Doppelte Haushaltsführung: Kriterien für den Lebensmittelpunkt

Doppelte Haushaltsführung: Kriterien für den Lebensmittelpunkt

Wo liegt bei einer doppelten Haushaltsführung der Lebensmittelpunkt? Verschiedene Kriterien helfen bei der Beantwortung dieser Frage. Die Größe der Wohnung am Beschäftigungsort im Vergleich zur Größe der Wohnung am Wohnort ist dabei nur ein wesentliches Indiz.

 Die Klägerin ist seit dem 1.3.2008 in A als Rechtsanwältin angestellt und hat in A eine 78 qm große Wohnung angemietet. Gegenüber dem Finanzamt erklärte sie, ihren Lebensmittelpunkt im elterlichen Einfamilienhaus in B beibehalten zu haben. Dort bewohne sie das 2. Obergeschoss (64 qm) und kehre jedes Wochenende dorthin zurück. Seit September 2008 beteilige sie sich mit monatlich 150 EUR an den Nebenkosten. Das Finanzamt hat den Werbungskostenabzug abgelehnt, da die Klägerin nicht in den Haushalt der Eltern eingegliedert gewesen sei. Auch der Vergleich der Wohnungsgrößen deute darauf hin, dass sich der Lebensmittelpunkt am Beschäftigungsort befinde.

Entscheidung
Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Klägerin einen eigenen Haushalt in B und aus beruflichen Gründen einen weiteren Haushalt in A führt. Bei älteren, wirtschaftlich selbstständigen, berufstätigen Kindern, die mit ihren Eltern in einem gemeinsamen Haushalt leben, ist davon auszugehen, dass sie die Führung des Haushalts maßgeblich mitbestimmen, sodass ihnen dieser Hausstand als eigener zugerechnet werden kann. Auch bedarf es keiner Übernahme einer besonderen finanziellen Verantwortung für den (gemeinsamen) Hausstand durch die gleichmäßige Beteiligung an den laufenden Haushalts- und Lebenshaltungskosten. Die aufgrund der Größe der Wohnung am Beschäftigungsort bestehende Vermutung der Verlagerung des Lebensmittelpunkts nach A hat die Klägerin nach Auffassung des Finanzgerichts überzeugend widerlegt. Insbesondere die Hinweise auf die günstige Lage zur Kanzlei und das vorhandene erforderliche Arbeitszimmer waren dafür ausschlaggebend.

Den digitalen Nachlass rechtzeitig regeln

Ein Mensch stirbt – was wird aus seinen Spuren im Internet? Erhalten Erben Zugriff auf Facebook, Google, Twitter und Co? Was ist, wenn Passwörter den Zugang zu Online-Konten versperren? Tipps, wie sich der digitale Nachlass am besten regeln lässt, gibt es hier.

Heute – im digitalen Zeitalter – hinterlassen viele Menschen nach ihrem Tod jede Menge Spuren im Netz. Und nicht nur das. Bei Facebook und Twitter gehen weiterhin Nachrichten ein. eBay-Käufer erwarten Antwort, Paypal wartet auf Zahlungen für bestellte Waren. Vertragspartner buchen für Online-Verträge und Abos vom Konto des Verstorbenen ab.

Was können Erben tun?
In den meisten Fällen hat der Verstorbene seinen digitalen Nachlass nicht geregelt. Für die Erben beginnt dann eine Spurensuche: Gibt es Online-Konten und welche? Wie lauten die Passwörter dafür, denn ohne diese kein Zugriff möglich. Wichtig ist auch die Frage: Wo können Kosten entstehen? Denn laufende Verträge gehen im Todesfall in der Regel auf die Erben über. Deshalb gilt es, möglichst schnell alle laufenden Verträge und kostenpflichtige Mitgliedschaften zu kündigen. Hinzu kommt: Manche Hinterlassenschaften im Internet könnten für Hinterbliebene schmerzhaft oder peinlich sein.

Damit die Betreiber verschiedener Dienste tätig werden, verlangen Sie oft mindestens eine Sterbeurkunde oder einen Erbschein. Zusätzlicher Aufwand und Kosten können bei internationalen Anbietern entstehen. Etwa für eine beglaubigte Übersetzung der Sterbeurkunde.

Anbieter verhalten sich unterschiedlich
Bisher gibt es noch keine einheitlichen Vorschriften, nach denen zu verfahren ist. Einige Firmen löschen oder deaktivieren nach Prüfung die Daten. Andere gewähren Zugriff auf die E-Mail-Kommunikation. Bei Facebook etwa kann man für die Seite des Verstorbenen den Gedenkstatus wählen, so dass sie erhalten bleibt. Das Bearbeiten der Seiten des Verstorbenen auf Sozialen Netzwerken ist in der Regel nicht mehr möglich.

Das zeigt, wie wichtig es ist, den digitalen Nachlass zu regeln. Am besten hinterlegt man für die Angehörigen die Zugangsdaten zu E-Mail-Konten und andere Internet-Dienste handschriftlich in einem Testament. Man kann darin auch festlegen, dass nur bestimmte Personen Einblick in die Daten erhalten.

Mit einer Vorsorgevollmacht kann man zudem bestimmen, auf welche Daten die Erben zugreifen dürfen und was damit geschehen soll. Vor allem auch, welche kostenpflichtigen Abos und Zugänge nach dem Tod gekündigt werden sollen.

Google etwa bietet einen Kontoinaktivitätsmanager an. Der Nutzer kann zu Lebzeiten festlegen, wer nach seinem Tod über die Inaktivität des Kontos benachrichtigt und Zugriff auf sein Profil haben soll. Er kann auch bestimmen, dass das Profil dann komplett gelöscht wird. Facebook ermöglicht seinen Nutzern, einen Nachlasskontakt zu bestimmen, der das Profil weiter pflegen darf.

Es gibt Firmen, die die „Entrümpelung“ des digitalen Nachlasses anbieten. Doch Vorsicht: Neben den Kosten sollte man bedenken, dass diese damit Zugriff auf – zum Teil sehr persönliche – Daten erhalten.

Quelle: Bundesregierung, Pressemitteilung vom 24.04.2015

 

Übermittlung von USt-Voranmeldungen bei Aufnahme der selbständigen gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit einer Vorratsgesellschaft und bei Übernahme eines Firmenmantels (§ 18 Abs. 2 Satz 5 UStG)

Durch Art. 9 Nr. 4 i. V. m. Art. 16 Abs. 3 des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften – sog. Zollkodex-Anpassungsgesetz – vom 22. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2417) wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2015 § 18 Abs. 2 Satz 5 UStG angefügt. Danach ist

  1. bei im Handelsregister eingetragenen, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesenen juristischen Personen oder Personengesellschaften, die objektiv belegbar die Absicht haben, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben (Vorratsgesellschaften), und zwar ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit, und
  2. bei der Übernahme von juristischen Personen oder Personengesellschaften, die bereits gewerblich oder beruflich tätig gewesen sind und zum Zeitpunkt der Übernahme ruhen oder nur geringfügig gewerblich oder beruflich tätig sind (Firmenmantel), und zwar ab dem Zeitpunkt der Übernahme,

im laufenden und folgenden Kalenderjahr Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat.

Diese Regelung ist nach § 27 Abs. 21 UStG in der Fassung des Art. 9 Nr. 5 des Zollkodex-Anpassungsgesetzes erstmals auf Voranmeldungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2014 enden.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 2. April 2015 – IV D 2 – S-7270 / 12 / 10001 (2015/0251833), BStBl I S. xxx, geändert worden ist, im Abschn. 18.7 Abs. 1 UStAE wie folgt geändert:

  1. Nach Satz 2 wird folgender neuer Satz 3 eingefügt:

    3Satz 1 gilt auch ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung der selbständigen gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit einer Vorratsgesellschaft im Sinne von § 18 Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 UStG und ab dem Zeitpunkt der Übernahme eines Firmenmantels im Sinne von § 18 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 UStG.“

  2. Der bisherige Satz 3 wird neuer Satz 4.

Die Grundsätze dieses Schreibens sind erstmals auf Voranmeldungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2014 enden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7346 / 15 / 10001 vom 24.04.2015

 

Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den automatisierten Datenabgleich der Jobcenter zur Ermittlung von Kapitalerträgen

SGB II-Bezieher müssen den Datenabgleich der Jobcenter in der von § 52 Abs. 1 Nr. 3 SGB II vorgesehenen Form hinnehmen. Die Vorschrift ist eine gesetzliche Grundlage im Sinne der datenschutzrechtlichen Regelungen im SGB I und SGB X, die den Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung rechtfertigt, weil sie dem Gebot der Normenklarheit und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt. Dies hat der 4. Senat des Bundessozialgerichts am 24. April 2015 entschieden.

Der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beziehende Kläger wandte sich mit seiner vorbeugenden Unterlassungsklage gegen den automatisierten Datenabgleich, den die Jobcenter zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober mit dem Bundeszentralamt für Steuern durchführen, indem deren Daten mit den dort vorhandenen Informationen zu Kapitalerträgen, für die Freistellungsaufträge erteilt worden sind, abgeglichen werden. Daraus resultierende „Überschneidungsmitteilungen“ ermöglichen weitere Nachfragen der Jobcenter zu etwaigen Zinseinkünften oder bisher nicht bekannten Vermögenswerten.

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat die Revision des Klägers gegen die negativen Entscheidungen der Vorinstanzen zurückgewiesen. Er ist davon ausgegangen, dass die Regelungen den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Normenklarheit genügen, weil der Anlass, der Zweck und die Grenzen des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in der Ermächtigung ausreichend bestimmt festgelegt sind. Datenabgleiche mit dem Bundeszentralamt für Steuern auf der Grundlage des § 52 Abs. 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit der Grundsicherungs-Datenabgleichsverordnung verstoßen auch nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie dienen der Vermeidung des Leistungsmissbrauchs und damit einem Gemeinwohlbelang, dem eine erhebliche Bedeutung zukommt. Der Abgleich ist auch geeignet, erforderlich und angemessen, um die beschriebenen Zwecke zu erreichen. Den Gemeinwohlbelangen von erheblicher Bedeutung steht ein nur begrenzter Einblick in die persönliche Sphäre des SGB II-Berechtigten gegenüber, weil lediglich einzelne Daten zur Einkommens- und Vermögenssituation des Leistungsberechtigten abgeglichen und – mit Ausnahme des jahresbezogenen Abgleichs zum 1. Oktober – nur im vorangegangenen Kalendervierteljahr an das Bundeszentralamt übermittelte Daten einbezogen werden dürfen. Der Gesetzgeber muss nicht allein auf die Angaben von Sozialleistungsbeziehern abstellen, sondern kann ein verhältnismäßig ausgestaltetes Überprüfungsverfahren vorsehen.

Rechtsvorschriften

§ 52 Automatisierter Datenabgleich SGB II

(1) Die Bundesagentur und die zugelassenen kommunalen Träger überprüfen Personen, die Leistungen nach diesem Buch beziehen, zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober im Wege des automatisierten Datenabgleichs daraufhin,
1. ob und in welcher Höhe und für welche Zeiträume von ihnen Leistungen der Träger der gesetzlichen Unfall- oder Rentenversicherung bezogen werden oder wurden,
2. ob und in welchem Umfang Zeiten des Leistungsbezuges nach diesem Buch mit Zeiten einer Versicherungspflicht oder Zeiten einer geringfügigen Beschäftigung zusammentreffen,
3. ob und welche Daten nach § 45d Abs. 1 und § 45e des Einkommensteuergesetzes an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind,…

(2) Zur Durchführung des automatisierten Datenabgleichs dürfen die Träger der Leistungen nach diesem Buch die folgenden Daten einer Person, die Leistungen nach diesem Buch bezieht, an die in Abs. 1 genannten Stellen übermitteln:
1. Name und Vorname,
2. Geburtsdatum und -ort,
3. Anschrift,
4. Versicherungsnummer.

(2a) Die Datenstelle der Rentenversicherungsträger darf als Vermittlungsstelle die nach den Abs. 1 und 2 übermittelten Daten speichern und nutzen, soweit dies für die Datenabgleiche nach den Abs. 1 und 2 erforderlich ist… Die nach Satz 1 bei der Datenstelle der Rentenversicherungsträger gespeicherten Daten sind unverzüglich nach Abschluss des Datenabgleichs zu löschen.

(3) Die den in Abs. 1 genannten Stellen überlassenen Daten und Datenträger sind nach Durchführung des Abgleichs unverzüglich zurückzugeben, zu löschen oder zu vernichten. Die Träger der Leistungen nach diesem Buch dürfen die ihnen übermittelten Daten nur zur Überprüfung nach Abs. 1 nutzen. Die übermittelten Daten der Personen, bei denen die Überprüfung zu keinen abweichenden Feststellungen führt, sind unverzüglich zu löschen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über das Verfahren des automatisierten Datenabgleichs und die Kosten des Verfahrens zu regeln; dabei ist vorzusehen, dass die Zuleitung an die Auskunftsstellen durch eine zentrale Vermittlungsstelle (Kopfstelle) zu erfolgen hat, deren Zuständigkeitsbereich zumindest das Gebiet eines Bundeslandes umfasst.

Quelle: BSG, Pressemitteilung vom 24.04.2015 zur Entscheidung B 4 AS 39/14 R vom 24.04.2015

 

Verbesserung von Familienleistungen

Der Bundestag hat am 23. April erstmalig über den Gesetzentwurf zur Verbesserung für Familienleistungen beraten. Dazu sollen unter anderem das Kindergeld und der Kinderzuschlag angehoben werden. „Familien sind die Leistungsträger unserer Gesellschaft. Das Familienpaket, das der Bundestag heute berät, ist ein Signal der Wertschätzung und Anerkennung für die Familien in diesem Land“, betonte Manuela Schwesig in ihrer Rede.

Das Bundeskabinett hatte am 25. März einen Gesetzentwurf mit Erhöhungen des Kinderzuschlags, des steuerlichen Kinderfreibetrags, des Kindergelds und des steuerlichen Grundfreibetrages beschlossen. Der Kindesunterhalt und der Unterhaltsvorschuss sollen ebenfalls steigen. Darüber hinaus haben die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD Verbesserungen beim Entlastungsbetrag für Alleinerziehende beschlossen, die im Rahmen der parlamentarischen Beratungen dieses Gesetzes eingebracht werden.

Erhöhung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende
Manuela Schwesig: „Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass sich die Koalitionsfraktionen auf die Erhöhung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende geeinigt haben. Alleinerziehende zählen zu den Familien, die besonders viel leisten. Sie sind genauso erwerbstätig wie Mütter in Paarfamilien, arbeiten im Schnitt sogar ein paar Stunden mehr pro Woche und haben trotzdem weniger Einkommen zur Verfügung.“

Der Gesetzentwurf im Einzelnen:

  • Der Kinderzuschlag soll ab dem 1. Juli 2016 um einen Betrag von 20 Euro auf 160 Euro monatlich angehoben werden.
  • Um verfassungsrechtliche Vorgaben zu erfüllen, soll der steuerliche Kinderfreibetrag zum 1. Januar 2015 von 4.368 Euro auf 4.512 Euro steigen. Eine weitere Erhöhung soll dann zum 1. Januar 2016 von 4.512 Euro auf 4.608 Euro erfolgen.
  • Zur Förderung der Familien, bei denen sich der Kinderfreibetrag nicht auswirkt, soll das Kindergeld in gleichem Verhältnis für 2015 und 2016 angehoben werden. Das Kindergeld soll in diesem Jahr um 4 Euro monatlich und 2016 um weitere 2 Euro monatlich steigen. Das monatliche Kindergeld soll damit ab 2015 für erste und zweite Kinder jeweils 188 Euro, für dritte Kinder 194 Euro und für jedes weitere Kind jeweils 219 Euro betragen, ab 2016 für erste und zweite Kinder jeweils 190 Euro, für dritte Kinder 196 Euro und für jedes weitere Kind jeweils 221 Euro.
  • Der steuerliche Grundfreibetrag soll zur Erfüllung verfassungsrechtlicher Vorgaben in diesem Jahr von 8.354 Euro auf 8.472 Euro erhöht werden. Eine weitere Erhöhung soll 2016 von 8.472 Euro auf 8.652 Euro erfolgen.
  • Auch der Unterhaltsvorschuss wird mit dem geplanten Gesetz angehoben. Für 2015 erhöhen sich die monatlichen Sätze für Kinder von bis zu 5 Jahren von 133 auf 140 Euro und für Kinder von 6 bis 11 Jahren von 180 auf 188 Euro. Ab 2016 erhöhen sich die Sätze für Kinder von bis zu 5 Jahren auf 145 Euro und für Kinder von 6 bis 11 Jahren auf 194 Euro.
  • Zudem werden die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD noch die Verbesserungen beim Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in das parlamentarische Verfahren einbringen. Der Entlastungsbetrag wird um 600 Euro von 1.308 Euro auf 1.908 Euro erhöht. Ab dem zweiten Kind erhöht sich der Entlastungsbetrag um jeweils 240 Euro pro weiteres Kind.

Den Entwurf eines Gesetzes zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags finden Sie auf der Homepage des Deutschen Bundestages.

Quelle: BMFSFJ, Pressemitteilung vom 23.04.2015

 

Verbraucherschutz im Grauen Kapitalmarkt wird gestärkt

Der Deutsche Bundestag hat am 23. April 2015 das Kleinanlegerschutzgesetz in 2. und 3. Lesung beschlossen. Mit den neuen Regelungen werden Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor hochriskanten und intransparenten Finanzprodukten geschützt. Das gemeinsam von dem Bundesminister der Finanzen und dem Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegte Gesetz sieht mehr und aktuellere Informationen für Anleger sowie Vertriebsbeschränkungen für Anbieter von Vermögensanlagen vor und stärkt die Staatsaufsicht über den Finanzmarkt.

„Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz legen wir unseriösen Anbietern das Handwerk. Das schafft mehr Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher und damit auch mehr Vertrauen im Finanzmarkt.“, so Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas.

Risiken von Geldanlagen müssen klar erkennbar sein
Nicht zuletzt hat der Fall Prokon gezeigt, dass es im grauen Kapitalmarkt Regulierungsbedarf gibt. Wo es Verbrauchern schwer fällt, sich selbst zu schützen, soll für mehr Transparenz gesorgt werden. Verbraucher müssen Risiken besser abschätzen können. Sie sollen sich künftig vor dem Erwerb einer Vermögensanlage ein umfassendes Bild von dem angebotenen Produkt und den damit verbundenen Gefahren machen können. Die Anforderung an die Anbieter und Vermittler werden verschärft: Sie müssen mehr, bessere und aktuellere Informationen in ihren Verkaufsprospekten veröffentlichen. Die Werbung für Vermögensanlagen muss künftig mit einem deutlichen Warnhinweis auf die Verlustrisiken versehen sein.

Verstöße gegen Informationspflichten werden geahndet
Wer gegen die neuen Informationspflichten verstößt, dem droht im Extremfall auch ein Vertriebsverbot der betroffenen Vermögensanlage. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kann künftig die von ihr getroffenen Sanktionen auf ihrer Internetseite veröffentlichen. Verbraucherinnen und Verbraucher werden so frühzeitig vor unseriösen Angeboten gewarnt. Damit wird der kollektive Verbraucherschutz gestärkt. Er wird ein Aufsichtsziel der BaFin. Sie kann künftig auch gegen über den Einzelfall hinausgehende Missstände im Bereich des Verbraucherschutzes vorgehen und die erforderlichen Maßnahmen zu deren Beseitigung ergreifen.

Keine bürokratischen Hürden für Crowdinvestings
Bei alledem gilt: Soziale Initiativen, gemeinnützige Projekte oder sog. Crowdinvestings können auch in Zukunft ohne bürokratische Hürden finanziert werden. Dazu sind Ausnahmen von den strengen Vorgaben des Anlegerschutzes vorgesehen. Allerdings gibt es eine wichtige Voraussetzung: Beim Vertrieb solcher Anlagen dürfen keine Provisionen fließen. Außerdem kann jeder Anleger seine Beteiligung innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Das ist ein fairer Ausgleich aller Interessen.

Hintergrund
Die Insolvenz des Windenergiebetreibers PROKON hat mehrere 10.000 Kleinanleger um einen Großteil ihrer Ersparnisse gebracht. Mit dem Ziel eine Wiederholung ähnlicher Geschehnisse soweit wie möglich verhindern, haben das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Mai 2014 ein Maßnahmenpaket vorgestellt. Dieses wird mit dem nun vom Bundestag beschlossenen Kleinanlegerschutzgesetz umgesetzt.

Den Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes sowie die vom Bundestag angenommeneBeschlussempfehlung des Finanzausschusses finden Sie auf der Homepage des BMJV.

Quelle: BMJV, Pressemitteilung vom 23.04.2015

 

Harmonisierung bei Rechnungslegung

Berlin: (hib/FLA) Minderung der Bürokratie-Last für kleinere Unternehmen bei Bilanzvorgaben, verstärkter Kampf weltweit gegen Korruption bei der Rohstoffförderung: Das zählt zu den Anliegen eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung, der heute bei einer Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz von den Experten im Großen und Ganzen gute Noten bekam.

Insgesamt geht es im Entwurf (18/4050) des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BiLRUG) – einer Richtlinie der EU folgend – darum, die Vorschriften für die Rechnungslegung der Unternehmen, die im europäischen Binnenmarkt agieren, weiter zu harmonisieren. Zwar gebe es dafür bereits seit knapp 30 Jahren einen entsprechenden Rechtsrahmen, doch habe sich in der Zwischenzeit „der grenzüberschreitende Handel im Binnenmarkt erheblich intensiviert“, so die Bundesregierung.

Sitzungsleiter Jan-Marco Luczak (CDU) stufte die Bilanz-Thematik als bedeutend ein, auch wenn sie „für die allermeisten Menschen ziemlich trocken“ klinge. Prof. Dr. Joachim Hennrichs (Universität Köln) meinte, der Gesetzentwurf sei „insgesamt zu begrüßen“. Das nationale Handelsrecht werde „behutsam und abgewogen“ weiterentwickelt.

Ihre prinzipielle Unterstützung des Gesetzentwurfs versahen die sechs Experten mit Änderungswünschen jeweils im Detail. So warnte Prof. Dr. Matthias Schüppen (Vereinigung zur Mitwirkung an der Entwicklung des Bilanzrechts für Familiengesellschaften) davor, von mittelständischem Unternehmen ein „Übermaß an öffentlichen Informationen“ zu verlangen – die dann ja auch an die Wettbewerber gingen. Sehr ins juristisch Eingemachte gingen Anregungen von Prof. Dr. Klaus-Peter Naumann (Institut der Wirtschaftsprüfer) und Hans-Jürgen Säglitz (Verssicherungswirtschaft). Beide erkannten aber an, dass der Gesetzentwurf die EU-Richtlinie eins-zu eins umsetze und nicht noch darüber hinaus gehe.

Bei den Bilanz-Anforderungen werden kleinere Betriebe nach Darstellung der Bundesregierung jetzt schon entlastet. Der Nutznießer-Kreis soll nun dadurch erweitert werden, dass die Schwelle zur Einstufung als mittelgroßes Unternehmen um 20 Prozent angehoben wird. Zudem sieht der Gesetzentwurf Erleichterungen für die Rechnungslegungsvorgaben für Kleinstgenossenschaften vor, um diese „von bürokratischen Anforderungen zu entlasten“, so die Regierung.

Neben Harmonisierung und Entbürokratisierung verweist die Bundesregierung zudem darauf, dass die EU eine „Stärkung des verantwortungsvollen Unternehmertums“ anstrebe. Deshalb habe sie in die Richtlinie „auch neue Regelungen aufgenommen, die Unternehmen der Rohstoffindustrie und der Primärforstwirtschaft stärkeren Transparenzanforderungen hinsichtlich ihrer Zahlungen an staatliche Stellen unterwerfen, um so Korruption einzudämmen“.

Auf diesen Aspekt hob Andreas Hübers von der internationalen Lobby- und Kampagnenorganisation ONE ab. Er zitierte, dass laut Gesetzentwurf die vorgesehenen Sanktionen „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein sollen. Doch das vorgesehene Bußgeld von bis zu 50.000 Euro sei „nicht abschreckend genug“, monierte er. Es müsse eine „erheblich höhere Geldbuße verhängt werden können“. In die nämliche Kerbe schlug Dr. Heide Feld (Beratung entwicklungs- und umweltpolitischer Prozesse): „Sehr niedrigschwellig“ seien die angepeilten Sanktionen.

Der Gesetzentwurf dient der „Umsetzung der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates“, so die Bundesregierung. Die neue Richtlinie müsse bis zum 20. Juli 2015 in deutsches Recht umgesetzt sein.

Liste der geladenen Sachverständigen: Dr. Heidi Feldt, Beratung entwicklungs- und umweltpolitischer Prozesse, unabhängige Beraterin, Berlin; Prof. Dr. Joachim Hennrichs, Arbeitskreis Bilanzrecht, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Bilanz- und Steuerrecht, Universität zu Köln; Andreas Hübers, politischer Referent, internationale Lobby- und Kampagnenorganisation ONE, Berlin; Prof. Dr. Klaus-Peter Naumann, Vorstandssprecher des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW), Düsseldorf; Hans-Jürgen Säglitz, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., Berlin; Prof. Dr. iur. Matthias Schüppen, Rechtsanwalt, Vereinigung zur Mitwirkung an der Entwicklung des Bilanzrechts für Familiengesellschaften e.V.

Quelle: Deutscher Bundestag

Niedersächsische Gebührenordnung für Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen für übermäßige Straßenbenutzung unwirksam

Mit Urteilen vom 12 KN 174/14 hat der 12. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in vier Normenkontrollverfahren (Az. 12 KN 174/14, 12 KN 175/14, 12 KN 176/14 und 12 KN 177/14) die vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und vom Niedersächsischen Finanzministerium erlassene Gebührenordnung für Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen für übermäßige Straßenbenutzung vom 14. Februar 2012 (Nds. GVBl. Nr. 3/2012 S. 22) für unwirksam erklärt.

Die Antragstellerinnen führen Schwerlast- und Großraumtransporte auf öffentlichen Straßen durch. Für deren Benutzung mit besonders schweren oder großen Fahrzeugen benötigen sie eine Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO sowie die Genehmigung einer Ausnahme von den Vorschriften über Höhe, Länge oder Breite von Fahrzeug oder Ladung (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StVO). Erlaubnis- und Genehmigungsbehörden sind in der Regel die Straßenverkehrsämter der Landkreise, kreisfreien Städte und selbständigen Gemeinden. Sie holen für die Bearbeitung solcher Genehmigungsanträge eine Stellungnahme der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr zur Frage ein, ob der für den Transport beantragte Fahrweg ohne Beeinträchtigung der Verkehrsbauwerke (Straßen, Brücken und Tunnel) befahren werden kann. Die im Streit stehende Gebührenordnung wurde auf Anregung des Niedersächsischen Landesrechnungshofs mit dem Ziel erlassen, den im bundesrechtlichen Rahmen vorgesehenen Höchstbetrag der Gebühr von 767 Euro auf 850 Euro zu erhöhen (§ 1) sowie abweichend vom Bundesrecht eine Beteiligung des Landes an den an die Genehmigungsbehörden zu entrichtenden Gebühren vorzusehen (§ 2).

Der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit den heutigen Urteilen entschieden, dass die Gebührenordnung unwirksam ist, weil die Voraussetzungen für ihren Erlass nicht vorlagen. Eine vom Bundesrecht abweichende Regelung der Gebühren ist gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes (NVwKostG) möglich, wenn eine bundesrechtlich geregelte Gebühr nicht den Aufwand deckt. Anhand der vom Antragsgegner vorgelegten Zahlen hat der Senat nicht feststellen können, dass bei Schaffung der Verordnung diese landesrechtliche Voraussetzung erfüllt war. § 2 der Gebührenordnung, der die Gebührenbeteiligung des Landes für die Mitwirkung der Landesbehörde an dem Genehmigungsverfahren vorsieht und auf § 4 Abs. 2 NVwKostG gestützt ist, kann für sich ohne den unwirksamen § 1 keinen Bestand haben.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen.

Normen

Gebührenordnung für Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen für übermäßige Straßenbenutzung vom 14. Februar 2012 (Nds. GVBl S. 22).

§ 1

(1) Für die Entscheidung über eine Erlaubnis für eine übermäßige Straßenbenutzung nach § 29 Abs. 3 der Straßenverkehrsordnung (StVO) und für die Entscheidung über die Genehmigung einer Ausnahme von den Vorschriften über Höhe, Länge oder Breite von Fahrzeug oder Ladung (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StVO) wird eine Gebühr erhoben. Für die Höhe der Gebühr ist der erforderliche Zeitaufwand für die Entscheidung maßgebend; es sind jedoch mindestens 10 und höchstens 850 Euro zu erheben. § 1 Abs. 4 Sätze 3 bis 5 der Allgemeinen Gebührenordnung gilt entsprechend. Eine Mitwirkung der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr bei der Vorbereitung der Entscheidung wird nicht nach den Sätzen 2 und 3 berücksichtigt; bei Mitwirkung der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr erhöht sich die Gebühr nach den Sätzen 2 und 3 um 30 Euro.

(2) Ist eine Gebühr nach Absatz 1 zu erheben, so finden die Gebühren-Nummern 263 und 264 der Anlage der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 25. Januar 2011 (BGBl. I S. 98) keine Anwendung.

(3) Für die Erhebung einer Gebühr nach Absatz 1 ist das Verwaltungskostenrecht des Bundes anzuwenden.

§ 2

Hat die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr bei der Vorbereitung einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 mitgewirkt, so ist das Land an der vereinnahmten Gebühr mit 30 Euro zu beteiligen.

§ 3

Diese Verordnung tritt am 1. April 2012 in Kraft.

Niedersächsisches Verwaltungskostengesetz:

§ 3

(2) 1Die Gebühren sollen den Aufwand der an der Amtshandlung beteiligten Stellen decken, der durchschnittlich für die Amtshandlung anfällt. 2Sie sind nach dem Maß des Verwaltungsaufwandes oder nach dem Wert des Gegenstandes der Amtshandlung zu bemessen.

(4) 1Deckt eine bundesrechtlich geregelte Gebühr nicht den Aufwand (Abs. 2 Satz 1) oder ist für eine Amtshandlung die Erhebung einer Gebühr bundesrechtlich ausgeschlossen, so kann in der Gebührenordnung für diese Amtshandlung eine vom Bundesrecht abweichende Regelung getroffen werden. 2Für die Erhebung einer nach Satz 1 geregelten Gebühr findet dieses Gesetz Anwendung, wenn nicht die Gebührenordnung bestimmt, dass das Verwaltungskostenrecht des Bundes anzuwenden ist.

§ 4 …

(2) Das Finanzministerium kann im Einvernehmen mit den beteiligten Ministerien, auch in Bezug auf bundesrechtlich geregelte Kosten, durch Verordnung bestimmen, dass an den vereinnahmten Kosten diejenigen Körperschaften beteiligt werden, deren Dienststellen bei der Vorbereitung der Amtshandlung wesentlich mitgewirkt haben.

Quelle: OVG Niedersachsen, Pressemitteilung vom 23.04.2015 zu den Urteilen 12 KN 174/14, 12 KN 175/14, 12 KN 176/14 und 12 KN 177/14 vom 23.04.2015

 

Beamtenversorgungsrecht auf dem Prüfstand vor dem EuGH

Ist die Nachversicherungspflicht für aus dem Dienst ausscheidende Beamte und die damit verbundene Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer mit Europarecht vereinbar?

Diese Frage hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 16. April 2015, der den Beteiligten am 20.04.2015 zugestellt wurde, dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vorgelegt.

Hintergrund ist die Klage eines ehemaligen Lehrers, der von 1980 bis 1999 in Nordrhein-Westfalen – zuletzt als Oberstudienrat – tätig war. Zum 1. September 1999 nahm er eine Tätigkeit als Lehrer in Österreich auf, die er bis heute ausübt. Infolge des Wechsels nach Österreich musste er aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden. Bei dem nunmehr anstehenden Eintritt in den Altersruhestand erhält er keine beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge nach deutschem Recht. Stattdessen ist er seinerzeit gemäß § 8 des Sozialgesetzbuchs – Sechstes Buch – (SGB VI) bei der Deutschen Rentenversicherung nachversichert worden. Anders als bei Lehrern, die vom Land im Angestelltenverhältnis beschäftigt werden, konnte er mit der Nachversicherung keine Versorgungsansprüche bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) erwerben. Bei Erreichen der Altersgrenze wird er eine monatliche Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung in Höhe von rund 1.050 Euro für seine Tätigkeit in Deutschland beziehen. Würden ihm für seine Tätigkeit als beamteter Lehrer in Deutschland Versorgungsbezüge nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gewährt, beliefen sich diese auf rund 2.250 Euro. Der monatliche Unterschied von rund 1.200 Euro beruht zum einen auf fehlenden Ansprüchen gegenüber der VBL, zum anderen darauf, dass Bezugspunkt für die Nachversicherung die seinerzeitigen Bruttobezüge des Klägers waren, die für ihn als beamteten Lehrer niedriger waren als die vergleichbarer angestellter Lehrer.

Das Gericht sieht darin eine Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union. Artikel 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) steht jeder Maßnahme entgegen, die geeignet ist, die Ausübung der durch den AEUV garantierten Grundfreiheiten durch die Unionsangehörigen zu behindern oder weniger attraktiv zu machen.

Nach Auffassung des Gerichts die sind die grundsätzlichen Unterschiede der Versorgungssysteme (staatliche Rentenversicherung – Beamtenversorgung) nicht geeignet, diese Beschränkung zu rechtfertigen.

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)
Artikel 45
1. Innerhalb der Union ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet.
2. Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.
3. Sie gibt – vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen – den Arbeitnehmern das Recht,
a) sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben;
b) sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen;
c) sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben;
d) nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Bedingungen zu verbleiben, welche die Kommission durch Verordnungen festlegt.
4. Dieser Artikel findet keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung.

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI)
§ 8 Nachversicherung, Versorgungsausgleich und Rentensplitting
(1) Versichert sind auch Personen,
1. die nachversichert sind oder
2. für die aufgrund eines Versorgungsausgleichs oder eines Rentensplittings Rentenanwartschaften übertragen oder begründet sind. Nachversicherte stehen den Personen gleich, die versicherungspflichtig sind.
(2) Nachversichert werden Personen, die als
1. Beamte oder Richter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sowie Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst,
2. sonstige Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Verbänden einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften,
3. satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen oder Angehörige ähnlicher Gemeinschaften oder
4. Lehrer oder Erzieher an nicht-öffentlichen Schulen oder Anstalten versicherungsfrei waren oder von der Versicherungspflicht befreit worden sind, wenn sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden sind oder ihren Anspruch auf Versorgung verloren haben und Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs. 2) nicht nicht gegeben sind. Die Nachversicherung erstreckt sich auf den Zeitraum, in dem die Versicherungsfreiheit oder die Befreiung von der Versicherungspflicht vorgelegen hat (Nachversicherungszeitraum). Bei einem Ausscheiden durch Tod erfolgt eine Nachversicherung nur, wenn ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente geltend gemacht werden kann.

Quelle: VG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 20.04.2015 zum Beschluss 23 K 6871/13 vom 16.04.2015

 

Anpassung einer Betriebsrente nur bei entsprechender wirtschaftlicher Lage des Arbeitgebers

Betriebsrentenanpassung – konzerninterne Verrechnungspreisabrede – wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers – Berechnungsdurchgriff

Der Kläger bezieht seit dem 01.08.2008 von der Beklagten eine Betriebsrente. Die Beklagte ist in einen Konzern eingebunden; sie erbringt Dienstleistungen sowohl für externe Kunden als auch für andere Konzerngesellschaften und nimmt Verwaltungsaufgaben für ihre Muttergesellschaft wahr. Zwischen der Beklagten und einer Schwestergesellschaft mit Sitz in den Niederlanden besteht ein sog. „Intercompany Trading Agreement“ (im Folgenden: AGITA). Dieses enthält eine Formel zur Berechnung der Vergütung für die konzerninternen Leistungen.

Der Kläger verlangt von der Beklagten eine Anpassung seiner Betriebsrente gemäß § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG zum 01.01.2011. Er ist der Auffassung, die wirtschaftliche Lage der Beklagten stehe einer Anpassung nicht entgegen. Durch die im AGITA vereinbarte Berechnungsformel komme es zu einer konzerninternen Vorteilsverlagerung von der Beklagten auf die Muttergesellschaft. Deshalb sei die in den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen der Beklagten ausgewiesene Ertragssituation für ihre wirtschaftliche Lage nicht aussagekräftig. Jedenfalls müsse sich die Beklagte die günstige wirtschaftliche Lage ihrer Muttergesellschaft bzw. der Konzernobergesellschaft im Wege des Berechnungsdurchgriffs zurechnen lassen. Zum einen enthalte das AGITA eine harte Patronatserklärung; zum anderen könne die Beklagte aufgrund der im AGITA vereinbarten Berechnungsformel für die Vergütung der konzerninternen Leistungen von vornherein stets nur den im AGITA festgelegten und begrenzten Gewinn erzielen. Hierdurch würden Betriebsrentenanpassungen auf unabsehbare Zeit verhindert.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Beklagte durfte zum Anpassungsstichtag 01.01.2011 davon ausgehen, dass ihre wirtschaftliche Lage eine Anpassung nicht zuließ, da sie bis zum nächsten Anpassungsstichtag keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaften würde. Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG kommt es auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners und nicht auf eine fiktive wirtschaftliche Lage an, die bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären. Deshalb ist nicht von Belang, wie sich die wirtschaftliche Lage der Beklagten dargestellt hätte, wenn im AGITA eine andere Verrechnungspreisabrede vereinbart worden wäre. Die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage einer anderen Konzerngesellschaft lagen zum Anpassungsstichtag 01.01.2011 nicht vor. Schadensersatzansprüche waren nicht Streitgegenstand.

Quelle: BAG, Pressemitteilung vom 21.04.2015 zum Urteil 3 AZR 729/13 vom 21.04.2015

 

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