2.3 Wahlrechte zwischen den Bewertungsmethoden nach § 8 Absatz 2 und Absatz 3 EStG

3. Zufluss von Arbeitslohn

4. Versteuerung in Sonderfällen
4.1 Versteuerung bei fehlender Zahlung von Arbeitslohn
4.2 Versteuerung bei Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis

5. Sicherheitenbestellung

6. Aufzeichnungserleichterungen für Kreditinstitute

7. Anrufungsauskunft

8. Zeitliche Anwendung
Dieses Schreiben ersetzt die BMF-Schreiben vom 15. April 1993, BStBl I Seite 339 sowie vom 1. Oktober 2008, BStBl I Seite 892, und ist in allen offenen Fällen anzuwenden.
1. Anwendungsbereich
1 Ein Arbeitgeberdarlehen liegt vor, wenn durch den Arbeitgeber oder aufgrund des Dienstverhältnisses durch einen Dritten an den Arbeitnehmer Geld überlassen wird und diese Geldüberlassung auf einem Darlehensvertrag beruht. Erhält der Arbeitnehmer durch solch ein Arbeitgeberdarlehen Zinsvorteile, sind sie zu versteuern. Der zur Anwendung des Lohnsteuerabzugsverfahrens verpflichtete Arbeitgeber hat die Lohnsteuer nach Maßgabe von § 38 Absatz 1 i. V. m. Absatz 4 Satz 3 EStG einzubehalten und abzuführen, sofern er sie nicht nach § 40 Absatz 1 EStG pauschal erhebt oder die Einkommensteuer nicht nach § 37b EStG pauschal erhoben wird.
2 Gehaltsvorschüsse im öffentlichen Dienst, die nach den Vorschussrichtlinien des Bundes oder der entsprechenden Richtlinien der Länder gewährt werden, sind Arbeitgeberdarlehen. Keine Arbeitgeberdarlehen sind dagegen insbesondere Reisekostenvorschüsse, vorschüssig gezahlter Auslagenersatz, Lohnabschläge und Lohnvorschüsse, wenn es sich hierbei um eine abweichende Vereinbarung über die Bedingungen der Zahlung des Arbeitslohns handelt.
www.bundesfinanzministerium.de
Seite 2
2. Ermittlung des Zinsvorteils
3 Bei Überlassung eines zinslosen oder zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehens ist der geldwerte Vorteil (Zinsvorteil) zu ermitteln, der vom Arbeitnehmer als Arbeitslohn zu versteuern ist. Für die Ermittlung des Zinsvorteils ist zwischen einer Bewertung nach § 8 Absatz 2 EStG
(z. B. der Arbeitnehmer eines Einzelhändlers erhält ein zinsverbilligtes Arbeitgeberdarlehen) und einer Bewertung nach § 8 Absatz 3 Satz 1 EStG (z. B. der Bankangestellte erhält von seinem Arbeitgeber ein zinsverbilligtes Arbeitgeberdarlehen mit Ansatz des Rabatt-Freibetrags) zu unterscheiden. Der Arbeitnehmer erlangt keinen steuerpflichtigen Zinsvorteil, wenn der Arbeitgeber ihm ein Darlehen zu einem marktüblichen Zinssatz (Maßstabszinssatz) gewährt (BFH-Urteil vom 4. Mai 2006 -VI R 28/05 -, BStBl II Seite 781).
4 Zinsvorteile, die der Arbeitnehmer durch Arbeitgeberdarlehen erhält, sind Sachbezüge. Sie sind als solche zu versteuern, wenn die Summe der noch nicht getilgten Darlehen am Ende des Lohnzahlungszeitraums 2.600 € übersteigt.
Beispiel: Ein Arbeitgeber gewährt seinem Arbeitnehmer ein zinsloses Darlehen in Form eines Gehaltsvorschusses in Höhe von 2.000 €. Die daraus resultierenden Zinsvorteile sind nicht als Arbeitslohn zu versteuern, da der Darlehensbetrag am Ende des Lohnzahlungszeitraums die Freigrenze von 2.600 € nicht übersteigt.
2.1 Bewertung nach § 8 Absatz 2 EStG
2.1.1 Allgemeine Grundsätze
5 Sachbezüge sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen (§ 8 Absatz 2 Satz 1 EStG). Von einem üblichen Endpreis ist bei einem Darlehen auszugehen, wenn sein Zinssatz mit dem Maßstabszinssatz (Rdnr. 3 Satz 3) vergleichbar ist; der pauschale Abschlag i. H. v. 4 % nach R 8.1 Absatz 2 Satz 3 LStR ist vorzunehmen. Solch ein üblicher Endpreis kann sich aus dem Angebot eines Kreditinstituts am Abgabeort ergeben.
Als üblicher Endpreis gilt auch der günstigste Preis für ein vergleichbares Darlehen mit nachgewiesener günstigster Marktkondition, zu der das Darlehen unter Einbeziehung allgemein zugänglicher Internetangebote (z. B. Internetangebote von Direktbanken) an Endverbraucher angeboten wird, ohne dass individuelle Preisverhandlungen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses berücksichtigt werden. Bei dieser Ermittlung kommt der pauschale Abschlag i. H. v. 4 % nach R 8.1 Absatz 2 Satz 3 LStR nicht zur Anwendung.
Seite 3
6
Hat der Arbeitgeber den Zinsvorteil nach dem üblichen Endpreis am Abgabeort bewertet (Rdnr. 5 Satz 2), kann der Arbeitnehmer dennoch die Zinsvorteile im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung mit dem niedrigeren günstigsten Preis am Markt i. S. d. Rdnr. 5 Satz 4 bewerten und dem Finanzamt nachweisen (z. B. durch Ausdruck des in einem Internet-Vergleichsportal ausgewiesenen individualisierten günstigeren inländischen Kreditangebots zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses). Ein solcher Nachweis ist auch dann zulässig, wenn der Arbeitgeber bereits den aus seiner Sicht günstigsten Preis am Markt i. S. d. Rdnr. 5 Satz 4 angesetzt hat und der Arbeitnehmer einen noch niedrigeren günstigsten Preis am Markt berücksichtigt haben möchte. Das günstigere inländische Angebot muss in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Gewährung des Arbeitgeberdarlehens stehen. Aus Vereinfachungsgründen ist es nicht zu beanstanden, wenn dieses Angebot bis zu 10 Tage vor der Kreditanfrage beim Arbeitgeber und bis zu 10 Tage nach dem Vertragsabschluss des Arbeitgeberdarlehens eingeholt wird.
7
Der Arbeitgeber hat die Unterlagen für den ermittelten und der Lohnversteuerung zu Grunde gelegten Endpreis sowie die Berechnung der Zinsvorteile zu dokumentieren, als Belege zum Lohnkonto aufzubewahren und dem Arbeitnehmer auf Verlangen formlos mitzuteilen.
2.1.2 Ermittlung des Zinsvorteils
8
Bei nach § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG zu bewertenden Zinsvorteilen im Zusammenhang mit Arbeitgeberdarlehen bemisst sich der geldwerte Vorteil nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Maßstabszinssatz für vergleichbare Darlehen am Abgabeort (Rdnr. 5 Satz 2) oder dem günstigsten Preis für ein vergleichbares Darlehen am Markt (Rdnr. 5 Satz 4) und dem Zinssatz, der im konkreten Einzelfall vereinbart ist. Vergleichbar in diesem Sinne ist ein Darlehen, das dem Arbeitgeberdarlehen insbesondere hinsichtlich der Kreditart (z. B. Wohnungsbaukredit, Konsumentenkredit/Ratenkredit, Überziehungskredit), der Laufzeit des Darlehens, der Dauer der Zinsfestlegung, der zu beachtenden Beleihungsgrenze und des Zeitpunktes der Tilgungsverrechnung im Wesentlichen entspricht. Die Einordung des jeweiligen Darlehens (Kreditart) richtet sich allein nach dem tatsächlichen Verwendungszweck.
9
Bei Arbeitgeberdarlehen mit Zinsfestlegung ist grundsätzlich für die gesamte Vertragslaufzeit der Maßstabszinssatz für vergleichbare Darlehen am Abgabeort (Rdnr. 5 Satz 2) oder der günstigste Preis für ein vergleichbares Darlehen am Markt (Rdnr. 5 Satz 4) bei Vertragsabschluss maßgeblich. Werden nach Ablauf der Zinsfestlegung die Zinskonditionen desselben Darlehens neu vereinbart (Prolongation), ist der Zinsvorteil neu zu ermitteln. Dabei ist der neu vereinbarte Zinssatz mit dem Maßstabszinssatz für vergleichbare Darlehen am
Seite 4 �Abgabeort (Rdnr. 5 Satz 2) oder dem günstigsten Preis für ein vergleichbares Darlehen am Markt (Rdnr. 5 Satz 4) im Zeitpunkt der Prolongationsvereinbarung zu vergleichen. Bei Arbeitgeberdarlehen mit variablem Zinssatz ist für die Ermittlung des Zinsvorteils im Zeitpunkt der vertraglichen Zinssatzanpassung der neu vereinbarte Zinssatz mit dem jeweils aktuellen Maßstabszinssatz für vergleichbare Darlehen am Abgabeort (Rdnr. 5 Satz 2) oder dem jeweils günstigsten Preis für ein vergleichbares Darlehen am Markt (Rdnr. 5 Satz 4) zu vergleichen.
10 Bei der Prüfung, ob die für Sachbezüge anzuwendende 44 €-Freigrenze (§ 8 Absatz 2 Satz 11 EStG) überschritten wird, sind Zinsvorteile aus der Überlassung eines zinslosen oder zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehens vorbehaltlich der Rdnr. 4 einzubeziehen.
11 Ein nach Beachtung der Rdnr. 4 und der Rdnr. 10 ermittelter steuerpflichtiger Zinsvorteil aus der Überlassung eines zinslosen oder zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehens i. S. d. § 8 Absatz 2 EStG kann nach § 37b EStG pauschal besteuert werden (vgl. hierzu BMF-Schreiben vom 19. Mai 2015, BStBl I Seite …1). Der Arbeitgeber kann die Entscheidung, § 37b Absatz 2 EStG innerhalb eines Kalenderjahres anzuwenden, nicht zurücknehmen.
12 Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn bei einer Bewertung nach Rdnr. 5 Satz 2 für die Feststellung des Maßstabszinssatzes die bei Vertragsabschluss von der Deutschen Bundesbank zuletzt veröffentlichten Effektivzinssätze -also die gewichteten Durchschnittszinssätze -herangezogen werden, die unter
http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Statistiken/Geld_Und_Kapitalmaerkte/ Zinssaetze_Renditen/S11BATGV.pdf?__blob=publicationFile veröffentlicht sind. Von dem sich danach ergebenden Effektivzinssatz kann nach R 8.1 Absatz 2 Satz 3 LStR ein pauschaler Abschlag von 4 % vorgenommen werden. Aus der Differenz zwischen diesem Maßstabszinssatz und dem Zinssatz, der im konkreten Einzelfall vereinbart ist, sind die Zinsverbilligung und der Zinsvorteil zu ermitteln, wobei die Zahlungsweise der Zinsen (z. B. monatlich, jährlich) unmaßgeblich ist. Zwischen den einzelnen Arten von Krediten (z. B. Wohnungsbaukredit, Konsumentenkredit/Ratenkredit) ist zu unterscheiden.
13 Beispiel:
Ein Arbeitnehmer erhält im März 2015 ein Arbeitgeberdarlehen von 30.000 € zu einem Effektivzinssatz von 2 % jährlich (Laufzeit 4 Jahre mit monatlicher Tilgungsverrechnung und monatlicher Fälligkeit der Zinsen). Der bei Vertragsabschluss im März 2015 von der Deutschen Bundesbank für Konsumentenkredite mit anfänglicher Zinsbindung von über
1 Fundstelle/Seitenzahl ergänzen
Seite 5 �einem Jahr bis zu fünf Jahren veröffentlichte Effektivzinssatz (Erhebungszeitraum Januar 2015) beträgt 4,71 %.
Nach Abzug des pauschalen Abschlags von 4 % ergibt sich ein Maßstabszinssatz von 4,52 % (Ansatz von zwei Dezimalstellen – ohne Rundung). Die Zinsverbilligung beträgt somit 2,52 % (4,52 % abzüglich 2 %). Danach ergibt sich im März 2015 ein Zinsvorteil von 63 € (2,52 % von 30.000 € x 1/12). Dieser Vorteil ist – da die 44 €-Freigrenze überschritten ist – lohnsteuerpflichtig. Der Zinsvorteil ist jeweils bei Tilgung des Arbeitgeberdarlehens für die Restschuld neu zu ermitteln.
2.1.3 Einzelanfragen zur Ermittlung des Maßstabszinssatzes
14 Einzelanfragen zur Ermittlung des Maßstabszinssatzes für vergleichbare Darlehen am Abgabeort sind bei der Deutschen Bundesbank unter
https://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Service/Kontakt/kontakt_node.html?contact_id=1 6148 möglich.
2.2 Bewertung nach § 8 Absatz 3 EStG
2.2.1 Allgemeine Grundsätze
15 Der Zinsvorteil aus der Überlassung eines zinslosen oder zinsverbilligten Darlehens kann nach § 8 Absatz 3 EStG ermittelt werden, wenn der Arbeitgeber Darlehen gleicher Art und mit Ausnahme des Zinssatzes -zu gleichen Konditionen (insbesondere Laufzeit des Darlehens, Dauer der Zinsfestlegung, Zeitpunkt der Tilgungsverrechnung) überwiegend an betriebsfremde Dritte vergibt und der Zinsvorteil nicht nach § 40 EStG pauschal besteuert wird.
16 Endpreis i. S. d. § 8 Absatz 3 EStG für die von einem Kreditinstitut gegenüber seinen Mitarbeitern erbrachten Dienstleistungen ist grundsätzlich der Preis, der für diese Leistungen im Preisaushang des Kreditinstituts oder der kontoführenden Zweigstelle angegeben ist. Dieser Preisaushang ist für die steuerliche Bewertung auch der Dienstleistungen maßgebend, die vom Umfang her den Rahmen des standardisierten Privatkundengeschäfts übersteigen, es sei denn, dass für derartige Dienstleistungen in den Geschäftsräumen offen zugängliche besondere Preisverzeichnisse ausgelegt werden. Es ist zur Ermittlung des Zinsvorteils nach § 8 Absatz 3 EStG zulässig, von dem im Preisaushang dargestellten Preis abzuweichen. Rdnr. 7 und 8 des BMF-Schreibens vom 16. Mai 2013 (BStBl I Seite 729), wonach am Ende von Verkaufsverhandlungen durchschnittlich gewährte Preisnachlässe zu berücksichtigen sind, gilt auch für die Ermittlung des Zinsvorteils nach § 8 Absatz 3 EStG für die von einem
Seite 6
Kreditinstitut gegenüber seinen Mitarbeitern erbrachten Dienstleistungen. Der Abschlag von 4 % nach § 8 Absatz 3 Satz 1 EStG ist stets vorzunehmen.
2.2.2 Ermittlung des Zinsvorteils
17
Wird der Zinsvorteil nach § 8 Absatz 3 EStG bewertet, bemisst sich der Zinsvorteil nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem nach Rdnr. 16 ermittelten und um 4 % geminderten Effektivzinssatz, den der Arbeitgeber fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr für Darlehen vergleichbarer Kreditart (z. B. Wohnungsbaukredit, Konsumentenkredit) anbietet (Maßstabszinssatz), und dem Zinssatz, der im konkreten Einzelfall vereinbart ist. Bei Arbeitgeberdarlehen mit Zinsfestlegung ist grundsätzlich der Maßstabszinssatz bei Vertragsabschluss für die gesamte Vertragslaufzeit maßgeblich. Im Falle der Prolongation ist der neu vereinbarte Zinssatz mit dem Maßstabszinssatz im Zeitpunkt der Prolongationsvereinbarung zu vergleichen. Bei Arbeitgeberdarlehen mit variablem Zinssatz ist für die Ermittlung des Zinsvorteils im Zeitpunkt der vertraglichen Zinssatzanpassung der neu vereinbarte Zinssatz mit dem jeweils aktuellen Maßstabszinssatz zu vergleichen.
18
Der Arbeitgeber hat die Unterlagen für den ermittelten und der Lohnversteuerung zu Grunde gelegten Endpreis sowie die Berechnung des Zinsvorteils zu dokumentieren, als Belege zum Lohnkonto aufzubewahren und dem Arbeitnehmer auf Verlangen formlos mitzuteilen.
19
Wird der Zinsvorteil aus der Überlassung eines zinslosen oder zinsverbilligten Darlehens nach § 40 Absatz 1 EStG pauschal versteuert, so ist der Zinsvorteil nach § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG zu bewerten (vgl. Tz. 2.1, Rdnr. 5 bis 13). Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber Darlehen überwiegend betriebsfremden Dritten überlässt. Sind die Voraussetzungen für die Lohnsteuerpauschalierung erfüllt, insbesondere weil ein Pauschalierungsantrag gestellt worden ist, kann diese Bewertungsmethode auch dann gewählt werden, wenn keine pauschale Lohnsteuer anfällt. In den Fällen des § 8 Absatz 3 EStG ist es auch dann nicht zulässig, die Steuer nach § 37b Absatz 2 EStG zu pauschalieren, wenn der Arbeitgeber nach R 8.2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 LStR die Bewertung des geldwerten Vorteils nach § 8 Absatz 2 EStG wählt und der Zinsvorteil nicht nach § 40 Absatz 1 EStG pauschal versteuert worden ist.
20
Zinsvorteile sind als sonstige Bezüge i. S. d. § 40 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG anzusehen, wenn der maßgebende Zinszahlungszeitraum den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum überschreitet.
21
Wird der Zinsvorteil nur zum Teil pauschal versteuert, weil die Pauschalierungsgrenze des § 40 Absatz 1 Satz 3 EStG überschritten ist, so ist bei der Bewertung des individuell zu
Seite 7 �versteuernden Zinsvorteils der Teilbetrag des Darlehens außer Ansatz zu lassen, für den die Zinsvorteile unter Anwendung der Tz. 2.1. (Rdnr. 5 bis 13) pauschal versteuert werden.
22 Beispiel:
Ein Kreditinstitut überlässt seinem Arbeitnehmer am 1. Januar 2015 ein Arbeitgeberdarlehen von 150.000 € zum Effektivzinssatz von 2 % jährlich (Laufzeit 4 Jahre mit jährlicher Tilgungsverrechnung und vierteljährlicher Fälligkeit der Zinsen). Darlehen gleicher Art bietet das Kreditinstitut fremden Kunden im allgemeinen Geschäftsverkehr zu einem Effektivzinssatz von 4,5 % an. Der nachgewiesene günstigste Zinssatz für vergleichbare Darlehen am Markt (i. S. d. Rdnr. 5 Satz 4) wurde im Internet bei einer Direktbank mit 4 % ermittelt.
Das Kreditinstitut beantragt die Besteuerung nach § 40 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG. Der Zinsvorteil ist insoweit nach § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG zu ermitteln. Die nach Tz. 2.1.2 ermittelte Zinsverbilligung beträgt 2 % (marktüblicher Zinssatz 4 %, abzüglich Zinslast des Arbeitnehmers von 2 %). Der pauschale Abschlag i. H. v. 4 % nach R 8.1 Absatz 2 Satz 3 LStR kommt nicht in Betracht.
Der Zinsvorteil im Kalenderjahr 2015 beträgt 3.000 € (2 % von 150.000 €). Mangels anderer pauschal besteuerter Leistungen kann der Zinsvorteil des Arbeitnehmers bis zum Höchstbetrag von 1.000 € pauschal besteuert werden (Pauschalierungsgrenze). Ein Zinsvorteil von 1.000 € ergibt sich unter Berücksichtigung der nach Tz. 2.1.2 ermittelten Zinsverbilligung von 2 % für ein Darlehen von 50.000 € (2 % von 50.000 € = 1.000 €). Mithin wird durch die Pauschalbesteuerung nur der Zinsvorteil aus einem Darlehensteilbetrag von
50.000 € abgedeckt. Der Zinsvorteil aus dem restlichen Darlehensteilbetrag von 100.000 € ist individuell zu versteuern. Der zu versteuernde Betrag ist wie folgt zu ermitteln:
Nach Abzug eines Abschlags von 4 % (§ 8 Absatz 3 Satz 1 EStG) vom Angebotspreis des
Arbeitgebers von 4,5 % ergibt sich ein Maßstabszinssatz von 4,32 %.
100.000 € Darlehen x Maßstabszinssatz 4,32 % 4.320 €
./. Zinslast des Arbeitnehmers 100.000 € x 2 % 2.000 €
Zinsvorteil 2.320 €
./. Rabattfreibetrag (§ 8 Absatz 3 Satz 2 EStG) 1.080 €
zu versteuernder Zinsvorteil (Jahresbetrag) 1.240 €
vierteljährlich als sonstiger Bezug der Lohnsteuer
zu unterwerfen 310 €
Seite 8
Der Zinsvorteil ist jeweils bei Tilgung des Arbeitgeberdarlehens für die Restschuld neu zu ermitteln.
2.3 Wahlrechte zwischen den Bewertungsmethoden nach § 8 Absatz 2 und Absatz 3 EStG
23
Hinsichtlich der Wahlmöglichkeit des Arbeitnehmers für die Ermittlung des Zinsvorteils nach § 8 Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3 EStG gilt das BMF-Schreiben vom 16. Mai 2013 (BStBl I Seite 729) entsprechend.
24
Der Arbeitnehmer kann den Zinsvorteil im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung nach § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG (vgl. Rdnr. 5 -13) bewerten. In diesen Fällen hat der Arbeitnehmer den Endpreis nachzuweisen, den der Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren zu Grunde gelegt hat (z. B. durch eine formlose Mitteilung des Arbeitgebers).
25
Dem Arbeitgeber bleibt es unbenommen, im Lohnsteuerabzugsverfahren den Zinsvorteil nach § 8 Absatz 3 Satz 1 EStG (vgl. Rdnr. 15 -18) zu bewerten. Er ist dann nicht verpflichtet, den Zinsvorteil nach § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG (vgl. Rdnr. 5 -13) zu bewerten. Ermittelt der Arbeitgeber den Vorteil nach § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG, kann er einen um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort i. S. d. Rdnr. 5 Satz 2 ansetzen. Er ist dann nicht verpflichtet, den günstigsten Preis am Markt i. S. d. Rdnr. 5 Satz 4 zu ermitteln.
3. Zufluss von Arbeitslohn
26
Als Zuflusszeitpunkt ist der Fälligkeitstermin der Zinsen als Nutzungsentgelt für die Überlassung eines zinsverbilligten Darlehens anzusehen (vgl. Beispiel unter Tz. 2.2.2, Rdnr. 22). Bei der Überlassung eines zinslosen Darlehens ist der Zufluss in dem Zeitpunkt anzunehmen, in dem das Entgelt üblicherweise fällig wäre. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Entgelt üblicherweise zusammen mit der Tilgungsrate fällig wäre. Wird ein Arbeitgeberdarlehen ohne Tilgungsleistung (endfälliges Darlehen) gewährt, kann für die Entscheidung, ob der Zinsvorteil am Ende der Laufzeit oder monatlich, vierteljährlich oder jährlich zufließt, grundsätzlich dem der Vereinbarung zugrundeliegenden Willen der Beteiligten gefolgt werden.
Seite 9
4. Versteuerung in Sonderfällen
4.1 Versteuerung bei fehlender Zahlung von Arbeitslohn
27 Erhält der Arbeitnehmer keinen anderen laufenden Arbeitslohn (z. B. bei Beurlaubung, Elternzeit), ist der im Kalenderjahr erhaltene Zinsvorteil bei Wiederaufnahme der Arbeitslohnzahlung zu versteuern oder andernfalls spätestens nach Ablauf des Kalenderjahres nach § 41c EStG zu behandeln.
4.2 Versteuerung bei Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis
28 Scheidet der Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis aus und besteht das vergünstigte Arbeitgeberdarlehen weiter, so hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen, wenn er aufgrund des beendeten Dienstverhältnisses die Lohnsteuer für die Zinsvorteile nicht einbehalten kann (§ 41c Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 EStG).
5. Sicherheitenbestellung
29 Setzt der Zinssatz des vergleichbaren Darlehens eine Sicherheitenbestellung (z. B. eine Grundschuldbestellung) voraus, ist der Verzicht des Arbeitgebers auf eine solche Bestellung ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil. In die Bewertung des geldwerten Vorteils einbezogen werden insbesondere die üblichen Kosten und Gebühren des Grundbuchamts und des Notars für eine dingliche Sicherung des Arbeitgeberdarlehens. Diese Beträge können regelmäßig mit den im Internet bereitgestellten Notar-/Grundbuchkostenrechnern ermittelt werden. Ein Abschlag ist nicht vorzunehmen. Als Zuflusszeitpunkt ist das Auszahlungsdatum des Arbeitgeberdarlehens anzusetzen. Ein geldwerter Vorteil für die ersparte Löschung einer Sicherheitenbestellung ist aus Vereinfachungsgründen nicht anzusetzen.
6. Aufzeichnungserleichterungen für Kreditinstitute
30 Das Betriebsstättenfinanzamt kann auf Antrag eines Kreditinstituts Ausnahmen von der Aufzeichnung der geldwerten Vorteile zulassen, die sich aus der unentgeltlichen oder verbilligten

Kontenführung, Nutzung von Geldautomaten sowie der Ausgabe von Kreditkarten,

Depotführung bis zu einem Depotnennwert von 60.000 € (maßgebend ist der Depotnennwert, nach dem die Depotgebühren berechnet werden),

Überlassung von Schließfächern und Banksafes und
• Beschaffung und Rücknahme von Devisen durch Barumtausch
ergeben.
Seite 10
31 Voraussetzung hierfür ist, dass
a) der durchschnittliche Betrag des Vorteils aus den von der Aufzeichnung befreiten Dienstleistungen unter Berücksichtigung des Preisabschlags nach § 8 Absatz 3 EStG von 4 % je Arbeitnehmer ermittelt wird (Durchschnittsbetrag).
Der Durchschnittsbetrag ist jeweils im letzten Lohnzahlungszeitraum eines Kalenderjahres aus der summarischen Erfassung sämtlicher aufzeichnungsbefreiter Vorteile der vorangegangenen 12 Monate für die Arbeitnehmer eines Kreditinstituts (einschließlich sämtlicher inländischer Zweigstellen) zu ermitteln. Dabei sind auch die Vorteile einzubeziehen, die der Arbeitgeber Personen einräumt, die mit den Arbeitnehmern verbunden sind. Falls erforderlich, können für alleinstehende und verheiratete Arbeitnehmer unterschiedliche Durchschnittsbeträge festgesetzt werden.
Hat ein Kreditinstitut mehrere lohnsteuerliche Betriebsstätten, so ist der Aufzeichnungsverzicht und ggf. die Festsetzung des Durchschnittsbetrags mit den anderen Betriebsstättenfinanzämtern abzustimmen.
b) der Arbeitgeber im letzten Lohnzahlungszeitraum des Kalenderjahres den Betrag pauschal nach § 40 Absatz 1 EStG versteuert, um den die Summe der Vorteile aus den nicht aufzeichnungsbefreiten Dienstleistungen und dem Durchschnittsbetrag bei den einzelnen Arbeitnehmern den Rabattfreibetrag von 1.080 € übersteigt. Dabei ist der übersteigende Betrag wenigstens bis zur Höhe des Durchschnittsbetrags pauschal zu versteuern. Soweit die Vorteile pauschal versteuert werden, sind sie nach § 8 Absatz 2 EStG zu bewerten.
7. Anrufungsauskunft
32 Für Sachverhalte zur steuerlichen Behandlung von Arbeitgeberdarlehen kann eine
Anrufungsauskunft i. S. d. § 42e EStG eingeholt werden.
8. Zeitliche Anwendung
33 Dieses Schreiben ersetzt die BMF-Schreiben vom 15. April 1993, BStBl I Seite 339 sowie
vom 1. Oktober 2008, BStBl I Seite 892, und ist in allen offenen Fällen anzuwenden.
Seite 11 �Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht. Im Auftrag
Dieses Dokument wurde elektronisch versandt und ist nur im Entwurf gezeichnet.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2334 / 07 / 0009 vom 19.05.2015

Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer des Erdbebens in Nepal

Das Erdbeben in Nepal im April 2015 hat sehr große Schäden an der Infrastruktur verursacht, die nach der Naturkatastrophe eine humanitäre Katastrophe befürchten lassen. Die Demokratische Bundesrepublik Nepal (Nepal) hat ausdrücklich um internationale Unterstützung gebeten.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden die zur Unterstützung der Opfer des Erdbebens in Nepal getroffenen Verwaltungsregelungen in diesem Schreiben zusammengefasst.

Sie gelten für die nachfolgenden Unterstützungsmaßnahmen, die vom 25. April 2015 bis 31. Dezember 2015 durchgeführt werden.

I. Steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen

1. Zuwendungen an Geschäftspartner
Wendet der Steuerpflichtige seinen von dem Erdbeben in Nepal unmittelbar betroffenen Geschäftspartnern zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen unentgeltlich Leistungen aus seinem Betriebsvermögen zu, sind die Aufwendungen in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ist insoweit aus Billigkeitsgründen nicht anzuwenden.

2. Sonstige Zuwendungen
Erfüllt die Zuwendung des Steuerpflichtigen unter diesen Gesichtspunkten nicht die Voraussetzungen für den Betriebsausgabenabzug, so ist aus allgemeinen Billigkeitserwägungen die Zuwendung von Wirtschaftsgütern oder sonstigen betrieblichen Nutzungen und Leistungen (nicht hingegen Geld) des Unternehmers aus einem inländischen Betriebsvermögen an den durch das Erdbeben in Nepal unmittelbar geschädigten Unternehmer als Betriebsausgabe zu behandeln, die ohne Rücksicht auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG abgezogen werden darf.

II. Lohnsteuer
Aus Billigkeits- und Vereinfachungsgründen gilt Folgendes:

1. Unterstützung an Arbeitnehmer
Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer können nach R 3.11 LStR steuerfrei sein. R 3.11 Abs. 2 LStR ist auf Unterstützungen, die von dem Erdbeben in Nepal betroffene Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber erhalten, mit folgender Maßgabe anzuwenden:

  • Die in R 3.11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 LStR genannten Voraussetzungen brauchen nicht vorzuliegen,
  • die Unterstützungen sind bis zu einem Betrag von 600 Euro je Kalenderjahr steuerfrei. Der 600 Euro übersteigende Betrag gehört nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt. Im Allgemeinen kann bei den durch das Erdbeben in Nepal betroffenen Arbeitnehmern von einem besonderen Notfall ausgegangen werden.

Auf Unterstützungen, die in Form von sonst steuerpflichtigen Zinsvorteilen oder in Form von Zinszuschüssen gewährt werden, ist die vorstehende Regelung ebenfalls anzuwenden. Zinszuschüsse und Zinsvorteile bei Darlehen, die zur Beseitigung von Schäden durch das Erdbeben in Nepal aufgenommen worden sind, sind deshalb ebenfalls nach R 3.11 Abs. 2 LStR steuerfrei, und zwar während der gesamten Laufzeit des Darlehens. Voraussetzung hierfür ist, dass das Darlehen die Schadenshöhe nicht übersteigt. Bei längerfristigen Darlehen sind Zinszuschüsse und Zinsvorteile insgesamt nur bis zu einem Betrag in Höhe des Schadens steuerfrei. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 LStDV); dabei ist auch zu dokumentieren, dass der die Leistung empfangende Arbeitnehmer durch das Erdbeben in Nepal zu Schaden gekommen ist.

2. Arbeitslohnspende
Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens

  1. zugunsten einer Beihilfe des Arbeitgebers an von dem Erdbeben in Nepal betroffene Arbeitnehmer des Unternehmens (Nr. 1) oder
  2. zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung im Sinne des § 10b Abs. 1 Satz 2 EStG, bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 LStDV). Auf die Aufzeichnung kann verzichtet werden, wenn stattdessen der Arbeitnehmer seinen Verzicht schriftlich erklärt hat und diese Erklärung zum Lohnkonto genommen worden ist.

Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG) anzugeben. Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht als Spende berücksichtigt werden.

Das Sozialversicherungsrecht sieht nach der geltenden Rechtslage für Arbeitslohnspenden ins Ausland keine Freistellung von der Beitragspflicht vor.

III. Spenden

Vereinfachter Zuwendungsnachweis
Für alle Sonderkonten, die von inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, inländischen öffentlichen Dienststellen oder von den amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege einschließlich ihrer Mitgliedsorganisationen eingerichtet wurden, gilt ohne betragsmäßige Beschränkung der vereinfachte Zuwendungsnachweis. Nach § 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a EStDV genügt in diesen Fällen als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung (z. B. Kontoauszug) eines Kreditinstitutes oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking. Nach § 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b Satz 1 EStDV gilt der vereinfachte Zuwendungsnachweis auch, soweit bis zur Errichtung eines Sonderkontos Zuwendungen auf ein anderes Konto der genannten Zuwendungsempfänger geleistet wurden.

Haben auch nicht steuerbegünstigte Spendensammler Spendenkonten eingerichtet und zu Spenden aufgerufen, sind diese Zuwendungen steuerlich abziehbar, wenn das Spendenkonto als Treuhandkonto geführt wird und die Zuwendungen anschließend entweder an eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle weitergeleitet werden. Zur Erstellung von Zuwendungsbestätigungen muss dem Zuwendungsempfänger auch eine Liste mit den einzelnen Spendern und dem jeweiligen Anteil an der Spendensumme übergeben werden.

Unter folgenden Voraussetzungen ist bei Spendensammlungen nicht steuerbegünstigter Spendensammler über ein als Treuhandkonto geführtes Spendenkonto auch ein vereinfachter Zuwendungsnachweis möglich:

Die gesammelten Spenden werden auf ein Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen überwiesen. Nach § 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b Satz 2 EStDV genügt als Nachweis in diesen Fällen der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Spenders zusammen mit einer Kopie des Barzahlungsbelegs oder der Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des nicht steuerbegünstigten Spendensammlers.

IV. Spendenaktionen von gemeinnützigen Körperschaften für durch das Erdbeben in Nepal geschädigte Personen
Einer gemeinnützigen Körperschaft ist es grundsätzlich nicht erlaubt, Mittel für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden, die sie nach ihrer Satzung nicht fördert (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO). Ruft eine gemeinnützige Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine hier in Betracht kommenden Zwecke – wie insbesondere mildtätige Zwecke – verfolgt (z. B. Sportverein, Musikverein, Kleingartenverein oder Brauchtumsverein), zu Spenden zur Hilfe für die Opfer des Erdbebens in Nepal auf und kann sie die Spenden nicht zu Zwecken, die sie nach ihrer Satzung fördert, verwenden, gilt Folgendes: Es ist unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine zum Beispiel mildtätigen Zwecke fördert oder regional gebunden ist, wenn sie Mittel, die sie im Rahmen einer Sonderaktion für die Hilfe für Opfer des Erdbebens in Nepal erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung für den angegebenen Zweck verwendet. Hierzu reicht es aus, wenn die Spenden entweder an eine steuerbegünstigte Körperschaft, die zum Beispiel mildtätige Zwecke verfolgt, oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zur Hilfe für die Opfer des Erdbebens in Nepal weitergeleitet werden. Die gemeinnützige Einrichtung, die die Spenden gesammelt hat, muss entsprechende Zuwendungsbestätigungen für Spenden, die sie für die Hilfe für Opfer des Erdbebens in Nepal erhält und verwendet, bescheinigen. Auf die Sonderaktion ist in der Zuwendungsbestätigung hinzuweisen.

V. Umsatzsteuer
Das Umsatzsteuerrecht ist in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union insbesondere durch die Vorschriften der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006 (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) weitgehend harmonisiert. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die dort getroffenen Regelungen in nationales Recht umzusetzen. Die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie kennt keine Möglichkeit, die es einem Mitgliedstaat zur Bewältigung von Naturkatastrophen, wenn auch nur zeitlich und sachlich begrenzt, gestatten würde, von den verbindlichen Richtlinienvorschriften abzuweichen.

Sachliche Billigkeitsmaßnahmen bei unentgeltlichen Zuwendungen aus einem Unternehmen nach § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG sind daher ebenso wenig möglich wie eine Ausweitung der Steuervergütung nach § 4a UStG.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 4 – S-2223 / 07 / 0015 :013 vom 19.05.2015

 

Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen nach § 37b EStG

Mit dem Jahressteuergesetz 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I 2006 S. 2878, BStBl I 2007 S. 28) wurde mit § 37b EStG eine Regelung in das Einkommensteuergesetz eingefügt, die es dem zuwendenden Steuerpflichtigen ermöglicht, die Einkommensteuer auf Sachzuwendungen an Arbeitnehmer oder Nichtarbeitnehmer mit einem Steuersatz von 30 Prozent pauschal zu übernehmen und abzuführen. Mit Urteilen vom 16. Oktober und 12. Dezember 2013 hat der BFH in vier Entscheidungen – VI R 52/11, VI R 57/11, VI R 78/12 und VI R 47/12 – den Anwendungsbereich des § 37b EStG eingegrenzt und entschieden, die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG setze die Steuerpflicht der Sachzuwendungen voraus. Das BMF-Schreiben vom 29. April 2008 (BStBl I S. 566) wird im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder unter Berücksichtigung der Grundsätze der BFH-Entscheidungen sowie weiterer inzwischen geklärter Zweifelsfragen neu gefasst:

Im Einzelnen geht das BMF auf folgende Punkte ein:

I. Anwendungsbereich des § 37b EStG

II. Wahlrecht zur Anwendung des § 37b EStG
1. Einheitlichkeit der Wahlrechtsausübung
2. Zeitpunkt der Wahlrechtsausübung

III. Bemessungsgrundlage
1. Begriffsbestimmung
2. Bewertung der Zuwendungen
3. Wirkungen auf andere Regelungen
a) Sachbezugsfreigrenze
b) Mahlzeiten aus besonderem Anlass
c) Aufmerksamkeiten
4. Zeitpunkt der Zuwendung
5. Beträge nach § 37b Absatz 1 Satz 3 EStG

IV. Verhältnis zu anderen Pauschalierungsvorschriften
1. Lohnsteuerpauschalierung mit Nettosteuersatz
2. Arbeitnehmer verbundener Unternehmen

V. Steuerliche Behandlung beim Zuwendenden
1. Zuwendung
2. Pauschalsteuer

VI. Steuerliche Behandlung beim Empfänger

VII. Verfahren zur Pauschalierung der Einkommensteuer
1. Entstehung der Steuer
2. Unterrichtung des Empfängers der Zuwendung
3. Aufzeichnungspflichten
4. Örtliche Zuständigkeit
5. Kirchensteuer
6. Anrufungsauskunft

I. Anwendungsbereich des § 37b EStG
1 Zuwendender i. S. d. § 37b EStG kann jede natürliche und juristische Person oder Personen-vereinigung sein, die aus betrieblichem Anlass nicht in Geld bestehende
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• Geschenke oder
• Zuwendungen zusätzlich
o zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung oder
o zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn
erbringt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind sowohl mit ihrem hoheitlichen Be-reich und dem Bereich der Vermögensverwaltung als auch mit ihren einzelnen Betrieben ge-werblicher Art jeweils Zuwendender i. S. d. § 37b EStG. Die Wahlmöglichkeit kann für die verschiedenen Bereiche unabhängig voneinander ausgeübt werden. Macht der Zuwendende von der Wahlmöglichkeit des § 37b EStG Gebrauch, ist er Steuerpflichtiger i. S. d. § 33 AO. Ausländische Zuwendende und nicht steuerpflichtige juristische Personen des öffentlichen Rechts werden spätestens mit der Anwendung des § 37b EStG zu Steuerpflichtigen i. S. dieser Vorschrift.
2 Zuwendungsempfänger können eigene Arbeitnehmer des Zuwendenden sowie Dritte unab-hängig von ihrer Rechtsform (z. B. AG, GmbH, Aufsichtsräte, Verwaltungsratsmitglieder, sonstige Organmitglieder von Vereinen und Verbänden, Geschäftspartner, deren Familienan-gehörige, Arbeitnehmer Dritter) sein.
3 Von § 37b EStG werden nur solche Zuwendungen erfasst, die betrieblich veranlasst sind (BFH vom 12. Dezember 2013 – VI R 47/121) und die beim Empfänger dem Grunde nach zu steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften führen (BFH vom 16. Oktober 2013 – VI R 57/111). § 37b EStG begründet keine eigenständige Einkunftsart und erweitert nicht den ein-kommensteuerrechtlichen Lohnbegriff, sondern stellt lediglich eine besondere pauschalie-rende Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl (BFH vom 16. Oktober 2013 – VI R 57/11 und VI R 78/12 -1). Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährte Zu-wendungen an eigene Arbeitnehmer sind Sachbezüge i. S. d. § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG, für die keine gesetzliche Bewertungsmöglichkeit nach § 8 Absatz 2 Satz 2 bis 10 und Absatz 3 EStG sowie keine Pauschalierungsmöglichkeit nach § 40 Absatz 2 EStG besteht. In den Fäl-len des § 8 Absatz 3 EStG ist es auch dann nicht zulässig, die Steuer nach § 37b Absatz 2 EStG zu pauschalieren, wenn der Steuerpflichtige nach R 8.2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 LStR 2015 die Bewertung des geldwerten Vorteils nach § 8 Absatz 2 EStG wählt. Für sons-tige Sachbezüge, die nach § 40 Absatz 1 EStG pauschaliert besteuert werden können, kann der Steuerpflichtige auch die Pauschalierung nach § 37b EStG wählen. Die Zuwendung von Vermögensbeteiligungen an eigene Arbeitnehmer ist von der Pauschalierung nach § 37b EStG ausgeschlossen.
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II. Wahlrecht zur Anwendung des § 37b EStG 1. Einheitlichkeit der Wahlrechtsausübung
4 Das Wahlrecht zur Anwendung der Pauschalierung der Einkommensteuer ist nach § 37b Absatz 1 Satz 1 EStG einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten Zuwen-dungen, mit Ausnahme der die Höchstbeträge nach § 37b Absatz 1 Satz 3 EStG übersteigen-den Zuwendungen, auszuüben. Dabei ist es zulässig, für Zuwendungen an Dritte (Absatz 1) und an eigene Arbeitnehmer (Absatz 2) § 37b EStG jeweils gesondert anzuwenden. Auch bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ist für den Personenkreis der eigenen Arbeitnehmer immer die kalenderjahrbezogene Betrachtungsweise für das Wahlrecht maß-geblich. Das Wahlrecht kann für alle inländischen lohnsteuerlichen Betriebsstätten nach § 41 Absatz 2 EStG nur einheitlich ausgeübt werden. Die Entscheidung zur Anwendung des § 37b EStG kann nicht zurückgenommen werden.
5 Werden Zuwendungen an Arbeitnehmer verbundener Unternehmen i. S. d. §§ 15 ff. AktG oder § 271 HGB vergeben, fallen diese Zuwendungen in den Anwendungsbereich des § 37b Absatz 1 EStG und sind nach § 37b Absatz 1 Satz 2 EStG mindestens mit dem sich aus § 8 Absatz 3 Satz 1 EStG ergebenden Wert zu bemessen (Rabattgewährung an Konzernmitarbei-ter). Es wird nicht beanstandet, wenn diese Zuwendungen an Arbeitnehmer verbundener Un-ternehmen individuell besteuert werden, auch wenn der Zuwendende für die übrigen Zuwen-dungen § 37b Absatz 1 EStG anwendet. Für die übrigen Zuwendungen ist das Wahlrecht ein-heitlich auszuüben.
6 Übt ein ausländischer Zuwendender das Wahlrecht zur Anwendung des § 37b EStG aus, sind die Zuwendungen, die unbeschränkt oder beschränkt Einkommen- oder Körperschaftsteuer-pflichtigen im Inland gewährt werden, einheitlich zu pauschalieren. 2. Zeitpunkt der Wahlrechtsausübung
7 Die Entscheidung zur Anwendung der Pauschalierung kann für den Anwendungsbereich des § 37b Absatz 1 EStG auch im laufenden Wirtschaftsjahr, spätestens in der letzten Lohnsteuer-Anmeldung des Wirtschaftsjahres der Zuwendung getroffen werden. Eine Berichtigung der vorangegangenen einzelnen Lohnsteuer-Anmeldungen zur zeitgerechten Erfassung ist nicht erforderlich.
8 Für den Anwendungsbereich des § 37b Absatz 2 EStG soll die Entscheidung zur Anwendung der Pauschalierung spätestens bis zu der für die Übermittlung der elektronischen Lohnsteuer-bescheinigung geltenden Frist (§ 41b Absatz 1 Satz 2 EStG, 28. Februar des Folgejahres) ge-troffen werden. Dieser Endtermin gilt auch, wenn ein Arbeitnehmer während des laufenden
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Kalenderjahres ausscheidet. Ist eine Änderung des Lohnsteuerabzugs gemäß § 41c EStG zum Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts nicht mehr möglich, so hat der Arbeitgeber dem Ar-beitnehmer eine Bescheinigung über die Pauschalierung nach § 37b Absatz 2 EStG auszu-stellen. Die Korrektur des bereits individuell besteuerten Arbeitslohns kann der Arbeitnehmer dann nur noch im Veranlagungsverfahren zur Einkommensteuer begehren.
8a Das Wahlrecht kann auch durch Änderung einer noch nicht materiell bestandskräftigen Lohn-steuer-Anmeldung ausgeübt werden. Eine erstmalige Wahlrechtsausübung im Rahmen einer Außenprüfung ist somit zulässig. Wurden Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer (§ 37b Absatz 2) vorbehaltlich der Pauschalierung nach § 40 Absatz 1 Satz 1 EStG (Rdnr. 22) weder nach anderen Vorschriften pauschal noch individuell besteuert, kann das Wahlrecht (erstma-lig) auch noch nach der in den Rdnrn. 7 und 8 genannten Frist im Rahmen einer Änderung ei-ner noch nicht materiell bestandskräftigen Lohnsteuer-Anmeldung ausgeübt werden. Wurden Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer dagegen bisher individuell besteuert, weil eine Pauschalierung zum maßgeblichen Wahlrechtszeitpunkt nicht vorgenommen worden ist, ist eine Pauschalierung nach § 37b Absatz 2 EStG nicht mehr möglich. Wurden Zuwendungen an eigene Arbeitnehmer nach § 37b EStG bisher pauschal besteuert, ist die bisherige Aus-übung des Wahlrechts für den Zuwendenden bindend. Eine nachträgliche individuelle Besteu-erung der Sachzuwendungen ist nicht zulässig. III. Bemessungsgrundlage 1. Begriffsbestimmung
9 Besteuerungsgegenstand sind betrieblich veranlasste Sachzuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden, und Geschenke, die nicht in Geld bestehen. Gesellschaftsrechtlich veranlasste Zuwendungen, wie z. B. verdeckte Gewinnausschüttungen (§ 8 Absatz 3 Satz 2 KStG, R 36 KStR) sind von der Pauschalierung nach § 37b EStG ausgenommen (BFH vom 12. Dezember 2013 – VI R 47/121).
9a Die „Zusätzlichkeitsvoraussetzung“ für betrieblich veranlasste Zuwendungen nach § 37b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG erfordert, dass die Zuwendungen in sachlichem und zeitli-chem Zusammenhang mit einem zwischen den Vertragsparteien abgeschlossenen Vertrags-verhältnis (sog. Grundgeschäft) stehen und zur ohnehin geschuldeten Leistung als zusätzliche Leistung hinzukommen. Zuwendungen, die nicht zu einem Leistungsaustausch hinzutreten, etwa zur Anbahnung eines Vertragsverhältnisses, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 37b Absatz 1 Nummer 1 EStG (BFH vom 12. Dezember 2013 – VI R 47/121). Unbeachtlich
1 Aktenzeichen um Fundstelle ergänzen
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ist, ob der Empfänger einen Rechtsanspruch auf die Zuwendungen hat oder die Zuwendungen vom Zuwendenden freiwillig erbracht werden.
9b Die „Zusätzlichkeitsvoraussetzung“ für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte betrieblich veranlasste Zuwendungen nach § 37b Absatz 2 Satz 1 EStG erfordert, dass die Zuwendung zu dem Arbeitslohn hinzukommt, den der Arbeitgeber arbeitsrechtlich schuldet; eine Gehaltsumwandlung erfüllt diese Voraussetzung nicht. Kommt die zweckbe-stimmte Leistung zu dem Arbeitslohn hinzu, den der Arbeitgeber schuldet, ist das Tatbe-standsmerkmal auch dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder aufgrund ei-ner anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage einen Anspruch auf die zwecke-stimmte Leistung hat (vgl. R 3.33 Absatz 5 LStR und BMF-Schreiben vom 22. Mai 2013, BStBl I S. 728).
9c Bei Zuwendungen an Dritte handelt es sich regelmäßig um Geschenke i. S. d. § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 Satz 1 EStG und R 4.10 Absatz 4 Satz 1 bis 5 EStR oder Incentives (z. B. Reise oder Sachpreise aufgrund eines ausgeschriebenen Verkaufs- oder Außendienstwettbe-werbs). Geschenke in diesem Sinne sind auch Nutzungsüberlassungen. Zuzahlungen des Zu-wendungsempfängers ändern nicht den Charakter als Zuwendung; sie mindern lediglich die Bemessungsgrundlage. Zuzahlungen Dritter (z. B. Beteiligung eines anderen Unternehmers an der Durchführung einer Incentive-Reise) mindern die Bemessungsgrundlage hingegen nicht. Aufmerksamkeiten i. S. d. R 19.6 Absatz 1 LStR, die dem Empfänger aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses zugewendet werden, sind keine Geschenke und gehören daher nicht zur Bemessungsgrundlage.
9d Bei der Teilnahme eines Kunden an einem Bonusprogramm wird die Ausgabe der Bonus-punkte zum Bestandteil der Gegenleistung des leistenden Unternehmens. Damit liegt weder in der Gutschrift der Punkte noch in der Hingabe der Prämie eine zusätzliche Leistung vor, so dass eine Pauschalierung nach § 37b EStG in derartigen Fällen ausgeschlossen ist. Die Ein-kommensteuer kann in diesen Fällen bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen nach § 37a EStG pauschaliert werden.
9e Gewinne aus Verlosungen, Preisausschreiben und sonstigen Gewinnspielen sowie Prämien aus (Neu)Kundenwerbungsprogrammen und Vertragsneuabschlüssen fallen nicht in den An-wendungsbereich des § 37b Absatz 1 EStG.
10 Sachzuwendungen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten 10 Euro nicht übersteigen, sind bei der Anwendung des § 37b EStG als Streuwerbeartikel anzusehen und brauchen daher nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbezogen zu werden.2 § 9b Absatz 1 EStG
2 Diese Regelung ist trotz entgegenstehender Auffassung des BFH im Urteil vom 16. Oktober 2013 (BStBl II 2015 S. ___) weiter anzuwenden.
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ist zu beachten. Die Teilnahme an einer geschäftlich veranlassten Bewirtung i. S. d. § 4 Ab-satz 5 Satz 1 Nummer 2 EStG ist nicht in den Anwendungsbereich des § 37b EStG einzube-ziehen (R 4.7 Absatz 3 EStR, R 8.1 Absatz 8 Nummer 1 LStR); es sei denn, sie ist Teil einer Gesamtleistung, die insgesamt als Zuwendung nach § 37b EStG besteuert wird (z. B. Bewir-tung im Rahmen einer Incentive-Reise, vgl. BMF-Schreiben vom 14. Oktober 1996, BStBl I S. 1192) oder die Bewirtung findet im Rahmen von Repräsentationsveranstaltungen i. S. d. § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 4 EStG statt (z. B. Einladung zu einem Golfturnier, zu einem Segeltörn oder zu einer Jagdgesellschaft). Eine Incentive-Reise liegt in Abgrenzung zu einer Incentive-Maßnahme, bei der ggf. ein Bewirtungsanteil gemäß Rdnr. 15 herausgerechnet werden kann, vor, wenn die Veranstaltung mindestens eine Übernachtung umfasst.
11 Zuwendungen, die ein Arbeitnehmer von einem Dritten erhalten hat, können nicht vom Arbeitgeber, der nach § 38 Absatz 1 Satz 3 EStG zum Lohnsteuerabzug verpflichtet ist, nach § 37b EStG pauschal besteuert werden. Die Pauschalierung nach § 37b EStG kann nur der Zuwendende selbst vornehmen. Für Zuwendungen an Mitarbeiter verbundener Unternehmen i. S. d. §§ 15 ff AktG oder § 271 HGB (vgl. Rdnr. 23) wird es nicht beanstandet, wenn anstel-le des Zuwendenden der Arbeitgeber des Zuwendungsempfängers die Pauschalierung gemäß § 37b Absatz 1 EStG vornimmt. Die erforderliche „Zusätzlichkeitsvoraussetzung“ ist nur dann erfüllt, wenn die Zuwendungen auf vertraglichen Beziehungen zwischen dem Dritten und dem Arbeitnehmer beruhen. Zuwendungen, die auf vertraglichen Beziehungen zwischen dem Zuwendenden und dem Arbeitgeber des Arbeitnehmers beruhen (sog. Rahmenvertrag), können vom Zuwendenden daher nach § 37b EStG pauschal besteuert werden, wenn dem Grunde nach Arbeitslohn vorliegt (vgl. BMF-Schreiben vom 20. Januar 2015, BStBl I S. 143).
12 Gibt ein Steuerpflichtiger eine Zuwendung unmittelbar weiter, die dieser selbst unter Anwen-dung des § 37b EStG erhalten hat, entfällt eine erneute pauschale Besteuerung nach § 37b EStG, wenn der Steuerpflichtige hierfür keinen Betriebsausgabenabzug vornimmt.
13 In die Bemessungsgrundlage nach § 37b Absatz 1 und 2 EStG sind alle Zuwendungen einzu-beziehen, die beim Empfänger dem Grunde nach zu steuerbaren und steuerpflichtigen Ein-künften führen. Demzufolge sind Zuwendungen an beschränkt und unbeschränkt steuerpflich-tige Empfänger auszuscheiden, die nach den Bestimmungen eines Doppelbesteuerungsab-kommens oder des Auslandstätigkeitserlasses nicht der inländischen Besteuerung unterliegen oder die dem Empfänger nicht im Rahmen einer Einkunftsart zufließen. Für Zuwendungen, die nicht in die Bemessungsgrundlage des § 37b EStG einzubeziehen sind, hat der Zuwenden-de neben den für den Betriebsausgabenabzug bestehenden Aufzeichnungspflichten zusätzlich durch geeignete Aufzeichnungen darzulegen, dass diese Zuwendungen beim Empfänger nicht
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steuerbar und steuerpflichtig sind. Die Empfänger der Zuwendungen müssen auf Verlangen der Finanzbehörde genau benannt werden können (§ 160 AO).
13a Zur Vereinfachung der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Anwendung des § 37b Absatz 1 EStG kann der Steuerpflichtige der Besteuerung nach § 37b EStG einen bestimmten Prozentsatz aller gewährten Zuwendungen an Dritte unterwerfen. Der Prozentsatz orientiert sich an den unternehmensspezifischen Gegebenheiten und ist vom Steuerpflichtigen anhand geeigneter Unterlagen oder Aufzeichnungen glaubhaft zu machen. In diesem Fall kann er auf weitergehende Aufzeichnungen zur Steuerpflicht beim Empfänger verzichten. Für die Glaub-haftmachung kann auch auf die Aufzeichnungen, die über einen repräsentativen Zeitraum (mindestens drei Monate) geführt werden, zurückgegriffen und aus diesen der anzuwendende Prozentsatz ermittelt werden. Dieser kann so lange angewandt werden, wie sich die Verhält-nisse nicht wesentlich ändern. Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Zuwendun-gen nach § 37b Absatz 2 EStG vgl. Tz. III.3 Wirkungen auf andere Regelungen (Rdnrn. 17 bis 19). 2. Bewertung der Zuwendungen
14 Nach § 37b Absatz 1 Satz 2 EStG sind die Zuwendungen mit den Aufwendungen des Steuer-pflichtigen einschließlich Umsatzsteuer zu bewerten. Der Bruttobetrag kann aus Vereinfa-chungsgründen mit dem Faktor 1,19 aus dem Nettobetrag hochgerechnet werden. In die Be-messungsgrundlage sind alle tatsächlich angefallenen Aufwendungen einzubeziehen, die der jeweiligen Zuwendung direkt zugeordnet werden können. Soweit diese nicht direkt ermittelt werden können, weil sie Teil einer Gesamtleistung sind, ist der auf die jeweilige Zuwendung entfallende Anteil an den Gesamtaufwendungen anzusetzen, der ggf. im Wege der Schätzung zu ermitteln ist. Zu den Aufwendungen im Rahmen von Veranstaltungen gehören z. B. Auf-wendungen für Musik, künstlerische und artistische Darbietungen und Aufwendungen für den äußeren Rahmen (z. B. Raummiete, Eventmanager). Wird ein Wirtschaftsgut zugewandt, das der Steuerpflichtige selbst hergestellt hat, sind als Aufwendungen grundsätzlich die Herstel-lungskosten des Wirtschaftsguts (zuzüglich der Umsatzsteuer) anzusetzen (z. B. Eintritts-karten für eine selbst ausgerichtete Veranstaltung). Der Zuwendende kann stattdessen den gemeinen Wert (z. B. den Kartenpreis) ansetzen, wenn dieser ohne weiteres ermittelt werden kann.
15 Die bestehenden Vereinfachungsregelungen, die zur Aufteilung der Gesamtaufwendungen für VIP-Logen in Sportstätten und in ähnlichen Sachverhalten ergangen sind, gelten unverändert (Rdnr. 14 und 19 des BMF-Schreibens vom 22. August 2005, BStBl I S. 845 und vom 11. Juli 2006, BStBl I S. 447). Der danach ermittelte, auf Geschenke entfallende pauschale Anteil stellt die Aufwendungen dar, die in die Bemessungsgrundlage nach § 37b EStG einzubezie-hen sind. Die Vereinfachungsregelungen zur Übernahme der Besteuerung (Rdnrn. 16 und 18
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des BMF-Schreibens vom 22. August 2005 und entsprechende Verweise im BMF-Schreiben vom 11. Juli 2006) sind ab dem 1. Januar 2007 nicht mehr anzuwenden.
16 Besteht die Zuwendung in der Hingabe eines Wirtschaftsgutes des Betriebsvermögens oder in der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung und sind dem Zuwendenden keine oder nur unver-hältnismäßig geringe Aufwendungen entstanden (z. B. zinslose Darlehensgewährung), ist als Bemessungsgrundlage für eine Besteuerung nach § 37b EStG der gemeine Wert anzusetzen. 3. Wirkungen auf andere Regelungen Sachbezüge, die im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ge-währt werden (vgl. hierzu BFH vom 16. Oktober 2013 – VI R 78/123) sowie steuerfreie Sach-bezüge, z. B. auch nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a EStG, werden von § 37b Absatz 2 EStG nicht erfasst. Im Übrigen gilt Folgendes: a) Sachbezugsfreigrenze
17 Wird die Freigrenze des § 8 Absatz 2 Satz 11 EStG in Höhe von 44 Euro nicht überschritten, liegt kein steuerpflichtiger Sachbezug vor. Bei der Prüfung der Freigrenze bleiben die nach § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG zu bewertenden Vorteile, die nach §§ 37b und 40 EStG pauschal versteuert werden, außer Ansatz.
b) Mahlzeiten aus besonderem Anlass
18 Mahlzeiten aus besonderem Anlass, die vom oder auf Veranlassung des Steuerpflichtigen anlässlich von Auswärtstätigkeiten an seine Arbeitnehmer abgegeben werden, können nach § 37b EStG pauschal besteuert werden, wenn der Wert der Mahlzeit 60 Euro (bis 31. Dezem-ber 2014: 40 Euro) übersteigt. c) Aufmerksamkeiten
19 Zuwendungen des Steuerpflichtigen an seine Arbeitnehmer, die als bloße Aufmerksamkeiten (R 19.6 LStR) anzusehen sind und deren jeweiliger Wert 60 Euro (bis 31. Dezember 2014: 40 Euro) nicht übersteigt, gehören nicht zum Arbeitslohn und sind daher nicht in die Pauscha-lierung nach § 37b EStG einzubeziehen. Bei Überschreitung des Betrags von 60 Euro (bis 31. Dezember 2014: 40 Euro) ist die Anwendung des § 37b EStG möglich.
3 Aktenzeichen um Fundstelle ergänzen
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4. Zeitpunkt der Zuwendung
20 Die Zuwendung ist im Zeitpunkt der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht zu erfassen. Das ist bei Geschenken der Zeitpunkt der Hingabe (z. B. Eintrittskarte) und bei Nut-zungen der Zeitpunkt der Inanspruchnahme (z. B. bei der Einladung zu einer Veranstaltung der Zeitpunkt der Teilnahme). Es ist aber nicht zu beanstanden, wenn die Pauschalierung nach § 37b EStG bereits in dem Wirtschaftsjahr vorgenommen wird, in dem der Aufwand zu be-rücksichtigen ist. Auf einen hiervon abweichenden Zeitpunkt der Bezahlung der Rechnung durch den Zuwendenden kann hingegen nicht abgestellt werden. 5. Beträge nach § 37b Absatz 1 Satz 3 EStG
21 Die Beträge des § 37b Absatz 1 Satz 3 EStG i. H. v. 10.000 Euro sind auf die Bruttoaufwen-dungen anzuwenden. Bei dem Betrag nach § 37b Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 EStG handelt es sich um einen Höchstbetrag (z. B. drei Zuwendungen im Wert von jeweils 4.000 Euro, § 37b EStG ist nicht nur für die ersten beiden Zuwendungen anwendbar, sondern auch die Hälfte der Aufwendungen für die dritte Zuwendung muss in die Pauschalbesteuerung einbezogen wer-den); bei dem Betrag nach § 37b Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 EStG handelt es sich um eine Höchstgrenze (z. B. Zuwendung im Wert von 15.000 Euro, § 37b EStG ist auf diese Zuwen-dung nicht anwendbar). Wird die Höchstgrenze für eine Zuwendung überschritten, ist eine Pauschalierung für andere Zuwendungen an diesen Zuwendungsempfänger im Rahmen des § 37b Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 EStG zulässig (z. B. drei Zuwendungen im Wert von 3.000 Euro, 5.000 Euro und 12.000 Euro, die Aufwendungen für die Einzelzuwendung in Höhe von 12.000 Euro können nicht nach § 37b EStG pauschal besteuert werden, in die Pau-schalbesteuerung sind indes die Aufwendungen für die beiden anderen Einzelzuwendungen von insgesamt 8.000 Euro einzubeziehen). Bei Zuzahlungen durch den Zuwendungsempfän-ger mindert sich der Wert der Zuwendung, auf den der Höchstbetrag/die Höchstgrenze anzu-wenden ist. Für die Prüfung des Höchstbetrags ist bei betrieblich veranlassten Sachzuwendun-gen an nahestehende Personen eines Geschäftsfreunds oder eines Arbeitnehmers Zuwen-dungsempfänger der Geschäftsfreund oder der Arbeitnehmer selbst. IV. Verhältnis zu anderen Pauschalierungsvorschriften 1. Lohnsteuerpauschalierung mit Nettosteuersatz
22 Zum Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts nach § 37b Absatz 2 EStG bereits nach § 40 Absatz 1 Satz 1 EStG durchgeführte Pauschalierungen müssen nicht rückgängig gemacht werden. Eine Änderung ist aber in den Grenzen der allgemeinen Regelungen zulässig; § 37b Absatz 2 EStG kann danach angewandt werden. Die Rückabwicklung eines nach § 40 Ab-satz 1 Satz 1 EStG pauschalierten Zuwendungsfalls muss für alle Arbeitnehmer einheitlich
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vorgenommen werden, die diese Zuwendung erhalten haben. Nach der Entscheidung zur An-wendung des § 37b EStG ist eine Pauschalierung nach § 40 Absatz 1 Satz 1 EStG für alle Zuwendungen, auf die § 37b EStG anwendbar ist, nicht mehr möglich. 2. Arbeitnehmer verbundener Unternehmen
23 Die Pauschalierung ist für Sachzuwendungen an Arbeitnehmer verbundener Unternehmen i. S. d. §§ 15 ff. AktG oder § 271 HGB zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 37b Ab-satz 1 EStG erfüllt sind. V. Steuerliche Behandlung beim Zuwendenden 1. Zuwendung
24 Die Aufwendungen für die Zuwendung sind nach allgemeinen steuerlichen Grundsätzen zu beurteilen; sie sind entweder in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar (Geschenke an eigene Arbeitnehmer und Zuwendungen, die keine Geschenke sind) oder unter der Maßgabe des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 EStG beschränkt abziehbar. Die übrigen Abzugsbeschrän-kungen des § 4 Absatz 5 EStG, insbesondere des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 4 oder Num-mer 10 EStG sind ebenfalls zu beachten.
25 Bei der Prüfung der Freigrenze des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 Satz 2 EStG ist aus Ver-einfachungsgründen allein auf den Betrag der Zuwendung abzustellen. Die übernommene Steuer ist nicht mit einzubeziehen.
2. Pauschalsteuer
26 Die Abziehbarkeit der Pauschalsteuer als Betriebsausgabe richtet sich danach, ob die Aufwendungen für die Zuwendung als Betriebsausgabe abziehbar sind. VI. Steuerliche Behandlung beim Empfänger
27 Nach § 37b Absatz 3 Satz 1 EStG bleibt eine pauschal besteuerte Sachzuwendung bei der Ermittlung der Einkünfte des Empfängers außer Ansatz.
28 Besteht die Zuwendung in der Hingabe eines einzelnen Wirtschaftsgutes, das beim Empfän-ger Betriebsvermögen wird, gilt sein gemeiner Wert als Anschaffungskosten (§ 6 Absatz 4 EStG). Rdnr. 12 ist zu beachten.
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VII. Verfahren zur Pauschalierung der Einkommensteuer 1. Entstehung der Steuer
29 Für den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Zuwendung (vgl. Rdnr. 20) maßgeblich. Dabei ist nicht auf den Entstehungszeitpunkt der Einkommen- und Körperschaftsteuer beim Zuwendungsempfänger abzustellen. 2. Unterrichtung des Empfängers der Zuwendung
30 Nach § 37b Absatz 3 Satz 3 EStG hat der Zuwendende den Empfänger der Zuwendung über die Anwendung der Pauschalierung zu unterrichten. Eine besondere Form ist nicht vorge-schrieben.
31 Arbeitnehmer sind nach § 38 Absatz 4 Satz 3 EStG verpflichtet, ihrem Arbeitgeber die ihnen von Dritten gewährten Bezüge am Ende des Lohnzahlungszeitraumes anzuzeigen. Erhält der Arbeitnehmer erst im Nachhinein eine Mitteilung vom Zuwendenden über die Anwendung des § 37b EStG, kann bei bereits durchgeführter individueller Besteuerung eine Korrektur des Lohnsteuerabzugs vorgenommen werden, wenn die Änderung des Lohnsteuerabzugs beim Arbeitnehmer noch zulässig ist. 3. Aufzeichnungspflichten
32 Die bestehenden Aufzeichnungspflichten für Geschenke nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 EStG bleiben unberührt (§ 4 Absatz 7 EStG, R 4.11 EStR). Besondere Aufzeichnungspflich-ten für die Ermittlung der Zuwendungen, für die § 37b EStG angewandt wird, bestehen nicht. Aus der Buchführung oder den Aufzeichnungen muss sich ablesen lassen, dass bei Wahl-rechtsausübung alle Zuwendungen erfasst wurden und dass die Höchstbeträge nicht über-schritten wurden. Nach § 37b EStG pauschal versteuerte Zuwendungen müssen nicht zum Lohnkonto genommen werden (§ 4 Absatz 2 Nummer 8 LStDV i. V. m. § 41 Absatz 1 EStG).
33 Aus Vereinfachungsgründen kann bei Zuwendungen bis zu einem Wert von jeweils 60 Euro (bis 31. Dezember 2014 = 40 Euro) davon ausgegangen werden, dass der Höchstbetrag nach § 37b Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 EStG auch beim Zusammenfallen mit weiteren Zuwendun-gen im Wirtschaftsjahr nicht überschritten wird. Eine Aufzeichnung der Empfänger kann in-soweit unterbleiben.
34 § 37b EStG kann auch angewendet werden, wenn die Aufwendungen beim Zuwendenden ganz oder teilweise unter das Abzugsverbot des § 160 AO fallen. Fallen mehrere Zuwendun-gen zusammen, bei denen § 160 AO zum Abzugsverbot der Aufwendungen führt, ist die Summe dieser Aufwendungen den Höchstbeträgen gegenüberzustellen.
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4. Örtliche Zuständigkeit
35 Für ausländische Zuwendende ergeben sich die für die Verwaltung der Lohnsteuer zustän-digen Finanzämter aus analoger Anwendung des H 41.3 LStH (wie ausländische Bauunter-nehmer).
5. Kirchensteuer
36 Für die Ermittlung der Kirchensteuer bei Anwendung des § 37b EStG ist in Rheinland-Pfalz nach dem Erlass des Ministeriums der Finanzen Rheinland-Pfalz vom 29. Oktober 2008 (BStBl I 2009 S. 332) und in den übrigen Ländern nach den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden dieser Länder vom 28. Dezember 2006 (BStBl I 2007 S. 76) zu ver-fahren. 6. Anrufungsauskunft
37 Für Sachverhalte zur Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen nach § 37b EStG kann eine Anrufungsauskunft i. S. d. § 42e EStG eingeholt werden. VIII. Anwendungszeitpunkt
38 Dieses Schreiben ersetzt das BMF-Schreiben vom 29. April 2008 (a. a. O.). Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Im Auftrag
Dieses Dokument wurde elektronisch versandt und ist nur im Entwurf gezeichnet. 

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 6 – S-2297-b / 14 / 10001 vom 19.05.2015

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin