Einkünfteerzielungsabsicht bei einem nach Abriss des vorhandenen Gebäudes lange Jahre unbebauten Grundstück – vorab entstandene Werbungskosten

Niedersächsisches Finanzgericht 14. Senat, Urteil vom 26.02.2015, 14 K 316/13

§ 133 BGB, § 21 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG, § 67 FGO

Tatbestand

1
Die Kläger sind Eheleute und wurden für die Streitjahre 2004 bis 2008 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.

2
Sie sind zu jeweils 1/2 Miteigentümer des zum 1. Januar 1999 erworbenen Grundstücks A. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahmen sie ein Darlehen auf. Das auf dem Grundstück befindliche Gebäude vermieteten die Kläger bis zum 30. November 1999. Im Februar 2001 wurde das Gebäude abgerissen. Das Grundstück ist seitdem noch unbebaut. Im Jahr 2014 wurde jedoch ein Vorbescheid für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit vier Wohneinheiten beantragt, der Anfang 2015 durch das Landratsamt … auch genehmigt wurde.

3
Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung des Grundstücks A erzielten die Kläger seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Für die Streitjahre machten sie insoweit jedoch folgende Beträge als Werbungskosten geltend:

4
2004 2005 2006 2007 2008
Schuldzinsen 7.322 € 7.322 € 7.322 € 7.322 € 7.322 €
Grundsteuer 81 € 81 € 81 € 81 € 74 €
Versicherung 48 €
Steuerberatungskosten 24 € 25 € 45 €
AfA Zaunanlage 153 € 153 € 153 € 153 € 153 €
pauschal 100 €
Summe 7.556 € 7.556 € 7.580 € 7.581 € 7.742 €
5
Das für die Kläger früher zuständige Finanzamt erkannte die vorgenannten Werbungskostenüberschüsse für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2007 nicht an. Die entsprechenden Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2007 ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung –AO–). Im Jahr 2009 ergingen sodann Änderungsbescheide gemäß § 164 Abs. 2 AO, in denen die Werbungskostenüberschüsse wiederum nicht berücksichtigt waren. Im Einkommensteuerbescheid für 2008 erkannte das Finanzamt den Werbungskostenüberschuss aus dem Grundstück A ebenfalls nicht an.

6
Die Kläger legten gegen die Änderungsbescheide für 2004 bis 2007 und den Einkommensteuerbescheid für 2008 Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie –soweit es hier von Bedeutung ist– vor, es sei geplant, das Grundstück zu bebauen und es zumindest größten Teils zu Bürozwecken an die E-GmbH zu vermieten. Mit der Bebauung sei frühestens im Jahr 2011 oder 2012 zu rechnen.

7
Im Jahr 2012 trugen sie ergänzend vor, das Projekt sei –bedingt durch den beruflichen Werdegang des Klägers– zurückgestellt, jedoch nicht aufgegeben worden. Möglicherweise erfolge eine entsprechende Bebauung mit einer entgeltlichen Nutzungsüberlassung an gewerbliche Mieter in den nächsten Jahren. Ein unbebautes Grundstück könne nicht vermietet werden. Die Aufwendungen seien vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

8
Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) wies die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Aufwendungen für das Grundstück A seien nicht als vorweggenommene Werbungskosten abzugsfähig, weil die Kläger nicht nachgewiesen hätten, dass in den Streitjahren eine Einkünfteerzielungsabsicht bestanden habe.

9
Hiergegen richtet sich die Klage.

10
In der Klageschrift, der keine Abschriften der angefochtenen Bescheide und der Einspruchsentscheidung beigefügt waren, sind –soweit noch streitig– als angefochten lediglich die Einkommensteuerbescheide für 2005 bis 2008 in der Fassung des Einspruchsbescheids genannt. Der in der Klageschrift formulierte Klageantrag hat ebenfalls nur die Berücksichtigung der „Verluste aus Vermietung und Verpachtung“ bei der „Festsetzung der Einkommensteuer für 2005, 2006, 2007, 2008 …“ zum Gegenstand. In der Klageschrift sind ferner die Rechtsbehelfsnummern X1-X6/2013-RbStn genannt, wobei sich die Rechtsbehelfsnummer X1/2013 auf die Einkommensteuer 2004 bezog. Erstmals mit der Klagebegründung vom 8. April 2014 haben die Kläger (ausdrücklich) auch eine Anerkennung der negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für den Veranlagungszeitraum 2004 beantragt.

11
Die Kläger tragen vor, sie hätten das Grundstück A mit dem Ziel erworben, ein Gebäude zu errichten und die dort entstehenden Wohnungen und Gewerberäume zu vermieten. Eine Selbstnutzung sei nicht geplant gewesen. Die Kläger seien im Jahr 2002 Geschäftsführer der E-GmbH gewesen, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger gewesen sei. Die E-GmbH habe in ihrem ersten Geschäftsjahr 2003/2004 ein weitgehend ausgeglichenes Ergebnis erzielt. Im Geschäftsjahr 2004/2005 habe sich demgegenüber ein Verlust in Höhe von etwa 20.000 € ergeben. Im Geschäftsjahr 2005/2006 habe die Gesellschaft dann einen existenzvernichtenden Verlust von 140.847 € erlitten. Das Beschäftigungsverhältnis bei der E-GmbH sei die einzige Einkunftsquelle der Kläger gewesen. Nachdem sich die wirtschaftliche Lage der E-GmbH nicht verbessert habe, habe der Kläger ab dem Jahr 2009 andere Arbeitsverhältnisse aufgenommen, aus denen er beträchtliche Einkünfte erzielt habe. Es sei ihr Ziel gewesen, das Grundstück A nach einer gewissen Anlaufphase mit einem Wohn- und Geschäftshaus zu bebauen, in dem die E-GmbH ihre Geschäfte betreiben sollte. Weitere Flächen sollten als Wohnungen vermietet werden. Angesichts der geschäftlichen Situation, insbesondere der existenzvernichtenden Verluste ab dem Wirtschaftsjahr 2005/2006, sei das Projekt jedoch –weil wirtschaftlich nicht tragbar– zurückgestellt, aber nicht aufgegeben worden. Dass sie ihre Vermietungsabsicht nie aufgegeben hätten, sei durch die Beantragung und Genehmigung des Bauvorhabens nachgewiesen. In unmittelbarer Nähe des Objekts seien im Übrigen verschiedene Unternehmen ansässig, was zu einer entsprechenden Nachfrage an Mietwohnungen führe. Nach Fertigstellung des Objekts sei nicht zuletzt auch deshalb mit nachhaltig positiven Einkünften zu rechnen, weil sie –wirtschaftlich vernünftig– das Grundstück erst entschuldet und die Bebauung in einen Zeitraum verlegt hätten, der ihnen aufgrund der heutigen Situation auf den Kapitalmärkten eine höchstmögliche Rendite in Aussicht stelle.

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Die Klage sei auch hinsichtlich des Streitjahres 2004 zulässig; insbesondere habe sie sich von Anfang an auch auf die Einkommensteuerfestsetzung für 2004 bezogen, was sich aus der in der Klageschrift genannten Rechtsbehelfsnummer ergebe. Zudem sei den Klägern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, sofern das Gericht die Klagefrist wegen Einkommensteuer 2004 als versäumt ansehe. Letztlich sei die Klageänderung durch Einbeziehung des Streitjahres 2004 auch sachdienlich.

13
Die Kläger beantragen,

14
die Einkommensteuerbescheide für 2004 bis 2008 vom 7. Juli 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2013 dahin abzuändern, dass negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Grundstück A in Höhe von 7.556 € für 2004, in Höhe von 7.556 € für 2005, in Höhe von 7.580 € für 2006, in Höhe von 7.581 € für 2007 und in Höhe von 7.742 € für 2008 berücksichtigt werden.

15
Das FA beantragt,

16
die Klage abzuweisen.

17
Es trägt unter Bezugnahme auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung ergänzend vor, die im Jahr 2014 gestellte Bauvoranfrage sei kein Nachweis dafür, dass bereits in den Streitjahren eine Bebauungs- und damit eine Einkünfteerzielungsabsicht bestanden habe.

Entscheidungsgründe

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Die Klage wegen Einkommensteuer 2004 ist unzulässig. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

19
1. Die Klage wegen Einkommensteuer 2004 ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der Klagefrist erhoben wurde.

20
a) Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beträgt die Frist für die Erhebung einer Anfechtungsklage einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf.

21
Die Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2013 wurde dem Prozessbevollmächtigten der Kläger, der diese auch im Einspruchsverfahren vertreten hat, am 23. Oktober 2013 mittels Postzustellungsurkunde wirksam zugestellt. Die Klagefrist endete mithin am Montag, den 25. November 2013.

22
Innerhalb dieser Klagefrist ging beim Finanzgericht (FG) zwar die Klageschrift vom 21. November 2013 ein. Diese kann jedoch nicht dahin ausgelegt werden, dass mit ihr auch der Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 7. September 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2013 angefochten sein sollte.

23
b) Prozesserklärungen sind wie sonstige Willenserklärungen grundsätzlich auslegungsfähig. Der Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung von Verfahrensvorschriften (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) verpflichtet das FG, den wirklichen Willen des Erklärenden zu erforschen (§ 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Maßgebend ist nicht nur die Wortwahl des Steuerpflichtigen, sondern der gesamte Inhalt seiner Willenserklärung (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 7. November 2007 I B 104/07, BFH/NV 2008, 799); auch außerhalb der Erklärung liegende weitere Umstände können berücksichtigt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 16. April 2007 VII B 98/04, BFH/NV 2007, 1345). Die Auslegung einer Prozesserklärung darf aber nicht zur Annahme eines Erklärungsinhalts führen, für den sich in der (verkörperten) Erklärung selbst keine Anhaltspunkte mehr finden lassen (BFH-Beschluss vom 24. Juli 2012 XI B 87/11, BFH/NV 2012, 1981). Auf die Wortwahl und die Bezeichnung kommt es nicht entscheidend an, sondern auf den gesamten Inhalt der Willenserklärung (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 799, m.w.N.).

24
Eine Anfechtungsklage muss –auch– den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen (§ 65 Abs. 1 Satz 1 FGO). Zwar mag der Kläger grundsätzlich die Möglichkeit haben, in der Klageschrift fehlende Angaben später durch Präzisierung des bisherigen Klageinhalts nachzuholen; hat er aber einen Anfechtungsgegenstand eindeutig bezeichnet und lässt das bisherige Klagevorbringen nicht erkennen, dass die Klage weitere Anfechtungsgegenstände haben könnte, so ist es dem Kläger nach Ablauf der Klagefrist (§ 47 Abs. 1 FGO) nicht gestattet, an die Stelle des bezeichneten Verwaltungsakts oder neben diesen einen anderen Verwaltungsakt als Gegenstand der Anfechtung zu setzen (vgl. BFH-Urteil vom 5. September 1989 VII R 15/87, BFH/NV 1990, 580; BFH-Beschluss vom 10. September 1997 VIII B 55/96, BFH/NV 1998, 282, unter 2.b).

25
c) Nach diesen Maßstäben wurde mit der Klageschrift nicht auch die Einkommensteuerfestsetzung für 2004 angefochten. In der Klageschrift sind als angefochtene Verwaltungsakte –soweit noch im Streit– nur die Einkommensteuerbescheide für 2005 bis 2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung genannt. Auch der in der Klageschrift enthaltene Klageantrag bezieht sich nur auf jene Bescheide, nicht aber auf den Einkommensteuerbescheid für 2004. Außerhalb der Klageschrift liegende Umstände für eine Anfechtung des Einkommensteuerbescheids für 2004, für die sich in der Prozesserklärung selbst zumindest Anhaltspunkte finden ließen, sind klägerseits weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

26
Aus der in der Klageschrift erfolgten Angabe (auch) der sich auf die Einkommensteuer für 2004 beziehenden Rechtsbehelfsnummer X1/2013-RbSt folgt ebenso wenig wie aus der Nennung der Einspruchsentscheidung, mit der das FA auch über die Einkommensteuer für 2004 entschieden hatte, dass mit der Klage auch der Einkommensteuerbescheid für 2004 angefochten werden sollte. Denn auch bei rechtschutzgewährender Auslegung ist nicht anzunehmen, dass ein Kläger sämtliche Verwaltungsakte, auf die sich das Einspruchsverfahren bezog, auch zum Gegenstand des nachfolgenden Klageverfahrens machen will. Hierfür bedarf es vielmehr hinreichender Anhaltspunkte, die im Streitfall fehlen.

27
d) Erstmals in der –nach Ablauf der Klagefrist eingegangenen– Klagebegründungsschrift haben die Kläger gegenüber dem FG in Bezug auf die Einkommensteuerfestsetzung für 2004 um gerichtlichen Rechtschutz nachgesucht, indem sie in dieser ausdrücklich auch begehrten, negative Einkünfte aus der Vermietung des Objekts A für 2004 anzuerkennen.

28
Es handelt sich hierbei um einen Fall der nachträglichen objektiven Klagehäufung, weil die Kläger einen weiteren selbständigen Verfahrensgegenstand in das Verfahren einführen wollten. Die nachträgliche Klagehäufung ist aber eine Klageänderung i.S. des § 67 FGO (BFH-Beschluss vom 26. August 2009 IV B 95/09, BFH/NV 2010, 47). Eine Klageänderung ist indes nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten zustimmen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Zudem müssen für das geänderte Klagebegehren auch die allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen (Gräber/von Groll, FGO, 7. Aufl., § 67 Rz 10). Fehlen diese, ist die geänderte Klage durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen, ohne dass es auf die Einwilligung des Beklagten oder die Zulassung durch das Gericht als sachdienlich ankommt (Gräber/von Groll, a.a.O., § 67 Rz 16).

29
Hiernach ist die Klageänderung im Streitfall unzulässig, weil sie erst nach Ablauf der Klagefrist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO) erfolgte, so dass es an einer Sachentscheidungsvoraussetzung fehlt. Gründe, die insoweit eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, haben die Kläger weder vorgetragen noch sind solche Gründe sonst ersichtlich.

30
2. Im Übrigen ist die Klage auch unbegründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 2005 bis 2008 sind –ebenso wie der Einkommensteuerbescheid für 2004– rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA hat es zu Recht abgelehnt, die geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse zu berücksichtigen.

31
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) erzielt, wer sein Grundstück in der Absicht überlässt, daraus auf Dauer ein positives Ergebnis zu erreichen.

32
a) Das subjektive Merkmal dieses Tatbestandes, die Einkünfteerzielungsabsicht, wird von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit typisiert und muss deshalb tatsächlich nicht überprüft werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771; vom 19. April 2005 IX R 15/04, BFHE 210, 24, BStBl II 2005, 754, und vom 10. Mai 2007 IX R 7/07, BStBl II 2007, 873).

33
Diese Typisierung gilt aber von vornherein nicht für die dauerhafte Vermietung und Verpachtung von unbebautem Grundbesitz. Die Verpachtung unbebauten Grundbesitzes ist unbeschadet der Art und Weise seiner Erwerbsfinanzierung nicht schon strukturell defizitär und bildet keine Grundlage für die typisierende Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht; denn es kommt anders als bei dem abnutzbaren Wirtschaftsgut Gebäude grundsätzlich zu keiner durch eine spätere Veräußerung nicht kompensierbaren Inanspruchnahme von Absetzungen für Abnutzung (BFH-Urteil vom 28. November 2007 IX R 9/06, BFHE 220, 63, BStBl II 2008, 515).

34
b) In den Streitjahren war das Grundstück A nicht (mehr) bebaut. Durch den Abriss des auf dem Grundstück vorhanden gewesenen, bis November 1999 vermieteten Gebäudes im Jahr 2001 haben die Kläger zum Ausdruck gebracht, aus dem Gebäude künftig keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mehr erzielen zu wollen. Ihre Vermietungs- und Einkünfteerzielungsabsicht aus dem vorhandenen Objekt haben die Kläger mithin bereits vor den Streitjahren aufgegeben.

35
In Bezug auf das unbebaute Grundstück kann die Einkünfteerzielungsabsicht der Kläger nicht typisierend vermutet werden. Die Kläger hatten zudem schon nach ihrem eigenen Vorbringen gar nicht die Absicht, das unbebaute Grundstück zu vermieten. Hierum haben sie sich in den Streitjahren dementsprechend auch nicht bemüht. Daher fehlt es hinsichtlich des unbebauten Grundstücks ebenfalls an der Absicht der Kläger, aus der Vermietung oder Verpachtung auf Dauer ein positives Ergebnis zu erreichen.

36
c) Die Kläger können die geltend gemachten Werbungskosten für die Streitjahre aber auch nicht unter dem Gesichtspunkt der sog. vorab entstandenen Werbungskosten im Hinblick auf die nach ihrem Vortrag vorhanden gewesene Absicht abziehen, das Grundstück zu bebauen und das zu errichtende Gebäude anschließend zu vermieten.

37
aa) Auch bereits vor dem Anfall von Einnahmen können Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden, sofern ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Ein solcher Abzug ist von dem Zeitpunkt an gegeben, zu dem sich anhand objektiver Umstände feststellen lässt, dass der Entschluss, Einkünfte einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endgültig gefasst worden ist. Aufwendungen für ein unbebautes Grundstück sind dann als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer Bebauung des Grundstücks und einer anschließenden Vermietung des Gebäudes besteht. Der Wille, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, muss aus äußeren Umständen erkennbar sein und in ein konkretes Stadium getreten sein (BFH-Urteil vom 4. Juni 1990 IX R 30/89, BFHE 164, 364, BStBl II 1991, 761).

38
bb) Im Streitfall fehlt es –bezogen auf die hier allein relevanten Jahre 2004 bis 2008– an äußeren Umständen, die den Schluss zuließen, die Kläger seien endgültig zur Bebauung des Grundstücks und Vermietung des zu errichtenden Gebäudes entschlossen gewesen.

39
(1) Zunächst kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass ein unbebautes Grundstück bebaut werden wird; solche Grundstücke können auch weiterhin unbebaut belassen werden oder als Spekulationsobjekte dienen (vgl. BFH-Urteil vom 8. Februar 1983 VIII R 130/79, BFHE 138, 195, BStBl II 1983, 554).

40
(2) In den Streitjahren haben die Kläger auch keine Maßnahmen ergriffen, um das fragliche Grundstück zu bebauen oder –sofern es nicht bebaubar gewesen sein sollte– baureif zu machen. Die Kläger haben zudem nicht dargelegt, sich bereits in den Streitjahren um die Finanzierung einer Bebauung des Grundstücks bemüht zu haben. Vielmehr kam –schon nach ihrem eigenen Vortrag– in den Streitjahren aus finanziellen Gründen eine Bebauung des Grundstücks gar nicht in Betracht. Jedenfalls trat der ggf. vorhanden gewesene Wille der Kläger, das Grundstück zu bebauen, in den Streitjahren nicht durch äußere Umstände in Erscheinung.

41
(3) Erst lange nach Ablauf der Streitjahre haben sich die Kläger um eine Bebauung des Grundstücks nach außen erkennbar bemüht, indem sie im Jahr 2014 einen Bau-Vorbescheid für den Neubau eines Mehrfamilienhauses beantragten. Dies lässt jedoch keinen hinreichenden Schluss darauf zu, sie seien auch in den Streitjahren bereits endgültig entschlossen gewesen, auf dem Grundstück ein Gebäude zu errichten und dieses anschließend zu vermieten. Denn eine Einkünfteerzielungsabsicht kann sowohl nachträglich entstehen als auch wieder wegfallen. Entscheidend sind die Verhältnisse in dem jeweils zu beurteilenden Veranlagungszeitraum. Für die Streitjahre ist indes kein wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang zwischen den als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen und einer (künftigen) Vermietung und Verpachtung des (zu bebauenden) Objekts feststellbar.

42
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Werbungskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung

Niedersächsisches Finanzgericht 12. Senat, Urteil vom 21.10.2014, 12 K 79/13

Tatbestand

1
Streitig ist die Höhe der als Werbungskosten zu berücksichtigenden Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie für Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung im Veranlagungszeitraum (VZ) 2011.

2
Die Kläger, wohnhaft in G bei A, sind verheiratet und werden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist im Streitzeitraum angestellter Wirtschaftsprüfer in B, die Klägerin selbständige Rechtsanwältin.

3
Der Kläger erwarb im Juli 2011 eine 78 qm große 3-Zimmer- Wohnung in B zu einem Kaufpreis von 127.750 EUR in einem im Jahr 1988 errichteten Gebäudekomplex.

4
Für das Streitjahr machte der Kläger folgende Aufwendungen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG geltend:

5
Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

6
Aufgesucht an
Tagen
Einfache Entfernung Mit eigenem Pkw zurückgelegt Mit öffentlichen Verkehrs-mitteln zurückgelegt Aufwendungen für Fahrten mit öffentl. Verkehrsmitteln
140 291 11 280 5.200,00 EUR
(BahnCard 100 First)
55 3 3 0
7
Beiträge zu Berufsverbänden            1.250,00 EUR
Aufwendungen für Arbeitsmittel
Arbeitsmittel ohne Belege              100,00 EUR
Übrige Werbungskosten
Reisekosten, Kontoführungsgebühren, Buch               237,00 EUR
Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung
Beginn der doppelten Haushaltsführung: 01.10.2011
Kosten der ersten Fahrt zum Beschäftigungsort mit privatem Kraftfahrzeug (291 km x 0,30 EUR)          88,00 EUR
Weitere Fahrtkosten:  1.834,00 EUR
14 Familienheimfahrten á 20 km x 0,30 EUR= 84,00 EUR
14 Familienheimfahrten à 271 km x 0,30 EUR=1.139 EUR;
Kosten öffentliche Verkehrsmittel= 1.750 EUR; Ansatz des höheren Wertes
Unterkunftskosten: 2.336,00 EUR
lfd. Kosten Verbrauchsmaterialien 1.061,29 EUR
Hausgeld  .168,00 EUR
Hausratversicherung       105,80 EUR
Verpflegungsmehraufwendungen bei einer Abwesenheit       870,00 EUR
von mind.   8 Stunden (5 Tage x 6,00 EUR)      30,00 EUR
von mind. 14 Stunden (10 Tage x 12,00 EUR)    120,00 EUR
von mind. 24 Stunden (30 Tage x 24,00 EUR)    720,00 EUR
Sonstige Aufwendungen
Ausstattung/Renovierung einer Eigentumswohnung: 25.257,00 EUR
GWG (8.089,06 EUR), Kühlschrank (3/60 v. 543,90 EUR)  8.116,26 EUR
Renovierung (16.325,35 EUR), AfA Gebäude (815,33 EUR) 17.141,00 EUR
Gesamt (Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung) 30.385,00 EUR
8
Für den 13 Kalenderwochen umfassenden Zeitraum vom 01.10.2011 bis 31.12.2011 erklärte der Kläger 15 Urlaubs- und Krankheitstage. In den übrigen Werbungskosten des Klägers i.H.v. 237,00 EUR sind Kosten für das Buch von Richard David Precht „Die Kunst, kein Egoist zu sein-Warum wir gerne gut sein wollen und was uns davon abhält“ i.H.v. 19,99 EUR enthalten.

9
Mit Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 29.05.2012 berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Werbungskosten wie folgt:

10
Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
(9/12 von 6.690 EUR BahnCard 100 First)
5.018,00 EUR
Beiträge zu Berufsverbänden 1.250,00 EUR
Aufwendungen für Arbeitsmittel     100,00 EUR
Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung: 9.689,00 EUR
erste Fahrt (291 km x 0,30 EUR)      88,00 EUR
Familienheimfahrten
(3/12 von 6.690 EUR BahnCard 100)
1.673,00 EUR
Verpflegungsmehraufwand     870,00 EUR
Unterkunftskosten 2.331,00 EUR
AfA Küche     146,84 EUR
Verbrauchsmaterialien       38,33 EUR
Allg. Haushaltsbedarf    266,61 EUR
Küchenbedarf      277,03 EUR
Einrichtung 3.997,74 EUR
Übrige Werbungskosten      237,00 EUR
Summe 16.294,00 EUR
11
Zur Begründung führte der Beklagte aus: Die Kosten für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln seien in Höhe der BahnCard 100 First anteilig für neun Monate (9/12 von 6.690 EUR) zu berücksichtigen. Familienheimfahrten seien in Höhe von 1.673 EUR (Kosten der BahnCard 100 First anteilig für 3 Monate) bei den Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung enthalten.

12
Die Kosten für die Wohnung in B berücksichtigte der Beklagte in Höhe von 2.331 EUR als Mehraufwand für doppelte Haushaltsführung. Als angemessen und notwendig dürfe nur die Durchschnittswarmmiete für eine 60 qm große Wohnung in vergleichbarer Lage und durchschnittlicher Ausstattung als Mehraufwand für die doppelte Haushaltsführung zugrunde gelegt werden. Diese belaufe sich nach dem Mietspiegel von B für 2011 auf 9,71 EUR/qm (60 qm x 9,71 EUR = 582,60 EUR x 4 Monate = 2.330,40 EUR). Damit seien auch die Kosten für Renovierung, Betriebs- und Unterhaltungskosten berücksichtigt. Kosten für Dekorationsartikel und verschiedene weitere Kosten erkannte der Beklagte als nicht notwendig und unangemessen nicht als Werbungskosten an. Die Anschaffungskosten für die Küche in der Wohnung in B berücksichtigte der Beklagte in Höhe der Absetzungen für Abnutzungen (AfA) von 146,84 EUR (Anschaffungskosten 4.405,17 EUR -Küchenmöbel: 1.956,89 EUR; Elektro, Spüle, Zubehör, Kühlschrank: 2.448,28 EUR-, Nutzungsdauer: 10 Jahre, 4 Monate für 2011).

13
Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein mit der Begründung, die geltend gemachten Kosten für die doppelte Haushaltsführung seien nicht in der beantragten Höhe berücksichtigt worden. Die Renovierungskosten für die Wohnung in B müssten uneingeschränkt abziehbar sein. Die Kosten für die Küchenmöbel dürften nicht als einheitliches Wirtschaftsgut betrachtet werden. Es handele sich nicht um eine maßgefertigte Einbauküche, sondern um Küchenmöbel von I, die auch als Einzelschrank und nicht ausschließlich gemeinsam nutzbar seien.

14
Zudem sei die Höhe des zugrunde gelegten Quadratmeterpreises für die Mietkosten i.H.v. 9,71 EUR/qm zu niedrig, da die Mietpreisentwicklung in B stark steige. Die Kläger bezweifelten, dass mit dem zugrunde gelegten Mietansatz die Renovierungskosten und auch die laufenden Kosten abgegolten seien.

15
Hinsichtlich der Fahrtkosten wenden sie ein, dass im Streitjahr sowohl für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte als auch für die Familienheimfahrten die auf 4.500 EUR begrenzte Pauschale anzusetzen sei. Der Kläger habe sowohl den eigenen Pkw als auch öffentliche Verkehrsmittel genutzt. Deshalb sei die Kürzung der Kosten auf den Höchstbetrag von vornherein ausgeschlossen. Vielmehr müssten die gesamten Kosten für öffentliche Verkehrsmittel (BahnCard) zum Abzug gelangen.

16
Mit Einspruchsentscheidung setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2011 herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

17
1. Für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte setzte der Beklagte den Betrag i.H.v. 5.259 EUR an, der sich die folgt zusammensetzte:

18
a. Zeitraum 01.01. bis 30.09.2011

19
BahnCard 100 (2011): 6.400 EUR
davon 9/12 4.797 EUR
20
Die Entfernungspauschale (140 Tage x 291 km x 0,30 EUR = 12.222 EUR, höchstens 4.500 EUR) sei nicht anzusetzen, weil sie die tatsächlichen Kosten der BahnCard 100 nicht übersteige.

21
Zusätzlich seien die Fahrten des Klägers mit dem eigenen Pkw von seiner Wohnung zum Hauptbahnhof in A i.H.v. 462 EUR (140 Tage x 11 km x 0,30 EUR) anzusetzen.

22
b. Zeitraum 01.10. bis 31.12.2011

23
Eine Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sei nicht zu berücksichtigen, da der hierfür vorgesehene Höchstbetrag von 4.500 EUR bereits erreicht sei (unter 1 a.).

24
Für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel seien tatsächlich entstandene Fahrtkosten weder geltend gemacht noch nachgewiesen.

25
2. Die Kosten der doppelten Haushaltsführung seien wie folgt zu berücksichtigen:

26
a. Für die erste Fahrt zu Beginn der doppelten Haushaltsführung seien Fahrtkosten i.H.v. 87,30 EUR (291 km x 0,30 EUR) anzusetzen.

27
b. Aufwendungen für Familienheimfahrten seien i.H.v. 873,00 EUR anzusetzen (10 Fahrten x 291 km x 0,30 EUR). Ohne Nachweis tatsächlich durchgeführter Familienheimfahrten sei der Ansatz höherer Aufwendungen nicht gerechtfertigt. Der Zeitraum 01.10. bis 31.12.2011 umfasse 13 Kalenderwochen. Hierbei seien erklärungsgemäß 15 Urlaubs-/ Krankheitstage berücksichtigt.

28
c. Notwendige Aufwendungen für die Zweitwohnung seien wie folgt anzusetzen:

29
Die tatsächlichen Kosten für die Zweitwohnung am Beschäftigungsort seien als Werbungskosten nur insoweit berücksichtigungsfähig, als sie notwendig und angemessen seien. Aufwendungen seien notwendig und angemessen lediglich in Höhe der ortsüblichen Durchschnittswarmmiete für eine 60 qm-Wohnung. Dies beinhalte laufende Nebenkosten, AfA und Kosten für die Renovierung.

30
Die durchschnittliche Nettokaltmiete für eine 60 qm große Wohnung in der S-Straße/Bezirk F betrage lt. Mietspiegel von B 7,13 EUR/qm und damit 427,80 EUR (60 qm x 7,13 EUR) monatlich. Der Deutsche Mieterbund weise in seinem Betriebskostenspiegel für Mietwohnungen in Deutschland durchschnittliche Betriebskosten je Quadratmeter zwischen 2,18 EUR und 3,02 EUR aus (60 qm x 3,01 EUR= 180,60 EUR). Daraus folge eine insgesamt zugrunde zu legende maximale Monatsmiete i.H.v. 608,40 EUR (Nettokaltmiete 427,80 EUR+ 180,60 EUR).

31
Hiervon abweichend habe der Beklagte keine Bedenken, im Streitjahr bei Bemessung der Miete die vom Kläger aufgewendeten tatsächlichen Betriebskosten i.H.v. 292 EUR/Monat und damit eine Monatsmiete i.H.v. 719,80 EUR zu berücksichtigen (427,60 EUR + 292 EUR). Somit betrügen die für das Jahr 2011 maximal abziehbaren Aufwendungen 2.879,20 EUR (4 Monate x 719,20 EUR).

32
Aufwendungen für Einrichtungs- und Ausstattungsgegenstände seien nur abzugsfähig, sofern sie notwendig und die Kosten dafür nicht überhöht seien. Ob es sich dabei -wie vom Kläger vorgetragen- um eine Einbauküche handele oder nicht, könne dahinstehen. Die von den Klägern unbestrittenen notwendigen Aufwendungen für die Wohnungseinrichtung und Ausstattung beliefen sich auf 8.680,43 EUR:

33
Kühlschrank    543,90 EUR
Umzugskosten    105,00 EUR
Einrichtung/ Ausstattung 1.474,44 EUR
4.814,09 EUR
6.288,53 EUR
Küchenmöbel (nur notwendige) 1.742,91 EUR
8.680,34 EUR
34
3. Weitere Werbungskosten

35
a. Beträge zu Berufsverbänden seien in der geltend gemachten Höhe von 1.250 EUR abzugsfähig.

36
b. Pauschale Aufwendungen für Arbeitsmittel seien ohne Nachweis nicht zu berücksichtigen.

37
c. Übrige Werbungskostens seien i.H.v. 217,01 EUR zu berücksichtigen.

38
Die Kosten für das Buch von Richard David „Die Kunst, kein Egoist zu sein -Warum wir gerne gut sein wollen und was uns davon abhält“ in Höhe von 19,99 EUR seien nicht abzugsfähig. Insoweit handele es sich um allgemeinbildende Literatur und nicht um berufsspezifische Fachliteratur und damit um nicht abzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung gemäß § 12 EStG. Einen Nachweis für eine ausschließlich berufliche Verwendung habe der Kläger nicht erbracht.

39
Der Beklagte berücksichtigte demzufolge:

40
Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Beträge in EUR Beträge in EUR
01.01.bis 30.09.201 (9/12 von 6.400 EUR) 4.797,00
Fahrten zwischen Wohnung und Hauptbahnhof 462,00
Doppelte Haushaltsführung
Erste Fahrt zu Beginn der doppelten Haushaltsführung 87,30
Familienheimfahrten 873,00
Verpflegungsmehraufwendungen 870,00
Kosten für die Eigentumswohnung 2.879,20
Kosten für die Einrichtung/ Ausstattung 8.680,34
Summe 13.389,84
Weitere Werbungskosten
Beiträge zu Berufsverbänden 1.250,00
Übrige Werbungskosten 217,01
Gesamtsumme 20.115,85
41
Hiergegen richtet sich die erhobene Klage.

42
Zur Klagebegründung machen die Kläger geltend:

43
1. Die 10 Familienheimfahrten, für die der Beklagte lediglich 873 EUR auf der Basis der Entfernungskilometer anerkannte, seien mittels Pkw von der Wohnung bis zum Hauptbahnhof A und ab dort mit der Bundesbahn durchgeführt worden. Für die Zeit der doppelten Haushaltsführung seien weitere 3/12 der Kosten für die BahnCard 100 First i.H.v. 1.600 EUR (3/12 von 6.400 EUR) als Familienheimfahrten anzuerkennen. Zusätzlich seien die Fahrten zum Hauptbahnhof mit dem Pkw i.H.v. 33 EUR anzusetzen (10 x 11 km x 0,30 EUR).

44
Als Familienheimfahrten seien anzusetzen:
Fahrten zum Bahnhof     33,00 EUR
Anteilige BahnCard 100 First 1.600,00 EUR
Insgesamt 1.633,00 EUR
45
Der Kläger reicht eine Konkretisierung seiner Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung ein. Hiernach nahm er insgesamt 7 Heimfahrten direkt von A nach B und von B direkt nach A vor (04.10./06.10; 10.10./13.10; 24.10/ 27.10.; 09.11./13.11; 14.11./ 15.11.; 28.11./29.11.; 12.12./14.12.). Bei den übrigen Heimfahrten erfolgte die Hin- bzw. Rückreise am 07.11., 15.12. sowie am 19.12. über einen Dienstreiseort.

46
2. Die vom Beklagten angesetzten Kosten für die im Rahmen der doppelten Haushaltsführung genutzte Eigentumswohnung i.H.v. 2.879,20 EUR seien nicht nachvollziehbar. Insbesondere seien die Kosten für die Renovierung der Wohnung und die Hausratversicherung anzusetzen.

47
Bei Anwendung der Grundsätze des Bundesfinanzhofs (BFH), dass nur Aufwendungen für eine nach Größe, Ausstattung und Lage angemessene Mietwohnung zu zahlen wären, stelle der Beklagte ermessensfehlerhaft auf eine isolierte Betrachtung lediglich des Kalenderjahres 2011 ab. Der Kläger werde die doppelte Haushaltsführung bis zur Vollendung seines 62. Lebensjahres (Ende der vertraglich vereinbarten Altersteilzeitregelung) ausüben. Die Angemessenheit, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit seiner Aufwendungen für die Wohnung im Rahmen der doppelten Haushaltsführung müsste im gesamten Zeitraum der doppelten Haushaltsführung von 2011 bis 2018 betrachtet werden.

48
Der vom Beklagten mit der angesetzten Nettokaltmiete zugrunde gelegte Mitspiegel sei der vom 01.10.2010, der als Fortschreibung des Mietspiegels von 2009 erstellt worden sei. Er gelte nicht für Neu-Vermietungen in 2011 und sei unrealistisch. Die Mietpreise in B seien stark steigend. Das Onlineportal Immowelt ermittele derzeit für den Bezirk, in dem die Wohnung des Klägers belegen ist, eine Durchschnittsmiete von 9,59 EUR. Hieraus leite sich eine ortübliche Kaltmiete für eine als angemessen geltende 60 qm Wohnung i.H.v. monatlich 575,40 EUR ab.

49
Die AfA aus dem Objekt betrage jährlich 2.445 EUR. Diesem Aufwand stehe eine jährliche ortsübliche Miete von 6.522 EUR gegenüber. Hieraus ergäbe sich eine Ersparnis von 4.077 EUR jährlich. Dem stünden einmalige anfängliche Renovierungskosten i.H.v. 16.355 EUR gegenüber. Innerhalb der Gesamtdauer der doppelten Haushaltsführung (bis 28.02.2018) lägen die Kosten der Wohnung i.H.v. 32.451,25 EUR (6 Jahre 7 Monate x 2.445 AfA = 16.095,25 + 16.355 Renovierung) unter denen einer Mietwohnung zu ortsüblicher Miete in Höhe von 40.762,50 EUR (6 Jahre 3 Monate x 6.522 EUR). Die vom Beklagten zugrunde gelegte Vergleichsmiete läge -den Gesamtzeitraum der doppelten Haushaltsführung betrachtend- insgesamt deutlich höher.

50
Der Ansatz durchschnittlicher Betriebskosten in Deutschland sei angesichts der hohen Unterschiede in unterschiedlichen Regionen nicht sachgerecht. Ausweislich der Hausgeldabrechnung für den Nutzungszeitraum 01.09.2011 bis 31.12.2011 seien in 2011 Hausgeldzahlungen (ohne Instandhaltungsrücklage) i.H.v. 1.074,38 EUR geleistet worden. Zusätzlich würden Stromkosten i.H.v. 760 EUR sowie Kosten der Hausratversicherung i.H.v. 107,87 EUR in Ansatz gebracht. Diese Kosten seien auch bei einer pauschalierten Berechnung auf Basis von Durchschnittsnebenkosten anzusetzen, da diese üblicherweise nicht in den Mietnebenkosten enthalten, sondern vom Mieter selbst zu tragen seien. Es ergäben sich folgende Wohnungsnebenkosten:

51
Hausgeld    1.074,38 EUR
Strom (07/2011 bis 05/2012)       760,00 EUR
Hausratversicherung       107,87 EUR
Renovierungskosten 16.325,00 EUR
AfA (anteilig 5/12)    1.022,91 EUR
Summe 19.289,66 EUR
davon 60/72 16.074,71 EUR
52
Da die Zweitwohnung des Klägers 72 qm groß sei und nach der Rechtsprechung nur 60 qm als notwendig anerkannt würden, sei mit 60/72 zu quoteln.

53
3. Im Klageverfahren begehren die Kläger zusätzlich zum bisherigen Klagevorbringen die Anerkennung der Kosten für die BahnCard 100, 2. Klasse i.H.v. 3.800 EUR für den Gültigkeitszeitraum Januar 2012 bis Januar 2013 als Werbungskosten im Streitjahr 2011 unter Hinweis auf das Urteil des Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg vom 17.01.2008, 6 K 2192/07. Die Anschluss-BahnCard 100, 2. Klasse habe der Kläger bereits am 26.11.2011 aufgrund der angekündigten Preiserhöhung erworben.

54
Die Kläger vertreten die Ansicht, die bisher vom Beklagten anerkannten Werbungskosten seien um weitere Werbungskosten für Familienheimfahrten i.H.v. 760,00 EUR, für die Zweitwohnung im Rahmen der doppelten Haushaltsführung i.H.v. 13.195,51 EUR sowie um die Kosten der Anschluss-BahnCard 100, 2. Klasse i.H.v. 3.800,00 EUR zu erhöhen.

55
Die geltend gemachten Aufwendungen für die Erstausstattung der Zweitwohnung i.H.v. 8.680,34 EUR dürften keinen Anlass dafür geben, diese Kosten für eine 60 qm Wohnung als unangemessen anzusehen.

56
Soweit die Verausgabung von Kosten im Streitjahr dazu führte, dass zahlenmäßig höhere Kosten angefallen seien als im Streitjahr an Mietzahlungen für eine als notwendig anzusehende Vergleichswohnung entstanden wären, handele es sich bei dem übersteigenden Betrag um vorweggenommene Werbungskosten. Insoweit sei ein Bezug zu der Erzielung von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers in den Folgejahren gegeben.

57
Falls das Gericht der vom Kläger vorgeschlagenen Vergleichsmiete i.H.v. 9,59 EUR nicht folgte, beantragten die Kläger die Beweiserhebung, welche Kosten für eine 60 qm große Wohnung in der Umgebung der Ber Arbeitsstätte im Jahr 2011 angefallen wären durch Einholung eines Mietgutachtens.

58
Die Kläger beantragen,

59
den Einkommensteuerbescheid 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend abzuändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von 17.755,51 EUR bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers berücksichtigt werden und die Steuer entsprechend herabgesetzt wird.

60
Der Beklagte beantragt,

61
die Klage abzuweisen.

62
Er hält zunächst an seiner im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest. Ergänzend führt er aus:

63
1. Familienheimfahrten

64
Zu den notwendigen Fahrtkosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung zählten die Kosten für eine tatsächlich durchgeführte Familienheimfahrt wöchentlich. Der Kläger habe keinen Nachweis darüber geführt, ob und gegebenenfalls wie viele wöchentliche Familienheimfahrten er im Zeitraum von Oktober 2011 bis Dezember 2011 tatsächlich durchgeführt habe. Dass der Kläger eine BahnCard 100 First (Jahrespreis: 6.400 EUR) genutzt habe und auf den Zeitraum der doppelten Haushaltsführung rechnerisch 1.600 EUR (3/12 von 6.400 EUR) entfielen, indiziere nicht aus sich heraus, dass der Gesamtbetrag auf tatsächlich durchgeführte Familienheimfahrten entfalle und als Werbungskosten abziehbar sei. Davon ausgehend, dass der Kläger im Zeitraum Oktober 2011 bis Dezember 2011 tatsächlich 10 Familienheimfahrten durchgeführt habe, entfiele ein Betrag i.H.v. 173,91 EUR (1.600 EUR: 92 Tage für Okt. bis Nov. 2011 x 10 Heimfahrten) auf Kosten, die durch die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstanden seien.

65
Hiernach wären insgesamt als Familienheimfahrten abziehbar 206,91 EUR (Fahrten BahnCard: 173,91 EUR, Fahrten zum Bahnhof: 33,00 EUR). Dieser Betrag liege jedoch unter dem bisherigen pauschalierten Ansatz für Familienheimfahrten i.H.v. 873,00 EUR.

66
Der Beklagte vertritt die Ansicht, durch die berücksichtigte Entfernungspauschale seien sämtliche Aufwendungen abgegolten, so dass weitere Aufwendungen (wie Parkgebühren) nicht zusätzlich zur Entfernungspauschale abgezogen werden könnten. Die Berücksichtigung zusätzlicher Kilometer für die Strecke von der Wohnung des Klägers zum Hauptbahnhof im Rahmen der doppelten Haushaltsführung scheide aus, da diese bereits in den angesetzten Gesamtentfernungskilometern von 291 km enthalten seien.

67
2. Aufwendungen für die Zweitwohnung

68
Durch den pauschalierten Ansatz der ortsüblichen Durchschnittsmiete laut Mietspiegel von B für eine 60 qm große Wohnung (fiktive Miete) seien auch die Kosten für die Renovierung abgegolten. Das Hausgeld sei -entgegen der Auffassung des Klägers- insgesamt im Rahmen der Werbungskosten berücksichtigt worden (einschließlich der Instandhaltungsrücklage).

69
Über die Stromkosten habe der Kläger bisher keinen Nachweis geführt. Für den Fall, dass der Kläger diese weiter verfolge, würde der Beklagte dem bisherigen Ansatz der Kosten für die Ausstattung und Einrichtung nicht mehr zustimmen.

70
3. Berücksichtigung der Anschluss-BahnCard 100, 2. Klasse

71
Im Streitjahr 2011 wären nur die Kosten der Anschluss-BahnCard i.H.v. 3.800 EUR zu berücksichtigen. Als Folge hieraus ergäbe sich, dass der bisher berücksichtigte Kostenanteil für die Bahncard 100 First nicht abziehbar wäre, weil diese bereits in 2010 erworben wäre und die Kosten somit im Jahre 2010 entstanden wären.

72
4. Die Kosten für das Wohnen am Beschäftigungsort seien der Höhe nach auf das nach objektiven Maßstäben zu beurteilende Notwendige beschränkt. Daher seien bereits ausnahmsweise zugunsten des Klägers berücksichtigte, aber nicht notwendige Kosten aus dem Werbungskostenansatz i.H.v. 1.526,41 EUR auszuscheiden. Die zu berücksichtigenden Kosten für Einrichtung/Ausstattung beliefen sich daher auf 7.153,93 EUR (8.680,34 EUR ./. 1.526,41 EUR).

Entscheidungsgründe

73
I. Die Klage ist unbegründet.

74
Der Einkommensteuerbescheid für 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

75
1. Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte

76
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG zählen zu den Werbungskosten die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 Halbsatz 1 (in der für das Streitjahr maßgeblichen Gesetzesfassung) für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die regelmäßige Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte von 0,30 EUR anzusetzen, höchstens jedoch 4.500,00 EUR im Kalenderjahr; soweit der Arbeitnehmer einen eigenen Pkw benutzt, ist ein höherer Betrag als 4.500,00 EUR anzusetzen.

77
Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG sind durch die Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind. Indes können Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angesetzt werden, soweit sie den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen, § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG.

78
a. Sofern Arbeitnehmer -wie vorliegend der Kläger an 140 Arbeitstagen im Zeitraum 01.01. bis 30.09.2011- die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln zurücklegen (Pkw und Zug), sind diese Arbeitnehmer nicht verpflichtet, ihr Wahlrecht -Entfernungspauschale oder tatsächliche Kosten- insgesamt einheitlich auszuüben (Urteil des FG Münster vom 02.04.2014, 11 K 2574/12 E, EFG 2014, 1183). Insbesondere steht es dem Steuerpflichtigen frei, für die mit dem Pkw zurückgelegte Teilstrecke (11 km) die Entfernungspauschale und für die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegte Teilstrecke die tatsächlichen Kosten anzusetzen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 26.03.2009, VI R 25/08, BFH/NV 2009, 1619; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.05.2008, 4 K 2056/05, EFG 2009, 1541).

79
Legt ein Arbeitnehmer die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit verschiedenen Verkehrsmitteln zurück, ist die insgesamt anzusetzende Entfernungspauschale i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG teilstreckenbezogen zu ermitteln. Sie ist für die Teilstrecke, die der Arbeitnehmer mit seinem eigenen PKW zurücklegt, und für die Strecke, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt wird, getrennt zu ermitteln (Urteil des BFH vom 26.03.2009, VI R 25/08, BFH/NV 2009, 1619 m.w.N.). § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG bezeichnet als Vergleichsgröße zu den Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel den „als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag“. Durch den Gebrauch des Wortes „Entfernungspauschale“ im Singular gibt das Gesetz zu erkennen, dass der hierfür ermittelte Betrag auf die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegte Teilstrecke bezogen ist. Übersteigen, wie im Streitfall, die tatsächlichen Kosten die für die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegte Teilstrecke anzusetzende Entfernungspauschale, können sie an deren Stelle angesetzt werden (BFH, Urteil vom 26.03.2009, VI R 25/08, BFH/NV 2009, 1619).

80
Die auf den Zeitraum 01.01.2011 bis 30.09.2011 entfallenden Aufwendungen des Klägers für öffentliche Verkehrsmittel (Bahncard 100 First) belaufen sich auf 4.797 EUR (9/12 von 6.400 EUR) und übersteigen den als Entfernungspauschale anzusetzenden Betrag i.H.v. 4.500 EUR (140 Tage x 291 km x 0,30 EUR=12.222 EUR, höchstens 4.500 EUR). Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG erfolgt damit der Ansatz der höheren Kosten für öffentliche Verkehrsmittel i.H.v. 4.797 EUR.

81
Daneben erhält der Kläger den mit der Entfernungspauschale anzusetzenden Betrag i.H.v. 462 EUR (140 Tage x 11 km x 0,30 EUR) für die von ihm getätigten Fahrten mit dem eigenen Pkw auf der Teilstrecke von seiner Wohnung zum Hauptbahnhof in A.

82
b.  Die vom Kläger geltend gemachten und am 26.11.2011 getätigten Aufwendungen i.H.v. 3.800 EUR für die Anschaffung der BahnCard 100, 2. Klasse für den Gültigkeitszeitraum Januar 2012 bis Januar 2013 sind nicht im Streitjahr 2011 zu berücksichtigten.

83
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr gültigen Gesetzesfassung wird die einzelne Entfernungspauschale „für jeden Arbeitstag“ und damit tageweise berechnet. Damit ermitteln sich die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte arbeitstagsbezogen (ausdrücklich: Urteil des BFH vom 11.05.2005, VI R 40/04, BStBl II 2005, 712). Insoweit stellt die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG zur Entfernungspauschale eine Spezialnorm zum Abflussprinzip des § 11 EStG dar (Drenseck in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 30. Auflage 2011, § 9 Rn. 127; Bode, DStRE 2009, S. 134). Gleiches gilt über § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG für Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung.

84
§ 9 Abs. 2 Satz 2 EStG bezeichnet als Vergleichsgröße zu den Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel den „als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag“. Der hierfür ermittelte Betrag der Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel ist ebenfalls tagesbezogen zu berechnen (Urteil des BFH vom 11.05.2005, VI R 40/04, BStBl II 2005, 712). Damit ermittelt sich der für die Frage, ob die für Wege zur Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder für Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung tatsächlich aufgewendeten Fahrtkosten höher sind als der anhand der Entfernungspauschale errechnete Betrag immer arbeitstagsbezogen.

85
Demzufolge müssen die „arbeitstäglichen“ Kosten des Klägers der vor Beginn des Nutzungszeitraums der in einem Betrag gezahlten Bahncard 100, 2. Klasse bezogen auf die einzelnen nachzuweisenden Fahrten des Klägers während der Gültigkeitsdauer der Bahncard (von Januar 2012 bis Januar 2013) ermittelt werden. Die vom Kläger geltend gemachte Bahncard 100, 2. Klasse ist daher in die Vergleichsberechnung des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG für das Jahr ihrer Gültigkeit einzubeziehen, jedoch nicht im Streitzeitraum.

86
Das vom Kläger angeführte Urteil des FG Baden-Württemberg vom 17.01.2008, 6 K 2192/07, EFG 2008, 1019 ist vorliegend nicht einschlägig. Diesem Urteil liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde als im vorliegenden Fall. Im Fall des FG Baden-Württemberg vom 17.01.2008, 6 K 2192/07, EFG 2008, 1019 benötigte der Steuerpflichtige die Bahncard 100 im Streitjahr, um zumindest einen Teil seiner Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Streitjahr (ab Dezember) ableisten zu können. Vorliegend deckt der Kläger mit seiner im November 2011 angeschafften Bahncard 100, 2. Klasse überhaupt keine Fahrten im Streitzeitraum ab, da die Gültigkeit dieser Bahncard erst im Januar 2012 beginnt. Auch wenn die Kaufentscheidung des Klägers für die Bahncard 100, 2. Klasse im Streitjahr wirtschaftlich sinnvoll gewesen ist, fehlt es jedoch an jeglichem Bezug zu im Streitzeitraum abgedeckten Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie zu Familienheimfahrten. Da die Regelung zur Entfernungspauschale des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG eine Spezialnorm zum Abflussprinzip des § 11 EStG darstellt, kommt letzteres vorliegend gerade nicht zur Anwendung.

87
2. Kosten der doppelten Haushaltsführung

88
Notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, sind nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG in der für das Streitjahr gültigen Gesetzesfassung Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.

89
Das Vorliegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung seitens des Klägers liegt dem Grund nach unzweifelhaft vor. Der Wohnsitz der Familie in G bei A ist der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Kläger und der Beschäftigungsort des Klägers ist B. Streitig ist lediglich die Höhe der abziehbaren Werbungskosten.

90
Da die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung gegeben sind, weist § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG die Kosten für das Wohnen am Beschäftigungsort dem Grunde nach dem beruflich veranlassten Mehraufwand zu.

91
a. Soweit der Kläger den Ansatz weiterer Fahrtkosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten für den Zeitraum 01.10.2011 bis 31.12.2011 begehrt, ist dem grundsätzlich zu folgen.

92
Da § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG in der im Streitjahr gültigen Gesetzesfassung sowohl für durch Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte als auch durch Familienheimfahrten veranlasste Aufwendungen gilt, erhält der Kläger den teilstreckenbezogen ermittelten Betrag der Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel, soweit dieser den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigt (Ausführungen unter 1. a.) sowie die Entfernungspauschale für die Fahrten zwischen seiner Wohnung zum Hauptbahnhof Hannover.

93
Die auf den Zeitraum 01.10. bis 31.12.2011 entfallenden Aufwendungen des Klägers für öffentliche Verkehrsmittel (Bahncard 100 First) belaufen sich auf 1.600 EUR (3/12 von 6.400 EUR) und übersteigen den als Entfernungspauschale anzusetzenden Betrag (maximal 10 Familienheimfahrten x 280 km x 0,30 EUR = 840 EUR). Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG erfolgt daher der Ansatz der höheren Kosten für öffentliche Verkehrsmittel i.H.v. 1.600 EUR. Daneben erhält der Kläger den mit der Entfernungspauschale anzusetzenden Betrag i.H.v. 33 EUR (maximal 10 Tage x 11 km x 0,30 EUR) für die von ihm getätigten Fahrten mit dem eigenen Pkw auf der Teilstrecke von seiner Wohnung zum Hauptbahnhof in A anlässlich der Familienheimfahrten.

94
b. Die Aufwendungen für die erste Fahrt zu Beginn der doppelten Haushaltsführung des Klägers i.H.v. 87,30 EUR (291 km x 0,30 EUR) sowie die von ihm geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen in einer Gesamthöhe von 870 EUR stellen notwendige Mehraufwendungen aus Anlass der doppelten Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG dar. Dies ist unstreitig.

95
c. Auch die notwendigen Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort stellen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG zu berücksichtigende Mehraufwendungen aus Anlass der doppelten Haushaltsführung dar.

96
Als Unterkunftskosten am Beschäftigungsort sind auch im Falle des Wohnens in einer eigenen Wohnung grundsätzlich die tatsächlich angefallenen Aufwendungen anzusetzen. Die Ermittlung fiktiver (Miet-) Kosten ist jedoch dann geboten, wenn die tatsächlichen Kosten so hoch sind, dass es sich nicht mehr um „notwendige“ Mehraufwendungen für die Unterkunft i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG handelt (vgl. BFH-Urteil vom 24.05.2000, VI R 28/97, BStBl II 2000, 474).

97
Die Beschränkung der Mehraufwendungen auf das Notwendige begrenzt den Abzug auf das nach objektiven Maßstäben zur Zweckverfolgung Erforderliche. Zwar sind beruflich veranlasste Aufwendungen grundsätzlich unabhängig davon, ob sie notwendig, angemessen, üblich oder zweckmäßig sind, in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar (vgl. BFH-Beschluss vom 29.04.1999, IV R 40/97, BStBl II 1999, 828 m.w.N.). Wenn ihr Abzug aber durch das Gesetz auf das Notwendige begrenzt ist, bestimmt sich dieser nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Steuerpflichtigen, sondern nach objektiven Maßstäben.

98
Da im Rahmen der doppelten Haushaltsführung nur die zu den Wohnungsaufwendungen am Lebensmittelpunkt hinzukommenden Wohnkosten abziehbar sind, hat sich das Merkmal „notwendig“ am Abzugszweck (Berücksichtigung des zusätzlichen Wohnbedarfs am Beschäftigungsort) zu orientieren, also daran, welcher Wohnungszuschnitt für einen Steuerpflichtigen als Einzelperson erforderlich ist, der von dort seiner Arbeit nachgeht, aber an einem anderen Ort, an dem sich auch sein Lebensmittelpunkt befindet, seinen Haupthausstand beibehalten hat (BFH-Urteil vom 14.10.2004, BStBl II 2005, 98 m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom 24.06.2005, VI B 25/05, BFH/NV 2005, 1560; vom 19.07.2004, VI B 160/03, BFH/NV 2005, 39).

99
Im Hinblick auf die von Beschäftigungsort zu Beschäftigungsort erheblich schwankenden Wohnkosten sieht der BFH eine betragsmäßige feste Obergrenze nicht als sachgerecht an, sondern hält Mehraufwendungen für notwendig, soweit sie sich für eine Wohnung mit einer Wohnfläche bis zu 60 qm bei einem ortsüblichen Mietzins je Quadratmeter für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung (Durchschnittsmietzins) ergeben (Urteil des BFH vom 09.08.2007, VI R 10/06, BStBl II 2007, 820). Diesen vom BFH aufgestellten Grundsätzen schließt sich der erkennende Senat an.

100
Nach diesen Grundätzen können als notwendige Kosten der Unterkunft des Klägers am Beschäftigungsort i.S.d § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG bei Nutzung seiner Eigentumswohnung im Streitjahr 2011 höchstens die Aufwendungen anerkannt werden, die im Falle einer Anmietung der Wohnung entstanden wären (sog. fiktive Mietkosten).

101
aa. Danach ermitteln sich die fiktiven Mietkosten des Klägers am Beschäftigungsort wie folgt:

102
Nettokaltmiete: 60 qm x 7,27 EUR    436,20 EUR
zzgl. tatsächlicher Nebenkosten/Monat    292,00 EUR
abzüglich Anteil Instandhaltungsrücklage ./.     23,40 EUR
   268,60 EUR
davon 60/78    206,62 EUR
   642,82 EUR
01.09. bis 31.12.2011 (4 Monate x 642,82 EUR) 2.571,28 EUR
103
Werden bei der Nutzung einer eigenen Eigentumswohnung die als Werbungskosten abziehbaren Unterkunftskosten der Höhe nach auf die fiktiven Mietkosten begrenzt, so erfordert dies einen Vergleich. Bei diesem Vergleich ist nicht von der im Einzelfall beabsichtigten Gesamtdauer der doppelten Haushaltsführung, sondern von den Verhältnissen des jeweiligen Veranlagungszeitraumes (vgl. § 2 Abs. 7, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 EStG) auszugehen (Urteil des BFH vom 27.07.1995, VI R 32/95, BStBl II 1995, 841).

104
Soweit der Kläger geltend macht, für die Angemessenheit, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit von Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung (insbesondere Renovierungskosten) müsste der gesamte Zeitraum der doppelten Haushaltsführung von 2011 bis 2018 betrachtet werden, kann dem nicht gefolgt werden. Dies widerspräche dem im Einkommensteuerrecht geltenden Prinzip der Abschnittsbesteuerung. Daher ist der Beklagte bei Anwendung der vom BFH aufgestellten Grundsätze, wonach Aufwendungen für eine im Rahmen der doppelten Haushaltsführung genutzte Eigentumswohnung nur insoweit anzuerkennen sind, die für eine nach Größe, Ausstattung und Lage angemessene Mietwohnung zu zahlen wären, zutreffend davon ausgegangen, dass lediglich auf den betreffenden Besteuerungszeitraum und nicht auf den gesamten Zeitraum der doppelten Haushaltsführung (2011 bis 2018) abgestellt werden darf.

105
Sind die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft in der eigenen Eigentumswohnung in einem Veranlagungszeitraum höher als die fiktiven Mietkosten, so steht für diesen VZ fest, dass sie in Höhe des übersteigenden Betrages nicht notwendig waren i.S.d § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG. Daher scheidet auch -wie vom Kläger vertreten- insoweit eine Berücksichtigung der „übersteigenden Werbungskosten“ als vorweggenommene Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG der Folgejahre aus.

106
Der BFH hat in seinem Urteil vom 09.08.2007, VI R 10/06, BStBl II 2007, 820 in diesem Zusammenhang als Obergrenze notwendiger Mehraufwendungen die Kosten angesehen, die sich für eine Wohnung mit einer Wohnfläche bis zu 60 m² bei einem ortsüblichen Mietzins je Quadratmeter für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung ergeben (z.B. BFH-Urteil vom 09.08.2007, VI R 23/05, BStBl II 2009, 722).

107
Die Berechnung der fiktiven Mietkosten durch den Beklagten (Nettokaltmiete: 60 qm x 7,13 EUR = 427,80 EUR zuzüglich der tatsächlichen monatlichen Nebenkosten des Klägers) anhand des für B geltenden qualifizierten Mietspiegels für das Jahr 2011 ist vorliegend dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Eine 60 qm große Wohnung ist für einen Einpersonenhaushalt angemessen. Der vom Beklagten für eine solche Wohnungsgröße angemessene Mietzins von 7,13 EUR/qm ist nach Ansicht des Senates geringfügig auf 7,27 EUR (Durchschnittsmietzins) zu erhöhen.

108
Nach dem Mietspiegel von B für das Jahr 2011 (und dieser ist für den betreffenden Streitzeitraum maßgebend) beträgt die durchschnittliche Nettokaltmiete für eine 60 qm bis unter 90 qm große, in den Jahren 1984 bis 1990 errichtete Wohnung mit mittlerer Wohnlage/ Ausstattung 6,17 EUR (5,85 EUR bis 6,54 EUR) und mit guter Wohnlage/ Ausstattung 7,27 EUR (6,21 EUR bis 8,88 EUR).

109
Klägergünstig geht der Senat von einer guten Wohnlage/Ausstattung aus. Nach der Rechtsprechung des BFH ist die ortsübliche Miete generell auf der Grundlage des örtlichen Mietspiegels zu bestimmen (so: Urteil vom 17.08.2005, IX R 10/05, BStBl II 2006, 71). Da Unterkunftskosten am Beschäftigungsort dann notwendig i.S. von  § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind, wenn sie den Durchschnittsmietzins einer 60 qm-Wohnung am Beschäftigungsort nicht überschreiten (so: Urteil des BFH vom 09.08.2007, VI R 10/06, BStBl II 2007, 820), hält es der Senat für sachgerecht, auf den Durchschnittsmietzins einer 60 qm-Wohnung, wie ihn der qualifizierte Mietspiegel von B für das Jahr 2011 vorgibt, abzustellen.

110
Für den Beschäftigungsort des Klägers B besteht ein qualifizierter Mietspiegel für das Jahr 2011. Daher ist der ortsübliche Durchschnittsmietzins nach Ansicht des Senates anhand dieses Mietspiegels von B für das Jahr 2011 zu bestimmen.

111
bb. Ein Abstellen auf die individuell ermittelte ortsübliche Miete für das konkrete Objekt auf der Basis eines speziell dafür eingeholten Sachverständigen-/Mietgutachtens, wie es der Kläger fordert, wiederspricht nach Ansicht des Senates der ständigen BFH-Rechtsprechung, die gerade auf den nach objektiven Maßstäben ermittelten Durchschnittsmietzins einer 60 qm-Wohnung am Beschäftigungsort (vorliegend: Stadtgebiet B) abstellt. Auch auf die Wohnlage und -verhältnisse in der Umgebung der Arbeitsstätte in B des Klägers kommt es nicht maßgeblich an. Dem Beweisantrag des Klägers auf Einholung eines Mietgutachtens zur Ermittlung der Kosten für eine 60 qm große Wohnung in der Umgebung seiner Arbeitsstätte in B im Jahr 2011 folgt der Senat daher nicht.

112
Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Das Gericht ist dabei an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden, § 76 Abs. 1 Satz 5 FGO. Das gilt aber nur in dem Sinne, dass das Finanzgericht von sich aus auch Beweise erheben kann, die von den Parteien nicht angeboten sind (u.a. BFH- Beschluss vom 27.05.2005, VII B 38/04, BFH/NV 2005, 1496; Urteil vom 22.04.1988, III R 59/83, BFH/NV 1989, 38). Von den Verfahrensbeteiligten angebotene Beweise muss das Finanzgericht grundsätzlich erheben, wenn es einen Verfahrensmangel vermeiden will (vgl. auch BFH-Beschluss vom 21.12.2005, I B 249/04, BFH/NV 2006, 780). Auf die beantragte Beweiserhebung kann es im Regelfall nur verzichten, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist, wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann, wenn das Beweismittel unerreichbar ist oder wenn das Beweismittel unzulässig oder absolut untauglich ist (ständige Rechtsprechung; z.B. BFH-Urteile vom 16.11.2005, VI R 71/99, BFH/NV 2006, 753; vom 27.07.2000, V R 38/99, BFH/NV 2001, 181; vom 12.04.1994, IX R 101/90, BStBl II 1994, 660).

113
Das vom Kläger angebotene Beweismittel (Mietgutachten für seine Eigentumswohnung) ist für die Entscheidung des vorliegenden Falles unerheblich, da nach der oben aufgezeigten Rechtsprechung des BFH nicht auf den für die Wohnung des Klägers konkret erzielbaren Mietwert, sondern auf den ortsüblichen Durchschnittsmietzins für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung abzustellen ist.

114
cc. Der Beklagte  hat -klägergünstig- die tatsächlich vom Kläger geleisteten Nebenkosten i.H.v. 292 EUR/Monat für die Zweitwohnung in Ansatz gebracht.

115
Dem Grunde nach weicht das Gericht hiervon nicht ab, jedoch sind die monatlichen Zahlungen der tatsächlichen Nebenkosten um die Zahlungen in Höhe des Anteils des Klägers an der Instandhaltungsrücklage i.H.v. monatlich 23,40 EUR zu mindern. Insofern liegen keine Wohnungsnebenkosten vor. Der sich hiernach ergebende Betrag der tatsächlich gezahlten Nebenkosten für die 78 qm große Wohnung des Klägers ist mit 60/78 anzusetzen, da entsprechende Mehraufwendungen nur für eine 60 qm große Wohnung als notwendig anzuerkennen sind.

116
(1) Die vom Kläger geltend gemachten Kosten für die Renovierung seiner Eigentumswohnung in B i.H.v. 16.325,00 EUR können nicht zusätzlich zu den fiktiven Mietkosten als Werbungskosten berücksichtigt werden.

117
Mit dem Abzug der notwendigen Kosten für die Unterkunft sind sämtliche Kosten, die durch den Erwerb und den Unterhalt der am Beschäftigungsort bewohnten eigenen Wohnung entstehen, abgegolten (BFH-Urteil vom 11.12.1996, X R 15/96, BStBl II 1997, 221). Die im Zuge der Anschaffung der Eigentumswohnung getätigten Renovierungsaufwendungen zählen daher nicht zusätzlich zu den notwendigen Kosten für die Unterkunft im Rahmen der doppelten Haushaltsführung des Klägers.

118
(2) Der vom Kläger geltend gemachten Betrag für die Hausratversicherung, der nicht in den monatlichen Nebenkostenabschlägen von 292 EUR enthalten ist, stellt zusätzlich zu berücksichtigende Wohnnebenkosten dar.

119
Der vom Kläger geltend gemachte Betrag für die Hausratversicherung i.H.v. 107,82 EUR ist erst im Jahre 2012 abgeflossen i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG und wäre daher auch als Nebenkosten im Rahmen der notwendigen Kosten für die Unterkunft des Jahres 2012 zu berücksichtigen.  Aus dem Versicherungsschein vom 22.08.2011, der den losen Belegen des Klägers beigefügt war, ergibt sich der Betrag für die Hausratversicherung betreffend das Objekt in B für das Jahr 2011 i.H.v. 105,80 EUR, der im Streitzeitraum nach dem Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG zu berücksichtigen ist.

120
(3) Die vom Kläger geltend gemachten Stromkosten i.H.v. 760 EUR, die dem Grund nach als Wohnnebenkosten zusätzlich zu den monatlichen Nebenkostenabschlägen von 292 EUR zu berücksichtigen sind, betreffen den Zeitraum vom 14.07.2011 bis 31.05.2012 (10 Monate). Die Erstattung der Stromzahlungen i.H.v. 585,39 EUR (vgl. Abrechnung vom 03.06.2012, Bl. 24 der GA) ist nach dem Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG im VZ 2012 und damit nicht im Streitjahr zu berücksichtigen.

121
Ausweislich der Hausgeldabrechnung der Hausverwaltung nutzte der Kläger die Wohnung in B ab 01.09.2011 und leistete ab diesem Zeitpunkt Hausgeldzahlungen. Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass der Kläger ab Beginn der Nutzung am 01.09.2011 auch tatsächlich die monatlichen Abschläge für Strom entrichtet hat. Daher ist der tatsächlich im VZ 2011 gezahlte Betrag von vier Monatsabschlägen à 76 EUR gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG (Abflussprinzip), mithin der Gesamtbetrag i.H.v. 304 EUR, als notwendige Kosten für die Unterkunft im Rahmen der doppelten Haushaltsführung des Klägers zu berücksichtigen.

122
(4) Das vom Kläger geltend gemachte Hausgeld ist bereits in Höhe des monatlichen Gesamtabschlages (Nebenkosten) i.H.v. 292 EUR (gekürzt um die Instandhaltungsrücklage und mit einem Anteil von 60/78) für die Zeit vom 01.09.2011 bis 31.12.2011 berücksichtigt.

123
dd. Die als Werbungskosten i.S.d. § 9 I S. 3 Nr. 5 EStG anzusetzenden notwendigen Kosten für die Unterkunft des Klägers in der Zeit vom 01.09.2011 bis 31.12.2011 belaufen sich damit insgesamt auf 2.886,51 EUR.

124
Fiktive Mietkosten für die Eigentumswohnung 2.571,28 EUR
Hausratversicherung für das Jahr 2011     105,80 EUR
Strom vom 01.09. bis 31.12.2011 (4/10 von 760 EUR)     304,00 EUR
    409,80 EUR
davon 60/78     315,23 EUR
Notwendige Kosten der Unterkunft -gesamt- 2.886,51 EUR
125
d. Die Kosten der notwendigen Einrichtung und Ausstattung der Wohnung am Arbeitsort i.S.d. § 9 I S. 3 Nr. 5 EStG hat der Beklagte bisher i.H.v. 8.680,34 EUR berücksichtigt.

126
Anschaffungskosten für die erforderliche Wohnungseinrichtung sind -soweit nicht überhöht- als Werbungskosten i.S.d. § 9 I S. 3 Nr. 5 EStG abziehbar (Urteil des BFH vom 3.12.1982, VI R 228/80, BStBl II 1983, 467; Urteil des BFH vom 13.11.2012, VI R 50/11, BStBl II 2013, 286 m.w.N.; FG München, Urteil vom 29.12.2003,  8 K 4428/00, EFG 2005, 1677; Sächsisches FG, Urteil vom 18.09.2008, 2 K 863/08, EFG 2010, 131; FG B-Brandenburg, Urteil vom 22.06.2011, 9 K 9079/08, EFG 2012, 35).

127
Aufwendungen dieser Art können nur insoweit nach der ausdrücklichen Anweisung in § 9 I S. 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abgezogen werden, als sie anlässlich der doppelten Haushaltsführung „notwendig“ entstanden sind. Notwendig sind sie nach dem Urteil des BFH vom 16.03.1979, VI R 126/78, BStBl II 1979, 473 insbesondere dann nicht, wenn sie als überhöht gelten müssen, etwa weil mit ihnen gesellschaftliche Bedürfnisse befriedigt werden sollen. Zur Abgrenzung von den nicht abziehbaren Ausgaben für die allgemeine Lebensführung dürfen daher insbesondere die AfA auf Einrichtungsgegenstände einer Eigentumswohnung am Beschäftigungsort nur insoweit zum Abzug zugelassen werden, als solche Gegenstände ihrer Art nach zum Leben in einer Wohnung notwendig und die hierfür aufgewandten Kosten nicht als überhöht anzusehen sind (BFH-Urteil vom 03.12.1982, VI R 228/80, BStBl II 1983, 467).

128
aa. Die vom Kläger angeschaffte Küche ist als Sachgesamtheit und damit als einheitliches Wirtschaftsgut linear über die Absetzungen für Abnutzung (AfA) abzuschreiben, § 9 I S. 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 I S. 1 und 2 EStG.

129
Insoweit greift das Argument des Klägers, es handele sich bei seiner Küche nicht um eine maßgefertigte Einbauküche, sondern um Küchenmöbel, die auch als Einzelschrank und nicht ausschließlich gemeinsam nutzbar seien, nicht durch.

130
Werden bewegliche Sachen miteinander verbunden, entscheidet sich, ob jeweils selbstständige Wirtschaftsgüter oder unselbstständige Teile eines verbundenen Wirtschaftsguts vorliegen danach, ob die einzelnen Güter weiterhin ihre selbständige Bewertbarkeit behalten. Maßgebende Kriterien für diese Entscheidung sind, ob ein gemeinsamer Zweck der mehreren Güter vorliegt, der Grad der Festigkeit der Verbindung der Güter, der Zeitraum, auf den eine Verbindung oder die gemeinsame Nutzung mehrerer beweglicher Sachen angelegt ist, sowie das äußere Erscheinungsbild. Von einem einheitlichen Wirtschaftsgut ist regelmäßig auszugehen, wenn nach dem äußeren Erscheinungsbild der einzelne Gegenstand für sich allein betrachtet unvollständig erscheint oder ein Gegenstand ohne den anderen ein negatives Gepräge erhält (Urteile des BFH vom 09.08.2001, III R 30/00, BStBl II 2001, 842; vom 14.04.2011, IV R 46/09, BStBl II 2011, 696). Die eigenständige Nutzbarkeit eines Gegenstandes ist nicht Voraussetzung für seine selbständige Bewertbarkeit (Urteil des BFH vom 05.09.2002, III R 8/99, BStBl II 2002, 877). Die selbständige Bewertbarkeit eines Wirtschaftsgutes kann auch dadurch untergehen, dass es fest und auf längere Dauer mit anderen Gegenständen verbunden wird und nur in dieser technischen Verbundenheit seinen bestimmungsgemäßen Zweck erfüllen kann wie zum Beispiel Badewanne und Armaturen (Urteil des BFH vom 09.08.2001, III R 30/00, BStBl II 2001, 842).

131
In Anwendung dieser Grundsätze bildet die Küche des Klägers in seiner Wohnung in B nach Auffassung des Senates als Sachgesamtheit ein einheitliches Wirtschaftsgut, da nach dem äußeren Erscheinungsbild einer Küche der einzelne Küchenschrank oder der einzelne Kühlschrank für sich allein betrachtet unvollständig erscheint. Zudem sind Küchenschränke regelmäßig fest und auf längere Dauer miteinander verbunden und erfüllen ihren bestimmungsgemäßen Zweck regelmäßig durch ihre Verbundenheit.

132
bb. Folglich ist die Küche als einheitliches Wirtschaftsgut über die AfA über den Zeitraum ihrer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer abzuschreiben.

133
Der AfA auf die neu angeschaffte Einbauküche von I in der Wohnung des Klägers ist nach Ansicht des Senates eine Nutzungsdauer von 10 Jahren zugrunde zu legen (FG München, Urteil vom 29.12.2003, 8 K 4428/00, EFG 2005, 1677: 7 Jahre bei einer gebrauchten Küche). In seiner Steuererklärung selbst ging der Kläger bei den angeschafften Küchenmöbeln von einer 10-jährigen Nutzungsdauer aus.

134
Für den Ansatz der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer hat die Finanzverwaltung AfA-Tabellen erstellt, die auch den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit als Anhaltspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit der steuerlichen AfA dienen können, weil sie auf den Erfahrungen der mit den tatsächlichen Verhältnissen besonders vertrauten steuerlichen Betriebsprüfung beruhen. Der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer entspricht im Streitfall die Nutzungsdauer der Einrichtung einer Wohnung am Beschäftigungsort, die unter üblichen Bedingungen beansprucht wird. Für Ladeneinbauten gehen die amtlichen AfA-Tabellen (BStBl I 2000, 1532 unter Ziff. 3.7) von einer achtjährigen Nutzungsdauer aus, während für Möbel im Gastgewerbe einschließlich Einbaumöbel zehn Jahre angesetzt werden (FG München, Urteil vom 29.12.2003, 8 K 4428/00, EFG 2005, 1677).

135
Ausgehend von den Anschaffungskosten für Küchenmöbel i.H.v. 1.742,91 EUR beträgt der jährliche AfA-Betrag für diese Küchenmöbel demnach 174,29 EUR (im Streitjahr anteilig mit 4/12 anzusetzen: 58,10). Für den Kühlschrank ist nach der amtlichen AfA-Tabelle von einer Nutzungsdauer von 10 Jahren auszugehen (BStBl I 2000, 1532 unter Ziffer 7.7). Ausgehend von den Anschaffungskosten i.H.v. 543,90 EUR beträgt der jährliche AfA-Betrag 54,39 EUR (im Streitjahr anteilig mit 4/12 anzusetzen: 18,13 EUR).

136
cc. Zudem hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass die von ihm geltend gemachten Aufwendungen i.H.v. 1.526,41 EUR, die vom Beklagten im Rahmen des Klageverfahrens als nicht notwendig erachtet worden sind, tatsächlich notwendig i.S.d. § 9 I S. 3 Nr. 5 EStG sind. Hierfür trägt jedoch der Kläger die Beweis-/Feststellungslast.

137
dd. Damit belaufen sich die als Werbungskosten i.S.d. § 9 I S. 3 Nr. 5 EStG anzuerkennenden Kosten der notwendigen Einrichtung und Ausstattung der Wohnung des Klägers am Arbeitsort auf insgesamt 4.943,35 EUR.

138
     Ansatz des Beklagten       Ansatz lt. FG
Kühlschrank    543,90 EUR          18,13 EUR
Umzugskosten    105,00 EUR        105,00 EUR
Einrichtung/ Ausstattung    1.474,44 EUR
       4.814,09 EUR
6.288,53 EUR     6.288,53 EUR
Küchenmöbel 1.742,91 EUR          58,10 EUR
8.680,34 EUR     6.469,76 EUR
– abzüglich Kürzungsbetrag wegen nicht notwendiger Aufwendungen i.S.d. § 9 I S. 3 Nr. 5 ESt ./. 1.526,41 EUR ./. 1.526,41 EUR
7.153,93 EUR                                   4.943,35 EUR
139
3. Insgesamt sind damit als Werbungskosten des Klägers anzuerkennen:

140
Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Beträge in EUR
01.02. bis 30.09.2011 (9/12 von 6.400 EUR) 4.797,00
Fahrten zwischen Wohnung und Hauptbahnhof    462,00
Doppelte Haushaltsführung
Erste Fahrt zu Beginn der doppelten Haushaltsführung     87,30
Familienheimfahrten
Öffentliche Verkehrsmittel: 3/12 von 6.400 EUR
Fahrten v. Wohnung zum Hauptbahnhof 10 Tage x 11 km x 0,30 EUR
1.600,00
33,00
Verpflegungsmehraufwendungen    870,00
Kosten für die Unterkunft 2.886,51
Kosten für die Einrichtung/ Ausstattung 4.943,35
Weitere Werbungskosten
Beiträge zu Berufsverbänden 1.250,00
Übrige Werbungskosten (unstreitig)    217,01
Gesamtsumme der Werbungskosten 17.146,17
141
Da der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung Werbungskosten des Klägers in der Gesamthöhe von 20.115,85 EUR als abzugsfähig anerkannt hat und dieser Betrag über dem Betrag der Werbungskosten liegt, der nach der Entscheidung des Senates abzuziehen wäre, ist die Klage aufgrund des bestehenden Verböserungsverbotes abzuweisen.

142
Das Gericht darf durch seine Entscheidung die Rechtsposition des Klägers im Vergleich zum Zustand vor Klageerhebung nicht verschlechtern (BFH-Urteil vom 26.11.1997, X R 146/94, BFH/NV 1998, 961).

143
II. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 135 Abs. 1 FGO.

Einkünfteerzielungsabsicht im Fall des langjährigen Leerstands einer Wohnung

Tatbestand

1
Streitig ist die Berücksichtigung von Verlusten aus Vermietung und Verpachtung.

2
Der Kläger ist seit Ende 1991 Eigentümer des Grundstücks X-Str. in… Das Dachgeschoss dieses Gebäudes wurde von ihm ausgebaut und war im April 2002 fertiggestellt. Die Wohnung im Dachgeschoss mit ca. 68 qm stand ab Fertigstellung überwiegend leer. Erstmals wurde ein Mietvertrag ab Dezember 2007 für diese Wohnung abgeschlossen. Das Mietverhältnis dauerte insgesamt drei Monate. Die Wohnung wurde möbliert vermietet. Seit März 2008 steht die Wohnung wiederum leer.

3
In seiner Steuererklärung für das Streitjahr hat der Kläger negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Dachgeschosswohnung i.H.v. …. EUR erklärt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 2007 – 2009 hatte der Kläger Unterlagen vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass er in den Jahren 2006 – 2009 durchschnittlich drei bis fünf Anzeigen geschaltet hat, mit denen die leerstehende Wohnung zur Vermietung angeboten wurde. Weitere Nachweise über Vermietungsversuche konnten im Rahmen der Betriebsprüfung nicht vorgelegt werden. Das Finanzamt (FA) hat bei der Einkommensteuerveranlagung die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht angesetzt, da eine Einkunftserzielungsabsicht nicht erkennbar sei.

4
Gegen den Einkommensteuerbescheid vom … 2013 hat der Kläger fristgerecht Einspruch eingelegt, unter anderem mit dem Begehren, die Verluste aus Vermietung und Verpachtung wie erklärt anzusetzen. Nach wie vor bestehe eine Vermietungsabsicht. Dies könne er durch die Vermietungsanzeigen und durch Einschaltung eines Maklers nachweisen.

5
Nach Ergehen eines Änderungsbescheides vom … 2013, der Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden ist, wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung führt der Beklagte aus, dass der Kläger in den letzten Jahren nicht ernsthaft und nachhaltig bemüht gewesen sei, die im Dachgeschoss gelegene Wohnung zu vermieten. Drei bis fünf Anzeigen in der Zeitung seien nicht ausreichend.

6
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger weiterhin die Berücksichtigung der Verluste aus Vermietung und Verpachtung begehrt.

7
Er überreicht eine Bescheinigung des Maklerbüros …. aus …. vom … 2013 in dem es heißt:

8
„Hiermit bescheinigen wir, dass wir die möblierte Zwei-Zimmer-Wohnung des Herrn … laut unseren Unterlagen seit dem Jahr 2006 zur Vermietung angeboten haben. Lediglich eine etwa halbjährige Unterbrechung gab es während der Zeit der Vermietung ab Dez. 2007 an Frau ….

9
Ein adäquater Mieter ließ sich seitdem nicht finden.“

10
Der Makler … habe das Objekt mehrfach in Tageszeitungen veröffentlicht und im Übrigen auch ins Internet gegeben, damit sich entsprechende Mietinteressenten melden könnten.

11
Der Kläger habe im Februar 2013 zusätzlich den Makler …. mit der Vermietung der streitigen Wohnung beauftragt.

12
Die Vermietung sei jedoch regelmäßig nicht am Preis gescheitert, sondern daran, dass die Interessenten ihre Möbel mitnehmen wollten und ihre Möbel nicht in der möblierten Zwei-Zimmer-Wohnung unterbringen konnten.

13
In dem Zeitraum ab 2006 hätten insgesamt 63 Besichtigungen der Wohnung stattgefunden. Die Wohnungsbesichtigungen seien zusammen mit dem Kläger durchgeführt worden. Jede habe ca. 45 Minuten gedauert. In wenigen Fällen seien die Termine vom Makler vorgeschlagen und die Besichtigungen vom Makler in Abstimmung mit dem Kläger anberaumt worden, wobei lediglich zu Beginn die Fa. …bzw. Herr… mit anwesend gewesen sei. Bei diesen Wohnungsbesichtigungen hätten ein Teil aller anwesenden Interessenten freiwillig ihre Namen und Adresse mit Telefonnummer auf der ausliegenden Liste aufgeschrieben. Im Streitjahr 2011 hätten ca. 12 Wohnungsbesichtigungen stattgefunden. Ein Teil der Interessenten hätten ihren Namen nicht genannt bzw. sich nicht in die ausgelegte Liste eingetragen. Exemplarisch könne die Interessentin Frau … aus … genannt werden. Dieser habe die Wohnung bei der Besichtigung am … 2011 gefallen und sie habe Interesse bekundet. Ein zweiter Termin in der Wohnung von Frau … sei mündlich vereinbart worden, um weitere Vertragsdetails zu besprechen. An diesem vereinbarten zweiten Termin habe Frau … die Tür nicht geöffnet.

14
Die Wohnung sei immer als teilmöblierte bzw. möblierte Zwei-Zimmer-Wohnung mit exklusivem Bad und Garten in der regionalen Tageszeitung (X- Zeitung) und im Internet angeboten worden. Bei Bedarf bzw. auf Nachfrage des Mieters hätte ein zusätzlicher Kellerraum an den Mieter vermietet werden können, wenn dieser z.B. für seine überzähligen Möbel diesen Raum benötigt hätte.

15
Der Esstisch sei im Streitjahr zur Steigerung der Attraktivität der möblierten Wohnung im Obergeschoss angeschafft worden. Die Aufwendungen für eine Hausratsversicherung und eine Haushaltsglasversicherung beträfen das gesamte Haus, da die Möbel im Obergeschoss und die Glasscheiben mitversichert seien. Die Heizkosten seien nicht i.H.v… EUR, sondern i.H.v. … EUR anzusetzen.

16
Ab …. 2014 sei die Wohnung nunmehr vermietet.

17
Wegen des weitergehenden Klägervorbringens wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17.September 2014 verwiesen.

18
Nachdem der Kläger zunächst beantragt hat,

19
den Einkommensteuerbescheid 2011 vom ….. 2013 abzuändern und einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung i.H.v.  … EUR zzgl. … EUR (insgesamt …. EUR) und die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von insgesamt …. EUR bei den  Einkünften aus selbständiger Arbeit zu berücksichtigen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzten,

20
hat er in der mündlichen Verhandlung seinen Antrag eingeschränkt und beantragt,

21
den Einkommensteuerbescheid vom …. 2013 abzuändern und einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von … EUR zzgl. …. EUR (insgesamt …. EUR) zu berücksichtigen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.

22
Der Beklagte beantragt,

23
die Klage abzuweisen.

24
Er ist der Auffassung, dass die Bescheinigung des Maklers nicht dazu geeignet sei, eine Vermietungsabsicht nachzuweisen. Sie enthalte keinerlei Angaben darüber, welche konkreten Maßnahmen der Makler unternommen habe, um die Wohnung am Markt anzubieten. Auf der Internetseite des Maklers werde die Wohnung des Klägers derzeit (Juni 2013) nicht zur Vermietung angeboten. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs könne in Fällen eines besonders lang andauernden Leerstandes die Einkommenserklärungsabsicht auch ohne Zutun des Steuerpflichtigen wegfallen. Daher seien die Vermietungsbemühungen ernsthaft und nachhaltig durchzuführen und darzulegen. Seien die bisherigen Bemühungen des Steuerpflichtigen erkennbar nicht erfolgreich, habe er sein Verhalten anzupassen und andere Wege der Vermarktung zu beschreiten. Es sei dem Steuerpflichtigen auch zuzumuten, dass durch entsprechende Zugeständnisse bei der Ausgestaltung des Mietverhältnisses, der Höhe des Mietzinses oder bei der als Mieter akzeptablen Personen Zugeständnisse zu machen um die Attraktivität des Vermietungsobjektes zu erhöhen.

25
Die nachgewiesenen Vermietungsbemühungen des Klägers beschränkten sich auf drei kleine, wenig aussagekräftige Zeitungsanzeigen in der örtlichen Tagespresse und einige nicht bewiesene Aushänge am Schwarzen Brett an der … und in der …. Die Anzeigen erscheinen in der X-Zeitung. Dabei handele es sich um ein kostenloses Sonntagsblatt, welches nur örtlich begrenzt ausgeteilt werde und nicht den gesamten Landkreis … abdecke. Insbesondere handele es sich lediglich um drei Anzeigen innerhalb eines Jahres und somit nicht um ein nachhaltiges Bemühen. Der Kläger habe zudem nicht mitgeteilt, welche Personen die Wohnung wann besichtigt haben. Die eingereichte Auflistung über angebliche Mietinteressenten weise keine Datumsangaben aus. Auch sei es verwunderlich, dass der Kläger die Wohnungsbesichtigungen allein, ohne den beauftragten Makler Herrn …, durchgeführt haben will. Insgesamt genügten die Maßnahmen nicht, um unter Berücksichtigung des Standards der Wohnung und der Dauer des Leerstands ernsthaft und nachhaltige Versuche zur Vermietung glaubhaft zu machen. Erschwerend komme hinzu, dass sämtliche vom Kläger beauftragten Makler die Wohnung nicht online zur Vermietung anböten. Das FA verweist insoweit auf die Ausdrucke aus dem Internet der Maklerfirmen ….. Letztlich weist das FA darauf hin, dass die Daten mit der zuletzt eingereichten Anlage V nicht mit den Angaben in der Einkommensteuererklärung und auch nicht mit den Werten übereinstimmen, die der Kläger zuvor im Schriftsatz vom ….2014 eingereicht habe.

26
Zu den einzeln geltend gemachten Kostenpositionen machte das FA geltend: Es werde ein Betrag von … EUR als sofort abziehbarer Erhaltungsaufwendungen geltend gemacht, der verhältnismäßig aufgeteilt werde. Hierbei handele es sich um Aufwendungen für die Reparatur des Daches, Instandhaltung des Gartens und neue Fensterbänke. Aus der Rechnung der Fa. X über die Lieferung von Fensterbänken sei nicht ersichtlich, wo diese im Haus tatsächlich eingebaut worden seien.

27
Bei den auf bis zu fünf Jahren zu verteilenden Erhaltungsaufwendungen handele es sich um die Erneuerung von Fenstern. Auch hier sei aus den Rechnungen der Fa. X nicht ersichtlich, ob tatsächlich auch Fenster in der zur Vermietung bereitgehaltenen Wohnung erneuert worden seien.

28
Fraglich sei zudem, ob ein tatsächlicher Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mit den für Möbel geltend gemachten Kosten bestehe. Die Wohnung sei zwar möbliert angeboten worden, ernsthafte Mietinteressenten haben sich für eine möblierte Wohnung jedoch nicht finden lassen. Es erscheine daher nicht glaubwürdig, dass für eine angeblich leerstehende Wohnung neue Möbel gekauft werden.

29
Die Kosten für die Hausratversicherung und eine Haushaltsglasversicherung beträfen den privaten Haushalt des Klägers. Auch die geltend gemachten Heizkosten i.H.v. … EUR seien nicht nachvollziehbar. Maximal könnten nach den vorgelegten Unterlagen Heizkosten  i.H.v. … EUR angefallen sein.

30
Das Gericht hat Beweis erhoben über den Inhalt des Maklerauftrags zwischen dem Kläger und der Firma … und darüber, welche Maßnahmen mit welchem Erfolg seitens der Firma … ergriffen worden sind im Zusammenhang mit der Vermietung der Wohnung im Obergeschoss …. durch Vernehmung der … als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17. September 2014 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

31
Die Klage ist unbegründet.

32
Der Einkommensteuerbescheid 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO -). Zu Recht hat es das FA abgelehnt, die geltend gemachten Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten und einen entsprechenden Verlust aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.

33
1. Zur Überzeugung des Gerichts hat der Kläger die streitigen Aufwendungen nicht mit der Absicht getragen, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der streitigen Dachgeschosswohnung zu erzielen. Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, sich im Streitjahr ernsthaft und nachhaltig um die Vermietung der Wohnung und Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bemüht zu haben.

34
a) Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen, und das heißt, durch sie veranlasst sind. Fallen Aufwendungen mit der beabsichtigten Vermietung eines (leerstehenden) Wohngrundstücks an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 15. Januar 2008 IX R 45/07, BStBl II 2008, 572; vom 12. Mai 2009 IX R 18/08, BFH/NV 2009, 1627).

35
Die Berücksichtigung von Aufwand als (vorab entstandene) Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, aus dem Objekt durch Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später nicht aufgegeben hat. Der endgültige Entschluss zu vermieten – die Einkünfteerzielungsabsicht – ist eine innere Tatsache, die wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden. Daher muss sich der endgültige Entschluss des Steuerpflichtigen zur Vermietung anhand objektiver Umstände belegen lassen. Dabei ist der Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG objektbezogen, das heißt grundsätzlich für jede einzelne vermietete Immobilie gesondert zu prüfen (BFH-Urteil vom 26. November 2008 IX R 67/07, BStBl II 2009, 370; vom 24. Juni 2008 IX R 12/07, BFH/NV 2008, 1484; BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2011 IX B 132/11, BFH/NV 2012, 727).

36
Nach diesen Grundsätzen können Aufwendungen für eine nach Herstellung, Anschaffung oder Selbstnutzung leerstehende Wohnung als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige die Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich dieses Objektes erkennbar aufgenommen (und sie später nicht aufgegeben) hat (vgl. BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008 IX R 1/07, BStBl II 2009, 848, m.w.N.). Unbeschadet davon kann auch ein besonders lang andauernder Leerstand der Wohnung nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung dazu führen, dass eine vom Steuerpflichtigen aufgenommene Einkünfteerzielungsabsicht ohne sein Zutun oder Verschulden wegfällt; davon kann im Einzelfall aber nur ausgegangen werden, wenn absehbar ist, dass das maßgebliche (dem Grunde nach betriebsbereite) Objekt entweder wegen fehlender – und unter zumutbaren Umständen auch nicht herbeizuführender – Marktgängigkeit oder aufgrund anderweitiger struktureller Vermietungshindernisse in absehbarer Zeit nicht wieder vermietet werden kann.

37
Die Einzelfallumstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind in erster Linie ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen. Grundsätzlich steht es dem Steuerpflichtigen frei, die im Einzelfall geeignete Art und Weise der Platzierung des von ihm angebotenen Mietobjekts am Wohnungsmarkt und ihrer Bewerbung selbst zu bestimmen. Daher kann auch die Reaktion auf „Mietgesuche“ oder die Bewerbung von Mietobjekten in geschlossenen Foren, etwa in Unternehmenspublikationen oder am Schwarzen Brett, als ernsthafte Vermietungsbemühung anzusehen sein. In diesen Fällen sind die doch an die Nachhaltigkeit solcher Bemühungen erhöhte Anforderungen zu stellen.

38
Sind die vom Steuerpflichtigen selbst unternommenen Bemühungen erkennbar nicht erfolgreich, ist er gehalten, sein Verhalten anzupassen und sowohl geeignetere Wege der Vermarktung zu suchen als auch seine Vermietungsbemühungen, beispielsweise durch Einschaltung eines Maklers oder durch Nutzung alternativer Bewerbungsmöglichkeiten, zu intensivieren. Für die Beurteilung der Frage, ob im Einzelfall unternommene Vermietungsbemühungen (ggf. weiterhin) als erfolgversprechend angesehen werden können oder ob diese nach Art und Intensität anzupassen sind, steht dem Steuerpflichtigen ein inhaltlich angemessener, zeitlicher doch begrenzter Beurteilungsspielraum zu. Ferner kann es dem Steuerpflichtigen im Einzelfall auch zuzumuten sein, durch entsprechende Zugeständnisse bei der Ausgestaltung des Mietverhältnisses (etwa der Vertragslaufzeit oder dem Vertragsgegenstand), bei der Höhe des Mietzinses oder im Hinblick auf die für den Steuerpflichtigen aus persönlichen Gründen als Mieter akzeptablen Personen die Attraktivität des Objekts zu erhöhen (BFH-Urteil vom 11. Dezember 2012 IX R 14/12, BStBl II 2013, 279).

39
Für die Feststellung des Bestehens oder der Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht als innere Tatsache können äußere Umstände als Indizien herangezogen werden; im Rahmen der Gesamtbeurteilung sind überdies spätere Tatsachen und Ereignisse zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 31. Juli 2007 IX R 30/05, BFH/NV 2008, 202). Ist zu prüfen, ob der Steuerpflichtige die Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich eines nach Herstellung, Anschaffung oder Selbstnutzung länger leerstehenden Objekts aufgenommen oder die Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich eines nach vorheriger auf Dauer angelegter Vermietung langfristig leerstehenden Objekts wieder aufgegeben hat, könne mithin – rückblickend – der zeitliche Zusammenhang zwischen Beginn des Leerstands und späterer (tatsächlicher) Vermietung, die (unter Umständen fehlende) Absehbarkeit, ob und ggf. wann die Räume im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung genutzt werden sollen oder auch die Dauer einer in der Leerstandszeit          – vom Steuerpflichtigen ggf. auch selbst – durchgeführten Renovierung zur Vorbereitung einer erneuten Vermietung als Indizien herangezogen werden.

40
Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit von Vermietungsbemühungen als Voraussetzung einer (fort-)bestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast. Das FA entscheidet nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, ob im Einzelfall eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt; es ist bei seiner tatrichterlichen Würdigung nicht an starre Regeln für das gewichten einzelner Umstände gebunden (BFH-Urteil vom 11. Dezember 2012 IX R 14/12 a.a.O. mit weiteren Nachweisen).

41
b) Nach diesen Grundsätzen ist davon auszugehen, dass der Kläger hinsichtlich der Dachgeschosswohnung in … im Streitjahr keine Einkünfteerzielungsabsicht – mehr – hatte.

42
Die Maßnahmen, die der Kläger im Streitjahr ergriffen hat, um die – bis auf einen  dreimonatigen Zeitraum von Dezember 2007 bis März 2008 – seit Fertigstellung im April 2002 leerstehende Wohnung zu vermieten, waren nicht ausreichend, um ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen annehmen zu können.

43
Der Kläger selbst hat nach den vorgelegten Belegen im gesamten Streitjahr lediglich drei Zeitungsannoncen geschaltet, in denen er die Wohnung zur Vermietung angeboten hat. Diese drei Annoncen sind nach Auffassung des Senats unzureichend, um einen Mieter zu finden, zumal die Annoncen lediglich in einem kostenlosen Sonntagsblatt (X-Zeitung) erschienen, das nur einen begrenzten Leserkreis hat. Der Kläger hat darüber hinaus zwar noch das Immobilienbüro … mit der Vermietung beauftragt, wie die Zeugen … und … bestätigt haben. Der Zeuge …. hat angegeben, dass nach seinen Unterlagen die Firma … im Juli 2011 mit der Vermietung der streitigen Wohnung beauftragt wurde, aber auch schon vor dem Jahr 2011 Kontakt mit dem Kläger wegen der Vermietung der Wohnung bestanden hat. Jedoch hat das Maklerbüro … nach Aussage des Zeugen ….  die Wohnung des Klägers nicht regelmäßig wöchentlich inseriert. Ob die Wohnung im Internet angeboten worden ist, konnte keiner der Zeugen erinnern. Die Tatsache, dass sowohl die eigenen als auch die vom Maklerbüro ergriffenen Maßnahmen zur Vermietung der Wohnung über einen jahrelangen Zeitraum erfolglos geblieben sind, hätte dem Kläger Anlass geben müssen, die bisherigen Vermietungsbemühungen zu überdenken. Dabei hätte er zu dem Schluss kommen müssen, dass die Verfahrensweise des Maklerbüros (keine regelmäßigen Zeitungsannoncen und Internetangebote) unzureichend war und eine intensivere Vermarktung der Wohnung erforderlich war.

44
Hinzu kommt, dass die Wohnung möbliert war und der Kläger nach Aussage des Zeugen … die Möbel in der Wohnung belassen wollte. Wie der Kläger selbst angegeben hat (Schriftsatz vom …. 2013) scheiterte die Vermietung in der Regel daran, dass die Mietinteressenten ihre Möbel mitnehmen wollten, diese aber in der bereits möblierten Wohnung nicht zusätzlich unterbringen konnten. In Anbetracht der jahrelangen erfolglosen Versuche, die möblierte Wohnung zu vermieten, hätte es nahe gelegen, die Wohnung unmöbliert auf dem Markt anzubieten. Dies hat der Kläger aber nicht getan, sondern weiterhin das bisher erfolglose Vermietungsangebot in unveränderter Form beibehalten. Trotz der langjährigen Erfahrung, dass für die Vermietung der möblierten Wohnung offensichtlich kein Markt bestand, hat er sich nicht durchringen können, die Möbel aus der Wohnung zu entfernen und eine unmöblierte Wohnung zur Vermietung anzubieten. Stattdessen hat er im Streitjahr weitere Möbelstücke (Esstisch mit Stühlen) in die Wohnung gestellt. Dieses Verhalten zeigt zur Überzeugung des erkennenden Senats, dass ein ernsthaftes Bemühen des Klägers, die Wohnung zu vermieten, im Streitjahr nicht vorgelegen hat, der Kläger hinsichtlich des streitigen Vermietungsobjekts im Streitjahr somit keine Einkunftserzielungsabsicht mehr hatte.

45
Dass die Wohnung nunmehr ab … 2014 vermietet worden ist, lässt keine Rückschlüsse auf das Streitjahr 2011 zu.

46
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Anrechnung von Einkommensteuervorauszahlungen unter Ehegatten

Niedersächsisches Finanzgericht 5. Senat, Urteil vom 28.08.2014, 5 K 193/12

§ 218 AO, § 218 Abs 2 AO, § 36 Abs 4 AO, § 37 Abs 2 AO, § 44 Abs 1 AO

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten über die Frage der Anrechnung von Einkommensteuervorauszahlungen unter Ehegatten.

2
Der Kläger erzielte im Streitjahr als selbständiger Architekt ausschließlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit, seine damalige Ehefrau war als Angestellte im städtischen Kindergarten tätig. Sie erzielte ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

3
Der Beklagte (das Finanzamt – FA -) setzte gegen die Ehegatten Einkommensteuervorauszahlungen pro Quartal in Höhe von 565 € fest. Hinzu kam der Solidaritätszuschlag in Höhe von 15 € und die evangelische Kirchensteuer von 20 €, insgesamt also 600 € pro Quartal. Die Vorauszahlungen entrichtete der Kläger von seinem eigenen Konto bei der X-Bank. Die entsprechenden Überweisungen erfolgten am 10.03., 10.06., 10.09., 10.12.2008. Bei der Abgabe der Einkommensteuererklärung 2008 im Februar 2010 wurde die getrennte Veranlagung beantragt. Im März 2010 erging an die damalige Ehefrau des Klägers ein Einkommensteuerbescheid 2008 unter Anrechnung der Vorauszahlungen in Höhe von 1.130 EUR auf die Einkommensteuer, 30 EUR Solidaritätszuschlag und – da nur sie einer Konfession angehörte – der gesamten Kirchensteuer in Höhe von 80 EUR. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wies das Finanzgericht mit Schreiben vom 08.04.2010 – noch vor Durchführung seiner Veranlagung – schriftlich darauf hin, dass der Kläger die Vorauszahlungen ausschließlich für eigene Rechnung aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit geleistet habe. Wörtlich heißt es:

4
Sehr geehrte Damen und Herren,

5
im Auftrag meines Mandanten teile ich Ihnen mit, dass Herr … die Einkommensteuervorauszahlungen ausschließlich für eigene Rechnung aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit geleistet hat bzw. künftig leisten wird.

6
Mit freundlichen Grüßen

7

8
Das Finanzamt bestätigte mit Schreiben vom 14.04.2010 den Eingang dieses Schreibens vom 08.04.2010, wies allerdings gleichzeitig darauf hin, dass es diese Erklärung des Klägers bei der noch ausstehenden Veranlagung nicht berücksichtigen werde.

9
Im Einkommensteuerbescheid 2008 vom 15.04.2010 berücksichtigte das Finanzamt die vom Kläger geleisteten Vorauszahlungen auf Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag bei ihm nur zur Hälfte. Gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 legte der Kläger am 16.04.2010 Einspruch ein, mit der Begründung, die geleisteten Einkommensteuervorauszahlungen seien in voller Höhe bei ihm zu berücksichtigen. Hilfsweise beantragte der Kläger die Erteilung eines Abrechnungsbescheides nach § 218 Abs. 2 AO. Ein derartiger Abrechnungsbescheid wurde am 06.08.2010 zur Post gegeben. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass eine Aufteilung des Erstattungsbetrages nach Köpfen nicht rechtmäßig sei, weil es anderweitige Anhaltspunkte zur Ermittlung der Willensrichtung gebe. So sei die getrennte Veranlagung für das Jahr 2008 beantragt worden und die mit Schreiben vom 08.04.2010 – also vor Erlass seines Steuerbescheides – erklärt worden, dass der Kläger die Vorauszahlungen ausschließlich auf eigene Rechnung geleistet habe. Somit sei der Wille bezüglich der Vorauszahlungen klar und deutlich dokumentiert.

10
Das Finanzamt hat den Einspruch mit Bescheid vom 03.07.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass im Zeitpunkt der Zahlungen im Jahr 2008 für das Finanzamt nicht ersichtlich gewesen sei, dass es sich hier nicht mehr um eine bestehende und intakte Ehe gehandelt habe. Die Vorauszahlungen seien zu den jeweiligen Terminen ohne weiteren Hinweis oder ein gesondertes Anschreiben beim Finanzamt eingegangen. Dass die Ehe nicht mehr intakt sei, habe das Finanzamt erst im Jahr 2011 erfahren. Folge sei, dass beide Ehegatten erstattungsberechtigt seien.

11
Hiergegen richtet sich die Klage. Zur Begründung bringt der Kläger vor, dass die Zahlungen im Jahr 2008 – unstreitig – unter seinem Namen von seinem Konto damit aus seinem Vermögen erfolgt seien. Bereits hierin liege eine Tilgungsbestimmung, deren eindeutige Aufklärung durch das Finanzamt sich geradezu aufgedrängt habe. Im Übrigen habe der Kläger dem Finanzamt vor Durchführung der Veranlagung klarstellend schriftlich mitgeteilt, dass er nur seine eigene Steuerschuld tilge. Soweit das Finanzamt im Einspruchsbescheid auf ein BFH-Urteil vom 30.09.2008 – VII R 18/08, BStBl 2009, 38 verweise, gehe dieser Hinweis fehl, denn in diesem Verfahren sei es gerade um zusammenveranlagte Ehegatten gegangen, bei denen davon ausgegangen werden konnte, dass durch die Vorauszahlungen die gemeinsame Steuerschuld beider Ehegatten bewirkt werden sollte. Im Streitfall handele es sich jedoch um eine von vorne herein beantragte getrennte Veranlagung. Dabei sei im Übrigen völlig unbeachtlich, ob eine „Ehe“ vorgelegen habe oder nicht, da die getrennte Veranlagung deshalb gewählt worden sei, weil sie zum günstigsten Ergebnis geführt habe. Werde – wie hier – eine eindeutige Tilgungsbestimmung getroffen, so sei dieser ab Zugang dieser Willenserklärung zu beachten. Diese Tilgungsbestimmung habe der Kläger auch – einseitig ohne Einwilligung der geschiedenen Ehefrau – treffen können denn der Kläger habe die streitigen Vorauszahlungen allein und ausschließlich aus seinem eigenen Vermögen erbracht und den Verwendungszweck auch vor Durchführung der Veranlagung kundgetan. Eine Rechtsgrundlage für das Erfordernis einer Zustimmung der Ehefrau sei nicht ersichtlich.

12
 Der Kläger beantragt,

13
unter Änderung des Abrechnungsbescheides vom 06.08.2010 und des dazu ergangenen Einspruchsbescheids vom 03.07.2012 festzustellen, dass auf die Einkommensteuerschuld 2008 Einkommensteuervorauszahlungen in Höhe von 2.260 € anzurechnen sind.

14
Der Beklagte beantragt,

15
die Klage abzuweisen.

16
Der Kläger verkenne, dass seine Tilgungsbestimmung vom 08.04.2010 nicht maßgeblich sei. Bei Erlass des Vorauszahlungsbescheides vom 14.01.2008 sei das Finanzamt davon ausgegangen, dass die Einkommensteuer-Vorauszahlung 2008 nach dem Splittingverfahren (§ 26 b EStG) zu bestimmen sei. Weder im Zeitpunkt der Festsetzung der Vorauszahlungen 2008 noch bei Zahlung der Vorauszahlungen seien dem Finanzamt Anhaltspunkte oder Absichtserklärungen bekannt gewesen, nach denen das Finanzamt an einer intakten Ehe hätte zweifeln müssen. Erstmals mit Abgabe der Einkommensteuererklärung
– 2009 – also für das Folgejahr – am 23.03.2011 habe der Kläger dem Finanzamt mitgeteilt, dass die Eheleute seit dem 19.12.2009 getrennt lebten. Im Jahr 2008 habe danach zweifelsfrei eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden. Es spiele keine Rolle, dass die Beträge ausschließlich vom Konto des Klägers abgebucht worden seien und dass die festgesetzten Vorauszahlungen unter Umständen ausschließlich auf den Einkünften des Klägers aus selbständiger Tätigkeit beruhten. Hinsichtlich der Tilgungsabsicht sei es unerheblich, welcher der Ehegatten in seiner Person Tatbestände verwirklicht habe, die zum Entstehen der die Eheleute als Gesamtschuldner treffenden Steuerschuld geführt hätten. Vor Durchführung der getrennten Jahresveranlagung 2008 habe zwar die Willenserklärung des Klägers, nicht aber die Willenserklärung der inzwischen von ihm geschiedenen Ehefrau vorgelegen. Die Ehegattengemeinschaft sei im Jahr 2009 auseinandergebrochen. Demgemäß hätte das Finanzamt abweichend von der gemeinsamen Tilgung der Einkommensteuervorauszahlung 2008 eine Anrechnung ausschließlich zugunsten des Klägers dann vornehmen können, wenn auch die Einwilligung der geschiedenen Ehefrau zu diesem Vorgehen vorgelegen hätte. Eine entsprechende Willenserklärung der geschiedenen Ehefrau sei dem Finanzamt jedoch nicht vorgelegt worden, so dass die Anrechnung nur je zur Hälfte hätte erfolgen können. Die ausschließlich vom Kläger abgegebene abweichende Tilgungsbestimmung ausschließlich zu seinen Gunsten reiche nicht aus.

Entscheidungsgründe

17
Die Klage ist unbegründet.

18
Der angefochtene Abrechnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

19
Über Streitigkeiten wie Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen, entscheidet die Finanzbehörde nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO durch Verwaltungsakt. Das gilt auch dann, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO betrifft, § 218 Abs. 2 Satz 2 AO.

20
Im Streitfall hat das beklagte Finanzamt zutreffend festgestellt, dass die aufgrund des Vorauszahlungsbescheides geleisteten Vorauszahlungen im Jahr 2008 nur zur Hälfte auf die Einkommensteuerschuld des Klägers anzurechnen sind (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG) und nur in diesem Umfang in die Ermittlung des ihm zustehenden Erstattungsanspruches gemäß § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG einfließen.

21
Erstattungsberechtigt ist nach § 37 Abs. 2 AO derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist. Es kommt daher für die Erstattungsberechtigung nicht darauf an, von wem oder mit wessen Mitteln gezahlt worden ist, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Finanzamt gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z. B. BFH – Urteil vom 25. 07.1989 – VII R 118/87 BStBl II 1990, 41; BFH-Urteil vom 04.04.1995 – VII R 82/94, BStBl II 1995, 492; BFH-Urteil vom 23.08 2001 – VII R 94/99, BStBl II 2002, 330; BFH-Urteil vom 30.03.2010 – VII R 17/09, BFH/NV 2010,1412).

22
Diese Rechtsgrundsätze gelten auch für den Fall, dass mehrere Personen die überzahlte Steuer als Gesamtschuldner gemäß § 44 Abs. 1 AO schuldeten. Nach dem Regelungsinhalt des Vorauszahlungsbescheides wurden die Vorauszahlungen vom Kläger und seiner früheren Ehefrau als Gesamtschuldner geschuldet. Lässt sich aus den dem Finanzamt bei Zahlung erkennbaren Umständen nicht entnehmen, wessen Steuerschuld der zahlende Gesamtschuldner begleichen wollte, so wird angenommen, dass er nur seine eigene Steuerschuld tilgen wollte (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 22.03.2011 – VII R 42/10, BStBl II 2011, 607). Anders ist es jedoch wenn ein Ehegatte auf die Gesamtschuld gezahlt hat. Liegen keine gegenteilige Anhaltspunkte oder anders lautende Absichtserklärungen vor, kann das Finanzamt als Zahlungsempfänger, solange die Ehe besteht und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben, aufgrund der zwischen ihnen bestehende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft davon ausgehen, dass derjenige Ehegatte, der auf die gemeinsame Steuerschuld mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm veranlagten Ehegatten begleichen will (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 30.09.2008 – VII R 18/08, BStBl II 2009,38). Ob die Eheleute sich später trennen oder einer der Ehegatten nachträglich die getrennte Veranlagung beantragt, ist für die Beurteilung unerheblich (Niedersächsisches FG, Urteil vom 12.02.2014 – 4 K 261/13, EFG 2014, 883). Entscheidend ist nur, wie sich die Umstände dem Finanzamt im Zeitpunkt der Vorauszahlungen darstellen.

23
Ausgehend davon hat der Kläger die seinem Konto belasteten Vorauszahlungen aus dem Jahr 2008 nicht nur auf seine eigene, sondern zugleich auch auf Rechnung seiner früheren Ehefrau entrichtet. Daraus, dass der Kläger die Vorauszahlungen von seinem Konto bei der X-Bank geleistet hat und die festgesetzten Vorauszahlungen ausschließlich auf den Einkünften des Klägers aus selbständiger Tätigkeit beruhten, lässt sich keine Tilgungsbestimmung ersehen. Denn es ist hinsichtlich der Tilgungsabsicht unerheblich, welcher der Ehegatten in seiner Person Tatbestände verwirklicht hat, die zum Entstehen der die Eheleute als Gesamtschuldner treffenden Steuerschuld geführt haben (BFH-Urteil vom 22.03.2011 – VII R 42/10, BStBl II 2011, 607; BFH-Urteil vom 15.11.2005 – VII R 16/05, BStBl II 2006, 453). Die nachträglich dem Finanzamt gegenüber vorgelegte „Tilgungsbestimmung“ mit Schreiben 08.04.2010 führt zu keinem anderen Ergebnis. Hierbei handelt es sich nur um eine Willenserklärung des Klägers, nicht aber um eine Willenserklärung der zu diesem Zeitpunkt bereits vom Kläger geschiedenen Ehefrau. Dieser gegenüber war jedoch bereits im März 2010 und damit vor Abgabe der Tilgungsbestimmung seitens des Klägers die Festsetzung der Einkommensteuer 2008 unter Anrechnung der Hälfte der Einkommensteuervorauszahlungen erfolgt, so dass eine Änderung des entsprechenden Bescheides zu ihren Lasten bei fehlender Zustimmung nur unter den einschränkenden Voraussetzungen der §§ 172 ff. AO möglich gewesen wäre.

24
Eine derartige Erklärung, wie sie der Kläger mit Schreiben vom 08.04.2010 abgegeben hat, führt nicht (nachträglich) zu einer abweichenden Tilgungsbestimmung ausschließlich zu seinen Gunsten. Entscheidend ist vielmehr der Zeitpunkt der Zahlung – also hier das Jahr 2008. In diesem Zeitraum lagen dem Finanzamt keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger mit der Zahlung von seinem Konto eine Tilgungsbestimmung ausschließlich zu seinen Gunsten treffen wollte. Die vom Kläger geleisteten Zahlungen wurden damit für Rechnung beider Gesamtschuldner entrichtet und waren deshalb nach Köpfen zwischen den inzwischen geschiedenen Eheleuten aufzuteilen.

25
Im Ergebnis war die Klage abzuweisen.

26
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

27
Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Die Frage, ob nach Zahlung, aber vor Durchführung der Veranlagung noch eine Tilgungsbestimmung getroffen werden kann, hat grundsätzliche Bedeutung.

ges. Feststellung des Grundstückswerts zum 1.7.2010 für das Mietwohngrundstück I. Str. 20 in S.

Niedersächsisches Finanzgericht 1. Senat, Beschluss vom 24.03.2015, 1 K 204/13

Tenor

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Gründe

1
I. Nachdem der Beklagte dem Begehren der Klägerin voll entsprochen hat und die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, sind dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (§ 138 Abs. 2 Satz 1 Finanzgerichtsordnung            -FGO-).

2
Zu den Verfahrenskosten gehören nach § 139 Abs. 1 FGO die Gerichtskosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten und die Kosten des Vorverfahrens.

3
II. Dem Antrag des Beklagten, der Klägerin die Verfahrenskosten aufzuerlegen, folgt das Gericht nicht.

4
Der obsiegenden Klägerin können nach § 138 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit der hier allein in Betracht kommenden Regelung des § 137 Satz 1 FGO die Kosten des Verfahrens auferlegt werden, wenn die Entscheidung auf Tatsachen beruht, die sie früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. Im Streitfall hätte die Klägerin den geringeren gemeinen Wert des Grundstücks schon im Verwaltungsverfahren durch das erst im Klageverfahren vorgelegte Gutachten nachweisen können. Gleichwohl ist die Vorlage des Gutachtens erst während des Klageverfahrens nicht als verspäteter Sachvortrag im Sinne von § 137 Satz 1 FGO zu werten.

5
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) trägt der Steuerpflichtige im Rahmen der Bedarfsbewertung gemäß § 198 S. 1 Bewertungsgesetz (BewG) die Nachweislast für den niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks (vgl. etwa BFH, Urteil vom 10.11.2004 – II R 69/01 – BStBl II 2005, 259, zu § 146 Abs. 7 BewG a.F.). Legt ein Kläger zum Nachweis des geringeren gemeinen Werts ein Gutachten erst im Klageverfahren vor, obwohl er es schon im Verwaltungsverfahren hätte vorlegen können und aufgrund seiner aus § 198 Satz 1 BewG resultierenden Mitwirkungspflicht auch hätte vorlegen müssen, handelt es sich grundsätzlich um verspäteten Sachvortrag im Sinne von     § 137 Satz 1 FGO.

6
Es wurde auch vertreten, dass aus der im Bewertungsgesetz normierten Nachweislast auch eine entsprechende Kostentragungslast für den Steuerpflichtigen folgt (vgl. Nds. FG, Beschluss vom 31.08.2007 – 1 KO 6/07 – EFG 2007,1814).

7
2. Gleichwohl ist das Gericht der Auffassung, dass im Rahmen des von ihm nach          § 137 Satz 1 FGO auszuübenden Ermessens und unter Beachtung seiner Verpflichtung zur verfassungskonformen Auslegung dieser Norm die Verfahrenskosten dem Beklagten aufzuerlegen sind. Andernfalls wären die Grundrechte der Klägerin auf Wahrung der prozessualen Waffengleichheit insbesondere im Hinblick auf das Kostenrisiko (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz -GG-) und auf wirkungsvolle Justizgewährung (Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und Art. 2 Abs. 1 GG) verletzt.

8
a) Eine wichtige Ausprägung des Gleichheitssatzes im Prozessrecht ist die „Waffengleichheit“. Sie soll das Risiko am Prozessausgang gleichmäßig verteilen und sie ist besonders wichtig im Prozess vor den Finanzgerichten, vor denen sich die Finanzbehörde und der Steuerpflichtige nicht als Gleichgeordnete gegenüberstehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.01.1970 – 1 BvL 19/68 – BVerfGE 27, 391, 395).

9
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 20.06.1973 (1 BvL 9,10/71 – BVerfGE 35, 283, 289) hervorgehoben, dass im Rahmen eines Prozess- oder Verwaltungsverfahrens Waffen- und Chancengleichheit auch in Bezug auf den Auslagenersatz herrschen soll. Nach Sinn und Zweck des Art. 3 Abs. 1 GG genüge es, so das Bundesverfassungsgericht, dass der Steuerfiskus als Verfahrensbeteiligter in eine mit den Steuerpflichtigen vergleichbare Kostensituation gelange.

10
Im Beschluss vom 12.09.2005 – 2 BvR 277/05 – NJW 2006, 136 führt das Bundesverfassungsgericht aus:

11
„Die Garantie wirkungsvollen Rechtsschutzes ist ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaates (vgl.BVerfGE 88, 118, 123; 96, 27, 39f.), die vom Grundgesetz nicht nur durch Art. 19 Abs. 4 GG, sondern darüber hinaus im Rahmen des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs garantiert wird. Dieser ist Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips in Verbindung mit den Grundrechten, insbesondere Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 93, 99, 107; 107, 395, 401). Die grundgesetzliche Garantie eines wirkungsvollen Rechtsschutzes gewährleistet nicht nur den Rechtsweg im Rahmen der jeweiligen einfach-gesetzlichen Verfahrensordnungen, sondern garantiert auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Der Zugang zu Gericht darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272, 274f.; 78, 88, 99; 88, 118, 124).

12
Auch die Festsetzung der Verfahrenskosten darf daher nicht in einer Weise erfolgen, die dem Betroffenen die Anrufung des Gerichts praktisch unmöglich macht (vgl. BVerfGE 11, 139, 143; 54, 39, 41). Eine Kostenregelung darf in ihrer tatsächlichen Auswirkung nicht dazu führen, dass Rechtsschutz vor staatlichen Gerichten vornehmlich nach Maßgabe wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit eröffnet wird (vgl. BVerfGE 50, 217, 231). Andernfalls würde das Kostenrecht zur faktischen Rechtswegsperre, weil ein Unbemittelter oder wirtschaftlich schwächer Gestellter schon aus finanziellen Gründen außerstande wäre, sein Recht zu verfolgen. Eine derartig rechtsschutzhemmende Wirkung liegt aber nicht nur vor, wenn das Kostenrisiko die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen übersteigt. Vielmehr wird die Beschreitung des Rechtswegs oder die Ausschöpfung prozessualer Möglichkeiten auch dann faktisch vereitelt, wenn das Kostenrisiko zu dem mit dem Verfahren angestrebten Erfolg außer Verhältnis steht, so dass die Inanspruchnahme der Gerichte nicht mehr sinnvoll erscheint (vgl. BVerfGE 85, 337, 347). Auch die Versagung des Kostenerstattungsanspruchs für die obsiegende Partei widerspricht daher grundsätzlich den verfassungsrechtlichen Garantien (vgl. BVerfGE 74, 78,  94).“

13
b) Im isolierten Einspruchsverfahren sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Steuerpflichtigen – wozu auch die Kosten für die Erstellung von Wertgutachten in Bewertungsfällen gehören können – mangels gesetzlicher Grundlage nicht erstattungsfähig (vgl. BFH, Beschluss vom 23.07.1996 – VII B 42/96 – BStBl II 1996, 501).

14
c) Würde das beschließende Gericht in Streitfällen der vorliegenden Art den betroffenen Klägern die Verfahrenskosten mit der Begründung auferlegen, dass sie das zur Erledigung führende Wertgutachten erst im Klageverfahren und damit verspätet vorgelegt hätten, was offensichtlich gängige Spruchpraxis der Finanzgerichte ist, müssten die Kläger neben den übrigen Verfahrenskosten die Kosten für das von ihnen vorgelegte Gutachten in jedem Falle tragen, gleichgültig, ob sie das Gutachten im Vorverfahren oder im Klageverfahren vorgelegt haben.

15
Auch wenn die fehlende Erstattungsfähigkeit der Gutachterkosten im isolierten Vorverfahren und die Verweigerung des Kostenerstattungsanspruchs im Klageverfahren wegen verspäteten Vorbringens, je für sich allein betrachtet, zweifellos verfassungsmäßig sind, führt das Zusammenspiel beider Regelungen in Fällen der vorliegenden Art im Ergebnis zur ausnahmslosen Verweigerung des Kostenerstattungsanspruchs für die obsiegende Partei. Eine solche Spruchpraxis verstieße gegen das vom Bundesverfassungsgericht postulierte Verbot der vollständigen Versagung des Kostenerstattungsanspruchs und des Auslagenersatzes für den obsiegenden Steuerpflichtigen.

16
d) Die Finanzbehörde wäre in keiner denkbaren Fallgestaltung kostenpflichtig. Darin läge außerdem ein Verstoß gegen das verfassungsgerichtliche Postulat, dass sich der Steuerfiskus als Verfahrensbeteiligter in einer mit dem Steuerpflichtigen vergleichbaren Kostensituation befinden muss.

17
Die durch Typisierungserfordernisse begründete Nachweislast des Steuerpflichtigen für den niedrigeren gemeinen Wert (vgl. § 198 Satz 1 BewG; BT-Drs. 16/11107, S. 22) ist angesichts der grundsätzlichen Verpflichtung der Finanzbehörden zu einer Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen (vgl. § 88 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung -AO-) und zur Beiziehung von Sachverständigen (vgl. § 92 Nr. 2 AO) umso bedenklicher, als die typisierenden Bewertungsverfahren des 6. Abschnitts des Bewertungsgesetzes offenbar in vielen Fällen zu Überbewertungen führen. § 183 Abs. 3 BewG schließt ausdrücklich die Berücksichtigung von wertbeeinflussenden Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art aus. Der Gesetzgeber hat schon im Gesetzgebungsverfahren erkannt, dass die Bedarfsbewertung in bestimmten Fällen zu Werten führt, die den gemeinen Wert übersteigen und deshalb die Regelung in § 198 BewG geschaffen (vgl. BT-Drs. 16/11107, S. 22 unter Hinweis darauf, dass der Steuerpflichtige hierdurch die Möglichkeit erhalte, den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts auf der Grundlage der Wertermittlungsverordnung zu führen und dabei sämtliche wertbeeinflussenden Umstände geltend zu machen, was ihm nach den Bewertungsvorschriften des 6. Abschnitts des BewG verwehrt ist; zum Ganzen auch Broekelschen/Maithert, StuW 2010, 33, Krause/Grootens BBEV 2009, 18). Der gesetzliche Ausschluss der Berücksichtigung sämtlicher wertbeeinflussender Umstände bei der Bedarfsbewertung rechtfertigt die Annahme, dass sich der Gesetzgeber bei der Typisierung nicht am Regelfall orientiert und die Wirklichkeit nicht realitätsnah erfasst hat (vgl. zu den verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Typisierungen BVerfG Beschlüsse vom 01.04.1997 – 2 BvL 77/92 – BVerfGE 96, 1; vom 11.01.2005 – 2 BvR 167/02 – BVerfGE 112, 164; vom 16.03.2005 – 2 BvL 7/00 – BVerfGE 112, 268; vom 06.07.2010 – 2 BvL 13/09 – BVerfGE 126, 268). In Fällen der Überbewertung durch Nichtberücksichtigung wertbeeinflussender Umstände ist der Nachweis des geringeren gemeinen Werts durch ein vom Steuerpflichtigen in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten die einzige Möglichkeit, eine zutreffende Bewertung des betreffenden Objekts zu erreichen. Unter diesen Umständen wäre die ausnahmslose Befreiung der Finanzbehörden von einer Kostenerstattungspflicht ein besonders schwerer Verstoß gegen die prozessuale Waffengleichheit.

18
e) Darüber hinaus ergäbe sich in allen vergleichbaren Sachverhalten für die betroffenen Steuerpflichtigen ein Kostenrisiko, welches im Hinblick auf die erreichbare Steuerminderung eine Inanspruchnahme des Finanzgerichts in vielen Fällen nicht mehr sinnvoll erscheinen ließe und damit die Beschreitung des Rechtswegs faktisch vereiteln würde. Es ist gerichtsbekannt, dass viele Kläger wissen, dass sie die Aufwendungen für die Erstellung eines Wertgutachtens nach der derzeitig vorherrschenden Spruchpraxis der Finanzgerichte unabhängig vom Erfolg ihrer Klage regelmäßig selbst tragen müssen. Viele Betroffene versuchen deshalb, die Vorlage eines Wertgutachtens zu vermeiden und eine Herabsetzung des von der Finanzbehörde festgesetzten Wertes auf anderem Wege zu erreichen. Vielfach wird die Vorlage eines Gutachtens wegen der damit verbundenen hohen Kosten, die regelmäßig vierstellige, manchmal auch fünfstellige Eurobeträge ausmachen, oft auch unter Inkaufnahme eines klageabweisenden Urteils, verweigert. Es ist zu vermuten, dass aus den geschilderten Gründen in vielen Fällen erst gar keine Klage erhoben wird. Die Verweigerung des Kostenerstattungsanspruchs in diesen Fällen wäre ein Verstoß gegen die Garantie des auch im Kostenrecht zu verwirklichenden wirkungsvollen Rechtsschutzes.

19
f) Der durch das unverhältnismäßige Kostenrisiko verursachte Verstoß gegen das Gebot eines wirkungsvollen Rechtsschutzes wird auch nicht durch die Möglichkeit des Abzugs der Gutachterkosten als Nachlassverbindlichkeit im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung (vgl. BFH, Urteil vom 19.06.2013 – II R 20/12 – BStBl II 2013, 738) geheilt. Denn deren Abzug als Nachlassverbindlichkeit führt im günstigsten Fall lediglich zu einer Minderung der Erbschaftsteuer in Höhe des darauf entfallenden Erbschaftsteuersatzes und im ungünstigsten Fall, so wie im Streitfall, zu keiner Minderung der Erbschaftsteuer, weil nach dem Ansatz des durch das Gutachten nachgewiesenen geringeren gemeinen Werts des Grundstücks und nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten und der Freibeträge kein steuerpflichtiger Erwerb im Sinne des § 10 Erbschaftsteuergesetz übrig bleibt und deshalb die Erbschaftsteuer bereits ohne Berücksichtigung der Gutachterkosten 0,– Euro beträgt. Soweit Steuerpflichtige im Kostenfestsetzungsverfahren eine Erstattung der Gutachterkosten erhalten, erlangen sie dadurch auch keinen Vorteil. Denn der Abzug dieser Aufwendungen als Nachlassverbindlichkeit wäre mangels eigener Belastung des jeweiligen Steuerpflichtigen ausgeschlossen.

20
Weil aus den genannten Gründen der erfolgreichen Klägerin ein Anspruch auf Erstattung ihrer zur Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zugestanden werden muss, der nach den geschilderten Umständen nur erreichbar ist, wenn das Wertgutachten erst im Klageverfahren vorgelegt wird, kann von ihr nicht verlangt werden, dass sie das Gutachten schon während des Einspruchsverfahrens hätte vorlegen müssen. Es handelt sich deshalb nicht um verspäteten Vortrag im Sinne von § 137 Satz 1 FGO.

21
III. Für das nachfolgende Kostenfestsetzungsverfahren weist das Gericht darauf hin, dass die Aufwendungen für die Erstellung des Wertgutachtens für die Rechtsverfolgung der Klägerin notwendig waren. Sie sind damit auch erstattungsfähig.

22
Will der Steuerpflichtige im Rahmen der Bedarfsbewertung, wie in den vorliegenden Fällen, den Nachweis des geringeren gemeinen Werts durch ein Sachverständigengutachten führen, so hat er nach der Rechtsprechung des BFH das Gutachten durch den örtlich zuständigen Gutachterausschuss oder durch einen Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erstellen zu lassen. Weil dem Steuerpflichtigen nicht lediglich die Darlegungs- und Feststellungslast, sondern die Nachweislast für den geringeren gemeinen Wert obliegt, hat er den Nachweis durch ein Sachverständigengutachten so zu führen, dass ihm das Finanzgericht regelmäßig ohne Bestellung weiterer Sachverständiger folgen kann (vgl. BFH, Urteil vom 11.11.2004 – II R 69/01 – BStBl II 2005, 259). Dieses Ziel würde nach der soeben zitierten Entscheidung verfehlt, wenn Gutachten anderer Personen für den Nachweis durch den Steuerpflichtigen zugelassen würden, weil das Finanzgericht sich zu deren Überprüfung dann doch eines Sachverständigen bedienen müsste.

23
In dem vorliegenden Verfahren war also das vorgelegte – im vorstehend erläuterten      Sinne – „qualifizierte“ Privatgutachten für die Rechtsverfolgung der Klägerin notwendig, weil ein zeitnaher Verkauf der Grundstücke nicht stattgefunden hat und ihr deshalb nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kein anderer Weg für den Nachweis des geringeren gemeinen Werts zur Verfügung stand.

24
Zwar sind nach, soweit ersichtlich, unbestrittener Auffassung die Kosten für Privatgutachten in der Regel nicht erstattungsfähig, weil es im finanzgerichtlichen Verfahren grundsätzlich dem Finanzgericht obliegt, den Sachverhalt zu erforschen, den Umfang der Beweisaufnahme zu bestimmen und in geeigneten Fällen die Einholung eines Sachverständigengutachtens anzuordnen (vgl. z.B. Gräber/Stapperfend, Kommentar zur FGO, 7. Aufl. 2010, § 139 Tz. 11). Dies gilt aber gerade nicht für Fallgestaltungen der vorliegenden Art, weil die höchstrichterliche Rechtsprechung im Anwendungsbereich des § 198 BewG für den Nachweis des geringeren gemeinen Werts verlangt, dass der Steuerpflichtige den Nachweis durch ein Sachverständigengutachten so zu führen hat, dass ihm das Finanzgericht regelmäßig ohne Bestellung weiterer Sachverständiger folgen kann.

Bedarfsbewertung/ Ertragswert/ Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts

Niedersächsisches Finanzgericht 1. Senat, Urteil vom 27.11.2014, 1 K 77/13

§ 181 Abs 3 BewG, § 182 Abs 3 BewG, § 186 Abs 1 BewG, § 198 BewG

Tatbestand

1
Streitig ist die Höhe des festzustellenden Grundstückswerts.
2
Die Klägerin erwarb im Mai 2011 von Todes wegen das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück X-Str. … in Y. Von den im Haus befindlichen 8 Wohnungen waren zu diesem Zeitpunkt nur 5 vermietet. Die übrigen 3 Wohnungen befanden sich zu Sanierungszwecken in einem rohbauähnlichen Zustand.
3
Das Finanzamt für Verkehrssteuern und Grundbesitz A beantragte beim Beklagten eine Feststellung des Grundbesitzwerts für das o.g. Grundstück und übersandte die Kopie eines Marktwertgutachtens von Herrn Dipl.-Ing. F vom 22. August 2011, in dem dieser für das Objekt einen Marktwert in Höhe von … € ermittelte …
4
Am 4. Mai 2012 forderte der Beklagte eine baufachliche Stellungnahme der Bausachverständigen beim Finanzamt Y an.
5
Diese führte am 11. Mai 2012 eine Besichtigung des Objektes unter Anwesenheit u.a. der Klägerin und des Sachgebietsleiters durch. …
6
Mit Schreiben vom 29. Juni 2012 … nahm F noch einmal Stellung zu einigen Punkten in seinem Gutachten.
7
In ihrer Stellungnahme vom 8. Juli 2012 vertrat die Bausachverständige die Auffassung, selbst mit Hilfe der Erläuterungen von F könne dessen Wertermittlung nicht nachvollzogen werden. Das eingereichte Gutachten sei nicht anzuerkennen. Wegen der Einwände im Einzelnen wird auf … Bezug genommen.
8
Daraufhin legte die Klägerin ein Verkehrswertgutachten von Herrn Dipl.-Ing. N vom 19. Oktober 2012 … vor, in dem dieser einen Verkehrswert in Höhe von … € ermittelte.
9
In ihrer Stellungnahme zum Gutachten N teilte die Bausachverständige mit, das Gutachten könne in mehreren Punkten nicht nachvollzogen und somit nicht anerkannt werden…
10
Der Beklagte führte eine Wertermittlung für das Gebäude im Wege des Ertragswertverfahrens nach dem Bewertungsgesetz (BewG) durch. Als Rohertrag übernahm er dabei die im Gutachten F angesetzten Mieten in Höhe von … € und kam zu einem Grundbesitzwert in Höhe von … €. Er erließ am 28. Februar 2013 einen entsprechenden Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts zum Besteuerungszeitpunkt … Mai 2011.
11
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Sie habe den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts gemäß § 198 BewG durch Vorlage von Gutachten öffentlich bestellter und vereidigter Gutachter geführt. Diese kämen unabhängig voneinander zu annähernd gleichen Werten.
12
Mit Bescheid vom 17. April 2013 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die beiden eingereichten Gutachten seien nach Überprüfung durch die Bausachverständige nicht anzuerkennen.
13
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin den Grundstückwert auf … € herabzusetzen.
14
Sie habe durch Vorlage zweier Gutachten einen niedrigeren Wert nachgewiesen.
15
Darüber hinaus dürften im Rahmen des Ertragswertverfahrens nach dem BewG nur die am Bewertungsstichtag tatsächlich erzielten Einnahmen zu Grunde gelegt werden. Ein etwaiger fiktiver Wert für die leerstehenden Wohnungen sei nicht anzusetzen, diese seien im damaligen Zustand nicht vermietbar gewesen. Alternativ sei bei der Ertragswertberechnung des Finanzamts die Kosten für die Sanierung auf den jeweiligen „Etagenstandard“ zu berücksichtigen, dieser betrage schätzungsweise rund 100.000 €.
16
Die unterlassenen Instandhaltungen führten zu einer Verkürzung der üblichen Restnutzungsdauer. Bei dem Gebäude bilde sich ein Riss in der Fassade, welcher diese nach vorne kippen lasse. Das Dach befinde sich in einem schlechten Zustand. Die Schäden in den rohbauähnlichen leerstehenden Wohnungen müssten ebenfalls zu einer Verkürzung der Restnutzungsdauer führen.
17
Die Klägerin legte Tabellen über die Vermietung der Wohnungen und deren Zustand zum Bewertungsstichtag und am … September 2013 und die entsprechenden Mietverträge vor. Zudem übersandte sie Bilder der am Bewertungsstichtag nicht vermieteten Wohnungen im Zustand zum Zeitpunkt des Erbfalles  sowie im Zustand nach den durchgeführten Baumaßnahmen und eine Aufstellung der im Jahr 2012 angefallenen Sanierungskosten – aufgeteilt auf die einzelnen Wohnungen und den allgemeinen Bereich.
18
Im weiteren Klageverfahren reichte die Klägerin darüber hinaus ergänzende Stellungnahmen der Gutachter F und N ein …
19
Die Klägerin beantragt,
20
den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts zum Besteuerungszeitpunkt … Mai 2011 vom 28. Februar 2013 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 17. April 2013 dahingehend zu ändern, dass der Grundstückswert von … € um … € auf … € herabgesetzt wird.
21
Der Beklagte beantragt,
22
die Klage abzuweisen, wobei gegen eine Herabsetzung auf den Wert von … € keine Einwände erhoben werden.
23
Er hält an der Auffassung fest, dass die Gutachten, aus den von der Bausachverständigen dargestellten Gründen, nicht anerkannt werden könnten.
24
Während des Klageverfahrens führte der Beklagte eine Ertragswertberechnung nach dem BewG unter Zugrundelegung der tatsächlich erzielten Mieten durch, wobei er für die leerstehenden Wohnungen jeweils den qm-Preis der auf der gleichen Etage liegenden vermieteten Wohnung ansetzte. Die führte ausgehend von einem Rohertrag in Höhe von … € zu einem Grundbesitzwert in Höhe von … € …
25
Der Beklagte legte einen Mietspiegel 2012 von Y für nicht preisgebundenen Wohnraum (künftig Mietspiegel) vor und erläuterte, für das Jahr 2011 habe die Stadt keinen Mietspiegel erstellt.
26
Weiter reichte er eine Stellungnahme der Bausachverständigen zu den ergänzenden Stellungnahmen der Gutachter F und N ein, in der diese ausführt, die Gutachten könnten nach wie vor nicht anerkannt werden. …

Entscheidungsgründe

27
Die Klage ist teilweise begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit der festgestellte Grundbesitzwert … € übersteigt.
28
I. Die Wertermittlung des Beklagten ist unzutreffend, da er nicht die vertraglich vereinbarten Mieten zugrunde gelegt hat.
29
Nach § 182 Abs. 3 BewG sind Mietwohngrundstücke im Ertragswertverfahren nach §§ 184 bis 188 BewG zu bewerten.
30
1. Mietwohngrundstücke sind nach § 181 Abs. 3 BewG Grundstücke, die zu mehr als 80 Prozent, berechnet nach der Wohn- oder Nutzfläche, Wohnzwecken dienen, und nicht Ein- und Zweifamilienhäuser oder Wohnungseigentum sind.
31
Vorliegend ist von einem Mietwohngrundstück mit 8 Wohnungen auszugehen. Der Umstand, dass im Bewertungszeitpunkt nur 5 Wohnungen vermietet waren, während drei weitere rohbauartig zurückgebaut leer standen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Führen Umbau- und Renovierungsarbeiten an einem Gebäude zu einer nur vorübergehenden Unbenutzbarkeit des Gebäudes oder einiger Gebäudeteile, hat dies keine bewertungsrechtlichen Auswirkungen (vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 1994 II R 104/91, BFHE 176, 439, BStBl II 1995, 360). Tatsächlich war der rohbauartige Zustand hier nur vorübergehend. Nach Darstellung der Klägerin sind die Wohnungen zwischenzeitlich alle vermietet.
32
2. Bei der Ermittlung des Gebäudeertragswerts ist von dem Reinertrag des Grundstücks auszugehen. Dieser ergibt sich nach § 185 Abs. 1 BewG aus dem Rohertrag des Grundstücks (§ 186 BewG) abzüglich der Bewirtschaftungskosten (§ 187 BewG).
33
Nach § 186 Abs. 1 BewG ist Rohertrag das Entgelt, das für die Benutzung des bebauten Grundstücks nach den am Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Vereinbarungen für den Zeitraum von zwölf Monaten zu zahlen ist. Umlagen, die zur Deckung der Betriebskosten gezahlt werden, sind nicht anzusetzen. Für Grundstücke oder Grundstücksteile, die eigengenutzt, ungenutzt, zu vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen sind oder solche, die der Eigentümer dem Mieter zu einer um mehr als 20 Prozent von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete überlassen hat, ist nach § 186 Abs. 2 BewG die übliche Miete anzusetzen. Diese ist in Anlehnung an die Miete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird, Betriebskosten sind nicht einzubeziehen.
34
Für die fünf tatsächlich vermieteten Wohnungen ist demnach die tatsächliche Miete anzusetzen. Die Mietminderung von … € bei der Wohnung … ist dabei nicht zu berücksichtigen, da das Entgelt nach den geltenden vertraglichen Vereinbarungen anzusetzen ist.
35
Für die drei rohbauartig zurückgebauten Wohnungen ist dagegen die übliche Miete zu Grunde zu legen, da diese zum Bewertungsstichtag ungenutzt waren. Soweit die Klägerin meint, für diese Wohnungen dürfe keine Miete erfasst werden, folgt der Senat dem nicht. Wie oben dargestellt, hat es keine bewertungsrechtlichen Auswirkungen, wenn Umbau- und Renovierungsarbeiten an einem Gebäude zu einer nur vorübergehenden Unbenutzbarkeit des Gebäudes oder einiger Gebäudeteile führen (vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 1994 II R 104/91, BFHE 176, 439, BStBl II 1995, 360). Für diese Wohnungen kann die übliche Miete aus den vereinbarten Mieten für die andere Wohnungen auf der jeweils selben Etage geschätzt werden.
36
Es ist daher von einem Rohertrag in Höhe von … € auszugehen, wie ihn der Beklagte während des Klageverfahrens berechnet hat.
37
3. Einwände gegen den vom Beklagte angesetzten Bodenrichtwert, den vom Beklagte verwendeten Liegenschaftszins, die vom Beklagte ermittelte Restnutzungsdauer, den Ansatz der Bewirtschaftungskosten mit 27 % und die Ermittlung der Bodenwertverzinsung hat die Klägerin nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.
38
Dementsprechend ergibt sich nach dem Ertragswertverfahren im Sinne der §§ 184 bis 188 BewG ein Grundbesitzwert in Höhe von … €.
39
II. Die Klägerin hat aber darüber hinaus einen niedrigeren gemeinen Wert in Höhe von … € nachgewiesen.
40
Nach § 198 BewG ist ein geringer Wert anzusetzen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 179, 182 bis 196 BewG ermittelte Wert.
41
In der Wahl der Mittel zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ist der Steuerpflichtige grundsätzlich frei (BFH-Urteile vom 8. Oktober 2003 II R 27/02, BFHE 204, 306, BStBl II 2004, 179 und vom 2. Juli 2004 II R 55/01, BFHE 205, 492, BStBl II 2004, 703). Ein solcher Nachweis kann sowohl durch Vorlage eines Gutachtens des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken geführt werden als auch durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah zum maßgeblichen Besteuerungsstichtag erzielten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück (BFH-Urteil vom 2. Juli 2004 II R 55/01, BFHE 205, 492, BStBl II 2004, 703). Das vom Steuerpflichtigen gewählte Mittel zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts muss allerdings von einer Aussagekraft sein, die der eines Gutachtens des Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen bzw. von Kaufpreisen für entsprechende Grundstücke vergleichbar ist. Für jedes der zum Nachweis gewählten Mittel gilt, dass es grundsätzlich der freien Beweiswürdigung des Gerichts unterliegt (BFH-Urteil vom 10. November 2004 II R 69/01, BFHE 207, 352, BStBl II 2005, 259 und BFH-Beschluss vom 31. August 2006 II B 115/05, BFH/NV 2007, 11).
42
Soll der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch Vorlage des Gutachtens eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken geführt werden, muss dieses Gutachten inhaltlich richtig sein und den allgemein anerkannten Grundsätzen der Wertermittlung genügen (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 9. September 2009 II B 69/09, BFH/NV 2009, 1972). Ein Sachverständigengutachten kann nur dann als Nachweis eines niedrigeren Verkehrswerts dienen, wenn der hierin gefundene Wert in jeder Hinsicht nachvollziehbar und hinsichtlich seiner Berechnungsgrundlagen genügend transparent ist (vgl. Finanzgericht München, Urteil vom 7. März 2012 4 K 826/09, juris). Ob das Gutachten den geforderten Nachweis erbringt, unterliegt der freien Beweiswürdigung des Finanzamts und des Finanzgerichts (vgl. BFH-Urteile vom 10. November 2004 II R 69/01, BFHE 207, 352, BStBl II 2005, 259 und vom 3. Dezember 2008 II R 19/08 BFHE 224, 268, BStBl II 2009, 403). Der Nachweis ist erbracht, wenn dem Gutachten ohne Einschaltung bzw. Bestellung weiterer Sachverständiger gefolgt werden kann. Einem Gutachten, das bei Fehlen bewertungsrechtlicher Sonderregelungen den Vorgaben der Wertermittlungsverordnung (WertV) entspricht und plausibel ist, wird regelmäßig zu folgen sein (BFH-Urteil vom 3. Dezember 2008 II R 19/08 BFHE 224, 268, BStBl II 2009, 403).
43
Nach Auffassung des Senats ist es ausreichend, wenn sich die vom Gutachter angesetzten Werte im Rahmen des Vertretbaren bewegen. Maßstab für die Beurteilung sind dabei neben der Kommentarliteratur auch die erstmals 1955 für den Bereich der Bundesvermögens- und Bauverwaltung vom Bundesministerium der Finanzen erlassenen Richtlinien für die Ermittlung des Verkehrswerts von Grundstücken (zu Einzelheiten der Geschichte und des Anwendungsbereichs der Richtlinien vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 7. Auflage, 2014, S. 507 Rn. 40 ff). Der Senat ist sich bewusst, dass er in keiner Weise an die bundesministeriellen Richtlinien gebunden ist. Er sieht hierin aber Bewertungsgrundsätze, auf die in der Rechtsprechung – wie schon geschehen (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 7. Auflage, 2014, S. 513 Rn. 57 und Fußnoten 177, 178 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg) – zurückgegriffen werden kann. Dies ist dadurch gerechtfertigt, dass die „Wertermittlungsrichtlinien in Zusammenarbeit mit Vertretern der zuständigen Bundes- und Landesressorts, den Vertretern der kommunalen Spitzenverbände sowie der Fachkommission „Städtebau“ in der Arbeitsgemeinschaft der für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Ministerien der Länder (Argebau) entstanden sind“ (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 7. Auflage, 2014, S. 513 Rn. 57).
44
Entspricht das Gutachten nicht in jeder Hinsicht den zu stellenden Anforderungen, berechtigt dies nicht ohne weiteres dazu, das Gutachten insgesamt unberücksichtigt zu lassen. Ist etwa ein vorgenommener Abschlag nicht hinreichend begründet, ist lediglich dieser Abschlag zu streichen (vgl. BFH-Urteil vom 5. Mai 2010 II R 25/09, BFHE 230, 72, BStBl II 2011, 203). Das Finanzgericht kann sich seine Überzeugung von einem niedrigeren gemeinen Wert des zu bewertenden Grundstücks auch dadurch bilden, dass es aus mehreren vom Steuerpflichtigen vorgelegten Gutachten diejenigen Ansätze bezüglich derselben Bewertungsmethode übernimmt, die gemäß der WertV ermittelt und plausibel sind, und diese Ansätze – sofern möglich – zu einem Ganzen zusammenfügt (vgl. BFH-Beschluss vom 9. September 2009 II B 69/09, BFH/NV 2009, 1972). Etwaige Lücken in einem Gutachten können vom Finanzamt und vom Finanzgericht selbst geschlossen werden, wenn und soweit dies ohne Sachverständige im üblichen Rahmen einer Beweiswürdigung möglich ist (vgl. BFH-Beschluss vom 9. September 2009 II B 69/09, BFH/NV 2009, 1972).
45
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben folgt der Senat der Ermittlung im Gutachten F mit Ausnahme der Höhe des Mietausfallwagnisses und des Abschlages für Instandsetzungs- und Fertigstellungsarbeiten.
46
1. Gegen die von F vorgenommene Anwendung des Ertragswertverfahrens bestehen keine Bedenken, da dieses für Mietwohngrundstücke geeignet ist (vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 7. Auflage, 2014, S. 1603 Rn. 1).
47
2. Der von F angesetzte Rohertrag in Höhe von … € ist nicht zu beanstanden.
48
F hat zu seinem Ansatz von 5 €/qm ergänzt, er halte diesen Ansatz für angebracht und objektrelevant. Es handle sich dabei um eine moderate „Bindungsmiete an den Mieter für längere Zeit“. Die Mieter müssten aufgrund der fehlenden Wärmedämmung mit niedrigeren Nettokaltmieten „angelockt“ werden. Diese Erläuterungen sind einleuchtend und nachvollziehbar. Zwar liegt der Ansatz von 5 €/qm etwas unterhalb der im Mietspiegel genannten Beträge (ohne Zu- und Abschläge) von 5,29 €/qm bzw. 5,31 €/qm. Ein Abweichen von unter 10 % erscheint aber unbedenklich, wenn ein Gutachter – wie vorliegend – das Objekt in Augenschein genommen hat und unter Berücksichtigung individueller Merkmale zu einem geringeren Wert kommt.
49
Tatsächlich liegt der von F gewählte Ansatz ca. 10 % über den zum Bewertungsstichtag tatsächlich erzielten Mieten, selbst wenn man für die drei rohbauartig zurückgebauten Wohnungen den qm-Preis der vermieteten Wohnung auf derselben Etage ansetzt. Den tatsächlich unter fremden Dritten vereinbarten Mieten kommt insoweit ein höherer Beweiswert zu als den Mieten nach dem Mietspiegel, denn letztere geben nur das durchschnittliche Mietniveau für Standardwohnungen wider, ohne individuelle Besonderheiten zu berücksichtigen. Demnach lässt sich nicht feststellen, dass die von F verwendete Nettokaltmiete – auch unter Berücksichtigung der Sanierung von 3 Wohnungen – offensichtlich unangemessen wäre.
50
3. Bei den von F berücksichtigten Bewirtschaftungskosten (Verwaltungskosten in Höhe von 3 %, Instandhaltungskosten in Höhe von 25 % und Mietausfallwagnis in Höhe von 5 % des Rohertrags) ist lediglich der Ansatz für das Mietausfallwagnis herabzusetzen. Im Übrigen ist eine Überschreitung des gutachterlichen Ermessens des F nicht zu erkennen.
51
a. Die Verwaltungskosten bewegen sich bei Wohnimmobilien je nach Bundesland in einer Größenordnung von 3 % bis zu 10 % der Jahresbruttomiete (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 7. Auflage, 2014, S. 1829 Rn. 63). Die Richtlinien für die Ermittlung des Verkehrswerts von Grundstücken vom 11. Juni 1991 (WertR91; BAnz Nr. 182a vom 27. September 1991) nennen 3 % bis 5 % des Rohertrags. Der Senat hat daher keine Bedenken gegen den von F gewählten Ansatz von 3 %. Zwar sind in Nr. 3.5.2.3 der inzwischen gültigen Richtlinien vom 1. Juni 2006 (WertR) keine Prozentangaben mehr enthalten, diese geben stattdessen durch Bezugnahme auf die den Richtlinien als Anlage 3 auszugsweise beigefügten Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (Zweite Berechnungsverordnung, in der den auf den 1.1.2011 aktualisierten Fassung – künftig II. BV) nur Höchstbeträge als Anhaltspunkte an. Der dort genannte Höchstbetrag für Verwaltungskosten von 263,55 € jährlich je Wohnung wird im Streitfall jedoch deutlich unterschritten. Der Ansatz liegt auch noch unterhalb des niedrigsten von Kleiber mitgeteilten Spannenwerts, weil im Gutachten des F Bezugsgröße nicht die Bruttomiete, sondern nur der Rohertrag ist.
52
b. Der Ansatz der Instandhaltungskosten mit 25 % liegt zwar etwas über den von Kleiber (Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 7. Auflage, 2014, S. 1845 Rn. 139, 140) unter Berufung auf die in der nicht mehr gültigen WertR91 genannten Zahlen für vor 1925 errichtete Gebäude bei einfacher Ausstattung (ohne Bad, ohne Heizung) von etwa 20-25 %, bei mittlerer und besserer Ausstattung von etwa 15-20 % des Rohertrags. In der aktuellen WertR06 sind bis 13,18 €/qm Wohnfläche je Jahr für Wohnungen, deren Bezugsfertigkeit mindestens 32 Jahre zurück liegt, als Anhaltspunkt angegeben (Nr. 3.5.2.4 i.V.m. Anlage 3 WertR). Das vorliegend zu bewertende Gebäude verfügt über Bäder und Heizung, ist jedoch deutlich vor 1925 errichtet worden und ganz erheblich älter als 32 Jahre. Zwar finden sich in den Akten unterschiedliche Angaben zum Baujahr des Gebäudes. So gehen N und die Bausachverständige von 1890 aus, in der Einheitswertakte ist als Baujahr 1897 eingetragen und F nimmt 1900 an. Es steht für das Gericht danach aber fest, dass das zu bewertende Objekt mindestens 25 Jahre vor den ältesten von Kleiber berücksichtigten Gebäuden erbaut worden und ca. 80 Jahre älter als die in Anlage 3 der WertR aufgeführten Gebäude ist. Unter diesen Umständen ist der Ansatz des F nicht zu beanstanden. Er hält sich im Rahmen seines gutachterlichen Ermessens, wenn er die zu erwartenden Instandhaltungskosten bei einem Gebäude, das deutlich älter ist als die, für die in Literatur oder Richtlinien Werte angegeben werden, moderat höher als dort vertreten berücksichtigt.
53
Dies gilt erst recht, wenn – wie vorliegend – das Haus ursprünglich mit einfachen Baustoffen errichtet wurde, die Kellergeschosswände und -fußböden baujahrestypisch durchfeuchtet sind und es an nennenswerten Wärmedämmmaßnahmen fehlt. Der von F gewählte Ansatz ist daher nicht zu bemängeln.
54
Soweit der Beklagte dem die „komplette Instandsetzung“ des Gebäudes entgegenhält, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Die ursprünglich verwendeten einfachen Baustoffe sind weiterhin vorhanden. In der von F vorgenommenen Auflistung der Baukosten sind keine Aufwendungen für Wärmedämmung enthalten. Eine Doppelberücksichtigung ergibt sich auch nicht bezüglich der Positionen Treppenhaus, Dachgeschoss und Durchfeuchtung der Kellerräume, da – wie unter II.4.b.cc. ausgeführt – die von F hierfür veranschlagten Baukosten nicht abgezogen werden können.
55
c. Das Mietausfallwagnis mit 5 % des Rohertrags zu bewerten, erscheint dem Senat dagegen zu hoch. Nach 3.5.2.5 WertR i.V.m. Anlage 3 WertR (§ 29 Satz 3 II. BV) können insoweit 2 % der Nettokaltmiete als Anhaltspunkt gelten. Die von F für den höheren Wert angeführten Gründe überzeugen den Senat nicht.
56
Die erforderlichen Sanierungsarbeiten und die Herrichtung der derzeit nicht bewohnbaren Wohnungen rechtfertigen eine Erhöhung des Mietausfallwagnisses für die gesamte Restnutzungsdauer, wie sie in dem Ansatz eines höheren Prozentsatzes des Rohertrags zum Ausdruck kommt, nicht. Mit dem Beklagten geht der Senat davon aus, dass der vorübergehenden Nichtvermietbarkeit der leerstehenden Wohnungen dadurch Rechnung zu tragen ist, dass insoweit ein besonderer Ertragsausfall berücksichtigt wird (vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 7. Auflage, 2014, S. 1836 Rn. 102).
57
Für die Ermittlung des Ertragsausfalls geht das Gericht von einer sanierungsbedingten Unvermietbarkeit von sechs Monaten aus. Dabei ist es unbeachtlich, ob die Klägerin tatsächlich länger für die Sanierungsmaßnahmen gebraucht hat, da es darauf ankommt, welche Abzüge insoweit bei Verhandlungen mit einem gedachten Erwerber vereinbart würden. Es wäre zu erwarten, dass die Vertragsparteien ihrer Wertermittlung die Annahme zugrunde legten, die Sanierungsmaßnahmen würden ohne Verzögerungen aufgenommen und durchgeführt. Der Ertragsausfall ermittelt sich daher anhand der von F berücksichtigten monatlichen Mieterträge für die Wohnungen EG rechts und 1. OG rechts (je … €) und DG rechts (… €) mit (… €/Monat * 6 Monate =) … €. Eine entsprechende Korrektur des Gutachtens hält sich im üblichen Rahmen der Beweiswürdigung und ist ohne Zuziehung eines Sachverständigen möglich.
58
4. Der von F berücksichtigte Liegenschaftszins von 7 % liegt nach Auffassung des Senats nicht außerhalb des Vertretbaren.
59
Liegenschaftszinssätze werden von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte abgeleitet und in den Grundstücksmarktberichten veröffentlicht. Der Grundstücksmarktbericht 2012 für Y weist für die Jahre 2010 und 2011 bei einem Baujahr vor 1945 einen Liegenschaftszins von 5,9 % aus. In dem Grundstücksmarktbericht ist erläutert, dass abweichende Merkmale des Objektes von den durchschnittlichen Eigenschaften zu Veränderungen des Liegenschaftszinssatzes von bis zu 1,0 in beide Richtungen führen. Nach Kleiber (Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 7. Auflage, 2014, S. 1232 Rn. 179) sind Abweichungen vom Liegenschaftszinssatz der Grundstücksmarktberichte nicht nur zulässig, sondern in der Regel geboten, denn es handle sich um durchschnittliche Liegenschaftszinssätze, die für durchschnittliche Eigenschaften der Grundstücke abgeleitet seien, ohne dass nach der örtlichen Lage oder der Restnutzungsdauer unterschieden werde. Wenn sich ein Gutachter mit nachvollziehbarer Begründung für einen Liegenschaftszins innerhalb der Spanne von +/- 1 des angegebenen Liegenschaftszins entscheidet, ist dies demzufolge in der Regel nicht zu beanstanden.
60
F hat den von ihm für richtig erachten Liegenschaftszins hinreichend begründet. Er führt aus, dass er sich an den Wert aus dem Grundstücksmarktbericht angelehnt habe. Im Schreiben vom 28. Oktober 2013 hat er erläutert, dass aus seiner Sicht ein Liegenschaftszins von 7 % für die Altimmobilie aus der Zeit vor 1900 objektangepasst sei. Zudem hat er u.a. das mietfeindliche Mietumfeld mit tristen kleinen Hinterhöfen, den Parkplatzmangel und den laufenden Verkehr, die eingeschränkte Möglichkeit des Einbaus eines Fahrstuhles und die schlechte Wärmedämmung zur Begründung angeführt. Dies hält das Gericht für hinreichend nachvollziehbar. Der Gutachter hat die Immobilie besichtigt. Seine Argumentation ist schlüssig. Soweit der Beklagte die Beurteilung der Wohnlage unter Hinweis auf den Bodenrichtwert in Höhe von … €/qm in Frage stellt, ist dem nicht zu folgen, denn der Bodenrichtwert bildet nur allgemein die Werte für einen größeren Bereich ab. Dass innerhalb dieses Bereichs konkrete Wohnlagen aufgrund individueller Besonderheiten dennoch weniger gut sein können, kann aufgrund des Bodenrichtwerts gerade nicht ausgeschlossen werden.
61
Es ist auch unschädlich, dass die Abweichung tatsächlich mehr als 1, nämlich 1,1, beträgt. Die Überschreitung der Spanne des Grundstücksmarktberichts um 0,1 hält der Senat für zu gering, als dass man nicht mehr von einer vertretbaren Auffassung ausgehen könnte. Darüber hinaus weist der Grundstücksmarktbericht 2011 für das Jahr 2010 einen Liegenschaftszins von 6,0 % aus, allerdings mit dem Hinweis, dass er durch das Ergebnis 2011 noch korrigiert werde. Das Gutachten F datiert vom 22. August 2011 – also von einem Zeitpunkt, als der Grundstücksmarktbericht 2012 noch nicht vorlag. Aus Sicht des Gerichts ist es in einem solchen Fall nicht zu beanstanden, wenn sich der Gutachter am aktuellsten Grundstücksmarktbericht orientiert.
62
5. Den von F vorgenommen Abzug für Instandsetzungs- und Fertigstellungsarbeiten in Höhe der vollen Kosten hält der Senat dagegen nicht für akzeptabel.
63
a. In der gängigen Wertermittlungspraxis werden Baumängel und Bauschäden sowie sonstige Abweichungen vom normalen baulichen Zustand dadurch berücksichtigt, dass zunächst der (vorläufige) Vergleichs-, Ertrags- oder Sachwert unter Ausblendung der Baumängel und Bauschäden für ein (fiktiv) ordnungsgemäß instand gehaltenes und mangelfreies Gebäude ermittelt wird und dieser „vorläufige“ Wert um die aus dem Baumangel bzw. Bauschaden resultierende Wertminderung gesenkt wird (sog. externalisierende Vorgehensweise; Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 7. Auflage, 2014, S. 978, Rdnr. 206). Dieser Vorgehensweise entspricht die von F vorgenommene Ermittlung. Es ist nicht ersichtlich, dass F bereits andere Parameter aufgrund von Baumängeln oder Bauschäden, für die er Instandsetzungs- und Fertigstellungsarbeiten abgezogen hat, verändert hat. Die von F angesetzte Jahresmiete liegt mit … € über der tatsächlich erzielten/vereinbarten Jahresmiete in Höhe von … € bzw. … € (bei Einbezug der im Umbau befindlichen Wohnungen). Bei den Instandhaltungskosten hat er sich nicht auf die „jetzige Sanierungs- und Instandsetzung“ bezogen, sondern erläutert, dass trotz dieser eine weitere Rissbildung in Betracht kommt. Den Liegenschaftszins hat er u.a. mit dem mietfeindlichen Mietumfeld, der eingeschränkten Möglichkeit des Einbaus eines Fahrstuhles und der schlechten Wärmedämmung begründet, also mit Umständen, die durch die von ihm angesetzten Baukosten nicht verändert würden.
64
b. Das Gericht folgt dem Gutachten F aber nicht, soweit die aufgelisteten Kosten in voller Höhe abgezogen werden. Die Wertminderung wegen Baumängeln und Bauschäden darf nicht mit den Kosten für ihre Beseitigung (Schadensbeseitigungskosten) gleichgesetzt werden. Diese Kosten können allenfalls einen Anhaltspunkt für die Wertminderung geben. Es kommt entscheidend darauf an, wie der allgemeine Grundstücksmarkt Baumängel und Bauschäden wertmindernd berücksichtigt (vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 7. Auflage, 2014, S. 975 Rz. 199 ff). Eine nachvollziehbare Begründung, warum hier die Wertminderung in voller Höhe der Schadensbeseitigungskosten anzusetzen sein sollte, gibt F nicht.
65
c. Der Senat ist der Auffassung, dass die angesetzte Wertminderung nur teilweise zu berücksichtigen ist. Er hält es für möglich, das Gutachten F ohne Zuhilfenahme eines Sachverständigen entsprechend zu korrigieren.
66
aa. Aus der Tabelle auf S. 11 des Gutachtens ergibt sich, dass die ersten 14 Positionen die Kosten auflisten, die für die Fertigstellung der rohbauähnlich rückgebauten Wohnungen anfallen. Diese Kosten können aus Sicht des Gerichtes in voller Höhe angesetzt werden, denn ein möglicher Erwerber wäre gezwungen, diese Wohnungen wieder herzurichten, da sie sich nicht in einem vermietbaren Zustand befanden. Der allgemeine Grundstücksmarkt würde diese Kosten vollumfänglich beim Angebot einpreisen.
67
Der von F angesetzte Betrag in Höhe von … € für die Baumaßnahmen in den leerstehenden Wohnungen kann aus Sicht des Gerichtes so übernommen werden. Zwar erwähnt F in seinem Gutachten vier rohbauartig zurückgebaute Wohnungen, obwohl sich in dem Gebäude am Bewertungsstichtag tatsächlich nur drei rohbauartig zurückgebaute Wohnungen befanden. Dabei handelt es sich aber erkennbar um einen Flüchtigkeitsfehler. So spricht F in seiner Stellungnahme vom 29. Juni 2012 selbst von drei rohbauähnlich rückgebauten Wohnungen. Zudem legt F als Wohnfläche bei seiner Aufstellung maximal … qm zugrunde. Dies entspricht 2 x … qm plus 1 x … qm, also den von ihm angesetzten Wohnflächen für die tatsächlich rohbauähnlich zurückgebauten Wohnungen EG rechts, 1. OG rechts und DG rechts. Bei seiner Ermittlung hat F also nur die Fläche für die drei leerstehenden Wohnungen verwendet. Auch der Beklagte hat nicht gerügt, dass sich die von F ausgewiesen Baukosten für die Fertigstellung der rohbauartig zurückgebauten Wohnungen auf eine unzutreffende Wohnungsanzahl beziehe.
68
Anhaltspunkte, dass F die zu erwartenden Baukosten für die Positionen 1 bis 14 mit … € zu hoch angesetzt haben könnte, sind nicht ersichtlich. Diese Einschätzung wird gestützt durch den Umstand, dass die Klägerin ausweislich der eingereichten Kostenaufstellung für die Sanierung der drei Wohnungen tatsächlich über … € aufgewendet hat.
69
bb. Zusätzlich zu diesen … € hält der Senat es für angezeigt, noch die zu erwartenden Baukosten für die „Fassade, Rissbildung“ von … € (Position 18) in voller Höhe abzuziehen.
70
Die Klägerin verweist auf einen Riss in der Fassade. F erwähnt in seinem Gutachten, es gebe massive Rissbildungen an der westlichen Gebäudetrennwand. N benennt senkrecht und waagrecht verlaufende Mauerrisse und schwere Schäden an der straßenseitigen Fassade. Der Beklagte hat eine entsprechend Rissbildung nicht bestritten, sondern ausweislich der handschriftlichen Notizen für das EG einen starken Riss in einer tragenden Wand bestätigt. Aus den eingereichten Bildern und den Gutachten hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass eine Beseitigung der Risse bzw. eine Sanierung der Fassade für eine weitere sinnvolle Vermietung zwingend erforderlich ist. Wenn für einen möglichen Erwerber aber feststeht, diese Kosten auf jeden Fall aufwenden zu müssen, um eine langfristige Vermietbarkeit sicherzustellen, ist davon auszugehen, dass er sein Kaufangebot entsprechend mindern wird.
71
cc. Die in den Positionen 15, 16, 17 und 19 genannten Kosten können aus Sicht des Senats demgegenüber nicht in voller Höhe angesetzt werden. Es ist nicht ersichtlich, dass der allgemeine Grundstücksmarkt diese vollständig wertmindernd berücksichtigen würde. Aus dem Gutachten und den Ausführungen von F ergeben sich hierfür auch keine Gründe.
72
Der Senat sieht sich aber nicht in der Lage, die Wertminderung aus den voraussichtlichen Baukosten abzuleiten. Eine marktkonforme Ermittlung der Wertminderung ist problematisch, da in aller Regel keine Vergleichsdaten zur Verfügung stehen und daher in der Praxis auf allgemeine Erfahrungssätze und auf deduktive analytische Verfahren zurückgegriffen wird (vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 7. Auflage, 2014, S. 978 Rn. 207). Dies muss nach der Auffassung des Senats einem sachkundigen Gutachter vorbehalten bleiben. Mangels Anpassungsmöglichkeit durch das Gericht können diese Positionen keine Berücksichtigung finden.
73
6. Es ergibt sich damit folgende Berechnung: …
74
1. Rohertrag =
2. Bewirtschaftungskosten
Verwaltungskosten = 3 %
Instandhaltungskosten = 25 %
Mietausfallwagnis = 2 %
Bewirtschaftungskosten = 30 % =
3. Reinertrag =
4. Bodenwert am Reinertrag
… € x 7,0 % =
5. Gebäudeanteil am Reinertrag =
6. Gebäudeertragswert
40 Jahre Restnutzung
Barwertfaktor bei 7,0 % = 13,33
Reinertrag x Barwertfaktor
… € x 13,33 =
Zwischensumme 1 =
Bodenwert Bauland =
Ertragswert, Fertigstellung aller Wohnungen =
abzüglich Positionen 1 – 14
abzüglich Positionen 18
abzüglich Ertragsausfall
Ertragswert nach Fertigstellung =
angepasster Wert =
75
Die Klägerin hat daher zur Überzeugung des Senates mittels des Gutachtens F einen niedrigeren gemeinen Wert in Höhe von … € nachgewiesen.
76
7. Der Nachweis eines noch geringeren gemeinen Wertes ist ihr dagegen nicht gelungen.
77
Bei dem Gutachten N hält es der Senat entsprechend der o.g. Ausführungen ebenfalls für nicht angemessen, die Bauschäden in voller Höhe der Beseitigungskosten als Wertminderung zu berücksichtigen. In der Aufstellung im Gutachten N gibt es aber keine eindeutige Aufteilung zwischen den Kosten für die rohbauartig zurückgebauten Wohnungen bzw. die „Fassade/Rissbildung“ und den übrigen Kosten. Eine Anpassungsmöglichkeit durch das Gericht ist hier aus den unter II.5.b.cc. angeführten Gründen ausgeschlossen.
78
Um das Gutachten verwenden zu können, wäre daher zumindest der Abzug der Position „Wertminderung/Reparaturstau“ in Höhe von … € nicht zu berücksichtigen. Dann würde jedoch ein Wert in Höhe von … € verbleiben, der sogar noch über dem nach dem Ertragswertverfahren im Sinne der §§ 184 bis 188 BewG ermittelten Grundbesitzwert von … € läge. Es kann daher offen bleiben, inwieweit die vom Beklagten gegen das Gutachten N vorgetragen Punkte darüber hinaus durchgreifen würden.
79
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
80
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Kalte Progression: Entlastung angekündigt

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung hat die Kritik der EU-Kommission an einer zu hohen Steuerbelastung in Deutschland zurückgewiesen. „Aus Sicht der Bundesregierung ist das deutsche Steuer- und Abgabensystem leistungsgerecht, wettbewerbsfähig und sozial ausgewogen“ heißt es in dem von der Bundesregierung als Unterrichtung (18/4549) vorgelegten „Nationalen Reformprogramm 2015“. Die Kommission hatte anerkannt, dass die Konsumnachfrage deutscher Haushalte seit 2012 deutlich gestiegen sei, aber zugleich auf die vergleichsweise hohe Steuer- und Abgabenbelastung für Geringverdiener hingewiesen. „Aus Sicht der Kommission könnte dies in der Verbindung mit der kalten Progression die verfügbaren Einkommen der Privathaushalte verringern und so das Wachstum möglicherweise hemmen“, heißt es in der Unterrichtung.

Die Bundesregierung kündigt aber an, die finanziellen Voraussetzungen zu schaffen, „um für diese Legislaturperiode Bürgerinnen und Bürger bei der kalten Progression zu entlasten. Auch dies erhöht die Nettoeinkommen und schafft Freiraum für mehr Konsum und Investitionen“, stellt die Bundesregierung fest. Die einfache Forderung, Steuern und Abgaben insbesondere für Geringverdiener zu senken, sieht die Regierung aber „differenziert“. Zwar könne eine Senkung der Lohnzusatzkosten mit positiven Beschäftigungseffekten verbunden sein. Eine einseitige Senkung der Sozialausgaben könne aber dazu beitragen, dass das Sozialschutzniveau für Geringverdiener sinke.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 20.04.2015, hib-Nr. 195/2015

Keine zwei häuslichen Arbeitszimmer steuerlich absetzbar

Mit Urteil vom 25. Februar 2015 (Az. 2 K 1595/13) hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) entschieden, dass ein Steuerpflichtiger – auch wenn er aus beruflichen Gründen zwei Wohnungen hat – keine zwei Arbeitszimmer geltend machen kann. Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision zum Bundesfinanzhof – BFH – zugelassen.

Die Kläger sind verheiratet und haben einen Wohnsitz in Rheinland-Pfalz und einen Wohnsitz in Thüringen. Der Kläger ist sowohl selbständig tätig (Seminare und Fortbildungskurse für Steuerberater) als auch – in Thüringen – nichtselbständig tätig.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2009 machte der Kläger Kosten für zwei Arbeitszimmer (insgesamt 2.575 Euro) als Betriebsausgaben geltend, mit der Begründung, er benötige in jeder der beiden Wohnungen ein Arbeitszimmer für seine selbständige Tätigkeit.

Das beklagte Finanzamt erkannte nur ein Arbeitszimmer und nur Kosten in Höhe von 1.250 Euro an.

Einspruchs- und Klageverfahren der Kläger waren erfolglos.

Mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil vom 25. Februar 2015 (Az. 2 K 1595/13) schloss sich das FG Rheinland-Pfalz der Auffassung des beklagten Finanzamtes an. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen Folgendes aus:

Im Einkommensteuergesetz (EStG) sei geregelt, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur unter bestimmten Voraussetzungen und auch dann meistens nur beschränkt auf den Höchstbetrag von 1.250 Euro abzugsfähig seien. Nur ausnahmsweise, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bilde, könnten die Kosten unbeschränkt abgezogen werden. Letzteres sei beim Kläger nicht der Fall, da er seine Vortragstätigkeit (Seminare, Fortbildungen usw.) außerhalb seines Arbeitszimmers durchführe. Deshalb könne er die Aufwendungen nur beschränkt auf den Höchstbetrag von 1.250 Euro abziehen. Dieser Höchstbetrag sei (auch nach Meinungen in der juristischen Fachliteratur) personen- und objektbezogen. Daher könne er auch nur einmal jährlich (und nicht zwei- oder mehrfach) gewährt werden. Es komme zwar vor, dass Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum nacheinander oder auch zeitgleich verschiedene Arbeitszimmer nutzen würden, z. B. wegen eines Umzugs oder wenn jemand – wie die Kläger – zur gleichen Zeit zwei Wohnungen habe. Ein Steuerpflichtiger könne zwei Arbeitszimmer aber niemals zeitgleich nutzen. Daher könne der Höchstbetrag (1.250 Euro) selbst in diesen Fällen nur einmal und nicht mehrfach gewährt werden. Der Gesetzgeber habe die Abzugsbeschränkung nur für den Fall aufgehoben, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bilde. Andere Fallgestaltungen (Umzug, doppelte Haushaltsführung usw.) sollten nach dem Willen des Gesetzgebers nicht dazu führen, dass der Abzugsrahmen (1.250 Euro) überschritten oder mehrfach ausgeschöpft werden könne. Dass der Höchstbetrag personen- und objektbezogen sei, könne sich übrigens auch zu Gunsten des Steuerpflichtigen auswirken. So habe der Bundesfinanzhof (BFH) z. B. entschieden, dass auch einem Steuerpflichtigen, der nur für bestimmte Monate (also nicht ganzjährig) ein Arbeitszimmer habe, der volle (ungekürzte) Höchstbetrag zustehe.

Das FG ließ die Revision zu, weil höchstrichterlich bisher nicht geklärt sei, ob ein Steuerpflichtiger, der in jedem seiner beiden Haushalte ein Arbeitszimmer nutze, den Höchstbetrag (1.250 Euro) einmal oder zweimal zum Abzug bringen könne.

Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 20.04.2015 zum Urteil 2 K 1595/13 vom 25.02.2015 (nrkr)

 

Alleinerziehende stärker unterstützen – Entlastungsbetrag von 1.308 auf 1.908 Euro erhöhen

In Deutschland gibt es immer mehr Alleinerziehende. Keine andere Familienform hat in den vergangenen Jahren so stark zugenommen. Rund 20 Prozent aller Familien bestehen mittlerweile aus einer alleinerziehenden Mutter oder einem alleinerziehenden Vater und deren Kindern.

Alleinerziehende Erwerbstätige leisten enorm viel. Sie gehen arbeiten, kümmern sich um ihren Nachwuchs und führen den Haushalt – was sich Elternpaare teilen können, schultern sie allein. Alleinerziehende Frauen sind dabei überdurchschnittlich häufig erwerbstätig, sie verfügen im Schnitt jedoch über deutlich geringere Haushaltseinkommen als Paarfamilien und sind überproportional von Armut betroffen. Hinzu kommt, dass erwerbstätige Alleinerziehende häufig hohe Kinderbetreuungskosten haben.

Diese besondere Lebenssituation wollen wir besser berücksichtigen und die Alleinerziehenden gezielt unterstützen: Damit sie netto mehr Geld erhalten, wollen wir den steuerlichen Entlastungsbetrag anheben. Ihre Arbeit muss sich stärker lohnen. Zugleich unterstützen wir Frauen und Männer dabei, Beruf, Familie und gesellschaftliches Engagement vereinbaren zu können.

Dieses Vorhaben geht auf den Koalitionsvertrag zurück: CDU, CSU und SPD haben vereinbart, dass der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende angehoben und die Höhe des Entlastungsbetrags künftig nach der Zahl der Kinder gestaffelt werden soll.

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende beträgt seit seiner Einführung zum 1. Januar 2004 unverändert 1.308 Euro. Der Kinderfreibetrag und das Kindergeld wurden im Zeitraum zwischen 2004 und 2015 um rd. 23 Prozent erhöht. Jetzt wollen wir den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende um 600 Euro auf 1.908 Euro erhöhen. Die Umsetzung wird im Rahmen der parlamentarischen Beratungen des Gesetzes zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags mit Wirkung zum 1. Januar 2015 erfolgen.

Darüber hinaus haben wir im Koalitionsvertrag eine Staffelung des Entlastungsbetrags nach der Kinderzahl vereinbart. Aus diesem Grund wollen wir den Entlastungsbetrag für jedes weitere Kind um jeweils 240 Euro anheben. Denn je mehr Kinder zu betreuen sind, desto anstrengender wird es. Für alleinerziehende Eltern gilt dies umso mehr.
Die notwendige Finanzierung aus dem Haushalt des Familienministeriums muss zwischen diesem und dem Finanzministerium vereinbart werden.

Quelle: CDU/CSU und SPD

Übermittlung von Steuererklärungen durch Telefax

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird das BMF-Schreiben vom 20. Januar 2003, BStBl I S. 74 mit sofortiger Wirkung aufgehoben.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 3 – S-0321 / 07 / 10003 vom 16.04.2015
Text des Schreibens vom 20. Januar 2003:

Nach dem BFH-Urteil vom 4. Juli 2002 – V R 31/01 – (BStBl II 2003 S. …) kann eine Umsatzsteuer-Voranmeldung per Telefax wirksam übermittelt werden.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze dieses Urteils zur Telefax-Übermittlung auf sämtliche Steuererklärungen anzuwenden, für die das Gesetz keine eigenhändige Unterschrift des Steuerpflichtigen vorschreibt. Somit können beispielsweise Lohnsteuer-Anmeldungen und Kapitalertragsteuer-Anmeldungen per Telefax wirksam übermittelt werden, nicht jedoch beispielsweise Einkommensteuererklärungen und Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum.

Zusatz der OFD Koblenz v. 12. Februar 2003:
Das Ministerium der Finanzen hat hierzu mit Erlass vom 21. Januar 2003 – S-0321 A – 446 ergänzend darauf hingewiesen, dass keine Verpflichtung der Finanzämter bestehe, zusätzliche Telefax-Verbindungen einzurichten bzw. weitere Telefax-Geräte anzuschaffen. Sofern zum Abgabetermin die vorhandenen Anschlüsse überlastet sein sollten und damit Anmeldungen verspätet eingehen, gehe dies zu Lasten der Steuerpflichtigen.

 

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin